von martin.heuer2@web.de » 05.11.2024, 18:54
Hallo,
ich heiße Martin/43 und habe seit 2016 mit Abszessen zu kämpfen die bisher immer weggeschnitten wurden. Im November2023 wollte ich dem dann endlich mal richtig auf den Grund gehen.
Ich habe das ganze Becken voller Fistelkanäle kleine und große-daher wurde mir (eigentlich nur für 6Monate gedacht) ein Stoma gelegt damit sich das ganze mal beruhigt und abheilt-das wurde im Mai2024 gemacht, es wurde perinatal bereits mehrfach operiert und so sieht das Narbengewebe mittlerweile auch aus.
Heute war ich mal wieder im MRT und anschließend bei meinem Prof zur Besprechung und er meinte es bringt nichts das zurück zu verlegen einfach so.
Ich habe die Wahl 20cm meines Dickdarms zu verlieren und es wird „unten zugenäht“ ODER es wird etwas vom Dickdarm entfernt und dass übrige dann runtergezogen und neu gebaut ODER mein gesamter Dickdarm wird entfernt und ich bekomme einen Dünndarm-Pouch oder wie das heißt. Nun sitze ich wieder zuhause mit meinem Talent und meine Gedanken kreisen.
Wäre für Schriftverkehr dankbar, hat jemand von euch auch was dauerhaftest und wenn ja was etc??
Danke
von Butterfly » 08.11.2024, 10:00
Hoi Martin
Ein Pouch bei einem Morbus Crohn?
ZEIT DEN CHIRURGEN ZU WECHSELN!!!
Bei einem Morbus Crohn macht man keinen Pouch, weil dafür Dünndarm gebraucht wird und die Entzündung dann dort sitzt.
Liebe Grüsse
Butterfly
von martin.heuer2@web.de » 08.11.2024, 10:50
Hallo Butterfly
das ist bei mir nicht so und generell ist es auch nicht immer im Dünndarm und wenn dann eventuell auch im unteren Abschnitt der dann selbstverständlich mit entnommen werden würde.
Du hast ein Ileostoma oder?—wie kommst du damit zurecht und magst du mir sagen ob man bzw. du auf Tabletten angewiesen bist-das würde mich sehr interessieren da ich zur Zeit ja ein colostoma habe und eventuell Wechsel.
Du hast vermutlich einen Beutel oder katheterisierst du dich selbst?
Würde mich freuen wenn wir einen Dialog schaffen.
Lg
von Butterfly » 08.11.2024, 14:25
Hallo Martin
klar sitzt der MC nicht überall im Darm. Aber ein Pouch wird eben bei MC i.d.R. nicht gemacht (es gibt nur wenige Ausnahmen, wenn die Patient/innen drauf bestehen oder Chirurg/innen ihren Mut unter Beweis stellen wollen, einen Pouch bei MC entgegen der allgemeinen Empfehlungen zu bauen), eben weil die Entzündung an anderen Stellen im Verdauungstrakt ausbrechen kann. Durch den nicht kontinuierlichen oder auch wechselnden Befall von entzündeten und gesunden Stellen ist nicht vorhersagbar, wo eine erneute Entzündung ausbrechen kann (auch bei Stellen, die bislang nicht entzündet waren!!!).
Das unterscheidet MC von FAP oder CU, die auf den Dickdarm beschränkt sind und bei CU einen kontinuierlichen Befall zeigen.
Von daher habe ich zu diesem Thema alles gesagt, was zu sagen ist. Ich persönlich halte es für unverantwortlich. Die Chirurg/innen in Berlin, Schwerin und Zürich, bei denen ich freiwillig oder unfreiwillig war, haben alle AUSSCHLIESSLICH J-Pouch-OPs bei CU und FAP durchgeführt und sie bei MC abgelehnt aus obigen Gründen.
Wenn du es aber für dich für den richtigen Weg hältst und dir der Risiken mit MC bewusst bist und dir die Konsequenzen eines Pouches zutraust, so ist das natürlich deine persönliche Entscheidung, für die du Verantwortung als mündiger Patient übernimmst. Du unterschreibst ja auch, dass du dir bewusst bist, was du da mit dir machen lässt.
