von papaskind » 08.11.2010, 10:05
Guten Morgen zusammen,
meinem Papa wurde dieses Jahr im Frühjahr aufgrund von Krebs der komplette Dickdarm entfernt. Jetzt soll am 06.12. eine Rückverlegung vorgenommen werden.
Mein Papa ist, wie soll ich sagen ... er verlässt sich bei allem auf meine Mama und ist selbst -gerade seit der OP- (lag zwei Wochen im künstlichen Koma mit anschließendem Durchgangssyndrom) sehr zittrig und auch vergesslich.
Meine Eltern waren früher recht aktiv (Wochenendeausflüge, Urlaub, Schwimmbadbesuche, Bummeln, etc.). Jetzt stellt sich die Fragen, macht eine RV mit 65 Jahren wirklich Sinn? Wie lange wird es dauern, bis meine Eltern wieder Ausflüge etc. unternehmen können?
Wer wäre bereit mit meiner Mama mal zu telefonieren? Sie ist ziemlich am Ende, eben weil mein Papa sich so sehr auf sie verlässt und sie alles schultern muss. Weiß gar nicht mehr, wie ich auch ihr noch helfen kann.
Meine Mama wäre froh, es würde sie mal jemand anrufen, bzw. ruft meine Mama natürlich auch gerne jemanden an. Folgende Voraussetzungen sollten gegeben sein: Männlich, 65 Jahre, komplette Dickdarmentfernung.
Wir wären froh, hier mal ein paar Ansprechpartner und hoffentlich Zusprecher zu bekommen. Bei uns im Umkreis konnte uns keiner weiterhelfen und die Ärzte sagen: Wird schon! Aber natürlich sind uns auch genau die Ansprechpartner wichtig, die sagen: Ich würde keine RV machen.
Vielen Dank, Diana
von doro » 08.11.2010, 11:35
Hallo Diana,ich bin leider nur weiblich 64 Jahre alt und mein Dickdarm ist komplett weg. Mhh, eigentlich ist es ohne Dicki kein Problem ob ER oder SIE denn im Darmbereich sind wir anatomisch ebenbürtig
Mir wurde der Dicke vor6 Jahren entfernt, Ich habe mich natürlich auch mit dem Gedanken der Rückverlegung beschäftigt.
Da ich unzählige Toilettengänge und den roten Pavianhintern nicht brauche habe ich beschlossen, glücklich über 61 Jahre ohne Stoma zu sein - den Rest meines Lebens mit Anstand mein Stummelchen zu tragen. Was meine Unternehmungen angehen ? Ja, glaube ja nicht, dass sich mein Leben mit Stoma, geändert hat. Ich nehme an jeder Veranstaltung teil, gehe in die Sauna,Baden mag ich nicht sonst wäre auch das kein Problem reise mit meiner besseren Hälfte ( hier ist mein Gatte und nicht mein Stummelchen gemeint ) gern und viel.Wir kommen gerade von einer Donaukreuzfahrt zurück und sind über den Jahreswechsel auf Kreuzfahr unterwegs.Ich bin selbständig berufstätig ( Schreibtisch und Außendienst )
Ja, was fehlt noch, ach ja, wenn Du Hilfe benötigst, schreibe mir eine PN , auch wenn ich kein männliches Exemplar bin
von Webkänguru » 08.11.2010, 21:48
Hallo Diana,
bin zwar auch etwas jünger als dein Papa, habe aber auch keinen Dickdarm mehr. Meine Frage an dich: wurde wirklich der gesamte Dickdarm entfernt? Und wenn ja, wurde als Ersatz eine ileoanaler Pouch angelegt?
Hintergrund meiner Frage ist folgendes: der Dickdarm hat die Funktion den Ausscheidungen Flüssigkeit zu entziehen und sie im letzten Teil des Dickdarms, dem so genannten Mastdarm, zu sammeln. Bis sich irgendwann genug gesammelt hat und das Signal "ich muss mal" ausgelöst wird.
Fehlt der Dickdarm und es wird zurück verlegt, d.h. der Dünndarm direkt an den Schließmuskel angeschlossen, dann kommt alles unten so an wie es jetzt im Beutel landet. Was das bedeutet kannst du dir vorstellen.
