von Addie » 08.12.2014, 21:39
Wissenswertes zur Rückverlegung eines Stoma
Vorweggenommen, so vielfältig die Gründe für eine Stoma-Anlage, so unterschiedlich kann eine Rückverlegung sein . Meine Diagnose ist Eierstockkrebs. Der Krebs hatte sich wie ein Teppich um meinen Darm gewickelt und diesen fast erstickt. Deshalb wurden ca 50 cm Darm rausgeschnitten und ein Colostoma gelegt. Ich notiere hier nur meine Erfahrungen und was ich als wichtig empfand. Viele von Euch haben die RV schon hinter sich. Vielleicht mag der eine oder andere noch Ergänzungen dazu machen, damit jene, die noch eine RV vor sich haben, besser informiert sind .
VOR der Rückverlegung sind einige Untersuchungen nötig, um bestimmen zu können, ob eine Rückverlegung möglich ist oder eben nicht:
1) Untersuchung des restlichen Darmstücks – ist er lange genug? Schliessmuskelfunktion noch stark genug?
2) Röntgen mit Flüssigkeit im Darm; Ist der Darm "dicht" ? Wie sehen die beiden Enden aus? Passen sie noch zusammen?
3) Braucht es ein Entlastungsstoma? Wenn die Enden zu knapp sind, kann es sein, dass bis zur Heilung des zusammengenähten Darms, ein Entlastungsstoma angelegt wird.
4) Wichtig: Die Ärzte können erst definitiv über eine Rückverlegung entscheiden, wenn der Bauchraum offen vor ihnen liegt und sie "rein sehen".
OP Vorbereitung im KH:
1) Bluttest, ob alles in Ordnung ist, keine Entzündungsherde etc
2) Am Abend vor der OP darf nix mehr gegessen werden, trinken ist erlaubt.
3) Darmreinigung – Abführmittel (Dauer ca 3 Stunden), Mein Stoma hat noch bis kurz vor der OP geblubbert. Auf Nachfrage bei der Chirurgin hat sie mir erklärt, dass sobald der Bauch offen ist, der Darm 'zumacht'. Hatte echt Bedenken dass alles in meinen Bauchraum blubbert...
4) Anzeichnen des möglichen "Übergangsstoma". Falls möglich wird aber die neue Stomaanlage am gleichen Ort wie das herkömmliche Stoma gemacht
5) Zum KH Eintritt sollte man die Stomaversorung mitnehmen, damit ein eventueller Platten/Beutelwechsel möglich ist
6) PDA (Periduralanästhesie): Je nach Anästhsiearzt wird diese für eine Rückverlgung verlangt, ist aber für den Patient freiwillig. Ich habe eingewilligt, weil ich keine unnötigen Schmerzen während oder nach der OP wollte und dadurch weniger Narkose nötig ist = man ist nach der OP nicht ganz so belämmert. Ist aber mit dem Risiko von Nervenschädigung verbunden, deshalb nur vom absoluten Crack anzulegen!
WÄHREND des KH Aufenhalts:
1) Die ersten Tage nach der OP können von Brechreiz begleitet sein, da der Darm/Magen noch für keine Nahrung bereit ist und lieber oben rauswirft wie unten...
2) Sehr langsame Kostaufbau 1-2 Tage nur Suppe / Flüssigkeiten, praktisch kein Stuhlgang in den ersten 2 Tagen
3) Nachher unbedingt bläharme Kost und das für längere Zeit. Mir hat man nach 5 Tagen bereits das normale Essen hingestellt und das bekam mir gar nicht!!!
4) Stoma-Narbe braucht einige Wochen um komplett abzuheilen. Je nach Wundheilung des Körpers, kann das „Loch“ noch einige Zeit brauchen bis es zuwächst. Das „Loch“ darf nicht komplett zugenäht werden, sondern muss selber heilen (sieht nicht grad super aus, aber ist normal)
5) Allfälliges Übergangsstoma kann nach 6 Wochen mit einer kleinen OP rückverlegt werden
6) Stuhlgang ab ca. Tag 2 nach OP, kann sehr unterschiedlich sein, von Durchfall bis zu relativ hartem Stuhl
7) Entzündung des Anus möglich = Blut auf Klopapier, sollte sich aber wieder legen, sobald die Stuhlfrequenz zurückgeht
8) Blähungen sind normal, können mit Medikamenten etwas unter Kontrolle gebracht werden
9) Nach ca 6 Tagen ab OP, sollte die Darm-Naht „dicht“ sein, aber es kann auch später noch zu Komplikationen kommen. Wichtig: sobald Fieber, Unwohlsein etc auftauchen – sofort ins KH fahren. Es könnte sein, dass der Darm „leckt“, das wäre dann ein absoluter Notfall und sollte nicht hinausgeschoben werden.
