von Holzwurm3 » 01.11.2005, 14:47
Hallo,
ein großes Anliegen scheint die Information über unsere Behinderung(?), Alltagsprobleme an den Rest der Bevölkerung zu sein.
Ich hab ja mein Stoma erst seit August. Was habt Ihr denn für Erfahrungen gemacht? Gibt es überwiegend nur negative, wenn man mit nicht Betroffenen spricht oder Kontakt hat? Fehlt Verständnis?
Einen schönen Restfeiertag:ballon:
--> für den, der ihn hat
Holzwurm
von Sabine1965 » 01.11.2005, 14:48
Monsti hat geschrieben:"Sie können doch nicht den Rest Ihres Lebens mit diesem Sack am Bauch rumlaufen! Sie sind doch noch nicht 80!"[/I]
von Monsti » 01.11.2005, 15:27
Hallo Holzwurm,
meine Erfahrungen sind wie folgt:
Fällt der Begriff "künstlicher Darmausgang", erzeugt das bei den meisten zunächst Entsetzen und/oder Ekel bzw. die Frage, wie man mit sowas nur leben könne.
Werden jene Menschen aber darüber informiert, wie es sich damit lebt, überwiegt echtes Interesse und die Verwunderung darüber, dass man so wenig und eigentlich nur Negatives darüber weiß.
Über einen Teil konkreter Erfahrungen hatte ich ja schon in den vorhergehenden Postings geschrieben.
Zunächst ist es in der Tat nicht so wichtig, dass Otto-Normal-Mensch weiß, was ein Stoma ist. Aber ohne ein gewisses Maß an Öffentlichkeit und Selbstverständlichkeit werden unsere Anliegen bei Entscheidungsträgern erfahrungsgemäß zu wenig berücksichtigt. Wer keine einflussreiche Lobby hat, fällt in unserer Gesellschaft unter den Tisch. Das gilt im übrigen nicht nur für uns Kängurus.
Liebe Grüße von
Angie
von Felidae » 01.11.2005, 15:32
Holzwurm3 hat geschrieben:
Ich hab ja mein Stoma erst seit August. Was habt Ihr denn für Erfahrungen gemacht? Gibt es überwiegend nur negative, wenn man mit nicht Betroffenen spricht oder Kontakt hat? Fehlt Verständnis?
von Wiper » 01.11.2005, 17:28
Hallo Holzwurm3,
ich habe mein Stoma nun länger als zwei Jahre und in dieser Zeit keine negativen Erfahrungen gemacht. Weder hat sich eine Arzthelferin bei meinem Anblick übergeben noch hat jemand sich gweigert, sich in einem Raum mit mir aufzuhalten. Und das, obwohl ich offen mit dem Stoma umgehe. Das fällt umso leichter, als ich es nicht als Schicksalsschlag sondern Erlösung von einem langen Leiden empfinde.
Aber auf Unverständnis bin ich fast immer gestoßen. Nahezu niemand kann mit den Begriffen Dünndarm und Dickdarm etwas anfangen. Und was alles fantasiert wird, wenn von einem künstlichen Darmausgang die Rede ist, ist schon mehr als abenteuerlich: Röhrchen, die aus dem Bauch ragen und eine ständige Infektionsquelle darstellen, metallische Verschraubungen, die in die Bauchdecke eingebaut wurden, die Vorstellung, daß jetzt auch die Harnblase in den Beutel entleert wird, usw. usw.
Hinzu kommt, daß zunächst gefragt wird, ob das denn wieder rückgängig gemacht wird.
Ich versuche immer wieder geduldig zu erklären, was los ist und hoffe auf diesem Weg einen kleinen Beitrag zur Aufklärung zu leisten.
Bis bald
Ralf
von doro » 01.11.2005, 18:12
@ Karen und Ralf,
wie man in den Wald...ich sehe es auch, dass die Menschen neugierig genug sind um auch zu hören. dass Stoma nicht gleich BÄHH:p ist und auch hier der Fortschritt nicht stehen blieb..
