von Meshmesha » 17.05.2015, 14:23
Hallo,
meine Tante hatte schon seit über einem Jahr Darmprobleme und letzte Woche hat sie dann vom Arzt die Diagnose Colitis Ulcerosa erhalten. Es scheint, als hätte die Diagnose alles noch verschlimmert, sogar die Darmprobleme selbst. Ich möchte gerne mir ihr persönlich darüber reden, bisher wurde mir das von anderen Verwandten erzählt, doch ich will mich vorher etwas informieren. Einige von euch werden diese Krankheit nun schon seit vielen Jahren haben. Wie lebt ihr damit? In welchen Bereichen seid ihr eingeschränkt geblieben und welche Bereiche kann man auch trotzdem ganz gut meistern? Habt ihr unterschiedliche Therapien ausprobiert? Gab es da auch was, was besonders gut funktioniert hat? DAnn würde ich ihr gleich dazu raten.
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir antworten würdet, sodass ich meiner Tante auch gezielt Mut machen kann!
von Witch » 17.05.2015, 17:13
Hallo Meshmesha,
ich gehe mal davon aus, dass die Ursache der Darmprobleme Deiner Tante die Colitis Ulcerosa (CU) ist. Symptome dieser Erkrankung sind u.a. starke Durchfälle, Übelkeit und Erbrechen. Die CU tritt in Schüben auf. Zuerst wird versucht, die CU mittels Medikamenten zu behandeln, mit dem Ziel, dass die CU so lange wie möglich, am Besten auf Dauer, inaktiv ist. Die CU ist eine schwere chronische entzündliche Erkrankung des Dickdarmes und kann nach und nach den gesamten Dickdarm befallen. Sie gehört zu den Autoimmunerkrankungen. Welche Medikamente zum Einsatz kommen, schreibe ich Dir ganz bewusst nicht, da ich kein Arzt bin und sich seit der Zeit, wo ich medikamentös behandelt wurde, viel geändert hat.
Die operative Entfernung des Dickdarmes erfolgt erst, wenn die konservativen Maßnahmen ausgeschöpft sind. Nur noch eins, während eines Schubes ging es mir immer sehr schlecht und oft bekam ich einen Schub, wenn ich viel Stress hatte.
LG Witch
von Marie67 » 17.05.2015, 23:59
Hallo Meshmesha,
sowohl mein älterer Bruder als auch ich haben beide CU.
Auf Grund der unterschiedlichen Verläufe und Behandlung leben wir völlig unterschiedlich damit.
Meinem Bruder wurde der Dickdarm entfernt und ein Pouch angelegt. Das heißt, dass er die CU im Grunde los ist. Medikamente nimmt er keine mehr. Allerdings hat er ziemlich häufige Stuhlgänge und verträgt auch nicht alle Lebensmittel (Sauerkraut z.B.)
Ich habe noch (und das soll auch so bleiben) meinen gesamten Darm und werde mit REMICADE behandelt. Mein Stuhlgang beschränkt sich auf 0 bis maximal 2 ( sehr selten) mal täglich und ich vertrage alles.
Diese Krankheit ist in ihrem Verlauf und Auswirkungen sehr, sehr unterschiedlich. Und die Patienten sind sehr abhängig von kompetenten Ärzten! Zu meinem Arzt hat mir hier im Forum Doro geraten ( @ Doro ).
Wenn ich nicht alle acht bis zehn Wochen eine Infusion bekommen würde, wäre mir nicht bewusst, dass ich chronisch erkrankt bin.
Wobei dieses Forum ja auch zeigt, wie unterschiedlich die Verläufe und evtl. Konsequenzen sind.
Ich finde es sehr nett, dass Du Dich informieren willst. Allerdings würde ich es Deiner Tante überlassen wann und wie sie über ihre Krankheit sprechen möchte. Und letztendlich sollte sie die "Fachfrau" werden und nicht Du.
Liebe Grüße und für Deine Tante alles Gute
Marie
von Meshmesha » 20.05.2015, 12:19
Danke für eure Antworten! Natürlich soll sie die Fachfrau werden, ich werde ihr auch gleich mal den Link zum Forum schicken, dann kann sie selbst Fragen stellen und lesen.
