von
Monsti
» 17.07.2009, 20:32
Hallo zusammen,
sehr positive Erfahrungsberichte und Dokumentationen gibt es z.T. ja schon, vielleicht nicht gerade zum Thema "Stoma", aber zu anderen Erkrankungen. Z.B. gibt es seit 2005 ein Buch von Daniela Loisl und Rudolf Puchner: Diagnose Rheuma. Lebensqualität mit einer entzündlichen Gelenkerkrankung. Springer Verlag, Wien/New York.
Daniela, die Präsidentin der Österreichischen Rheumaliga kenne ich persönlich. Sie ist an extrem agressiver RA erkrankt, von der Krankheit stark gezeichnet und vermutlich viel stärker behindert als die meisten von uns. Dennoch strahlt sie in ihrem Buch großen Lebenswillen und Optimismus aus.
Tatsache ist jedoch, dass solche Bücher primär von selbst Betroffenen gelesen werden. Bezüglich Rheuma wird sicherlich keine sooo kleiner Leserschaft angesprochen, zumal an die 400 verschiedene Erkrankungen des Gelenk- und Stützapparats zum rheumatischen Formenkreis. Trotzdem wird dieses wirklich interessante Buch nicht besonders gut verkauft.
Ein Stoma betrifft noch viel weniger Menschen, wobei die überwiegende Mehrzahl über 65 Jahre alt ist. Was nutzt es z.B. einer Enkelin, die sich um ihre stomatragende Oma kümmert, ein "positives" Buch zum Leben mit Stoma zu lesen, wenn Oma mit dem Positiven absolut nix am Hut hat?
Überhaupt: Was sollte man denn schreiben? Mein Leben mit Stoma ist überwiegend ein stinknormales Leben, wie es Millionen total gesunder Mittfünfziger nicht anders leben. Dies interessiert eh keinen. Von meinen Pannen will ganz sicher auch niemand etwas wissen. Was ich noch essen kann bzw. auch nicht, betrifft nur mich als Stomaträgerin A. Für die Stomaträger(in) B-Z müssen meine Einschränkungen nicht zutreffen.
Es ist etwas anderes, wenn z.B. ein querschnittgelähmter Rollifahrer über die Vorbereitung und Teilnahme an einem Marathon schreibt, ein Beinamputierter über seine Teilnahme an internationalen Sprint-, Ski- und/oder Kletterbewerben.
Interessant fand ich auch mal den Bericht einer ab der frühen Kindheit erblindeten Frau, die sich Jahrzehnte später (d.h. mit über 40) einer OP unterzogen hatte, mit deren Hilfe sie in einem Auge ca. 20% Sehkraft erreichte. Das Buch hatte ich einst meiner Mutter geschenkt und kann deshalb keine weiteren Angaben dazu machen. Ich weiß nur noch, dass es eine Übersetzung aus dem Amerikanischen war. Faszinierend fand ich vor allem die Schilderung, wie die Frau nach der OP das Sehen und die visuelle Orientierung von Grund auf neu erlernen musste. Sie wusste nicht, was ein Horizont ist, war sich nicht bewusst, dass es über Kopfhöhe noch Gegenstände gibt und staunte über "unbekannte helle Streifen" auf dem Teller (Das waren Messer und Gabel). Blind hatte sie Messer und Gabel problemlos gefunden und benutzt, sehend kam sie überhaupt nicht mehr zurecht.
Toll fand ich auch das Buch von Hannah Green "Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen", in dem es um die Heilung eines an Schizophrenie erkrankten jungen Mädels geht.
Es gibt durchaus gute Bücher, auch zu selteneren Erkrankungen. Zum Thema Stoma kenne ich aber nichts. Dieses Thema müsste auch in einer tollen Story verpackt sein, um einen größeren Leserkreis anzusprechen. Sowas wie von Lesch: bitte nicht!!!
Grüßle von
Angie
von
nathan
» 17.07.2009, 20:55
MiniBonsai hat geschrieben:
Und genau da setzen meine Gedanken an:
welche Betreuung hat Lesch gefehlt,d ass er das Stoma besser angenommen hätte? Wurde er nicht genug aufgeklärt? Wurde ihm die Handhabung und alles, was dazu gehört nicht richtig erklärt?
