von Tina1979 » 10.12.2013, 20:46
Hallo ,
Ich bin neu hier und hab ein Anliegen bzw Fragen an Euch. Meine mutter hat nach ihrer letzten strahlentherapie (inzwischen 2. Therapie) wg eines Beckenwandtumors leider nun eine Rektovaginale Fistel im Enddarm.
Die Ärzte wagen es nicht , sie zu operieren, da sie nach den Strahlentherapien unten rum ziemlich schlechtes Gewebe hat. Daher haben die Ärzte vorgeschlagen, ein doppelläufiges Stoma im Oberbauch anzulegen, damit der Enddarm zur Ruhe kommt. Meine Mutter ist erst 52 Jahre und hat bereits eine künstliche Blase ( Mainz Pouch). Sie ist nun ganz depressiv und will das Stoma nicht. Aber ihre Entzündungswerte sind sehr hoch( CRP bei 25) und starke Schmerzen hat sie auch, so dass sie Palladon einnehmen muss
Ich hoffe nun auf Eure Erfahrungen bzw Infos/ Hilfen...
Was ist ein doppelläufiges Stoma ( Unterschied zum Endständigem Stoma?) ? Ist es später Rückverlegbar ? Kann auch eine bestrahlte Fistel heilen ?
Ist die Rektovaginale Fistel gefährlich ( wir haben nicht sofort zur OP eingewilligt weil wir noch eine Zweitmeinung einholen wollten) ?
Meine Mutter hat aufgrund ihres ersten Krebses schon ziemlich viel mitmachen müssen, ich hab Angst um sie ( und dass die Schmerzen mehr werden)... Ich hoffe ihr könnt mir/ uns Ratschläge geben..
LG,
Tina
von doro » 10.12.2013, 22:20
Hallo Tina,
ein doppelläufiges Stoma kann selbstverständlich zurück verlegt werden.durch den Doppellauf gibt man dem Operateur die Möglichkeit das Stoma zurück zu verlegen.Sicher ist es zu empfehlen, dem Darm, durch das Stoma, die Chance zur Heilung zu geben.
Zu den Fisteln lasse ich lieber den Erfahrenen Fistlern den Vortritt, die können Dir sicher etwas gescheites sagen.
von snoopy66 » 10.12.2013, 23:44
Hallo Tina,
herzlich Willkommen im Forum
ach Mensch, da hat deine Mutter auch schon einiges hinter sich,
das kann ich mir vorstellen, das das nicht einfach für sie ist und für dich auch nicht
Was ist ein doppelläufiges Stoma ( Unterschied zum Endständigem Stoma?) ? Ist es später Rückverlegbar ?
Bei einem doppelläufigem Stoma wird der Darm nicht komplett durchtrennt.Vereinfacht ausgedrückt, wird eine Darmschlinge durch die Bauchdecke gezogen und diese ungefähr zwei drittel durchtrennt.
So ensteht ein Stoma mit zwei nebeneinander liegenden Darmöffnungen.
Der abführende Schenkel, ist der Teil bis zum After der somit stillgelegt wird.Über die andere Öffnung wird der Stuhl ausgeschieden.
Das Stoma wird an der Bauchdecke fixiert.
Bei dieser Art von Stoma ist die Rückverlegung relativ einfach.
Bei einem endständigen Stoma, wird der Darm komplett durchtrennt.Das Darmstück, welches zum After führt, wird blind verschlossen und so "wieder in den Bauch gelegt ", während das andere Darmstück als Stoma angelegt wird.
Auch ein endständiges Stoma kann RV werden, nur ist da die OP wesentlich aufwendiger und eine andere Technik.
Zur Entlastung der Fistel, ist ein Stoma sicher sinnvoll.Hier sind einige, die so eine Fistel haben.Die kennen sich damit besser aus.
Auch wenn das jetzt eine sehr schwere Zeit ist, verliert nicht den Mut.
Ich drück euch die Daumen, alles gute für deine Mama
LG snoopy
von Häslein » 11.12.2013, 00:05
Hi Tina,
ein Stoma allein wird die Fistel in den allermeisten Fällen nicht zum Abheilen oder zum Verschluss bringen. Die Chance bei bestrahltem Gewebe erachte ich als noch kleiner.
