von Koala » 14.06.2011, 01:06
Hallo,
ich war vor einigen Wochen im KH und der Oberarzt kam zu mir und meinte, ob ich schon einmal an eine Rückverlegung gedacht hätte.
Ich war wie vor den Kopf gestossen und ich weiß nicht, ob der Arzt nur nicht richtig über mein Krankheitsbild informiert war.
Es sieht im Moment so aus:
Ca. 2/3 des Dünndarms sind noch da, also kein Dickdarm, das Ileostoma gab es 1991 (also 20 Jahre AP), seit dem ca. 20 OPs wegen Stenosen (hauptsächlich Verwachsungen). Ein Schließmuskel wurde damals entfernt, einer soll noch da sein. Ab und zu kommt es zu Darmblutungen.
Wie ist das bei einem Dünndarm, geht das überhaupt bei MC und wie weit muss das nächste Klo weg sein (wieviele Sitzungen sind am Tag erforderlich)? Der Stuhl ist im Moment unterschiedlich, mal dünn wie Wasser, mal ziemlich fest.
Blähungen sind auch verhältnismäßig häufig. Wie ist das dann, geht das ohne Unfall ab oder müsste ich eine Windel tragen?
Was glaubt Ihr, ist da überhaupt etwas zu machen und macht das Sinn?
Im August soll ich Humira bekommen, aber das wird mich nicht vor Stenosen bewahren.
Mfg
Koala
von Häslein » 14.06.2011, 02:22
Hallo!
Deine Frage kann man mit einem Wort beantworten: Zonk!!!
Warum?
Eine etwaige Rückverlegung der Ileostomie führe dann unweigerlich zur Anlage eines Pouches, da kein Dickdarm mehr vorhanden ist. Eine Pouchanlage sollte bei M. Crohn nicht erfolgen, lange Zeit wurde es sogar als Kunstfehler angesehen, bei Crohn einen ileo-analen Pouch anzulegen.
Da ein Pouch ein taschenähnliches Gebilde ist, sind die Grundsteine für weitere Entzündungen und Stenosen gelegt, weil diese Krankheit praktisch Taschen liebt...obwohl die Erkrankung keine Frau ist.
Die Erkrankung treibt leider sehr gerne ihr Unwesen besonders in Darmtaschen. Einen Pouch anzulegen wäre gleichbedeutend mit der Methapher "Öl ins Feuer gießen".
Da Du auf Humira eingestellt werden sollst, vermute ich, dass Du nicht in Remission bist oder bei Dir Remissionen eher schwer zu halten sind.
Mal ganz abgesehen davon, dass ein solcher Eingriff viele Komplikationen beinhalten kann, wage ich zu bezweifeln, ob es Deiner Lebensqualität zuträglich wäre, wenn man das Stoma beseitigt.
Die Konsistenz Deiner Stühle über den After wird genauso wie jetzt sein, sprich, was jetzt in Dein Beutelchen rauscht, rauscht auch so dann aus dem Po.
Ein Pouch bietet normalerweise ein Reservoir für ca. 200 bis 250 ml Stuhl. Du kannst Dir selbst ausrechnen, wie oft Du dann auf der Toilette sitzt pro Tag. Wenn Du wässrige Stühle hast, kannst Du Deine Sprintfähigkeiten zum nächsten WC dann am besten vorher rechtzeitig üben...
Die Haut würde bei häufigen Stühlen auch in Mitleidenschaft gezogen. Wund, schmerzhaft, ich hatte das alles und will es nicht nochmal.
Der Schließmuskel ist bei Dir bereits seit 20 Jahren arbeitslos und auch nicht mehr komplett. Keine guten Voraussetzungen für eine suffiziente Kontinenz.
Ich könnte noch weitere Gründe gegen eine Stomarückverlegung nennen. Ich lasse es aber.
Ich rate Dir aus eigener Erfahrung und erlerntem Wissen ( staatlich geprüft ) von den abenteuerlichen Phantasien Deines operations- und risikofreudigen Oberarztes ab. Und zwar dringend.
