Ich verzweifle! Aus einer "Ups, da ist eine Wölbung am Scheideneingang-Erkenntnis" am vorletzten Sonntag ist eine 3-tägiger Krankenhausaufenthalt mit der Diagnose Anovaginale Fistel und dem Verlegen einer Fadendrainage geworden.
Seit gestern/Mittwoch bin ich zu Hause - total verunsichert. Nächster Arzttermin ist erst am kommenden Dienstag.
Und egal, was ich zu dieser Fistel lese: es sind nur Horrorgeschichten.
Ich habe riesige Panik vor dem, was mir da blüht. Aktuell reicht es mir schon,
- weder sitzen noch laufen zu können,
- die Wunde 3 bis 4 mal auszuduschen und mich trotzdem schmutzig zu fühlen
- nicht zu wissen, wie lange da immer mal wieder Blut kommt
- nicht zu wissen, ob der Drainagefaden "festwächst"
- nicht einschätzen zu können, ob nur ich rieche, dass ich rieche
- keine Phantasie zu haben, wie das mit all dem Reinigen und Verbinden in zwei Wochen gehen soll, wenn ich wieder arbeite
- was ist mit Sport?
- und - ich sag's jetzt einfach mal - was ist mit Sex?
Und dann die zweite OP in 8 bis 10 Wochen: wie was warum? Künstlicher Ausgang??? Nein, Hilfe...
Welche Methode? Was passiert genau? Tagelang nichts essen (ok, ich würd es vertragen)?
1. OP war am Montag, 1. Stuhlgang kam am Dienstag ganz brav da raus, wo er rauskommen soll...
Fühl mich vollkommen hilflos, allein gelassen, würdelos....
von zwerg » 26.09.2013, 10:11
Hallo revonnah,
ich mußte nun erstmal googeln und hab gefunden, dass es so ähnlich wie eine rektovaginale Fistel ist.
Das letztere hatte ich und ich muß sagen, dass waren eine der schlimmsten Wochen in meinem Leben.
Bei mir wurde allerdings ein Stoma gelegt, so dass ich zu der Fadendrainage nichts sagen kann - sorry.
Ich denke, für die Zeit von 2 Wochen könntest du dich doch krank schreiben lassen? Ich hätte/und hab in dieser Situation nicht an arbeiten denken können. Auch das Bedürfnis an Sport oder gar Sex hatte ich nicht.
Das mit dem Geruch kenne ich, allerdings sagte meine Familie, dass man dies nicht riecht.
Ich bin sicher, du wirst noch andere Tipps und/oder Aufklärung bekommen.
Wünsche dir auf alle Fälle alles Gute und eine schnelle Besserung!
von Hanna70 » 26.09.2013, 16:03
revonnah hat geschrieben:1. OP war am Montag, 1. Stuhlgang kam am Dienstag ganz brav da raus, wo er rauskommen soll...
das ist eben das merkwürdige: ich habe keinerlei Vorerkrankungen /Geburten oder so, die zur Fistel hätten führen können; auch kein Abszess, nichts dergleichen...
Heute schon erster Ausflug zurück ins Krankenhaus, weil ich heute morgen heftig geblutet hab.
Und diese Drainage bleibt eben jetzt 8 bis 10 Wochen, bevor es dann mit Behandlung weiter geht. Drives me crazy ;-(
von zwerg » 26.09.2013, 19:11
Hanna70 hat geschrieben:... kam bei mir plötzlich der Stuhl ausschließlich über die Scheide. ... Auf normalem Weg ging kein Stuhl ab. In der Scheide hatte ich das Gefühl, als hätte ich dort ein Stück glühende Holzkohle drin. ...
weitere Behandlung bespricht der Arzt am Dienstag mit mir.
Werde mir ne Liste mit Fragen aufschreiben..
von Häslein » 26.09.2013, 21:02
Hallo,
Vorweg: Mir ist Deine Fistulierung gut bekannt, weil es bei mir ebenfalls mal so war. Nur, dass es da noch viele Fistelgänge an anderen Stellen gab.
Die Fadendrainage ist wichtig und die muss auch einige Zeit liegen.
Warum macht man überhaupt eine Fadendrainage? Die legt man, damit die Fistel gezielt Ablauf hat und sich kein Abszess bildet. Das Wort Faden ist etwas verwirrend, denn es handelt sich natürlich nicht um einen Faden, wie man sich den so vorstellt. Vielmehr ist es eine Art Gummiband oder man kann es Gummizügel nennen.
