von Trudi » 01.05.2014, 08:39
Hallo Dylan,
ich bin zu meinem Freundti höchst unverhofft gekommen. Jeder hat mir gesagt, ich bräuchte kein Stoma, weil der Krebs ja viel zu weit weg sei.
Aber wie dem nun mal so ist, war dann bei der Op alles anders - ohne wäre alles eben inoperabel gewesen, also hielt Freundti Einzug.
Danach ging der Mist erst richtig los: Ich wachte auf als einer nach IHM fragte - Schock! Und dann konnte oder wollte mir tagelang keiner sagen, ob er nun rückverlegbar ist oder nicht. DAS dauerte immerhin eine Woche, bis der Chirurg sagte, dass er wenigstens "theoretisch" rückverlegbar sei.
Aber es ging noch weiter: Die ersten Tage scherte sich niemand um ihn, außer dass man guckte, ob er auch schön spuckte. Aber Wechsel??? Fehlanzeige. Nach 5 Tagen erbarmte sich eine Schwester des Gemüffels und befreite mich davon, also dem Gemüffel.
Unter der Woche kam dann eine Stomaschwester. Am Donnerstag meinte die dann, dass am Freitag wer anders käme. Pustekuchen! Nix war! Das Wochenende über war Urlaub und ich auf mich gestellt.
Nun war ich GsD aus meinem Schock aufgewacht, mein Forschergeist erwacht und ich auch noch handwerklich begabt. Deshalb hab ich es dann selber hingekriegt. Ein paar Pannen gab es dann zwar noch, aber irgendwie hab ichs immer noch rechtzeitig gemerkt!
Meiner Meinung nach ist da bei mir eine Menge schief gelaufen. Es wurde nix angezeichnet, Freundti sitzt in einer Speckfalte und unterirdisch, ist aber händelbar. Und wenn er nun bleiben muss, nun denn...
Ich finde es gut, wenn es Möglichkeiten gäbe, sowas zu verhindern...
Und die Mobilisation... na, lassen wir das, denn meine Arme wurden auch fast von zwei wohlmeinenden Schwestern ausgerissen. Ich bin ja nun nicht eben leicht und als man mich ans Kopfende befördern wollte - Aaaaaauuuuuaaaah!
von Playitagainsam » 02.05.2014, 10:21
Hallo Dylan,
wenn ich lese, wie du quasi im Stich gelassen worden bist, wächst mir echt 'ne Feder ...
Bei mir wurde 2012 ein ca. 10cm langer Tumor im Enddarm festgestellt. Beschwerden hatte ich schon eine ganze Weile, vorrangig beim Stuhlgang, aber wie es so ist - eigentlich weiß man selber schon, was los ist, hat aber dennoch Schiss, zum Arzt zu gehen und mit der Diagnose Krebs konfrontiert zu werden.
Bei den Voruntersuchungen wurde dann auch noch festgestellt, dass der Tumor schon ein Stückchen in die Blasenwand eingewachsen war, so dass es nur noch eine Möglichkeit gab: Entfernung von Dick- und Enddarm, diverser Lymphknoten im Bauchbereich und der Blase, mit jeweils endständigen Ileo- und Urostomas als Konsequenz.
Man ist bei den Vorgesprächen sehr offen mit mir umgegangen, so dass ich vom Kopf her schon ganz gut auf das eingestellt war, was mich erwartet. Nach der 10-stündigen OP, bei der sich die Ärzte sehr viel Mühe bei der Stomaanlage gegeben haben, bin ich erstmal von den Stationsschwestern versorgt worden. Nachdem festgestellt wurde, dass meine Haut auf die Coloplast-Platten reagiert und kleine Pusteln bildet, wurde sofort auf Hollister gewechselt, was ich sehr gut vertrage.
Am zweiten Tag stand dann schon die Stomaschwester an meinem Bett und hat sich Zeit genommen, meine Fragen zu beantworten und mir schon mal vorzuführen, was ich beim Selberwechseln alles beachten muss. Das haben wir dann bis zu meiner Entlassung ein paar Mal zusammen durchexerziert, und sie hat mich auch zum Pflegedienst mit einer sehr kompetenten Stoma-Betreuerin vermittelt, mit der ich super zufrieden bin. Die hat mit mir zu Hause auch noch ein- oder zweimal die Versorgung gewechselt, und als sie gesehen hat, dass ich den Dreh raus habe, kommt sie jetzt einmal im Monat und bringt mir mein Material vorbei.