NACH der OP zu Hause:
1) Falls keine Betreuung zu Hause möglich - in die REHA fahren
2) Keine schweren Gewichte heben (das wissen wir ja schon vom Stoma)
3) Allfällige Nachsorge der Stoma-Wunde durch Hausdienst oder Hausarzt
4) Spätestens 12 Tage nach der OP Fäden oder Staplernaht entfernen; bei mir waren am Tag 12 die Stapler schon in die Haut gewachsen. Ist nicht gerade angenehm diese so zu entfernen
5) Ernährung langsam angehen lassen, der Darm/Magen muss sich zuerst gewöhnen. Wem sag ich das.. wir sind uns das ja alle gewohnt.., aber irgendwie hat man das Gefühl, dass man jetzt alles darf.... Geduld ist hier gefragt
6) Top gute Intimpflege!! Sonst gibt’s bald Infektionen oder Wundsein am Hintern!
7) Einlagen oder wenn's ganz schlimm ist mit Durchfall.. Windeln, damit man sich ganz so doof vorkommt, wenn man es nicht zur Toilette schafft.
8) Wasserdichte Betteinlage, falls mal was daneben geht (ich hab hier die Babybett-Einlagen gekauft)
9) Nachkontrolle ca 1 Monat nach OP, da wird nochmals geschaut ob alles dicht ist etc
10) Allfällige Rückverlegung des Übergangstoma
Diese Liste ist sicher nicht abschliessend, aber obiges war für mich wichtig und eigentlich hätte ich einiges gerne vor der OP gewusst und nicht erst nachher....
Falls das eine oder andere denjenigen hilft, die bald rückverlegt werden, freut's mich!
Liebe Grüße Addie
von Beutelbär » 08.12.2014, 22:34
Die Babybett Einlage habe ich mir gekauft, als ich mit Stoma zu Hause abführen musste für die Darmspiegelung am nächsten Tag
Danke liebe Addie, bin gespannt wie es in einer Woche bei mir läuft...
Beutelbär
von doro » 08.12.2014, 22:47
Super Beitrag und für RV Kandidaten sicher sehr hilfreich
von Webkänguru » 09.12.2014, 10:22
Hallo Addie,
danke für deinen ausführlichen Beitrag
Ich freue mich ebenfalls auf Ergänzungen. Was war für euch letztendlich wichtig und hätte ihr vielleicht gerne vor der Rückverlegung schon gewusst?
Viele Grüße,
Christian
von Börgi » 09.12.2014, 22:41
Hallo Addie,
Dein "Merkblatt zur RV" finde ich super!!
Das hast Du prima gemacht.
Ich weiß ja wie der Hase läuft.
Dein Beitrag ist für alle "Neulinge " eine guter Leitfaden, da man in der freudigen Erwartung doch so manches übersieht.
Gute Nacht von Börgi!!!
von Ariela » 17.02.2015, 11:57
Hallo Addie,
vielen Dank für den Leitfaden, er wird mir bestimmt sehr helfen. Jetzt weiss ich doch, welche Fragen ich eventuell stellen muss , um vollständig beruhigt zu sein.
Es ist wirklich immer besser, wenn man informiert ist, dann kann man sich nämlich viele "dumme Gedanken" sparen... und wer es selbst durchgemacht hat, geht auch auf Einzelheiten ein, an die die Mediziner nicht denken (oder die sie einfach nicht wissen können).
von Leokardia64 » 24.02.2016, 20:50
Super danke Addie,
ist zwar sehr viel aber hilft total. Jetzt gehts mir schon besser wenn ich weiss was auf mich zu kommt.
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