von Nordwind63 » 03.02.2022, 16:37
Hallo,
durch diverse Darm- und andere Erkrankungen und zwei Geburten hat mein Schließmuskel seine Funktion mehr oder weniger komplett aufgegeben (Inkontinenz 3. Grades)....nach jetzt 25 Jahre mit noch mehr Therapien und OPs (u.a. Schrittmacher) meinte meine Proktologin, dass ein künstlicher Ausgang eine Alternative wäre.
Ist das so? Ich hoffe hier Erfahrungen zu lesen. Sicher ist meine "Erkrankung" nicht lebensbedrohlich. Wobei ich auch bereits eine Krebserkrankung mit Chemo und Bestrahlung hinter mich gebracht habe. Aber die Inkontinenz - mittlerweile über 25 Jahre - nimmt mir jegliche Lebensfreunde und Kraft. Ich schaffe es mit sehr viel Organisation, Irrigation und noch mehr Immodium zu mindestens mein Beruf einigermaßen nachzukommen. Wobei ich sicher bin, dass meine Kollegen mich für irre halten....kein Außendienst, keine Dienstreisen, immer alleine fahren wollen und stets mit großer Tasche (Wechselzeug für den Ernstfall) und immer ein Nervenbündel. Ich muss gestehen oft kommen trübe Gedanken, ob so ein Leben überhaupt lebenswert ist.
Meine Ehe hat dieser Belastung nicht standgehalten und trotz Psychotherapie liegen meine Nerven oft blank und die Depri-Phasen nehmen zu.
Also meine Frage; aus Sicht der Betroffenen, ist ein künstlicher Ausgang eine Alternative? Ich habe einige Berichte gelesen, dass es eine gute Entscheidung ist.
Wie sind hier die Erfahrungen?
Danke
Ganz Liebe Grüße
Nordwind63
von Melli » 03.02.2022, 19:30
Willkommen, Nordwind!
Ich glaube, unabhängig von der Diagnose ist die Belastung einer Inkontinenz sehr hoch.
Bevor ich mein Stoma erneut bekam (mehr in meiner Signatur) war ich fast zwei Jahre zu Hause mit Ende 20, hatte null Lebensqualität mehr und mein ganzer Tag drehte sich darum, ob und wann ich auf die Toilette rennen muss. Dagegen empfinde ich mein Leben mit Beutel als einfach, zumla bei mir alles geklappt hat und ich keinerlei Einschränkung habe, was die Versorgung oder Handhabung angeht.
Die Akzeptanz des Stomas ist meiner Meinung nach auch weit höher, wenn man vorher eine lange Leidenszeit hatte, denn die gewonnen Lebensqualität überwiegt.
Wichtig ist eine gute Klinik mit einer guten Aufklärung und Vorbereitung, denn die Anlage des Stomas ist sehr wichtig für das Leben danach.
Aus meiner Sicht ist der Beutel also eine mögliche Lösung.
Viele Grüße
Melli
von Butterfly » 24.02.2022, 11:31
… UND OB!!!
Das Stoma ist eine tolle Alternative.
Damit geht alles: Reisen mit dem Zug durch Polen, Reisen mit dem Auto quer durch Spanien, Dienstreisen mit dem Flugzeug quer durch die USA, Reisen in den Regenwald, Strand- und Stadtferien, Schwimmen und Sauna, spontan ins Kino gehen, auf Konzerte gehen, Insekten und Sushi essen, eine Bratwurst am Stand genießen, auch schick zum Essen ausführen lassen, sich (neu) verlieben und heiraten, Arbeiten gehen, Dozieren vor Studierenden, auf Konferenzen moderieren, selbst noch mal studieren und mit Auszeichnung abschließen, andere unterstützen, sich vor Kisten schleppen drücken dürfen, den Alltag bewältigen können, zur Selbstverteidigung gehen, Fitness-Kurse belegen, sich auf dem Balkon oder im Freibad im Bikini Sonnen dürfen, zweifeln dürfen wir alle anderen auch (und zwar nicht an sich selbst, sondern an ganz normalen Situationen) und niemandem sagen müssen, dass man ein Stoma hat.
All dies kann ich jetzt mit Stoma machen. Ich glaube, so etwas nennt man: Einfach gut LEBEN dürfen!!!
Mit Verlaub, du wurschtelst dich durch. Respekt! Du lässt dich nicht kleinkriegen. Aber es geht mehr und vor allem besser. Wo ist deine Lebensqualität geblieben?
Es braucht am Anfang etwas Zeit mit dem Stoma zurechtzukommen. Aber du scheinst gut “austrainiert” zu sein. Da kriegst du das mit dem Beutel am Bauch auch noch hin - und ein Leben zurück.
Alles Gute!
von Trudi » 24.02.2022, 13:23
Hallo!
Obwohl ich völlig unvorbereitet zu meinem Franzi kam - ich wachte damit aus der Op auf, ohne dass einer vorher was davon gesagt hatte (außer dass es eine unnötige Möglichkeit wäre) - habe ich ihn nach über 8 Jahren immer noch!
Freiwillig!
Man hätte ihn zurücklegen können, hätte können...
Mit großem Risiko für mein Leben und wiederum einer Möglichkeit: Dass es mit meinem ArLo noch so funktioniert wie vorher. Möglichkeit... Haaaaaaah!
Riesen-Op, Möglichkeit...
Bequemlichkeit? Nö! Nicht mal um die Ausrede, die Bildzeitung auf dem Klo zu lesen... Nö! Das Sofa ist eh bequemer für sowas.
Franzi macht alles mit: Vollzeit als Lehrerin arbeiten, reisen, segeln, Rad, Motorrad,mAuto, Ski, Snowboard fahren, schwimmen, tauchen und noch viiiiiel mehr.
Das würde ich nie mehr eintauschen um die "Freude" irgendwo an der Kasse stehend, im Auto sitzend oder vor der Klasse stehend die Scheixxxxe laufen zu spüren.
Das bedarf guter Planung und einer guten Klinik und dann leben!!
Alles Gute!
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von Nordwind63 » 11.03.2022, 23:37
Danke! Danke für die super Rückmeldungen. Genau das wünsche ich mir - Leben! Ohne wechselzeug, und Panik
Nächste Woche habe ich noch eine Beratung und hoffe denn in einem Krankenhaus in Bremen auf eine op
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