Wenn es irgendwelche Probleme geben sollte, ist sie aber immer für mich da. Insofern kann ich nur sagen - sowohl was die Vorgespräche vor der OP als auch was die Nachsorge im KH und zu Hause angeht, kann ich mich in keiner Weise beschweren. Es gibt also auch solche Fälle
Ich gehe nun seit einem Jahr wieder Vollzeit arbeiten, wenn auch mit vorwiegend sitzender Tätigkeit. Klar gibt es Momente, wo ich Mr. Spuck verfluche, weil er mal wieder, während ich schlief (natürlich nicht auf Arbeit), erst dicken Brei vor den Ausgang geschoben und dann mit dünnem Stuhl und ordentlich Druck die Platte weggesprengt hat, aber das ist nur vorübergehend. Das ist sozusagen der Preis des Überlebens, und den bezahl ich mit meinen Mitte Dreißig gerne.
von dylan181070 » 02.05.2014, 18:33
Hallo Playitagainsam,
freut mich echt wenn ich lese das es auch immer wieder Ausnahmen gibt . Ich empfand die Situation mit der Toilette irgendwie furchtbar. Aber vielleicht bin ich auch zu sensibel. In meinem Beruf reagiere ich genau so. Das ist zwar auf Dauer belastend, aber wenigstens nur für mich. Denn es bewahrt mich zum Glück davor unseren Bewohnern so Gefühlskalt gegenüber zu treten.
LG Dylan
von Marley12 » 02.05.2014, 20:22
Hallo Dylan,
ich habe mein Stoma am 05.07.2013, nach einer sehr langen Leidensphase, bekommen. Nachdem die Ärzte alle möglichen Medikamente ausprobiert haben, aber leider keine angeschlagen habe, blieb den Ärzten nichts anderes übrig, als mich zu operieren, wenn sie mein Leben retten wollten. Ich selber hatte mir vorher schon viele Gedanken über ein Stoma gemacht, und konnte mit der Tatsache, dass die OP nun stattfinden wird sehr gut umgehen.
Nachdem das Stoma dann gelegt wurde, und ich endlich wieder auf die Normalstation durfte, kam ich eigentlich recht gut mit meinen "neuen kleinen Freund" klar. Es gab Momente, da habe ich meinen Spucki verflucht. Aber dann habe ich mich an die Worte meines Chirurgen erinnert, denn diese waren "2-3 Tage später, und der Darm wäre gerissen", dann war ich froh, dass ich meinen Spucki nun habe.
Meine Erstversorgung im Krankenhaus verlief reibungslos, und die Schwestern waren jederzeit ansprechbar für mich. Die haben mir alles immer genau erklärt, und mich auch, unter Aufsicht, das Stoma alleine versorgen lassen.
Eine psychologische Betreuung brauchte ich nicht. Das ich, trotzt meines jungen Alters (22 bei OP), so gut mit dem Stoma klar komme liegt, meines Erachtens aber auch daran, dass wirklich mein Freund, meine komplette Familie/Verwandtschaft, und meine Arbeitkollegen mich immer noch so behandeln, wie ich ohne Stoma war. (So bin ich, meiner Meinung nach, auch noch). Ich gehe auch gegenüber anderen, fremden, Menschen sehr offen damit um.
Schöne Grüße aus dem schönen Emsland.
Marley 12 (Nina)
von Playitagainsam » 06.05.2014, 14:40
Hallo dylan,
musste erst mal nachlesen, was du mit der "Situation auf der Toilette" meintest ... Klar ist das Handling gewöhnungsbedürftig, weil von der Natur (nicht ohne Grund) anders vorgesehen. Ich fand es direkt nach der OP auch nicht gerade prickelnd, im Bett zu liegen und dabei zusehen zu können, wie das Zeugs, das sonst sang- und klanglos im WC verschwand, links und rechts (ich bin ja ein Doppelbeuteltier) aus meiner Bauchdecke in einen Plastikbeutel lief. Und ein gewisses Ekelgefühl Exkrementen gegenüber ist ja völlig natürlich, da es ja irgendwo auch einen Schutzmechanismus gegenüber Keimen usw. darstellt.
Aber meine Stomaschwester meinte nicht umsonst, dass es (so makaber das im ersten Moment klingen mag) günstiger ist, im jüngeren Alter (zu dem ich mich mit U40 ganz dreist auch noch zähle ) ein Stoma zu bekommen, da man sich dann viel besser mit der Situation arrangieren kann. In diesem Sinne - und jetzt alle - Always look on the bright side of life ...
von Trudi » 06.05.2014, 16:45
Hallihallo,
mir fiel gerade der Spruch einer Bekannten ein, die nach langem Leiden ihren "Franzl" heiß und innig liebt und mich in meinem ersten Schock tröstete:
"Liebe dein Ar....lo, es ist dein wichtigsten Organ. Du bist ein Genussmensch, du würdest ja platzen, wenn du es nicht hättest!"
Ich muss sagen, die Frau hatte Recht.
Trotzdem hab ich nix dagegen, Freundti irgendwann in Rente zu schicken.
