von Siskinanamok » 09.08.2010, 23:55
So, die berühmte Jahresgrenze ist erreicht und sogar um fast zwei Wochen überschritten.
Nun also mein Resümee über die Zeit nach der Rückverlegung.
Kurz nochmal für alle die mich nicht kennen: Jahrelange Colitis Ulcerosa, dann komplette Dickdarmentfernung und Pouchanlage und eben vor einem Jahr die Rv nach 9 monatiger Stomazeit.
In der ersten Zeit nach der RV wurde ich sehr stark von einem Juckreiz geplagt. Dieser war so unangenehm, dass ich des Öfteren mitten in der Nacht in die Dusche stieg und mir mit dem Duschstrahl sozusagen einen Einlauf verpasst hatte. Denn das Jucken war innerlich und unerträglich. Durch das Ausduschen konnte ich mir aber jedes Mal Linderung verschaffen.
Dieser Juckreiz kam nach c.a. 3 Wochen und ging nach 3 Monaten wieder. Anfangs hatte ich versucht mir mit Cremes Linderung zu verschaffen. Eine die einigermaßen gut anschlug war Jelliproct. Sie enthält ein Lokalanästetikum und schaffte es, wie gesagt, vorübergehend etwas Ruhe an den geplagten Hintern zu bringen. Aber da ich es leid war zu cremen und diese Salbe nach jedem Stuhlgang wieder auf/einzubringen ging ich dazu über nur noch zu spülen.
Lustiger Weise war der Juckreiz im extremen Ausmaß auch nur nachts vorhanden, ganz selten tagsüber. Ein netter Nebeneffekt des Spülens war dann auch die etwas längere stuhlfreie Zeit.
Die Anzahl der Stühle hatte sich nach der RV schnell auf 6-8 Mal am Tag und 1-3 Mal pro Nacht eingependelt, und ist bis heute unverändert. Zu diesem Thema ist es mir auch ein Anliegen etwas zu allen die es noch vor sich haben zu schreiben. Ich fühle mich durch die Häufigkeit der Stühle in keinster Weise eingeschränkt. Ich achte so wenig darauf, dass ich nie mit Sicherheit sagen kann wie oft ich denn nun im Laufe eines Tages tatsächlich war. Bei mir läuft es in der Regel so ab, das ich das kleine Geschäft verrichten muss, und dabei in entspannter Pose sich automatisch auch der Pouch entleert. Hier möchte ich nochmal erwähnen, dass jeder normale Mensch zwischen 6 und 9 Mal innerhalb von 24 Std. die Toilette aufsucht um das kleine Geschäft zu verrichten! Einhalten, bis zu einer stunde und mehr ist auch kein Problem. Und ich hatte noch nie unangenehme Zwischenfälle. Ach ja.. entspannt pinkeln ohne Pouchentleerung funktioniert bei mir super wenn ich ganz weit nach hinten rutsche auf der Toilette und die beiden Oberschenkelknochen aufliegen, also der Beckenboden nicht ganz entspannt wird.
Ich habe keine Schmerzen bei der Entleerung. Was allerdings etwas nerven kann sind die netten Darmgase… Das Pupsen im Stehen, Laufen oder Sitzen ist nach wie vor etwas, was ich mit äußerster Vorsicht genieße, da ich immer noch nicht jedes Mal zu 100 % sagen kann ob es sich tatsächlich nur um Luft handelt. Im Liegen ist es allerdings manches Mal ein Ereignis das ich mittlerweile regelrecht genieße, da es ja doch ein sehr selten gewordenes Vergnügen ist.
Zum Essen: kurz und knapp: Ich esse fast alles! Einzige Ausnahme: Nüsse zum knabbern. Diese erzeugen immer wieder den netten Juckreiz.. da sie einfach nicht verdaut werden und dann im After hängen bleiben. Was dann wieder ein paar nette Minuten in der Dusche nach sich zieht.
Zur Colitis: ja leider immer noch da und solange ich den Pouch habe wird sie auch immer wieder kommen. Ich habe bislang noch nie darüber berichtet weil ich niemandem Angst machen wollte.
Ich habe nun eine 9 Monatige Odysee hinter mich gebracht um den Blutungen die ich ab und an immer noch habe auf den Grund zu gehen. 5 Spiegelungen und zig Medikamentgaben später bin ich endlich am Ziel. Die letzten 5 cm Dickdarm, die nach dem After erhalten bleiben mussten um den Pouch anzuschließen, entzünden sich leider bei mir immer wieder. Wobei man dazu sagen muss, dass es sich bei mir ausschließlich um das Narbengewebe handelt, welches an der Nahtstelle entstanden ist. Es ist auch in keinster weiße Schmerzhaft. Einfach nur etwas Blutbeimengung, nicht im Ansatz mit den Schüben von früher zu vergleichen.