Der hält den Gang auf und verhindert meist Komplikationen, die es sonst zu erwarten sind.
Eine Fistel entsteht nicht einfach so, sie ist ein Symptom für etwas. Wie Du das beschrieben hast, liegt ein hochgradiger Verdacht einer akuten Entzündung nahe. Das muss untersucht werden. Gründlich, nicht im Wald und Wiesenkrankenhaus.
Es gibt Erkrankungen, die sich zum ersten Mal als Fistel bemerkbar machen können, das ist zwar seltener der Fall, aber nicht so selten, dass man es vernachlässigen darf.
Bevor man auf die weitere Therapie der Fistel eingeht, muss man die Ursache wissen, die findet man, wenn man ordentlich sucht und der Sucher genug Wissen hat, um zu finden.
In welcher Klinik bist Du? ( Fachrichtung und Größe der Klinik )
Was hat man bisher zur Ursachenforschung unternommen?
Hast Du im letzten, sagen wir, halben Jahr Antibiotika genommen und / oder Schmerzmittel wie Iburofen, Voltaren, Diclofenac, Aspirin, oder sonstige Schmerzmittel?
Verhütungsmittel wie Hormonspirale?
Hast Du häufiger Blasenentzündung gehabt...auch im letzen Jahr?
Rauchst Du?
****
Sex mit Fadendrainage ist möglich, falls Dir danach wäre.
Die Fadendraingae wächst nicht fest in dem Sinne.
Benutze Saugkompressen als Vorlagen in der Unterhose. Wechsle die Kompressen spätestens alle 2 bis 3 h am Tag. ( z. B Zetuvit Kompressen, 20 x 10 cm kann Dir der Arzt verschreiben. ) Die Kompressen müssen nicht steril sein, das ist unsinnig, weil die Wunde auch nicht keimfrei ist.
Dusche nur mit Wasser aus, keine Seife oder so. Keine Sitzbäder, keine Wannenbäder!
Nur atmungsaktive Kleidung, inclusive der Unterwäsche tragen.
Wenn Du häufig die Saugkompressen wechselst und häufig ausduschst ( dauert ja nicht lange ) riecht man nichts, sonst ist Geruchentwicklung zu erwarten.
Es stehen mehrere OP Methoden zur Sanierung für Verfügung. Es kommt auf die Ursache der Fistel an. Je nach Erkrankung gibt es die Möglichkeit, statt einer OP mit einer bestimmten Medizinsorte die Fistel zum Abheilen zu bringen. Das müsste man sehen.
Grundsätzlich brauchst Du Geduld, Fistulierungen sind hartnäckig, dennoch meist irgendwann in den Griff zu bekommen. Mal früher - mal später, aber nie sofort.
Das Thema ist sehr umfassend. Da könnte ich morgen noch schreiben.
Schau Dir im Internet den Qualitätsbericht der Klinik an, in der Du bist oder gerade warst. Da kannst Du erkennen, wie oft die überhaupt Fisteln in den letzen ( zwei ) Jahren behandelt haben und wie sie das gemacht haben.
Diese Info ist für Dich essentiell, weil man Erfahrung braucht, alle drei Monate eine Fistel zu sehen reicht nicht.
Alle Kliniken müssen alle zwei Jahre einen Qualitätsbericht im Netz veröffentlichen: Das sagt der Gesetzgeber. Da erkennt man auch, wie viele Patienten eine Klinik so erfolgreich behandelt und wie viele Komplikationen es gab...das bezieht sich jeweils auf alle Diagnosen oder Erkrankungen.
Gegen die Schmerzen kannst Du mit Novalgin vorgehen, man kann es auch mit Tramal kombinieren. Frage den Arzt dazu, denn er muss mitentscheiden, was Du nehmen kannst. Die Mittel, nach denen ich oben gefragt habe, sollst Du aber nicht nehmen. Die können die Sache verschlimmbessern.
Versuche es mit Kühlen, vielleicht hilft es. Ein Sitzring ist wichtig. Das erleichtert das Sitzen.
LG, Häslein
Hallo Häslein,
danke für die tolle Antwort...So langsam beruhige ich mich
Wg. Ursachen: ich rauche nicht, trinke nicht, hab keine Kinder bekommen, nehme hin und wieder mal ne Ibuprofen-Tablette gegen Kopfschmerzen (max einmal im Monat) und habe im Januar mal 5 Tage Antibiotika genommen. Hab lediglich Probleme mit - nennen wir's mal - Reizmagen.
