von Nordwind » 16.09.2012, 10:17
Hallo ,
So bei mir hat es jetzt eine Entscheidung gegeben. Ich konnte zwischen Pest und Cholera wählen. Da es mir ziemlich schlecht geht, habe ich mich für ein Ileostoma entschieden, da die andere Variante nicht in Frage kommt. Ich komme absolut nicht damit klar. Seit zwei Wochen herrscht bei mir der Ausnahmezustand.
Jetzt nach vielen Jahren sich ständig auf was Neues einstellen, akzeptieren, Strategien für den Alltag finden..ich mag nicht mehr.
Für mich ist die Vorstellung, ein Stoma, auch wenn es nur vorübergehend ist, zu haben, die Hölle auf Erden. Ich will mich überhaupt nicht damit befassen, ich blocke alles ab.
Ich weiß, viele kommen wunderbar damit klar und es geht euch viel besser. Ich aber nicht. Ich bin völlig überfordert.
Dann weiß ich nicht wie lange ich des Ding hab. Es muß mir besser gehen, muß Gewicht zulegen.. Haha, ich weiß jetzt schon wie das wieder bei mir läuft..Damit dann die Teilresektion stattfinden kann.
Ich weiß einfach nicht wie ich das alles noch schaffen soll..ich war immer stark, aber jetzt bin ich es nicht mehr.
Ich weiß hier gibt es ganz viele,die ein Endständiges haben, und ich heul
rum..aber ich will es nicht akzeptieren.
Bei mir ist jetzt einfach das Fass voll bzw. übergelaufen.
Wie ging es euch denn, als feststand, es gibt ein Stoma?
Viele Grüße
Nordwind
von kochmax » 16.09.2012, 10:56
Moin,
da gibt es kein Kochrezept, jeder ist anders.
Ich habe deine Probleme nicht gehabt, ich versteh dich aber, das du das nicht akzeptieren willst.
Ich will jetzt auch nicht mit Aufbausprüchen kommen, so wie "issjanichsoschlümm", oder "kopfhochduwirstdasschonpacken".
Lass es auf dich zu kommen hol dir, wenn es geht, phychologische Hilfe und wurstel dich halt durch. Es geht nicht anders, im Moment.
Grüßle
max
von temperence » 16.09.2012, 11:37
Hallo Nordwind,
ich kann Dich auch schon ganz gut verstehen, ich fand mich nämlich gar nicht sooooo krank - wie krank ich wirklich war, welche Schmerzen ich offenbar Jahre hatte, das habe ich erst später gemerkt....
Nach der Diagnose hatte ich nicht viel Zeit, mir Gedanken zu machen, habe übrigens auch im Vorfeld der OP weder Bilder noch Foren oder Wikis gesucht, ich wusste von GAR NIX, ich bin in die Klinik gegangen und habe mich überraschen lassen - okay, nach der Diagnose hab ich zwei Tage geheult, dann siegte bei mir im Kopf das, was der Doc im Nebensatz zu "Sie haben Krebs, und da muss was getan werden, da brauchen wir nicht diskutieren" gesagt hat: "aber mit der Kolektomie und dem Stoma sind Sie auch Ihre Colitis los - Sie wären im Prinzip gesund". Bin halt ein Kopfmensch, und habe mich an diesem Gedanken festgehalten - mit Erfolg, ich wollte nur gesund sein und habe alles dafür getan... Sicher ist diese Aussage zu diskutieren, aber mir hat der Gedanke geholfen Eine Rückverlegung habe ich inzwischen verworfen, mir geht es heut besser als je zuvor.
