von blechle » 14.07.2016, 23:14
Hallo,
kurze Vorgeschichte:
Nachdem vor ca 4 Monaten eine Colitis Ulcerosa festgestellt wurde, und ein fulminanter Schub von den Ärzten als unstoppbar eingeschätzt wurde, mussten mir, 22, der Dickdarm und ca 50cm des Dünndarms operativ entfernt werden. Alles war ziemlich entzündet, deswegen habe ich derzeit ein "Kurzdarmsyndrom" und 60cm aktiven Dünndarm zwischen Magen und dem 1. künstlichen Darmausgang, danach nochmal ca. 2m Dünndarm, welcher derzeit stillgelegt ist und dahinter das 2. Stoma. Momentan werde ich ~20 Stunden/Tag parental ernährt und warte auf die Rückverlegung des oberen Stomas in ca 5 Wochen. Anschließend steht auch eine Pouchanlage und komplette Rückverlegung im Raum. Ich habe 30kg abgenommen und wiege momentan 55kg bei 1,96m. Bis dahin darf ich nur wenig essen und so gut wie nichts trinken, weil einfach alles durchrauscht und die Elektrolyte rausschwemmt... Keine einfache Zeit also.
Jetzt habe ich ein paar Fragen und hoffe, dass Ihr mir vielleicht weiterhelfen könnt:
1. Hat jemand ähnliche Erfahrungen, vor allem mit dem Trinkverbot habe ich große Probleme.
2. Was darf ich mir nach der Rückverlegung des oberen Stomas erhoffen, auch trink- und essenstechnisch?
3. Ich habe im Moment einen Ausfluss von 5l/Tag, wie viel habt Ihr mit "normalem" Ileostoma?
4. Eine Idee ist, die obere Rückverlegung und innere Pouchanlage in einer OP zu machen. Was haltet ihr davon?
5. Ich habe noch ca. 2,60m Dünndarm und keinen Dickdarm mehr. Reicht das überhaupt für einen Pouch? Wie viel cm Dünndarm geht für einen Pouch drauf?
Wenn ich Wichtiges vergessen habe oder etwas unklar ist, sorry, bitte einfach fragen. Ansonsten vielen Danke im Voraus!
LG blechle
von Webkänguru » 24.07.2016, 14:09
Hallo blechle,
das ist bestimmt gerade im Moment nicht einfach, bei den aktuellen Temperaturen
Zu deiner Problematik mit dem derzeitigen Kurzdarmsyndrom kann ich wenig sagen. Vielleicht bekommst du dazu noch Antworten, wir haben hier einige, die selbst von einem Kurzdarmsyndrom betroffen sind.
Allerdings wird sich das alles normalisieren, wenn das Stoma zurück verlegt und weiter unten neu angelegt wurde. Dann hast du über den kompletten Dickdarm wieder eine normale Nährstoffaufnahme. Dadurch kommt auch weniger im Beutel an und du musst nicht so oft ausleeren.
Grundsätzlich ist es kein Problem den Pouch und das Stoma gleichzeitig machen zu lassen. Aber du solltest noch einmal überlegen, ob das für dich wirklich der richtige Weg ist. Du könntest auch zuerst das Stoma neu anlegen lassen und die Pouch-OP nochmal nach hinten verschieben. Mit dem neuen Stoma kannst du dich wieder ausreichend normal ernähren, kommst wieder zu Kräften und nimmst an Gewicht zu. Wenn du dich dann wieder fit fühlst, kannst du in Ruhe überlegen, ob und wann du die Pouch-OP machen lässt.
Liebe Grüße,
Christian
von Hanna70 » 24.07.2016, 15:10
Hallo blechle,
beim Kurzdarmsyndrom wird empfohlen, nicht viel mehr als 1,5 l zu trinken. Ich hab auch ein Kurzdarmsyndrom, allerdings mit einem Colostoma. Während 4 großer Bauch-OPs innerhalb von 6 Wochen hatte ich 28 kg abgenommen. Nach 8 Jahren sind mit Hilfe von täglich 3 bis 4 Flaschen Trinknahrung und ab und zu parenteraler Ernährung 10 kg wieder drauf. Mehr wirds nicht.
Mir fehlen ca. 2 m Dünndarm und 50 cm Dickdarm. Da man mir bei einer OP die Blase angeschnippelt hatte, war über eine Neoblase nachgedacht worden. Aber dabei hätte ich noch mehr Dünndarm verloren.