Ich möchte aber, wenn ich sie am Wochenende besuche nicht ganz unwissend sein. Weil ich mir denke, dass wenn es einem eh schon schlecht geht, dann braucht man nicht auch noch die blödesten Fragen übr sich ergehen lassen. Eben, um die diese Kategorie von Fragen zu ersparen, informiere ich mich lieber vorher etwas.
Sollte ich nach meinem Treffen mit ihr wieder Fragen haben, dann komme ich gerne wieder auf euch zurück.
von Häslein » 20.05.2015, 19:17
Hallo,
wenn Du Dich über Cu informieren willst, kannst Du die meisten Infos im Forum der DCCV oder im Cröhnchen Klub finden.
Cu und Crohn sind keine Autoimmunerkrankungen, das weiß man inzwischen. Früher war das noch Lehrmeinung, aber das ist nun veraltet und nicht mehr gültig.
Also KEIN autoaggressives Immunsystem.
Häslein
von Webkänguru » 20.05.2015, 21:36
Hallo,
dazu passend ein Artikel aus der Stoma-Welt: Zuwenig Abwehr als Auslöser einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung?
Viele Grüße,
Christian
von Peter51 » 21.05.2015, 16:22
Hallo und einen schönen Tag,
wenn ich ein optimales Vertrauen zu einen meinen Fachärzten aufbauen konnte, frage ich zu wichtigen Entscheidungen, fast immer einen zweiten…. Arzt meines Vertrauens.
Ich gehe immer relativ vorbereitet in ein Arztgespräch und natürlich sind mitunter die NET-Seiten unser Forum hier, Stoma-Welt, DCCV-Forum & Co wie z.B. Krönchen Klub , ja auch mal über Mister Google &Co gelistete „Homepagen mit medizinischen Fachwissen“, ein guter Ratgeber.
Ich habe in der Familie eine Ärztin, zwei Krankenschwestern als Ratgeber, selbst diese Familienmitglieder die ich über alles Liebe und die auch mein "eingeschränktes" (lach)Vertrauen natürlich haben, können nicht im Ansatz das Gespräch ff mit meinen Ärzten ersetzen.
Egal welches Forum ich besuche im Zusammenhang meiner chronischen Erkrankungen, persönlich schätze den Erfahrungsaustausch als Sinnvoll ein, aber nicht ein Forum der Welt kann die persönliche Behandlung beim vertrauen Arzt ersetzen.
Ich möchte nur meine persönliche Meinung damit vertreten und ich habe kein Anspruch mit dieser Aussage ein Ratgeber zu sein.
Ich bin nun schon von Beginn an in diesem so wie ich finde wertvolles Forum und ich habe viele wertvolle Hinweise, Erfahrungsberichte ff hier lesen dürfen, dafür bin ich hier vielen auch sehr Dankbar, keine Frage.
Nur eine unwichtige persönliche Meinung.
LG aus Berlin und ein schönes Pfingstfest für ALLE, Peter51
von Häslein » 22.05.2015, 08:05
Was Cu, Crohn und diverse andere, chronische Erkrankungen z. B. massiv von Erkrankungen unterscheidet, welche unbestritten auch schlimm und lebensgefährlich sein können, jedoch erst im späteren Alter auftreten, ist u. a. folgendes:
Crohn und Cu ( die dienen hier jetzt als Beispiel ) machen sich meist ( nicht immer ) in jungen Jahren bemerkbar. Gerne um das 18. bis ca. 20 Lj. herum und sogar mitunter bereits in früher Kindheit.
Es ist nicht lustig, mit schweren Schüben die Schule erfolgreich abzuschließen, eine Ausbildung und / oder ein Studium damit zu absolvieren und einen Job zu finden.
Man muss sich viel mehr anstrengen als Gesunde für diegleichen Leistungen, mehr Opfer bringen.
Das Wissen, an einer unheilbaren Erkrankung zu leiden, die nicht berechenbar ist, ist für junge Menschen mitunter schwer.