Auch bei mir hat sich noch niemand übergeben,ich mußte,im Gegenteil,eine Ärztin vom MDK eiligst hindern, meine Versorgung vom Bauch zu ziehen, weil:Wollte Stoma sehen. ( Wäre ja kein Probl. hatte nur mal wieder Ersatz vergessen).:mad:
@Karen, bei Dir schaut das Glück über Deinen neuen STOMAnn zwischen den Zeilen hervor.es macht Freude Dich zu lesen und das Erdbeerchen macht noch eine Portion Extra-
Spaß:feiern:
Liebe Grüße doro
von fiz_elchen » 01.11.2005, 21:13
aber auch wenn die ärztin vom mdk die versorgung einfach ruter ziehn will, zeugt das meiner meinung nach von unkenntnis, ob neugierige oder unwillige ist da auch egal.
eine freundin auch mit stoma hat ihren sohn per kaiserschnitt bekommen, als sie aus der narkose erachte hat sie sich gewundert über die wäre auf dem bauch......tja man hatte ihr um besser operieren zu können die versorgung abgenommen, nurlidr danach keine mehr angebracht...... der ganze kram ist in die frische wunde gelaufen.
fiz
von Monsti » 01.11.2005, 21:16
Servus alle,
im Verlauf der (sehr interessanten) Diskussion wird sehr deutlich, dass es einmal um den unmittelbaren, privaten Bereich geht, zum anderen aber auch um ein öffentliche Anliegen.
Ich weiß nicht, ob meine Postings wirklich deutlich waren: Das Private kriege ich persönlich ganz problemlos gebacken, auch wenn mich damals die Weigerung einer Mitpatientin, mit mir als Stomaträgerin das KH-Zimmer zu teilen, ein sehr niederschmetterndes Erlebnis war. Nun, das konnten wir ja regeln. Die Konfrontation mit irgendwelchen Vorurteilen ist für mich stets Anlass für geduldige Aufklärungsarbeit - mit bisher 100%ig positivem Erfolg.
Der viel wichtigere Punkt ist meiner Ansicht nach aber die erfolgreiche Lobby-Bildung. Ich bin auch bei http://www.rheuma-online.de sehr aktiv, und da gibt es sehr ähnliche Probleme, allerdings aus anderen Gründen. Z.B. ist die cP (RA) eine systemische Erkrankung, die man den Menschen zumindest in der Anfangsphase nicht ansieht. Aber man hat extremste Schmerzen in vielen unterschiedlichen Gelenken (dagegen sind postoperative Schmerzen ein Lacher), kriegt nicht die allereinfachsten Alltagshandlungen gebacken, hat dabei Fieber und fühlt sich nur grenzenlos elend. Mit einer passenden Therapie ist die Erkrankung zu etwa 95% zum Stillstand zu bringen. Aber diese Therapien sind zum Teil extrem teuer. Wir bekommen sie aber oft nicht, weil der Begriff "Rheuma" in den Hirnen der Öffentlichkeit halt immer noch als "so ein bisschen Rheuma hatte meine Oma auch" abgetan wird. Dass zwischen Arthrose und Arthritis gravierende Unterschiede bestehen, wissen die allerwenigsten.
Ein Krebspatient bekommt (zumindest hier in Tirol) eine allumfassende Therapie, ohne jede Verweigerung und irgendwelche Verweise auf finanzielle Einschränkungen, dazu auch noch schon im KH umfassende psychologische Betreuung. Ich als Stoma-Patientin kam trotz Bitten nie in diesen Genuss. Ich hätte es damals aber wirklich dringend gebraucht (für diejenigen, die es nicht wissen: Ich bekam mein Stoma völlig unvorhergesehen im Rahmen einer Not-OP). Damals frage ich sowohl einen Pfleger wie auch eine Ärztin, warum ich keine psychologischen Beistand bekomme. Antwort: "kein Geld, psychotherapeutische Betreuung erhalten nur Krebspatienten." Na klasse!
Darum geht es mir: Es ist ein begrenzter Geldtopf da, dessen Inhalt wie auch immer verteilt wird. Ziel sollte sein, dass Gerechtigkeit stattfindet. Und dafür ist eben Information und auch eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit nötig. Ohne diese wird sich leider gar nichts verändern.
Liebe Grüße von
Angie
von Frau Lachmann » 02.11.2005, 11:47
@Monsti, in den KH´s, in denen ich war, gab es immer und für jeden Patienten kostenlose psychologische Betreuung, die kamen auch manchma von selbst, wenn man gemerkt hat, daß ein Patient momentane Schwierigkeiten mit seiner jetzigen Lage hat. Bin ganz erstaunt, zu hören, daß man Dir das verweigert hat?
LG Lachi
von doro » 02.11.2005, 12:00
Hallo Lachi,
psychologische Betreuung gibt es auch in meiner Region (Klinikum ) nicht:abgedreht: .Für meine
Psyche war ici/meine Familie zuständig.
Ergo:auch hier Selbsthilfe.
LG doro
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