Ich persönlich würde für einen Pouch kein Stück Dünndarm mehr opfern. Ich weiß zwar nicht, wieviel man dafür braucht, aber jedes Stück Dünndarm fehlt. Und ein Pouch kann auch Probleme machen - wie ich hier im Forum schon gelesen habe.
Vielleicht holst Du Dir noch eine zweite Meinung.
LG Rosi
von Merlina » 24.07.2016, 23:56
Hallo blechle,
ich erinnere mich grob, dass ein Pouch ca. 30 cm Dünndarm verbraucht.
Mal abgesehen davon, dass bei Deiner Restdarmlänge und ohne Dickdarm der Stuhl wohl dauerhaft bestenfalls breiig sein wird, und so das Einhalten eine "Sonderaufgabe" sein könnte, besteht das Risiko, dass Du den Pouch verlierst.
Ich würde mir auch, wie Christian empfiehlt, mit der Entscheidung Zeit lassen und lieber eine OP mehr in Kauf nehmen. Die Rückverlegung ist eher eine kleine OP, die Pouchanlage aber komplex und sie dauert und evtl. steckst Du sie besser weg, wenn Du etwas zu Kräften gekommen bist. Außerdem würde ich unbedingt wie Rosi schon schrieb, eine Zweitmeinung einholen. Vor allem würde ich jede nun anstehende OP nur von den Spezialisten in Sachen Visceralchirurgie/Colonproktologie machen lassen!!
Deine Diagnose ist ja noch relativ frisch....kennst Du den DCCV? Wenn Du dort Mitglied bist (ca. € 56,-- p.a.), kannst Du u.a. die telefonische Chirurgensprechstunde wahrnehmen. Im August gibt es am 1. und 15.8. die Möglichkeit mit Prof. Kreis zu telefonieren. Er ist einer der Spezis.
Diese Entscheidungen sind nicht einfach zu treffen. Für mich ist inzwischen das Wichtigste die nachhaltige Lebenqualität und nicht die Frage, ob ich einen Beutel am Bauch habe oder nicht.
Deine Situation wird sich hoffentlich noch etwas mehr einpendeln, zumindest wenn Du das obere Stoma los bist. Ich habe das von Dir abgefragte "normale" Stoma, allerdings noch den ganzen Dünndarm. Ich habe ca. 1-2 l breiige Ausscheidungsmenge, je nachdem wie viel ich esse. Wenn ich mal Durchfall hatte, waren es bis zu 7 l.
Informiere Dich in Ruhe, entscheide Dich, wenn Du einen Chirurgen gefunden hast, dem Du vertraust und der Dich gut informiert und neutral alle Optionen erklärt hat.
Viel Glück!
Merlina
von fluse » 25.07.2016, 19:47
Hallo blechle, ich möchte unbedingt Merlinas Antwort unterstreichen! Wende Dich mal an den DCCV - Kosten rentieren sich, Du lernst eine Menge und es gibt guten Service z. B. gute Krankenhaus - und Arztadressen, Rechtsberatung ec. - und mach mit dem Pouch langsam. Chirurgen machen gerne was sie als elegante Lösung empfinden und das deckt sich nicht immer unbedingt mit Deiner Vorstellung von Lebensqualität. LG fluse
von fluse » 25.07.2016, 19:59
Ach so blechle, ich leere so ca alle 3-4Std meinen Btl ( Grösse midi), nachts so ca 2x, ich trinke ca 2-2 1/2 l täglich, esse etwas kontrolliert ( viel Fett, blähendes und treibendes oder sehr saures oder scharfes Essen kann u.U. Probleme machen) aber gerne und relativ viel - und das wünsche ich Dir auch in absehbarer Zeit! Fluse
von Merlina » 26.07.2016, 00:00
Hallo blechle,
ich hoffe, es geht Dir etwas besser!? Du warst nicht wieder angemeldet und mir tut es sehr leid, dass Du erst so spät Antworten bekommst!
Ich will noch etwas nachtragen: Deine Diagnose ist ja noch sehr frisch und Du bist logischerweise noch nicht so im Thema.
Du schreibst, auch Dein Dünndarm sei entzündet gewesen. Es gibt CU-Patienten, bei denen die starke Entzündung auch in den Dünndarm reicht, die sog. Backwash-Ileitis. Aber normalerweise beschränkt sich die Colitis ulcerosa auf den Dickdarm.