Trotzdem ist eine Stomaanlage sehr sinnvoll, weil sie gewährleistet, dass kein Stuhl mehr durch die Fistel abgeht. Damit hat man schon viel gewonnen und es verbessert die Lebensqualität enorm, denn es ist mitunter sehr schmerzhaft, wenn Stuhl vaginal abgeht. Außerdem können sich weitere Komplikationen zeigen, denn im inneren und äußeren Vaginalbereich sind Darmbakterien bereits beim Gesunden nicht erstrebenswert und können zu Entzündungen führen. Was dann auf Dauer ein quasi permanenter Stuhlkontakt verursachen kann, erklärt sich von selbst.
Zusätzlich verliert man z. B. mehr Eiweiß und das braucht Deine Mutter im Körper besser als im Clo.
Die Fistulierung stellt einen chronischen Prozess für den Körper dar und das bedeutet mehr Stress für ihn. Man könnte eine ganze Seite voll mit den Vorgängen beschreiben, die eine Fistulierung theoretisch auslösen kann. Alles kleine Prozesse, jeder für sich genommen und doch bildet sich eine Kaskade, die langfristig zu einer Schwächung des Immunsystems führen kann. Genau das braucht man bei einer Krebserkrankung aber nicht.
Grundsätzlich sind Fistulierungen allgemein sehr hartnäckig, insbesondere die Sorte, die in Deiner Mutter haust. Da hilft nur eine chirurgische Sanierung und das ist ja derzeit nach den nachvollziehbaren Aussagen der behandelnden Ärzte nicht angezeigt.
Ich glaube, dass die Wahlmöglichkeiten sind für Deine aktuell Mutter sehr begrenzt sind. Es ist nachvollziehbar, dass sie kein Stoma möchte, eine akzeptable Alternative ist mMn aber eher nicht vorhanden.
Wenn Ihr lange genug sucht, findet Ihr einen Arzt, der sagt, dass man kein Stoma bräuchte und eine ganz tolle Idee zur Behandlung hat. Solche Ärzte gibt es immer, die Versprechen machen, die nicht eingehalten werden können und es geht zu Lasten des Pat und seiner Restgesundheit. Stichwort "Versuchsmaus"...
Mit dem Alter hat ein Stoma nichts zu tun - es gibt dafür kein "zu jung" - mit einem Stoma kann man genauso weiterleben wie vorher, nur besser...denn die Ursache für das Stoma wird dadurch viel besser erträglich. Ein Stoma ist nur dann eine Last, wenn man es im Kopf zu einer macht. Es ist eine Brille für den Darm.
LG, Häslein
Edit: Sätze eingefügt
von Hanna70 » 11.12.2013, 02:16
Hallo Tina,
auch von mir erst einmal Herzlich Willkommen hier im Forum!
Nach der OP wegen Endometriumcarcinom und Strahlentherapie trat bei mir genau 1 Jahr später eine Rektum-Scheiden-Fistel auf. Der Stuhl ging ausschließlich plötzlich nur noch über die Scheide ab und das waren mit so die schlimmsten Schmerzen, die ich jemals hatte.
9 Tage später wurde ich operiert, ohne Anlage eines Stomas. 4 Tage später hatte ich das gleiche Problem wieder. Es folgten weitere Komplikationen, auch weil man mit der Anlage des Stomas nochmals 4 Wochen gewartet hatte.Letztendlich wurde ich nach 4 Monaten mit einer Rektum-Scheiden-Blasenfistel entlassen. Die besteht leider immer noch und ist aufgrund der Strahlenschäden inoperabel.
Ich denke, um ein Stoma wird Deine Mutter nicht herumkommen. Wenn überhaupt eine Aussicht auf Sanierung der Fistel bestehen soll, braucht der Darm Zeit und Ruhe um auszuheilen. Und ich würde damit nicht allzu lange warten, sonst sucht sich die Fistel möglicherweise noch weitere Wege (wie leider bei mir geschehen).
Vielleicht hat sie ja nach einiger Zeit die Chance auf Rückverlegung. Wobei aber auch das bei Strahlenschäden sehr gut zu überlegen wäre.