Dazu kommen weitere Nachteile: Man kann seine Existenz nicht absichern! Eine Berufsunfähigkeitsversicherung erhält man nicht, auch keine Lebensversicherung. Eine etwaige EMR fällt wahrscheinlich sehr gering aus.
Je nach Schwere, Ausmaß und Verlauf der Erkrankung kann man nicht immer den Beruf wählen, der vielleicht am meisten Freude bereitet oder einen, der so bezahlt wird, wie es bei den Altersgenossen ist.
Wenn man die Erkrankung bei potentiellen Arbeitgebern benennt, kann man die in Aussicht gestellte Tätigkeit häufig ( nicht immer ) gleich abhaken.
Es kann u. U. sehr viel Verzicht bedeuten: Verzicht auf das Leben, das man geplant hat oder sich wünscht. Die jungen Jahre sind nicht sorglos und können verdammt schmerzhaft sein.
Diese Aufzählung kann man noch beliebig verlängern. Es ist etwas völlig anders, ob man von Kindertagen an gesundheitlich stark eingeschränkt ist oder ob man viele Lebensjahre überwiegend gesund ist und sich im späteren Alter erst Erkrankungen einstellen. Dann hatte man immerhin viele Jahre, in denen es einem recht gut ging, ggf. bezieht man eine Rente, die ein Auskommen darstellt, beruflich konnte man sich absichern, in Urlaube fahren, einfach leben.
Wer bereits in jungen Jahren schwer erkrankt, hat es definitiv schwerer. Werden die Betroffenen älter, bleibt es nicht selten nur bei jener Erkrankung...andere, u. U. nicht minder schlimme, können hinzu kommen.
Wenn sich das Leben viel Zeit, zu viel Zeit, hauptsächlich darum dreht, wo die nächste Toilette ist oder dass alles in die Hose ging, ist das für Jugendliche / Kinder heftig. Oder wenn bei jedem Essen wehenähnliche Schmerzen und Krämpfe im Bauch entstehen - völlig egal, was man isst oder trinkt, wenn Gelenkschmerzen den Bewegungsradius zusätzlich einschränken, mal wieder das Fieberthermometer > 39 anzeigt, man hauptsächlich Arztpraxen und Klinken von innen kennt, während sich die ( verbleibenden ) Freunde die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, ist man nicht immer froh.
Die Eltern wollen ihre Kinder zwar dazu animieren, positiv zu bleiben, sie sollen optimistisch sein, aber gefühlt jede Therapie, jede OP verspricht Besserung und mal wieder tritt die nicht ein.
Andere Eltern wollen, dass ihr Kind trotzdem funktioniert, die Erkrankung wird teilweise verdrängt, die nächsten Ellis packen ihren Nachwuchs in Watte. Für die Eltern von schwer kranken Kindern ist es auch nicht leicht.
Schwere Erkrankungen stellen nicht nur den Betroffenen selbst vor große Hürden und Aufgaben, sondern gerne das gesamte Umfeld. Da kennt niemand ein normales Leben, wenn man Pech hat, vom Anfang an nicht. Zu beobachten ist häufig auch ein finanzieller Existenzkampf und der wiegt manchmal genauso schwer wie die fehlende Gesundheit selbst.
Eine Heilung gibt es bisher nicht. Immerhin kann die z. B. bei Krebs in Aussicht gestellt werden.
Ich will nichts weiter aufzählen, nur noch kurz auf Selbsthilfegruppen eingehen:
Da treffen sich Leute, die ähnliche Dinge erlebt haben oder gerade erleben. Das kann man alles nur nachvollziehen, wenn man es selbst kennt, am eigenen Leib. Es werden auch Arztempfehlungen / Erfahrungen ausgetauscht. Die Mehrzahl der Erkrankten hat eine Odyssee hinter sich und immer noch nicht den passenden Arzt gefunden, weil das nicht einfach ist.
