von Boppi » 01.09.2018, 19:26
Liebes Löwenmäulchen!
Nichts zu danken. Es tut mir immer sehr leid von Mitbetroffenen zu lesen die keine adäquate Hilfe bekommen, vor allem weil ich selbst weiß wie verloren man da ist.
Bei dir wundert es mich nicht dass die Hemikolektomie nichts gebracht hat, weil so eine "Kürzung" bei generalisierter Motilitätsstörung meistens nichts bringt.
Es gilt bei dir mal abzuklären was alles genau los ist und man könnte dann versuchen ein Entlastungs-Ileostoma zu legen um zu sehen ob das Hauptproblem am Dickdarm liegt und sich der Rest kompensiert.
Wünsche Dir natürlich auch alles Gute und rasche Hilfe!
Zu deiner Frage wie es ist wenn das Rektum weg ist und man zugenäht ist.
Also, ich habe schon vor der Amputation einschießende Nervenschmerzen gehabt, die nach wie vor vorhanden sind. An guten Tage spüre ich rein gar nichts mehr und es stört mich auch nicht dass da unten alles dicht ist.
WAs ich jedoch schon oft habe sind Schmerzen an der Narbe, die dann brennt und zieht. Das passiert nachdem ich länger doof gesessen bin oder wenn ich zu viel Stiegen oder bergauf gehe.
Hoffe aber dass dies irgendwann auch noch besser wird. Allein in den letzten Monaten hat sich doch viel ins Positive getan.
Es ist wohl sehr langwierig, auch wenn die OP vor über 2 Jahren prinzipiell gut gelaufen ist und die Wundheilung ok war.
Liebe Grüße
von Löwenmäulchen » 02.09.2018, 12:53
Liebe Boppi,
ja genau, es sollte mal grundsätzlich geschaut werden, was da bei mir nicht stimmt.
Die Mühlen mahlen aber leider sehr sehr langsam und wen man überlegt, dass man auf Termine in Fachkliniken Monate warten muss...
Von der ersten telefonischen Kontaktaufnahme bis zum ersten ambulanten Gespräch hat es allein vier Monate gedauert und für den stationären Aufenthalt nochmals über drei Monate.
Im November findet erst die Aufnahme statt und es werden einige Untersuchngen gemacht.
Das Problem ist ja, dass man mit solchen Erkrankungen nicht in jedes x-beliebige Krankenhaus gehen kann, denn da herrscht Unwissenheit gepaart mit Ignoranz und dann kommen Diagnosen zu Stande wie "somatoforme Störung".
Und die Chirurgen, die auch nicht allzu viel Ahnung von dem Krankheitsbild haben, schnippeln dann und wundern sich, wenn es nicht besser wird.
Ja und du hast recht, ich hatte jetzt schon von einigen Betroffenen gelesen, dass eine Teildarmresektion nicht viel bringt. Wahrscheinlich gibt es da auch Ausnahmen.
Danke für deine Informationen zur Rektumamputation, es ist ja doch sehr intim und erfordert auch Mut darüber zu sprechen.
Du hattest geschrieben, dass du einschießende Nervenschmerzen hast, die du auch vor der OP schon hattest und jetzt eben noch manchmal Nabenschmerzen...., aber diese nervige Stuhldrang/Druckgefühl bist du losgeworden durch diesen Eingriff?
Das wäre eine sehr hilfreiche Info für mich.
Es tut mir sehr leid mit deinen einschießenden Nervenschmerzen ,ich hoffe du kannst da medikamentös etwas machen.
Danke für deinen Zuspruch, das ist sehr lieb!
LG und einen schönen Sonntag!
von Boppi » 02.09.2018, 14:43
Hallo Löwenmäulchen!
Um die für Dich wichtige Frage zu beantworten:das Druckgefühl und starken Stuhldrang sowie Spasmen bin ich durch die Rektumamputation los. Hin und wieder, aber echt selten kommt mal ein Gefühl des Phantom-Stuhldrangs, das ist aber nicht so ausgeprägt und verschwindet rasch.
Trotzdem würde ich mich nicht sicher noch mal für die OP entscheiden, denn die Narbenschmerzen und die Tatsache dass ich kaum mehr was heben kann, schränkt schon sehr ein.
Ich wünsche dir alles Gute für die Fachklinik, dass man dir helfen kann und es dir bald besser geht.
Falls es zu einem Ileostoma kommt- man lernt wirklich schnell damit zurecht zu kommen und es entlastet bei Motilitätsstörungen, selbst wenn sie generalisiert sind, schon sehr.