.......
Und dann wieder kommt der Gedankengang, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn es Literatur gäbe, die mit dem Thema Stoma besser (eben nicht abschreckend) umgeht. Wo eben OttoNormaldarm *gg* mit dem Thema so konfrontiert wird, dass er/sie es versteht und nicht ablehnt.
von
MiniBonsai
» 17.07.2009, 20:59
nathan hat geschrieben:Der Titel könnte lauten:
Der Stomaträger - ein ganz normaler Mensch?
Kapitel 1: Stomaarten
Kapitel 2: Die Operation
Kapitel 3: Der Beutelwechsel
Kapitel 4: Der Plattenwechsel
Kapitel 5: Vor- und Nachteile des Einteilers
Kapitel 6: Auswirkung der Ernährung auf den Beutelinhalt
Kapitel 7: Der Stomaträger und seine Umwelt
Kapitel 8: Der Stomaträger im Schwimmbad
Kapitel 10: Die Eingliederung des Stomaträgers in die Gesellschaft
Kapitel 11: Schlussgedanken zum Stomaträger
Nun frag ich mich wer diese Buch lesen soll, oder ob man es zur Pflichtlektüre in Klasse 9 aller Schulen machen sollte!![]()
von
hmengers
» 18.07.2009, 09:31
Hallo,
die Beispiele von Monsti bei anderen Handicaps finde ich schon interessant. Ich hätte da auch schon eine Schlagzeile in dem Blatt mit den großen Buchstaben beizusteuern (gilt aber wohl nur für Leute mit Ileostoma):
Unerlaubter Vorteil eines Stomaträgers mit Zusatzbeuteln bei einem "Wettfressen" - 7 Liter Suppe sind einfach durchgelaufen.
Sorry, aber DAS würde man dann auch lesen, ohne selbst betroffen zu sein...
Herbert
von
Waltraud Mayer
» 18.07.2009, 15:10
ob es nicht sinnvoll wäre, wenn es Literatur gäbe, die mit dem Thema Stoma besser (eben nicht abschreckend) umgeht. Wo eben OttoNormaldarm *gg* mit dem Thema so konfrontiert wird, dass er/sie es versteht und nicht ablehnt.
von
Mohnblume
» 18.07.2009, 22:30
Hi all,
da hab ich es mir doch angetan und über den angegebenen
Link mal in den Auszügen von Lesch's Buch gelesen... Uff..
Am liebsten hätte ich einen Eimer unter den PC gestellt, damit das Selbstmitleid besser ablaufen kann.
Und dann schreibt der auch noch so einen Unsinn wie :
" der Dickdarm ist für Nahrungsverwertung zuständig " oder so ähnlich. Das wäre mir neu.. Also keine Ahnung haben, aber Müll schreiben.. Dafür ist mir echt die Zeit zu schade.
Empfohlen ( aber noch nicht gelesen ) wurde mir das Buch : " Für Hoffnung ist es nie zu spät " von Peter Bacher.
Darin sind wohl Kurzgeschichten die sich mit unterschiedlichen schweren Krankheiten befassen. Kennt das zufällig jemand ? Würde mich interessieren, weil ich ungern Bücher auf " Verdacht " kaufe.
Viele Grüße
Mohnblume
von
Sabine049
» 19.07.2009, 08:27
lesenswerte Lektüre:
"Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen",
"Ich lerne leben, weil du sterben musst",
"Aufschrei",
"Lazaruskind",
"Lorenzos Öl",
"Einer der übers Kuckucksnest flog,
"Rain Man",
"Paula",
"Lieber Arm ab, als Arm dran",
"Krankheit als SOS der Seele",
"Liebe deine Krankheit",
bereits im Kindesalter von 11 Jahren verschlang ich ein Jugendbuch irgendetwas mit "im Glashaus" - ich las es mehrfach. Die Geschichte eines an Multiple Sklerose erkrankten Mädchen.
Nochmals zurück zu Lesch: Mag ja sein, dass er einen Teil der Krebshilfe zukommen läßst, aber bestimmt nicht ganz uneigennützig. Wer nämlich mit seiner Krankheit durch das Land tingelt, hat ein enormes Profilierungsbedürfnis.