Medizinethisch ist dieses Vorgehen jedoch m.E. ein Grenzfall, weil dein Chirurg dich nicht aufgeklärt zu haben scheint. Damit hält sich, was ich hier lese, der Chirurg nicht an die 4 Prinzipien mittlerer Begründungstiefe nach Beauchamps & Childress, die sich in der Medizin nicht ohne Grund durchgesetzt haben. Erst danach könntest du eine gute Entscheidung treffen. Alarmglocken schrillen bei mir, wenn du schreibst, dass der untere Teil des Dünndarms ggf. mit rausgenommen wird. Damit wird dann ein höherer Dünndarmteil für den Pouch genutzt. Es steigt die Möglichkeit der Mangelernährung, da muss dann substituiert werden. Ab zwei Metern Restdünndarm kommt dann die künstliche Ernährung dazu - je nachdem, wieviel dann weggeschnitten wird (wegen Pouchanlage oder späteren Folge-OPs, weil auf einmal die Entzündung an anderen Stellen ausbricht).
Solltest du darüber hinaus weitere Infos zu Pouch bei CU suchen, dann empfehlen sich die einschlägigen Webseiten der Patientenorganisationen (CED Netzwerk, DCCV) und die entsprechenden Leitlinien. Du wirst sehen, dass Pouch dort bei CU steht, nicht bei MC.
Da meine zeitlichen Ressourcen begrenzt sind, empfehle ich dir, die Suchfunktion hier im Forum zu bemühen. Dort findest du auch Antworten zu deinen Fragen, die du an mich gerichtet hast (Ileostoma, keine CU-Medis).
Ich bin kein Fan von Zweit- und Drittmeinungen, weil ich den Eindruck habe, dass es Nomad/innen gibt, die sich so lang beraten lassen, bis ein/e Mediziner/in genau das sagt, was er/sie hören möchte. Das verursacht unnötige Kosten und generiert Frust, wenn es dann nicht klappt. Aber bei einem Pouch gehört neben einem grossen Teil Eigenrecherche auf Websites (nicht nur Erfahrungsberichte) auch der Besuch in einer zertifizierten Chirurgie dazu, die sich auf CED (und nicht Darmkrebs) spezialisiert hat. Diese findest du u.a. an der Charité/Campus BF, Helios Kliniken Schwerin, Köln-Porz und Hamburg.
Mehr habe ich zu deiner Anfrage nicht beizutragen.
Viel Erfolg, gutes Entscheiden und liebe Grüsse
Butterfly
von Merlina » 27.11.2024, 02:40
Hallo Martin,
ich sehe die Situation ebenso wie Butterfly.
Ergänzen möchte ich noch - auch wenn das hart ist: Es stellt sich die Frage, wieso Dir überhaupt jemand in Aussicht gestellt hat, dass man in 6 Monaten zurückverlegen kann. Mit den diversen Fisteln ist in so kurzer Zeit kaum ein Abheilen möglich.
Und in so ein Umfeld, das mit Fisteln belastet ist, könnte man definitiv auch bei CU keinen Pouch legen.
Ärzte empfehlen manchmal etwas, was dem Ertrag des Krankenhauses dient oder den eigenen Interessen, und sie sind manchmal nicht in der Lage, dem Patienten reinen Wein einzuschenken.
Wenn Du mit dem Colostoma zurecht kommst, ist das vermutlich die Lösung, die Dir die beste Lebensqualität bietet, und die die Fisteln am besten in Schach hält. Auch der Crohn könnte sich so beruhigen.
Darüber hinaus: Suche Dir einen guten Fistelspezialisten. Das kann nicht jeder Chirurg.
Viel Glück, Merlina
von Merlina » 27.11.2024, 11:23
Hallo Martin,
ich muss mich noch korrigieren: Meine Aussage „Wenn Du mit dem Colostoma zurecht kommst…“ streiche bitte.
Wenn der Crohn bei Dir vorwiegend im Dickdarm aktiv ist, kann eine Entfernung oder Teilentfernung erforderlich sein. Es geht vermutlich bei Dir darum, das kleine Becken möglichst entzündungsfrei und fistelfrei zu bekommen und insgesamt die Aktivität des Crohns zu reduzieren. Dabei hilft ein Stoma, oft auch dauerhaft, sehr gut. Es reduziert oft auch die Medikamente, die gegen den Crohn genommen werden müssen.
Bei so einem komplexen Krankheitsbild (insbesondere wegen der Fisteln) solltest Du ausschließlich von Spezialisten betreut werden. Du brauchst einen Vizeralchirurgen, der auf Kolonproktologie spezialisiert ist und auf CED-Chirurgie, wie Butterfly schon schrieb.
Häufig gibt es in Krankenhäusern jedoch eher eine Spezialisierung auf Tumorchirurgie. Das solltest Du berücksichtigen und für Dich einen CED-Spezialisten suchen, auch wenn der Weg weiter ist.
Kennst Du den https://www.dccv.de/ ? Es gibt auch hier ein Forum, und es gibt sehr viele Informationen auf der Seite, und wenn Du Mitglied bist, auch eine Chirurgensprechstunde.
Viel Glück, Merlina
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