Möglicherweise hast Du eine Disposition dazu (was für den Pouch nachteilig sein könnte) oder noch wichtiger: es ist nicht ganz auszuschließen, dass Du doch Morbus Crohn hast.
Es gibt manchmal solche unklaren Diagnosen. Der MC sollte erstmal (u.a. durch ein MRT) ausgeschlossen werden, bevor über die Pouch-OP nachgedacht wird. Die meisten Ärzte raten, soweit ich weiß, von einer Pouchanlage bei MC ab.
Also auch aus diesem Grund solltest Du Dir Zeit lassen und erstmal nur versuchen Deine Situation zu klären und nur Maßnahmen ergreifen, die Dich stabilisieren.
Vielleicht kennst Du jemanden, der sich medizinisch auskennt oder hast jemanden, der Dich unterstützt und bei Gesprächen begleitet, denn diese Themen sind oft so komplex und es ist hilfreich, wenn man alles mit einer vertrauten Person besprechen kann. Vor allem, wenn man sich geschwächt fühlt.
LG, Merlina
von blechle » 27.07.2016, 20:11
Hallo Leute,
vielen Dank für eure Antworten! Zum Zeitpunkt der Beitragserstellung kam ich frisch aus dem KH und war ziemlich verunsichert und verzweifelt, mittlerweile geht es mir schon viel besser. Ich bekomme mittlerweile einen Magenschutz, der den Magensaft und somit auch die Verluste reduziert. Dadurch habe ich auch nur noch selten diesen starken Durst, es lag einfach am Flüssigkeitsmangel im Körper. Ich habe mich nun so entschieden, dass bei der nächsten OP nur der stillgelegte Dünndarmteil angeschlossen wird, also step by step. MC wurde von den Ärzten ausgeschlossen, es soll sich tatsächlich um ein Backwash gehandelt haben, laut Ultraschall (und auch eigenem Empfinden) ist die Entzündung nach der letzten OP zügig verschwunden. Danke auch für die Tipps zur weiteren professionellen Hilfe etc. Stand jetzt werde ich von Dr. Fischer in Heidelberg operiert, was ich so gehört habe ist er sehr gut in dem, was er tut. Ich werde dann schauen, wie sich meine Verluste und die Konsistenz mit dem gesamten Restdarm entwickeln und daran kann man vielleicht ganz gut festmachen, wie ein Pouch funktionieren würde... Ich bin ja noch so jung und würde sehr gerne ohne Beutel leben... Auch, weil ich ein Sportfanatiker bin (Fußball, Fitnesssport) und mit Beutel alles ziemlich konpliziert ist... (Körpereinsatz, Bauchbelastung). Aber erstmal schauen und hoffen, wie es mit "nur" einem Beutel funktioniert.
Wenn ihr wollt, halte ich euch auf dem Laufenden, Rückverlegung des hohen Stomas ist Ende August.
LG blechle
von Merlina » 27.07.2016, 22:23
Hallo blechle,
schön dass es Dir besser geht! Das hört sich doch alles vielversprechend und sinnvoll an. Heidelberg ist ja auch eine der ersten Adressen! Wurde Deine Kolektomie auch dort gemacht?
Auch wenn man mit Stoma ganz gut leben kann, stimme ich Dir zu....natürlich gibt es viele Einschränkungen, die man ungern in Kauf nimmt.
Ich drücke Dir die Daumen, dass sich alles weiter entspannt und wie angedacht läuft!
Ich würde mich freuen, wenn Du weiter berichtest und wünsche Dir eine gute Regenerationszeit!
LG, Merlina
von Smile » 28.07.2016, 08:29
Hallo blechle,
meine Situation ist mit Deiner nicht vergleichbar (Morbus Crohn und Ileostoma) aber ich habe auch oft mit sehr flüssigen Ausscheidungen zu kämpfen und einhergehendem Mineralstoffverlust. Mir hilft dann Natrium Chloratum (D6 oder D12). Kannst ja mal die Suchfunktion nutzen, ich hatte den Tipp aus diesem Forum. Man sagt, dass Schüssler Salze eigentlich keine Wirkung haben können, aber mir reicht es, dass es hilft . Ich kann auch nicht einschätzen, ob es bei Dir Gründe gibt, die dagegen sprechen, das müsstest Du dann selbst prüfen.
Viele Grüße
Katja
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