Liebe Grüße
Rosi
von Claudi_W1962 » 11.12.2013, 12:18
Willkommen hier im Forum Tina, eigentlich ist schon alles gesagt. Um ein vorläufiges Stoma wird deine Mama nicht herumkommen um ein problemloses Abheilen zu garantieren. Ein doppelläufiges Stoma kann zurückverlegt werden. Ich selbst hatte in diesem Jahr eine rektovaginale Fistel und die Schmerzen waren schlimm. Ich mußte ca. 5 Wochen warten bis zur OP, weil der Gyn im Urlaub war Das waren Wochen die ich nicht noch mal haben wollte. Bei mir wurde bei der gleichen OP ein endständiges Colostoma angelegt, aber wegen einer anderen Vorgeschichte. Ich wünsche euch alles Gute und viel Kraft.
LG Claudi
von zwerg » 11.12.2013, 12:56
Hallo Tina ,
ohjee, ich weiß wie es deiner Mutti geht.
Ich habe auch (bin mir sicher, es ist deswegen) durch die Bestrahlung (Becken) eine rektovaginale Fistel bekommen und es war furchtbar.
Ob die Fistel gefährlich ist, weiß ich garnicht, aber es war auch kein Zustand mit dem Ding , alles wund, hat gebrannt, kein ordentliches sitzen möglich und von dem Geruch (auch wenn vielleicht nur ich das so empfunden hab) ganz zu schweigen. Mir hat man damals zur Entlastung auch ein doppelläufige Ilio angelegt.
Allerdings hab ich keine Rückverlegung, da sowieso die nächste OP schon geplant war.
Ich hoffe, deiner Mutti kann man schnell helfen!
von Veigi » 11.12.2013, 22:30
Hallo Tina
Ich habe mein Stoma auch wegen einer Fistel vom Ileopouch (Dünndarmgebilde, da der Dickdarm schon lange entfernt wurde) zur Vagina. Die hat allen Verschliessversuchen getrotzt und sich verzwiegt. Nun habe ich ein bleibendes Ileostoma, bin 51 und finde es ok. Ich kann wieder spazieren gehen ohne WC-Stress.
Aber ich verstehe sehr gut, dass deine Mutter Mühe hat! Man kann sich das nicht vorstellen, es ist wirklich unvorstellbar - bis man nicht selber erlebt, dass man auch mit Stoma leben kann. Ausserdem ist das Stoma noch ein zusätzliches "Geschenk" nebem allem, dass sie schon durchmacht.
Liebe Grüsse
Veigi
von Tina1979 » 11.12.2013, 23:16
Hallo !
Vielen lieben Dank für die vielen Antworten
Heute hatten wir ein Beratungsgespräch im Krankenhaus, morgen soll meine Mutter operiert werden... Sie ist sehr traurig wg der OP und weint ständig, das wiederum zerreisst mir das Herz ;-(
Die Ärzte konnten leider doch nicht genau sagen, ob es ein endständiges oder doppelläufiges Stoma wird oder ob es aus Dick- oder Dünndarm erstellt wird. Die zahlreichen OPs welche Vernarbungen im Bauchraum geführt haben dann die Verbrennungen durch die Bestrahlung und die Tatsache das auch ihr MainzPouch aus Dickdarm ist, erschweren die ganze Sache. Die OP wird wohl kompliziert und wird voraussichtlich vier Std dauern Wie lange hat es bei Euch gedauert ? Hattet Ihr Komplikationen ?
Zudem haben wie heute zwei Stoma- Beutelsysteme schon vorgeführt bekommen. Die sogenannten Platten werden ja aufgeklebt, meine Mama hat aber eine Pflasterallergie...kann das später nicht zu Wunden führen ?
Ich hab so schreckliche Angst vor der OP ( es wird durch Urologen durchgeführt) und vor dem was danach kommt
.....
von Tina1979 » 11.12.2013, 23:21
Ach ja noch etwas: ganz lieben Dank auch für die tröstenden und aufbauenden Worte ! Ihr alle auch jede Menge mitgemacht und strahlt dennoch soviel Positives aus ! Ich habe Eure Antworten ausgedruckt und beinge sie Mama morgen früh zum Durchlesen. Vielleicht baut sie das noch vor der OP auf....
Gute Nacht !
T.
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