Therapiert wird das Ganze mittlerweile nur noch lokal! Will heißen ich habe Cortisoneinläufe und Salofalk Rektalschaum bekommen. Beides nicht gerade der Bourner in der Anwendung, aber es hilft. Und ENDLICH weg vom oralen Cortison und Antibiotikum!!! Mittlerweile ist es soweit das ich seit Mitte Mai diesen Jahres KEINE Medikamente mehr einnehme (weder oral noch anal)!!! Die Colitis ist letztlich doch eine Krankheit die mit Stress zusammenhängt, denn diese Blutungen kommen immer noch wenn ich sehr viel, gerade auch emotionalen, Stress habe. Aber wie ich schrieb, es ist im Griff und mein Arzt hat mir meine größte Angst den Pouch zu verlieren genommen.
Im April dieses Jahres war ich zur Reha um einfach wieder zu mir zu finden und mich mal 4 Wochen nur auf mich zu konzentrieren. Das kann ich jedem nur empfehlen, solange man die Therapie für sich annimmt und das Beste für sich selbst herausholt!
Nun abschließend kann ich sagen, dass ich trotz aller Ängste und der immer noch vorhandenen CU diesen Schritt nie bereut habe!
Ein herzliches Dankeschön an das Forum, die vielen Leute die ich hier und vereinzelt auch privat kennenlernen durfte!Den zwei ganz spezielle Menschen die ich hier kennengelernt habe und mittlerweile meine Freunde schimpfen darf! Danke an Christian, dass du diesen Austausch ermöglicht hast! Und an meine Tante die hier seit Anbeginn meiner Stomazeit stiller Mitleser ist und ohne die ich das alles nicht bewältigt hätte!
..................................DANKE!
Siski
(der heute nicht nach smilies war und dies zu entschuldigen bittet)
Edit: Verschönerungszweck
von angeli » 10.08.2010, 07:24
Gratuliere Dir zum 1-jährigen - siehst Du, ist doch alles halb so wild das Leben mit Pouch , ich finde einfach eine tolle "Erfindung" der Medizin
von Chief » 10.08.2010, 10:39
Hallo Siski,
herzlichen Glückwunsch zum 1-jährigen wünsche ich Dir.
Halte dich weiter aufrecht und bleibe wie Du bist.
Gruß
Uli
von HeikeF. » 10.08.2010, 11:23
Liebe Siski;
ich hatte mich schon gefragt, wo du denn steckst. Da du dich - und ja auch Claudia - recht rar gemacht hattest.
Und gerade euch Beide habe ich sehr schätzen gelernt.
Aber das was du schreibst, liest sich so toll. Und ich freue mich mit dir mit, das du so gut damit zurecht kommst.
Das Wichtigste scheint ja dann für dich zu sein, möglichst wenig Stress in deinem Leben zu haben.
Mach weiter so und genieße die Zeit.
Und ganz herzlichen Dank für deinen positiven Beitrag. Das macht hier bestimmt jedem Mut, der so etwas noch vor sich hat.
von doro » 10.08.2010, 12:04
Ach Siski, da hast Du so schön geschrieben - da habe ich glattweg Pipi in den Augen
von baerli444 » 10.08.2010, 12:10
nach solch einem schweren Eingriff
ist das ein wunderschöner Bericht
alles Gute weiter hin
lg
von Webkänguru » 10.08.2010, 13:37
Hallo Siski,
vielen Dank für deinen Bericht, der aus meiner Sicht sehr gut aufzeigt, wie die Situation mit einem ileoanalen Pouch bei vielen Pouchträgern aussieht. Und das sich mit dem Pouch trotz der einen oder anderen Einschränkung ganz gut leben lässt.
Ich hoffe du bleibst uns erhalten und schaust weiter gelegentlich vorbei
Viele Grüße,
euer Webkänguru
von hmengers » 10.08.2010, 14:37
Hallo Siski, Du Mutmacher,
haddu schööön geschrieben und wünsch ich Dir, dass Du nie Grund haben wirst, das anders zu sehen.
Viele Grüße
Herbert
von Siskinanamok » 10.08.2010, 20:48
Hallo ihr Lieben!
Danke für eure netten Glückwünsche! Und natürlich bleib ich dem Forum erhalten Ich freu mich wenn ich mit meinem Beitrag anderen Fories etwas Mut machen kann.
Ganz lieben Gruß
Siski
von Meta » 10.08.2010, 22:03
Hallo Siski,
dein Bericht zeigt wieder,dass manchmal sehr viel
Geduld nötig ist und man nicht zu früh aufgeben darf,wenn
mal Schwierigkeiten auftreten.
Ich wünsche dir,dass weiterhin alles so gut läuft und
du deine CU gut im Griff halten kannst.
Liebe Grüsse,
Marion
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