Ich denke, Du darfst (und musst!) Deine Wut, Trauer, Angst, überhaupt jedes Gefühl, dass Du der Situation entgegen bringst, zulassen - lass es raus, nimm von Deinem "alten Leben" mit allen verbundenen Einschränkungen (?) Abschied. Stell Dich ins Wohnzimmer und schreie, wirf vielleicht was gegen die Wand, zerreisse ein Telefonbuch, leg Dich auf den Boden und trommle mit den Füssen und den Fäusten, egal was - aber nur bis zu dem Punkt, an dem Du schwer atmend und total fertig auf die Couch sinkst. Dann solltest Du sagen: "Okay, Du Chirurg, komm her, nimm Dein Messer und schlitz mich auf, gibs mir - ich bin dabei! Und nimm Dich in acht, wenn mein Bauch nachher nicht toll aussieht und gut funktioniert, werde ich Dir nach meiner Erholungsphase höchstpersönlich vors Knie treten und meinen Beutel an Deinem Daimler ausleeren!"
Du hast scheinbar keine andere Chance, als ein Stoma - nimm es irgendwie an, und wenn Du es mit Wut im Bauch annimmst, Wut ist ein guter Motor. Und Du brauchst all Deine Kraft für die OP, verschwende diese Kraft nicht mit Widerstand
Und sei sicher: hier ist immer jemand für Dich da, Du wirst nie allein sein!
Gruß Lucia
PS: Nicht vergessen, hier das Datum zu posten, damit wir die Daumen drücken können!
von Ralf.A » 16.09.2012, 12:51
Hallo Nordwind,
ich habe deine Beiträge gelesen.
Was du mitmachst, sollte man dem Rest der Welt ersparen.
Wenn ich dich richtig verstehe, suchst du doch den Weg nach vorn. Also das es besser geht und du mehr Lebensqualität erfährst.
Ich kann dich gut verstehen, dass du Angst vor weiteren OP´s hast.
Aus meiner Erfahrung kann ich dir sagen, ein Stoma ist nicht so schlimm wie man erst denkt. Man kann sich damit arrangieren.
Ich kann alles Essen und alles Trinken, naja von den problematischen Sachen nur wenig. Aber ich nehme voll am Leben teil und lasse mich nicht verdrängen und verstecke mich auch nicht.
Seit einem Jahr bin ich nun ein "Beuteltier" und habe schnell für mich gelernt damit umzugehen. Nämlich: "offen".
In meinem Profil siehst du ein Bild vom Juli 2012 (Auf Mallorca am Strand).
Ich möchte Dir Mut machen und sagen, Es wird mit dem Stoma anders sein, aber bestimmt Besser. Besser für Dich.
Ich bin kein großer Schreiber hier im Forum, aber zwischendurch bin ich hier und lese viel.
An dieser Stelle ein Danke an alle die hier im Forum schreiben und anderen helfen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Mir hat dieses Forum unheimlich geholfen.
So wird es auch bei Dir sein. Du musst das "Neue" und erst einmal Beängstigende zulassen.
Aber ich bin mir Sicher, nur kurze Zeit nach dem Du dich selbst als ein Teil von dem elitärem Kreis der Beuteltiere bist, werden deine Probleme weniger und Deine Lebensqualität steigt. Bald wirst du dich fragen, warum der Schritt nicht schon früher gegangen wurde.
Ich möchte damit nicht sagen, dass ein künstlicher Darmausgang etwas Tolles oder gar ein Segen ist. Aber ein Handicap kann manchmal der richtige Weg sein wieder am Leben teilhaben zu können.
Gruß
Ralf
von Hanna70 » 16.09.2012, 15:27
Hallo Nordwind,
ich kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen. Nach allem, was Du bisher mitgemacht hast, KANN es nur noch besser werden!
Und wie Lucia schreibt, lass Deine Trauer und Wut zu - schreie und weine, was das Zeug hält. Wenn die Kraft nicht mehr reicht, stark zu sein, dann darf und muss man das auch einmal zugeben und rauslassen.
Bitte kämpfe nicht gegen das Stoma, sondern kämpfe für Dich, damit Du es annehmen kannst. Es ist nicht leicht, auch für mich ist es immer noch nicht selbstverständlich. Aber ohne Stoma gäbe es mich nicht mehr, und so gesehen, ist es eben doch die bessere Alternative.