Also: die Frage werde ich als erste Stellen beim Termin am Dienstag...
Gruss
von Häslein » 27.09.2013, 11:10
Hallo,
ok, mäßiger Ibuprofen Konsum..,ein wichtiger Hinweis! Lasse dieses Mittel weg, unbedingt. Auch kein Aspirin, kein Diclofenac und keine derartigen Mischpräparate.
Stuhl muss auf Clostridien und Yersinien untersucht werden, die können auch Fisteln verursachen.
Der Dickdarm muss gespiegelt werden, zusätzlich sollte man ihn dabei mit Methylenblau anfärben. Da sieht man viele Dinge besser.
Calprotectin Wert in einer Stuhlprobe ist wichtig.
Die Ursache der Fistel muss gefunden werden, unbedingt. Die wird man auch finden. Es kommt nur auf den passenden Untersucher an.
Machnmal gehen auf der Darmschleimhaut Dinge vor, die man mit den herkömmlichen Endoskopen nicht erkennen kann, weil sie zu flach sind ( sich nicht genügend abheben ) Deshalb soll man bei Dir Endoskope verwenden, die eine hohe Auflösung haben und mit denen man durch zusätzliche Methoden ( wie dem Einfärben der Darmschleimhaut ) mehr sieht. Dazu verwendet man eine andere Lichtquelle.
Es gibt inzwischen endoskopische Untersuchungsmethoden, die sogar das zur Darstellung bringen, was sonst nur der Pathologe in der feingeweblichen Untersuchung mit dem Mikroskop sieht. Das ist nun während der Darmspiegelung auch möglich - ohne die Entnahme eines Gewebestückes und ohne den Darm zu verletzen.
Besonders wichtig ist für Dich zunächst die Ultaschalluntersuchung IM Enddarm. ( Endosono ) Das tut nicht weh und ein kleiner Ultraschallkopf wird in den Enddarm eingeführt. Das ist hier das Minimum, neben der normalen Darmspiegelung.
Es gibt noch einiges mehr, was man machen kann. Das Wichtigste: DU musst Dich sehr gut informieren, denn es geht um Dich.
LG, Häslein
von Peter51 » 27.09.2013, 16:55
Hallo Häslein, Hallo ALLE hier im Forum,
Ich möchte heute mal Häslein meinen Dank für Ihre Sachkundige Beiträge ,mit viel Erfahrung, mit besonders viel Inhalt, direkte verständliche Schreibweise, ihre besondere einfühlsame Ausdrucksform, ihre Bereitschaft fachliches Wissen und persönliche Erfahrungen hier jeden im Forum zur Verfügung zu stellen, ist was ganz besonderes und mir ist es förmlich ein Bedürfnis DANKE zu „sagen“.
Häslein Du bist hier im Forum eine Bereicherung und wir sollten alle dankbar sein Deine Beiträge lesen zu dürfen. Hier gibt es ja Frauen-Power pur und ganz sicher sind Deine Beiträge was Besonderes, zeigen ganz einfach, wer Hilfe sucht bekommt sie auch in diesen so wie ich finde wertvollen Forum.
Ich habe nun schon über 14 Jahre ein Kolonstoma, sehr viele Analfistel-Op.
komplizierte Darmverschlüsse/Endarmtumor-Op., seit einen Jahr wo ich 23-Darmopperationen mit lebensbedrohlichen Komplikationen, mit aktuell 04 Dünndarmfistel die ihren „Ausgang“ im Bauchbereich mit aggressiven Ausscheidungen habe, ich lese dann immer wieder solche wertvolle Beiträge und freue mich immer wenn ich was dazu lernen darf.
Ganz sicher sind neben Häslein gerade viele Frauen die dieses Forum so wertvoll zusammen mit dem Betreiber gestalten.
Wer immer auch Häslein ist, sie darf stolz darauf sein Menschen gerade in dieser schweren Lebensphase zu helfen, jede Hilfe kann im Kopf KLICK“ machen besser mit der schweren Erkrankung umzugehen.
In diesen Sinne, immer Sonnenschein im Herzen lassen und sich mal besinnen an kleine „Alltagssachen“ freuen zu können.
Alles unter den Motto, wir dürfen leben und das ist gut so, sich täglich sich kleine Ziele setzen und sich die auch erfüllen ist sicher hilfreich.
Alles Gute für ALLE hier!
Peter51
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