Bin froh eines zu haben, auch wenn es nicht die Heilung brachte.
LG Boppi
von Monsti » 02.09.2018, 19:15
Hallo Löwenmäulchen,
vor der nachträglichen Rektumamputation ging es mir genauso wie Boppi. Irgendwann wurde es so unerträglich, dass ich das Teil um alles in der Welt los werden wollte. Die OP wurde bei mir von unten gemacht, war nicht ganz unkomplikativ, doch danach war der Heilungsprozess vollkommen problemlos. Nach ziemlich genau zwei Monaten war der Popo dicht. Ein dickes Polster beim Sitzen brauchte ich noch für ca. ein halbes Jahr. Auch Fahrradfahren funktionierte nach ungefähr einem halben Jahr wieder - allerdings vorerst nur mit einem Spezialsattel (zwei Auflagen für die Pobacken, in der Mitte nichts).
Narbenschmerzen hatte ich noch recht lange, vor allem vor Gewittern und Schneefall. Aber mit den Jahren sind sie fast verschwunden. Zurückgeblieben ist eine Blasenentleerungsstörung, die medikamentös behandelt wird. I.d.R. komme ich damit gut zurecht.
Lustig finde ich, dass ich trotz der Amputation den Bereich um den ehemaligen Schließmuskel noch so zusammenziehen kann, als müsste ich Stuhlgang zurückhalten.*) Das Pressen geht aber überhaupt nicht mehr, war aber auch schon mit dem Hartmannstumpf ein Problem.
Ich habe die Rektumamputation keine Sekunde lang bereut.
Liebe Grüße
Angie
*) Poppi, ist das bei Dir auch so?
von Löwenmäulchen » 04.09.2018, 02:37
Hallo Ihr Lieben!
@Boppi: Ok, also scheint die Rektumamputation nicht für jeden das "Non plus ultra" zu sein.
Narbenschmerzen sind natürlich auch eine mega fiese Sache, da kann ich dann schon verstehen, dass du dir heute nicht mehr sicher wärst das nochmal machen zu lassen.
Aber es klingst so toll, diese elenden Spasmen und Druck- und Dranggefühle los zu sein!
Dafür würde ich wirklich alles tun, denn das ist so immens quälend und raubt einem die gesamte Lebensqualität wie ich finde.
@Monst: Vielen lieben Dank auch für deine detailierten Ausküfte, das ist toll! Danke.
Gut, dass dich der fiese Hartmannstumpf nun nicht mehr quält, auch wenn es ein ganz schön komplizierter Eingriff ist, mit nicht ganz unschönen Folgeerscheinungen.
Ist die Blasenentleerungsstörung tatsächlich erst nach der Rektumamputation aufgetreten?
Ich frage deshalb, weil viele Betroffene mit Motilitätsstörungen (Morbus Hirschsprung, Dys/Aganglionosen und Desmose) eben auch mit Blasenentleerungsstörungen zu tun haben und diese von der Erkrankung kommen. Es betrifft wohl meist alle Hohlorgane, wie Magen, Darm, Blase, Speiseröhre.
Zu einigen Frauen, die betroffen sind habe ich guten Kontakt und die schildern mir das fast alle.
Ich danke für den regen Austausch, ihr seid top!
LG Löwenmäulchen
von Monsti » 04.09.2018, 08:54
Hallo Löwenmäulchen,
MH betrifft ausschließlich den Dickdarm und hier vor allem das Rektum. Alles andere funktionierte, so auch die Blase.
Liebe Grüße
Angie
von Boppi » 04.09.2018, 11:54
Hallo Löwenmäulchen!
Ich kann verstehen dass dich der Druck und Dauerstuhldrang sehr quälen, aber zuerst sollte wirklich abgeklärt werden WAS die Ursache ist bevor du über so eine invasive und verstümmelnde OP wie Rektumamputation nachdenkst.
Es sind in diesem Bereich auch viele sensible Nerven für Blase und Genital und mit zu beachten. Viele OPs gehen gut aus, aber ich weiß auch von anderen Mitbetroffenen dass sie wie ich, sehr darunter leiden. Ich wünschte so sehr ich könne wieder was heben, radfahren und beim Frauenarzt nicht fast vom Stuhl fallen vor Schmerzen.
Wurde mal abgeklärt wie es um deinem Beckenboden steht? Dynamisches Beckenboden-MRT z.B.?
Auch der Beckenboden kann spastisch sein.
Wegen der Blase: Ja, bei einigen Systemerkrankungen und CIPO ist die Blase mitbeteiligt, muss aber nicht sein.