Da ich vorher "darmmäßig" gesund war, war der Hammer namens Stoma besonders hart. Ich wachte einfach plötzlich damit auf.
Du hast doch eigentlich gar keine andere Wahl und das weißt Du im Grunde auch. Auch wenn es im Moment für Dich anders aussieht - ein Stoma ist nicht das Ende der Welt. Für Dich wird es ein neuer Anfang sein.
Liebe Grüße von
Rosi
von Biggi0001 » 16.09.2012, 16:04
Das Problem ist, dass Du dich damit abfinden musst, egal ob es Dir passt oder nicht. Dies ist der schwierigste Part von allem.
Tust du es nicht, wirst du viel gute Energie mit dem Kampf gegen eine Windmühle verschwenden, die Du sinnvoller dabei einsetzen könntest einfach zu leben und zu genießen und Dein Leben "mit" auf die Reihe zu kriegen.
Dies in aller Kürze
Viele Grüße aus Bonn von Biggi
von doro » 16.09.2012, 17:29
Meine Vorschreiberinnen haben es so passend gesagt, daß mir nur der Wunsch bleibt, gehe innerlich gefestigt in die Operation und gib uns die Chance, Dich auf dem Weg danach, begleiten zu dürfen.
von Hanna70 » 16.09.2012, 17:44
[quote="doro"]gib uns die Chance, Dich auf dem Weg danach, begleiten zu dürfen. [/quote]
Das hatte ich vergessen zu schreiben. Auch hier darfst Du Dich gern mal austoben und Deine Wut und Trauer aufschreiben. Manchmal hilft schon das ein bißchen.
Liebe Grüße
Rosi
von howe » 16.09.2012, 18:26
hallo nordwind
ich behaupte mal das wir alle nicht hurra gerufen haben wie wir das stoma bekommen sollten, ich war jedenfals ganz schön unten, aber was sollst man hatt nur 2 möglichkeiten man nimmt es an oder nicht, also ich habe es angenommen es ist ein teil von mir und gut ist es,und komme super damit klar, alles gute für deine op.
lg howe
von Nordwind » 16.09.2012, 20:41
Hallo ihr Lieben,
Erstmal DANKE an euch alle!!
Es ist so schwer für mich, damit klar zu kommen. Ich habe die letzten Jahre soviel kompensieren müßen; die chronischen Schmerzen, von heut auf morgen mit dem katheterisieren zurecht kommen und immer wieder an Grenzen zu geraten. Dann die Darmlähmung mit den massiven Beschwerden.Dann noch ein Bandscheibenvorfall.
Als absoluter Genussmensch kaum noch etwas essen können. Dann die parenterale Ernährung, die einen sozial ziemlich isoliert.
Ich habe mich auf all diese Dinge eingelassen und das Beste daraus gemacht. Bin eigentlich immer arbeiten gegangen, weil mir das die Ablenkung gibt.
Aber irgendwie geht es immer weiter abwärts, ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels.
Jetzt muß ich mich wieder auf was Neues einstellen, ich will mich aber auf nix Neues mehr einstellen.
Ich bin total wütend, habe Angst, heule wie wenn's kein nächsten Morgen gibt und blocke alles ab.
Ich bin in psychotherapeutischer Begleitung, aber da gibt's bei mir kein durchkommen.
Auch das es "nur" für vorübergehend ist, da fällt mir nur zu ein: na das ist ein dehnbarer Begriff.
Dann die, wann auch immer, Folge-OP, die Teilresektion.
Ich muß seit 5 Jahren unendliche Geduld aufbringen. Und immer heißt es..wir sehn mal.
Ich weiß das ich zwangsläufig muß. Und das macht mich so wütend.
Das Stoma ist für mich wirklich das schlimmste, was jetzt noch kommen konnte.
Ich danke euch dafür, dass ich mich hier mitteilen darf und ihr da seid!!
LG Tina
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