Viele Grüße,
euer Webkänguru
von papaskind » 09.11.2010, 10:33
Hallo Webkänguru,
danke für Deine Antwort.
Ja, meinem Papa wurde der komplette Dickdarm entfernt, da er sehr stark vom Krebs befallen war.
Im Dezember soll in einer OP der Pouch gelegt werden und auch der Darm wieder rückverlegt werden.
Aus diesem Grund bin auch ich der Meinung, dass mein Papa bzw. meine Eltern mehr von Ihrem Leben haben, wenn mein Papa sein Stoma behält. So ist man(n) doch eher auf der sicheren Seite, weil man ca. einschätzen kann, wie lange der Beutel noch auffangen kann. Und in diesem Zeitraum kann man sich sicher sein, egal wo man ist, dass man eine Toilette zum entleeren findet.
Mein Papa ist jedoch "noch" unglücklich mit seinem Stoma. Aber ich und mittlerweilen auch meine Mama sind und ziemlich sicher, dass er mit Stoma flexibler ist und weiterhin seinen Aktivitäten wie früher (wenn denn dann endlich mal die ganze Chemo aus seinem Körper draussen ist) nachgehen kann. Ich befürchte, dass wenn es so lange dauert, wie von vielen hier beschrieben, bis der Darm wieder weiß was er tun muss, mein Vater vorher verzweifelt und aufgibt. Und ich möchte nicht, dass meine Eltern dann die nächsten 20 Jahre zuhause ans Sofa gefesselt sind. Dafür sind sie beide noch zu fit und zu unternehmenslustig.
Außerdem heißt es ja immer, umso jünger man ist, umso besser geht die Umstellung auf den normalen Ausgang. Zwar wurde uns von den Ärtzen immer gesagt, dass mein Papa jung ist für den starken Darmkrebs. Wenn ich aber hier lese, sind so viele junge Menschen betroffen. Zwar nicht mit Krebs aber mit künstlichem Ausgang. Ich kann mir da schon vorstellen, dass ein Mensch mit 20 Jahren sagt, das schaff ich ... aber meine Papa! Er ist nicht der Mensch dazu.
Webkänguru, warum hast Du Dich gegen eine RV entschieden oder war es nicht möglich bei Dir?
Danke für die Antwort.
LG Diana
von mamabär » 09.11.2010, 11:04
Hallo
in einer OP einen Pouch zu bilden und gleichzeitig die Rückverlegung vorzunehmen ist eher unüblich. Die frischen
Darmnähte würden ja gleich mit dem doch agressiven Dünndarmstuhl in Kontakt gebracht. Das sollte eigentlich vermieden werden.
Bei mir ist bei meiner ersten OP der gesamte Dickdarm
entfernt worden und der Pouch gebildet worden.
Zum Schutz der Nähte wurde mir ein vorübergehendes
Ileo-Stoma gelegt. Dieses wird in einer weiteren OP
( normalerweise nach 8 - 12 Wochen ) rückverlegt.
Ich habe auch mal nachgelesen was so im Bauchredner
( DCCV ) bezüglich einer Pouch-OP etc. so steht.
Dort steht drin das bei Patienten ab den 60. Lebensjahr
eher ein endständiges Stoma gelegt wird. Also keine
RV vorgenommen wird weil in diesem Alter wohl die Fähigkeit
des Dünndarms Stuhl einzudicken nachlässt.
Also ich an eurer Stelle würde mich nochmals genau
erkundigen was möglich, nötig und sinnvoll wäre.
Eine Zweitmeinung vllt. ??
Die endgültige Entscheidung sollte auf jeden Fall von deinem
Vater alleine gefällt werden. Sollte er sich für den Pouch entscheiden bitte unbedingt an einen Chirurgen wenden der
viel Erfahrung mit diesen OP`s hat. Davon gibt es leider nicht allzu viele.
Gute Chirurgen kann man bei der DCCV erfahren.
Alles Liebe
mamabär
von Sabine049 » 09.11.2010, 14:28
ich sehe es wie Mamabär!