Und ich halte es für seeeeeeehr wichtig, dass gerade Gyn-krebs-patienten viel besser auf die Möglichkeit eines Stoma hingewiesen werden. Es wachen nämlich viele völlig unvorbereitet (so wie ich) aus der Narkose auf!
von dylan181070 » 07.05.2014, 20:52
Hallo Frederica
Naja, eigentlich kann ich mich erst etwas damit anfreunden seit dem ich arbeiten gehe. Zumindest kann ich innerhalb dieser vier Stunden mal diesbezüglich abschalten. Ich dachte wirklich es fällt mir leichter. Aber irgendwie stört mich das Ding, ich spür halt ständig wenn ich mich bewege das da was hängt, was da eigentlich nicht hin gehört. Wenn Stuhlgang kommt muss ich mich echt zusammen reißen und das obwohl mir vorher alles auslief... verrückt, ich weis.
LG dylan
von Frederica » 07.05.2014, 22:21
Hallo dylan,
komisch, ich spüre weder die Platte noch den Beutel, wenn ich nicht ausdrücklich darauf achte. Ich bin allerdings kein Leichtgewicht, vielleicht hat es damit zu tun.
Ich merke auch nur ganz selten, wenn das Stoma fördert, außer, wenn manchmal - das ist nicht immer so - der Beutel schwerer wird. Ich achte auch nicht darauf.
Das war aber am Anfang anders. Da habe ich noch wegen ein paar Grämmchen sofort den Beutel gewechselt. Inzwischen bin ich für meinen Homecarer kostengünstiger geworden.
Ich denke aber auch, dass Du noch alles in der Gesamtheit siehst, einschließlich der Fehler, die alle schon vorher begangen worden sind. Für Dich hoffe ich sehr, dass sich eines Tages Deine Einstellung ändert. Ich glaube wirklich, dass das etwas ausmacht. Bestimmt kann man etwas besser annehmen, was man voll und ganz akzeptiert.
Wie geht denn Deine Umgebung mit Deinem Stoma um?
Bei mir war es so, dass ausnahmslos alle - Familie und Freunde - so froh waren, dass ich wieder am normalen Alltagsleben teilnehmen konnte, dass sie mich beglückwünschten zu meiner Entscheidung für ein Stoma. Eher waren sie neugierig
Liebe Grüße
Frederica
von juschkusch » 09.05.2014, 14:37
Hey Dylan.
Ich hab mein Stoma seit 24 Tagen. Ein Ileostoma namens Otto Spucki.
Ehrlich gesagt, find ich's mittlerweile ziemlich schick. Und jeder der es und meine lange Narbe 23cm sehen will, kriegt sie gezeigt. Ich habe endlich keine Schmerzen mehr.
Mir haben sie in Ravensburg den Dickdarm raus geschnitten - Colitis ulcerosa.
Jeden Tag wurde im KH von einer Stomatherapeutin der Beutel gewechselt und vor der OP haben wir viele Versorgungssysteme ausprobiert (Probe geklebt) und ich hab mich für den neuen schicken Einteiler von SensuraMio entschieden. Seit dem sechsten Tag kleb ich selber, weil ich unabhängig sein wollte. Und das ging, mit ein wenig Anfangsstress, ganz gut. Jetzt läuft alles fast reibungslos. Weil mir ab 100g (ich hab so festen Stuhl, dass man nicht mehr von ml reden kann), der Beutel an der Narbe zieht, hab ich mir bei Stoma-Na-und Stomagürtel gekauft. Einen normalen und einen aus Spitze, in die man in eine Tasche seinen Beutel legen kann. Sieht voll gut aus und entlastet.
Und seit einer Woche hab ich wieder Sex und dafür hab ich mir Mini-Beutel geholt. Die sind ganz unauffällig und mit Gürtel stört gar nix. Und meine Affäre (hab mich einen Tag vor der OP von meinem Mann getrennt) findet mich mit Narbe und Beutel sexy.
Also, psychologische Betreuung bekomme ich auf Kur hoffentlich trotzdem. Weil ich es ganz wichtig finde, so einen Lebenseinschnitt nicht zu verdrängen, sondern zu besprechen.
Liebe Grüsse von einem glücklichen Beuteltier
von Melli » 09.05.2014, 15:26
Boah, Juschkusch, du bist ja inkl deines Stomas, das man im Bilder-Thread bewundern kann, ein absolutes Vorbilds-Känguru von A-Z! Wünsche dir, dass du damit weiterhin (und das nach 2 Wochen!) soooo wenig Probleme haben wirst. Angelegt ist es meiner Meinung nach perfekt, auch die Vor- und Nachbetreuung hört sich top an.
Und vermutlich gehörst du dann zu uns CEDlern, die ihr Leben wieder bekommen - nur eben mit Beutelchen
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