von Siskinanamok » 05.03.2012, 23:00
Hallo ihr Lieben,
ich schreibe euch heute weil ich eine sehr unschöne Nachricht erhalten habe.
Eine Bekannte von mir ist aufgrund einer Tumorerkrankung operiert worden.
Der Tumor war gutartig und eigentlich sollte alles ohne Probleme verlaufen.
Tja das liebe eigentlich...
heute mehr als 70 Tage nach der ersten OP incl. künstliches Koma und Luftröhrenschnitt sind nur noch 90 cm Dünndarm vorhanden (der Rest wurde entnommen da durch Unterversorgung abgestorben). Morgen soll in einer weiteren OP das Stoma gelegt werden. Momentan hat sie eine große Bauchwunde aus der auch noch der Darm einfach so "heraushängt". Nach der Stomaanlage soll diese mit einer VAC Pumpe verschlossen werden. Nun habe ich mit ihrem Mann telefoniert, den vor allem auch die Frage quält wie das Leben mit 90 cm Dünndarm für Sie aussieht. Er liest hier schon mit und ich hoffe das irgendjemand die Frage nach dem "wie sieht der Alltag wenn der ganze post-op-mist durch ist aus" beantworten kann.
Ich bin mir sicher das er sich auch selbst hier zu gegebener Zeit zu Wort melden wird, aber das Thema liegt mir sehr am Herzen und mich interessiert es selbst brennend. Ich danke euch schon mal für eure Antworten!
Viele liebe Grüße
Siski
von Häslein » 06.03.2012, 03:42
Hallo Siskinanamok,
hier ein Link zum Thema.
Abhandlung Kurzdarm
Sehr informativ, ein besseres Schriftstück zum Kurzdarm kenne ich keines.
Link ist sauber.
Ich finde es sehr wichtig, dass der Pat. sich sehr gut über das Kurzdarmsyndrom informiert. Leider ist der typ. Wald- und Wiesenarzt i. d. R. im Rahmen der ambulanten Weiterbetreuung damit überfordert.
Man braucht einen erfahrenen Arzt zur Langzeitbegleitung, um damit eine erträgliche Lebensqualität zu erreichen.
Ich wünsche Deiner Bekannten zunächst einmal alles Gute für den Eingriff und eine gute Wundheilung.
Der Heilungsweg ist langwierig und kostet viel Kraft und Geduld; es lohnt sich in jedem Fall.
LG, Häslein
von Siskinanamok » 06.03.2012, 10:11
Hallo Häslein,
danke dir schon mal für den Link! Der Beitrag ist wirklich sehr informativ!
Gibt es denn hier im Forum auch jemand der aus persönlicher Erfahrung heraus berichten kann?
Gerade die Frage nach der Gestaltung des Alltages. Ist es möglich bei so wenig Dünndarm auch ohne Port zu leben? Ich frage laienhaft, weil ich einfach keine Ahnung habe. Bis meine Bekannte nach Hause kann ist es noch ein weiter Weg, aber jede Information ist hilfreich!
Lieben Dank euch!
Siski
von Hanna70 » 06.03.2012, 14:43
Hallo Siski,
ich kann aufgrund meiner Geschichte leider nur schätzen, dass ich noch ca. 2,00 m Dünndarm habe. Knapp 2,00 m wurden auf Grund von Nekrosen entfernt, was ich aber erst 2 1/2 Jahre nach den OPs aus den pathologischen Befunden ersehen konnte.
Darum gab es natürlich auch von Anfang an keine optimale Betreuung. Den Port lehnte ich aus der damaligen Unwissenheit ab und einigte mich mit der Ernährungsärztin auf 4 Flaschen Trinknahrung täglich. Diese Trinknahrung werde ich auch ewig schlucken müssen, da ich ansonsten die täglich benötigten 3000 bis 3500 kcal nicht schaffen würde.
Als ich noch nichts von dem Kurzdarmsyndrom wusste, musste ich den Beutel (Kolostoma!) ca. 30 x/Tag leeren. Nachdem die Diagnose dann endlich gestellt war, bekam ich Tinctura OPII. Damit bin ich jetzt bei ca. 12 Leerungen/Tag angekommen.