Bei mir war die Blase eindeutig vor den OPs gestört, sprich fast komplette Atonie des Blasenmuskels (Detrusor) durch Teildenervierung.
Der Neurourologe meinte vor der Rektumamputation dass meine Blase schon so schlecht ist, dass es durch die OP keine wesentliche Verschlechterung geben würde.
Ich habe noch eine Freundin hier, die auch CIPO hat (Desmose und Hypoganglionose), aber ohne Mitbeteiligung der Blase.
Bei ihr war anfangs am Schwersten der Magen betroffen, sie hat einen Magenschrittmacher bekommen und dieses Jahr auch ein doppelläufiges Ileostoma, was ihr sehr hilft.
Schöne Grüße!
von Löwenmäulchen » 04.09.2018, 13:36
Hallo!
@Monsti: Ok, danke für die Info.
@Boppi: Es ist ja nicht so, dass noch keine Untersuchungen gelaufen sind, mal abgesehen von den Beschwerden, die von Jahr zu Jahr schlimmer werden und die Operationen, die ich deshalb bereits hatte.
2 x dynamisches MRT-Defäkografie, (konnte das Gel nicht vollständig auspressen)
2 x Gyn. Becken MRT, (überlanges Sigma)
1 x MRT-Sellink (stark erweiterter Rest-Dickdarm)
1 x Hinton-Test mit Röntgen-Abdomenübersichtsaufnahme, (Transitzeit 100 Std.)
zig Kolospopien/Rektoskopien etc.
1 x Druckmessung Schließmuskel (verspannter Schließmuskel)
Diagnosen:
-hypertoner Beckenboden
-Intussuszeption
-Anismus
-Colon elongatum, Sigmoidzele
-Slow Transit
-Schließmuskelspastik
OP´s: 2 x Darmresektionen mit Rektopexie
Nicht invasive Maßnahmen wie Biofeedback, Entspannungsübungen, Ernährungsumstellungen und übrigens auch Botoxinjektionen sind gelaufen.
Dazu noch der Magen, der sich nicht adäquat entleert und die Blase.
Da mache ich mir schon so meine Gedanken, in welche Richtung das Ganze laufen wird, denn so kann es keinesfalls bleiben.
Ich bin so froh, euch hier zuhören zu können, das hilft mir evtl. bei Entscheidungsfindungen, auch wenn jeder Fall individuell ist, das weiss ich.
Ich wünsche euch eine schöne Woche!
von Lynkas » 04.09.2018, 14:45
Ich danke Euch für eure ausführlichen Berichte! Bei manchen Schilderungen fehlen mir die Worte. Gleichzeitig bin ich verstört, weil ich meine eigenen Symptome wieder erkenne und ich werde zur Zeit NICHT behandelt. Immer wieder Ablehnung der Ärzte, mich zu behandeln (und es ist ja nun nicht so, dass ich keine eindeutigen Diagnosen hätte). Das macht mir Angst. Ich muss jetzt einen Termin in der Chefarzt Sprechstunde machen und selbst zahlen. Ob das was bringt? Keine Ahnung. Ich hoffe nur, dass ich die Anfahrt zu diesem Termin dann kräftemäßig schaffen werde.
Ich beneide hier niemanden um seine Krankheit usw., allerdings „beneide“ ich (Wort passt nicht so richtig….) jeden, der überhaupt eine Behandlung bekommt oder in Aussicht gestellt bekommt.
Es heißt, in Deutschland werde jeder medizinisch versorgt. Das kann ich im Augenblick nicht bestätigen, insbesondere, was Menschen mit Mehrfachbehinderung und komplexen (zusätzlichen) Erkrankungen betrifft.
Lynkas grüßt.
von Boppi » 04.09.2018, 15:00
@ Löwenmäulchen: da sind tatsächlich schon viele Untersuchungen gelaufen und es ist unbefriedigend dass dir nicht so weitergeholfen werden kann.
Aber heilbar sind Motilitätsstörungen einfach nicht. Trotz vielen OPs und Medikamenten bin ich ja auch nach wie vor nicht beschwerdefrei und habe auch meine lieben Ängste.
@Lynkas: ich verstehe was du meinst. Wenn man schon allen möglichen Sch* hat, wünscht man sich behandelnde Ärzte.
Ich bin 13 Jahre mit Beschwerden rumgelaufen bis zur Diagnose. Und ohne dem Einsatz von meinem jetzigen Gastro und Neurologen hätte ich weder Stoma noch eine Diagnose.
Kaum ein anderer Arzt nimmt die Autoimmungangliopathie ernst und mich für voll. Das ist sehr belastend.
Lg
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