Zwecks Einholung einer Zweitmeinung verweise ich oft und gern auf die: http://www.kontinenz-gesellschaft.de/ , wo übrigens nicht nur alle Kompetenzzentren aufgeführt, sondern ein Expertenrat bestehend aus allen Kapazitäten der div. Disziplien aus der gesamten Republik vertreten sind.
Eine persönliche Kontaktaufnahme ist i.A. möglich/üblich.
Aus der Ferne und als betroffener Laie sähe ich definitiv Eurerseits von einer RV nebst Anlegen eines Pouches ab.
Liebe Grüße Sabine
von Webkänguru » 09.11.2010, 21:19
Hallo Diana,
ich kann mich den bereits gegebenen Antworten anschließen. Bei mir wurde ebenfalls ein Pouch angelegt, der allerdings nie richtig funktionierte. Das ist aber meine persönliche Erfahrung, bei vielen anderen klappt es mit dem Pouch gut. Ich habe mich dann bewusst für das Stoma und gegen den Pouch entschieden. Damals war ich gerade mal 19 Jahre alt.
Viele Grüße,
euer Webkänguru
von papaskind » 10.11.2010, 09:21
Guten Morgen zusammen,
vielen Dank für die vielen Antworten, auch die privaten Nachrichten.
Eigentlich sind das ja die Antworten, die ich hören wollte. Allerdings sind es nicht die Antworten die mein Papa hören will.
Gibt es denn auch noch positive Berichte???
Auf alle Fälle steht bei meinem Papa noch das ausführliche Gespräch mit dem Arzt Ende November an. Vielleicht wird ihm auch der Arzt abraten?!?
Wir wissen, dass mein Papa der ist, der die Entscheidung treffen muss, es ist ja schließlich sein Körper und sein Leben. Aber wir möchte ihm halt gerne möglichst viele Informationen von Betroffenen an die Hand geben, um die richtige (falls es die wirklich gibt) Entscheidung zu finden.
Ich freue mich weiter auf viele Infos von Euch!
LG Diana
von Webkänguru » 10.11.2010, 09:35
Hallo Diana,
ja, es gibt hier auch positive Beispiele. Wenn du hier in der Rubrik "Die Rückverlegung" ein wenig stöberst, findest du auch immer wieder berichte von "Pouchies" und ihren Erfahrungen aus der ersten Zeit nach der RV.
Manche sehen es auch so: ich will die Rückverlegung auf jeden Fall machen lassen. Denn wenn es mit dem Pouch nicht klappt, kann ich immer noch zum Stoma zurück. Aber ich habe es dann wenigstens versucht.
Deinem Vater muss halt klar sein, dass es erneut eine sehr große OP und die erste Zeit mit Pouch oft nicht einfach ist. Er hat aber auch die Option sein jetziges Stoma zuerst einmal zu behalten, sich richtig gut zu erholen und die nächsten OPs erst dann anzugehen, wenn er sich dazu bereit fühlt.
Viele Grüße,
euer Webkänguru
von papaskind » 17.12.2010, 16:01
Hallo zusammen,
ich wollte Euch mal kurz auf den aktuellen Stand bringen:
Am 06.12. war dann der endgültige Termin für die RV meines Papas. Lt. Arzt eine Stunde OP.
Nach fünf Stunden OP haben sie meinen Papa endlich aus dem OP gebracht: Fazit: Fünf Stunden wurden die Verwachsungen am Dünndarm gelöst um dann festzustellen, dass ca. 15 cm Darm fehlen um die RV zu machen! :mad:
Mit viel Glück kommt mein Papa heute noch aus dem Krankenhaus, meine Mama und er warten gerade auf das Okay vom Arzt.
Das war es dann auch endgültig, mein Papa bleibt jetzt ein Beuteltier. Ich habe ihm gesagt, es hat nicht sein sollen.
Ich glaube, ihm war wichtig, dass er es versucht. Ich glaube, jetzt kann er besser damit umgehen, eben, weil er es versucht hat.
LG und eine schönes Weihnachtsfest sowie einen guten Rutsch
wünscht Euch Diana
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