Ein Problem ist das Trinken. Zum Frühstück oder nachmittags zum Kuchen eine Tasse Kaffee sollte eigentlich nicht sein. Eigentlich sollte man 1 Stunde vor und 1 Stunde nach dem Essen nichts trinken. Aber man sollte das Essen auf ca. 7 Mahlzeiten verteilen... Da bleibt nicht viel Zeit zum Trinken! Ich habe darum ständig überall ein Glas Wasser stehen und trinke schluckweise im Vorbeigehen.
Als ich die Diagnose endlich hatte und darüber gelesen habe, hatte ich keine große Lust mehr aufs Leben. Ich fand die Vorschriften und Einschränkungen einfach nur furchtbar.
Dazu kamen dann noch die Mangelerscheinungen, die sich inzwischen eingestellt hatten, der starke Gewichtsverlust, Haarausfall, Müdigkeit und und und...
Nach und nach arrangiert man sich mehr oder weniger. Aber die Lebensqualität ist schon erheblich eingeschränkt, weil man ständig mit den Gedanken beschäftigt ist, wann isst Du was, wann trinkst Du was und zwischendurch muss auch noch das Gegenteil erledigt werden. Manchmal ist es ein Leben zwischen Küche und Toilette.
Der permanente Fettstuhl ist vor allem bei der Stomaversorgung ein leidiges Problem. Im Beutel bildet sich obenauf meist eine ölige Schicht, die ganz schnell die Platte unterwandert und ablöst.
Wie das mit einem Port wäre, weiß ich nicht. Ich will ihn einfach nicht! Da ich ja nun schon 70 bin, bin ich da auch bockig.
Aber, wie Häslein sagt, das Wichtigste ist es, einen wirklich kompetenten Arzt zu finden, der sich mit Kurzdarm auskennt. Und das ist sehr schwer. Ich habe bisher noch keinen, hoffe allerdings, den nun in 2 Wochen endlich zu bekommen!?
Jeder Arzt hat das Wort schon mal gehört, weiß irgendetwas, aber nie alles. Mein HA ist immer froh, wenn ich mal wieder gegoogelt habe, und gezielt nach bestimmten Blutuntersuchungen und ggf. Spritzen frage. Aber mit ihm kann ich wenigstens reden und wir vertrauen uns da gegenseitig.
Bei nur noch 90 cm Dünndarm wird es wohl ohne Port nicht gehen.
Wenn Du noch mehr Fragen hast, kannst Du sie mir auch per PN stellen oder ggf. auch anrufen.
Liebe Grüße von
Rosi
__________________
PS. Ich bekomme immer noch keinen Link hin. Aber ich hatte mal einen Thread eröffnet: "Kurzdarmsyndrom und 1000 Fragen". Vielleicht findest Du ihn. Da sind viele Antworten gekommen.
von Siskinanamok » 06.03.2012, 16:24
Hallo Rosi,
vielen lieben Dank für deinen erhlichen Bericht. Ich hatte mir anderes Gewünscht, aber je früher man sich mit den Tatsachen auseinandersetzt desto eher schafft man es sich damit zu arrangieren. Ich danke Dir!
Dann kann man jetzt ja ein Stück weit dazu übergehen sich "technische" Informationen einzuholen. Natürlich sind auch alle weiteren Erfahrungsberichte sehr sehr willkommen um einfach einen tieferen Einblick zu bekommen.
Danke!
Liebe Grüße
Siski
von Siskinanamok » 06.03.2012, 16:27
Kurzdarm und viele Fragen
Rosis Link
von Hanna70 » 06.03.2012, 17:32
Hallo Siski,
Danke für das Link-Schalten.
Ich hätte auch lieber positivere Nachrichten geschrieben. Aber ich denke, beschönigen und "das wird schon wieder" hilft nicht wirklich weiter. Sich mit der Diagnose so bald wie möglich auseinanderzusetzen und sich darauf einzustellen, hilft eher sich zu arrangieren. Wenns dann besser läuft als erwartet, ist es ja umso besser.
Möglicherweise gibt es User, die damit besser zurecht kommen und mehr Mut machen können. Ich persönlich habe ganz schön daran zu knabbern.
Noch mal liebe Grüße von
Rosi
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