Leider gibt es immer noch zu viele Ärzte, die auf eine gut funktionierende Stomaanlage allergisch reagieren und sogleich das Rückverlegungsbesteck zücken wollen;
Wenn Du zu einer Rückverlegung tendierst, hole Dir bitte noch eine zweite Meinung von einem crohnerfahrenen Chirurgen ein und bespreche es ebenso dann parallel mit einem crohnerfahrenen Gastroenterologen.
Falls Dein derzeitiger Oberarzt so von seiner Idee überzeugt ist, diskutiere ich das gerne mit dem Arzt, von mir aus auch öffentlich. Das meine ich wirklich so.
Ich wünsche Dir alles Gute und informiere Dich umfassend.
Häslein
von Webkänguru » 14.06.2011, 09:45
Hallo Koala,
ich sehe es genau so wie Häslein und würde dir von einer Rückverlegung dringend abraten.
Viele Grüße,
euer Christian
von tierfreund » 14.06.2011, 13:05
Hallo Koala,
kann mich der Meinung von Häslein auch nur anschließen.
Ganz egal was der Operateur gerne möchte.
LG Tanja
von Waltraud Mayer » 14.06.2011, 13:22
Du lebst 20 Jahre mit Stoma, weist was da alles los ist, lebst Du schlecht damit???
Warum sollst Du was ändern, wo Dir kein Mensch sagen kann wie es Dir dann geht, grade mit Crohn...
Der Doc muß ja dann nicht damit leben...
LG Waltraud
von sahnetörtchen » 14.06.2011, 23:11
Hallo Koala,
ich verstehe Deinen Oberarzt auch nicht!! Warum soll nach 20 Jahren rückverlegt werden? Hatte der einen Clown gefrühstückt? :shock: Oder hast Du momentan Probleme, die eine Rückverlegung notwendig machen?
Auf jeden Fall eine Zweit - und Drittmeinung einholen!!!!!
Zu Humira: vor Stenosen wird auch dieses Medikament Dich nicht bewahren. Ich habe auch erst vor 2 Jahren unter Humira eine Stenose entwickelt, die im Okt. 2010 entfernt wurde und "Schuld" ist, dass ich nun ein Stoma habe.
Aber das muß nicht heißen, dass es bei Dir auch zu Stenosen führt. Da reagiert jeder Mensch anders. Prima fand ich, dass ich es mir alle 2 Wochen selbst spritzen konnte und nicht Tabletten nehmen musste, oder in die Praxis fahren musste. Tut auch gar nicht weh. Solltest Du einen Hautauschlag bekommen, laß ihn direkt vom Hautarzt behandeln. Ich bin erst nach einem Jahr gegangen, und nun bekomme ich ihn nicht mehr richtig weg. ( Ist zum Glück nur an den Unterschenkeln).
Wenn Du noch Fragen hast, meld Dich einfach nochmal.
LG
sahnetörtchen
Ich hatte heute 2 Stunden lang ein Gespräch mit der OÄ die mich in der Notoperation auf d. OP Tisch hatte.
Sie sagt genau das was Häslein sagte und rät mir ganz dringlich und unbedingt von einer Rückverlegung ab.
Ich war ebenfalls durcheinander weil auch bei mir in der AHB eine Ärztin sagte:" in 8 Monaten kann alles zurück verlegt werden."
Ich habe den riesen Wunsch im Hinterkopf gehabt....
Sie, die OÄ, hat mir ALLES genau erklärt und sehr vieles lese ich bei Häslein hier auch wieder.
Ich werde nun nicht mehr Ärzte suchen die mir das zurück verlegen.
Rede doch eventuell auch mal mit den Ärzten die Dich operiert haben.
Ich wünsche Dir viel Kraft
von Koala » 15.06.2011, 00:45
Zunächst, der Oberarzt war ein Gastroenterologe. Früher war ich in dem Krankenhaus ein und aus gegangen. Seit dem die alten Profs alle weg sind, habe ich mich anders orientiert. Meine Akten sind vermutlich nicht mehr vollständig oder der Oberarzt hatte keine Lust sie zu lesen.
Ich war dort zu einer Spiegelung des Dünndarms, also komplett, mit einem Ballon-Endoskopie. Auf die Art wurde bei mir noch nie gespiegelt.