Auch nicht jeder Gastro ist dafür die passende Wahl. In dem ein oder anderen Forum wurden durch verschiedene Mitglieder Therapiemöglichkeiten mitgeteilt, von denen keiner der bisher aufgesuchten Fachärzte wusste oder wissen wollte oder die falsche Behandlung ist erfolgt. ( Falls jemand jetzt glaubt, dass ich mich als solches Mitglied selbst meine, NEIN! Es gibt Leute,die kann ich bis hierhin denken hören )
Die Foren haben sich als äußerst wertvoll erwiesen. So Mancher konnte mit deren Hilfe endlich selbstbewusst die notwendige Behandlung einfordern, erhielt maßgeblichen, juristischen Rat ( vor allem durch die ehrenamtlichen Arbeitskreise ), als es bei Betroffenen u. a. um nichts weniger als die nackte Existenz ging.
Man kann oder will nicht immer alles mit der Familie besprechen. Die meinen es gut, aber ab und zu ist das Gegenteil von gut - gut gemeint.
Bezüglich Auswirkungen von Erkrankungen kann jeder, aus seiner Sicht, schlimme Dinge benennen. Wer die meiste Zeit seines Lebens überwiegend nicht gesund war, findet ein Stoma vermutlich nicht sehr einschränkend oder schlimm. Der hat(te) andere Sorgen.
Häs.
Wer Tippfehler findet, hat eine Waschmaschine gewonnen.
von Merlina » 22.05.2015, 11:07
@Häslein:
Hallo Meshmesha,
ich finde es gut, dass Du Deine Tante unterstützen willst.
Du bist hier im Stoma-Forum. Wenn Deine Tante gerade erst ihre Diagnose erhalten hat, ist es bis zum Stoma ein seeeeehr weiter Weg, wenn Sie denn überhaupt jemals eins bekommt.
Du schreibst auch nicht, wie weit die CU ausgedehnt ist, d.h. welche Darmabschnitte überhaupt betroffen sind.
Wenn sie die richtige Therapie bekommt und die auch anschlägt, kann es ihr auch bald ganz gut gehen.
Kann, muss nicht. Bei einigen Menschen gibt es auch einen therapierefraktären Verlauf, also es wirkt einfach nichts.
Welchen Einfluss da die Angst und sowas wie selbsterfülltende Prophezeiungen haben, das frage ich mich manchmal.
Für mich war es wichtig, mich gut zu informieren, alle meine Befunde zu sammeln und ganz klar für mich einzustehen und mit den Ärzten "auf Augenhöhe" sprechen zu können. (was leider selten funktioniert und dann Ärztewechsel zur Folge hat).
Nicht in die Psycho- und Schuldschublade gesteckt zu werden. Die Psyche wird in Mitleidenschaft gezogen, logisch, wenn man so eine Krankheit hat, aber sie ist nicht verantwortlich für das Entstehen. Die Meinung, dass CU eine psychosomatische Krankheit ist, ist leider immer noch sehr verbreitet.
Ein gute Adresse für Deine Tante ist an dieser Stelle auch http://www.dccv.de!
Was mich genervt hat war: Herumunken von Leuten, die es "nett" meinen. Tips über vermeintlich tolle Heilmittel, die irgendwer ausprobiert hat, der gar nicht krank ist und dem das gaaaanz toll geholfen hat. Leute, die sagen: "...ruf´ doch mal an und erzähl wie sich das entwickelt..." ...da kann ich dann nur sagen: "...wenn Du das wissen willst, ruf´ DU mich doch gern an....!"
Was Du tun kannst: zur Verfügung stehen und Dich selbst ein bisschen in die Krankheit einlesen und wirklich ab und zu mal anrufen, aber nicht nur um die Leiden abzufragen, sondern um miteinander trotzdem Spass zu haben, ohne diesen Unterton "trotzdem"!
Es geht darum, Normalität und Selbstverständlichkeit in Beziehungen zu bringen und wirklich im Kontakt zu sein. Aber nicht wegen der Krankheitsumstände, sondern sowieso, weil Du den Menschen magst.
Wenn Du Dir jetzt Druck machst, geht alle Spontanietät verloren.
Viel Glück für Deine Tante und Dich
Merlina
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