Liebe Grüße Sabine - die div. Vereinigungen durch bestehende Mitgliedschaft unterstützt
von
Huepiline
» 19.07.2009, 09:42
Ich hoffe ich mach das jetzt richtig mit dem Zitat - ist mein "erstes mal"
Nochmals zurück zu Lesch: Mag ja sein, dass er einen Teil der Krebshilfe zukommen läßst, aber bestimmt nicht ganz uneigennützig. Wer nämlich mit seiner Krankheit durch das Land tingelt, hat ein enormes Profilierungsbedürfnis.
von
Waltraud Mayer
» 19.07.2009, 11:06
Mag ja sein, dass er einen Teil der Krebshilfe zukommen läßst, aber bestimmt nicht ganz uneigennützig. Wer nämlich mit seiner Krankheit durch das Land tingelt, hat ein enormes Profilierungsbedürfnis.
von
La Tigram
» 19.07.2009, 13:03
Sehr interessant alles - hier nun meine Meinung zu M. Lesch, zu Stoma-Buch:
Wer bitte ist M. Lesch??
Seit MC vor 28 Jahren diagnostiziert wurde, schwebte ein Stoma als allerärgstes Horror-Damoklesschwert über mir. Ich wusste immer schon "lieber sterbe ich, als mit künstl. Ausgang (für immer!) leben zu müssen.
Vor drei Jahren nach einem recht langem Arztgespräch, und mit nur 1 Tag Zeit, um mich "halbwegs" darauf einzustellen, wurde halt leider mein persönlicher Albtraum wahr, eine endst. colostomie wg. Darmkrebs. Mein psychischer Zustand in den folgenden neun (!) Monaten ist nur sehr schwer zu beschreiben. Eigentlich fühlte ich mich anfangs ähnlich wie dieser Lesch. Ich lehnte mich und alles rund um mich absolut ab. Wollte nicht leben. Ich war nicht mehr vorhanden. Stomaversorgung hielt ÜBERHAUPT NICHT!!! Sperrte mich daheim ein.
Doch ICH nahm langsam doch div. Hilfen in Anspruch, meine Professoren, Psychotherapeutin, Psychiaterin, Stomatherapeutin und vorallem mein Mann hatten irrsinnig viel "Arbeit" mit mir
Ich begann im Forum Nacht für Nacht zu lesen. Dies war äußerst hilfreich, ich brauche daher kein diesbezügl. Buch.
Ich dokumentierte übrigens meine Krebsgeschichte in Form eines Berichtes inkl. Fotos, auch heute schreibe ich noch hin und wieder ein paar Zeilen ...
Ich machte kein Geheimnis aus meinem Max, trug und trage jedoch auch keinen Stempel am Hirn "hey ich habe ein Stoma".
Komme aber nun gut damit zurecht
Nur sehr ungern gestehe ich, dass ich - seit ich Max habe, seit ich in frühzeitigen Ruhestand bin, seit ich also "nix mehr zu reden habe" (war vorher stellvertret. Direktorin eines Pensionistenwohnhauses)- bin ich doch wieder etwas schüchterner und zurückgezogener.
Und bevor jetzt jemand denkt, mir sei fad im Kopf. Irrtum! Ich bin eine sehr, sehr vielbeschäftigte und stets kreative Frau. Bekomme über diese Schiene auch Anerkennung. Naja aber trotzdem .....
Ja es gibt wirklich entsetzliche Schicksale, ich wundere mich oft, wieviel ein Mensch ertragen kann. Man hört und liest dann von den sog. Promis, wie schlimm es ihn/sie erwischt hätte. Na und, was ist mit 100.000en anderen, die ebenfalls ihr verdammtes Schicksal - auf ihre eigene Art und Weise - packen und total tapfer den Kampf aufnehmen?!?!?
Hey ich sage euch allen was: WIR SIND DIE HELDEN:gut:
Seid lieb gegrüßt aus dem etwas abgekühlten Niederösterreich von La Tigram,
die wieder mal Nervenflattern wegen der bevorstehenden Krebs-Nachsorgeuntersuchung hat
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