Das Stoma hätte ich natürlich schon ganz gerne weg. Schon alleine wegen der Versorgungsunsicherheit, denn es wird bestimmt nicht besser. Und durch meine vielen OPs ist mein Bauch ungünstig zu versorgen, es hält eigentlich nur eine Steinzeit Versorgung, die jeden Tag vom Markt genommen werden kann. Es hätte also schon einige Vorteile, auch wenn ich dafür öfter aufs Klo müsste. Das muss ich jetzt auch, das Stoma hat nur den Vorteil, das kein "Druck" dabei ist.
Vor den Humira habe ich etwas Angst, weil ich schon so gut wie alles durch habe und solche Medis häufig dauerhafte Schäden hinterlassen haben. Das Spritzen ist kein Problem, das Ding hau ich mir rein und gut ist. Aber was kommt dann?
Mein MGA (Mein-Gastro-Arzt) war überrascht, das bei der Spiegelung nichts gefunden wurde, keinerlei Crohnzeichen, keine Stenose o.ä., obwohl er einige Wochen vorher per Ultraschall der Meinung war, er hätte was gesehen. Bis zur Untersuchung hatte ich allerdings 50mg Cortison eingenommen, ich stand dadurch zwar ziemlich neben mir, aber es scheint geholfen zu haben. Ich kann Cortison einfach nicht mehr vertragen, früher haben mir 120mg nichts ausgemacht, jetzt sind nicht mal mehr 10mg ohne Probleme möglich, zumindest scheint es aber noch zu helfen.
Meine Beschwerden haben sich nach der Spiegelung extrem verbessert, das hatte ich schon 2mal, Ende/Anfang des Jahres, da wurde auch im Abstand von 1 ... 2 Monaten auf die alte Art eine Koloskopie (ca. 30 ca) durchgeführt.
Scheint also ein Verwachsungsstrang zu sein, der zusammen mit einem Narbenbruch im Magenbereich ungünstig sitzt. Die Ärzte meinen, es könnte auch vom Ischias kommen, weil das Problem bis in die Fußspitze geht. Aber ich merke doch, das es direkt von der Stelle ausgeht, wo schon unzählige Male eine Stenose gesessen hat, also ging ich diesesmal auch davon aus. Der Chirurg meinte zwar, es wäre anatomisch nicht möglich, das sich dort ein Nerv oder ähnlich befindet, der dann bis ins Bein bzw. Fuß strahlt. Aber wieso ist es jetzt besser? Vorher konnte ich fast nur noch wie der Glöckner von Norderdamm laufen und ein Einschlafgefühl war auch vorhanden, von den Passagenproblemen fang ich besser erst gar nicht an.
Jetzt muss ich erst einmal warten, bis die Impfung durch ist. Da ich im Moment auch keine Crohn-Symptome habe, macht es, lt. MGA keinen Sinn, Humira jetzt schon zu nehmen. Wo nichts ist, kann auch nichts geheilt werden.
Gruß
Koala
von Melli » 15.06.2011, 02:37
Hallo Koala,
hmmm, ehrlich gesagt finde ich, das klingt nicht nach Rückverlegung (aber es ist ja nur ein geschriebener Bruchteil, den man weiß)
Wenn du keinen Schub hast, würde ich sowieso nichts machen. Schlafende Hunde wecken...das funktioniert super, wenn man am Darm herumwurschtelt.
Humira ohne Schub verstehe ich auch nicht. Ohne Schub sollte eigentlich, gerade mit Stoma, nichts oder sehr wenig nötig sein. Sonst wäre man ja nicht ohne Schub, sondern bräuchte eine Behandlung, wie du ja auch schon schreibst.
Grundsätzlich bin ich immer dafür, eine Rückverlegung zu versuchen (man kann sowieso immernoch wieder ein Stoma legen), aber nach der langen Zeit, der Darmlänge und deinen Beschreibungen nach halte ich es für nicht ganz so gut leider.
Der Stuhlgang kann sich regulieren, ich zB hatte das Glück nicht, als ich nach 10 Jahren rückverlegt wurde. Das, was in den Beutel läuft, lief unten raus, aggressiv und flüssig und kaum zu halten daher.
Aber das kann auch sehr unterschiedlich sein.
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