von Fuffi » 20.07.2008, 23:42
Hallo an euch alle da draußem im Netz :)
Ich bin recht neu hier, sowohl im Forum, als auch in der Funktion als Stomaträger. Nach all dem, was ich hier so lese, traue ich mich kaum was zu schreiben, mache es aber trotzdem. Mir kommt es vor, als ginge es mir viel zu gut. :cool: Es ist ja leider so, dass man eher mehr schreibt, und Hilfe sucht, wenn man Probleme hat (und ja, ich habe auch welche, davon aber später). Ich wollte mich aber einfach mal vorstellen.
Ich bin Anfang 50, männlich, und trage jetzt seit ein paar Monaten mein Beutelchen. Ich hatte vier Jahre lang eine immer schlimmer werdende CU, die völlig aus der Luft über mich kam. Ich war Zeit meines Lebens nie merklich krank, und dann das. Von 0 auf 100, sozusagen. Was den sehr dämlichen Nebeneffekt hatte, dass auch die Lohnfortzahlungen meiner Krankenkasse der Situation nicht angemessen war. Im Falle von > 6 Wochen krank hätte ich nur ca. 1/4 meines heutigen Nettoeinkommens erhalten, was als Hausbesitzer natürlich eine zusätzliche Belastung war. Und eine nachträgliche Anpassung der Beiträge/Leistungen der Krankenkasse war ungefähr so realistisch, wie Weihnachten und Ostern auf einen Tag zu legen. Nicht für Geld und gute Worte zu bekommen. Also hieß es sich ohne längere Arbeitsausfälle durchzubeißen.
Zu Beginn der Krankheit war auch alles noch sehr unsicher, erst nach einiger Zeit stand die Diagnose fest, und die Tatsache "unheilbar" lies die Stimmung nicht gerade steigen. Alle Sorten Mittel, Tabletten, Infusionen, Blut, Einschränkungen beim Essen, whatsoever, nichts brachte wirkliche Linderung. Ich trug Windeln (echt klasse in dem Alter, ich habe sie geliebt), aber alles war besser als der Verlust der Darmkontrolle. Die eher unappetitlichen Einzelheiten aus der Phase erspare ich mir (bzw. euch).
Zum Schluss war nicht mehr viel zu retten. Drei Monate ohne Appetit, 15 kg Gewichtsverlust (auf <60 kg damals bei 1,83m Größe) in der kurzen Zeit und ein allgemein sehr schlechter Zustand führten dann zur kompletten Entfernung des Dickdarms, vom Schließmuskel aufwärts bis zum Dünndarm. Es wurde ein zweiläufiges Stoma eingebaut, und mit einem Pouch wieder am Schließmuskel angetackert. Eine wunderbare Operation, ich empfehle den Arzt gerne weiter.
Mit dem Tag der OP (OK, OK, nach zwei Tagen in der Intensivstation) ging es mir sofort besser. Es war unglaublich. Die Schwestern hatten zwar wegen meinem Gesamtzustand Bedenken "Mit den Blutwerten habe ich noch keinen Patienten grinsend im Bett sitzen sehen" , aber mit meiner Historie war ich schlimmeres gewohnt als 36/50 Blutdruck.
Mit dem Stoma kam ich von Anfang an sehr gut zurecht, es war ja auch für mich die Lösung, und nicht Teil des Problems. Das Leben begann neu. Ich saß gerührt vor Glück im Krankenbett und konnte das alles noch garnicht glauben. Bereits am 4. Tag nach der OP begann ich meine Wanderungen und Spaziergänge, um die Schmerzen am Bauch (26 cm Schnitt) in den Griff zu bekommen. Meine Ärzte waren glaub' ich ganz stolz auf mich.
Das erste Weißbrot mit Marmelade habe ich geradezu zelebriert :feiern:
Die OP war im Februar, und heute habe ich wieder 15 kg zugenommen, die alten Hosen passen wieder und ich habe in der Zwischenzeit nach all der Enthaltsamkeit alles gegessen was nicht bei drei auf dem Baum war. Das normale Leben begann hatte mich wieder. Ich schlafe bei Sitzungen nicht mehr ein, ich kann Treppen laufen, ohne dass mir schwarz vor Augen wird, fast alles ist wie vorher. Mit dem Beutel (zeiteiliges Set) komme ich sehr gut klar, der Tag ist wieder planbar, und die Ungewißheit in der Darmkontrolle ist Schnee von gestern. Ich bin schon fast zu unbesorgt und muss mich immer wieder daran erinnern, doch mal ab und zu zur Toilette zu gehen. Alleinig der Schleimabgang durch das Stück Dünndarm und dem Pouch näßt etwas aus dem After, aber damit komme ich klar.
So, wie es derzeit aussieht, wäre ich eher schlechter bedient, wenn ich den Darmausgang zurückverlegen lassen würde, zumindest sehe ich das im Moment so.
Tja, und nun kommt der Wermutstropfen. Meine Partnerin spielt da irgendwie nicht mit. Schon die Zeit der CU war ihr nicht geheuer, und mit dem Beutel kommt sie, glaube ich, auch nicht zurecht. Während ich durch alle die Jahre mit der CU zu Körperauscheidungen ein recht relaxtes Verhältnis gewann, ist ihr der "Beutel für die Sch.... am Bauch" nicht geheuer. Es wird zwar nicht thematisiert, und ich will ihr das Gespräch auch nicht aufdrängen, aber ich spüre ihre Abneigung gegen jeliche Art des näheren Körperkontakts. Ich könnte auch ins Kloster gehen...
Und das ist wohl der Preis, den ich für mein neues Leben zu bezahlen habe. An Trennung denke ich nicht, aber so garkeine Nähe und Zärtlichkeit über all die Jahre sind halt doch ein Manko. Deshalb die Frage an euch andere, wie kommt ihr mit euren Partnerinnen klar? Alle anderen Aspekte des Zusammenlebens in der Familie sind schließlich einwandfrei ...
von guenni2 » 21.07.2008, 01:36
hallo liebe grüße aus blumenthal
bei mir ist es genau andersrum,mein mann(bin schwul)ist krankenpfleger hat mir das leben gerettet weil mein hausarzt es nicht erkannt(analkarzinom metastasierent)dadurch darmverschluß seit ich mein stoma habe kann ich nicht mehr mit ihm schlafen weil mir der anblick ihm gegenüber peinlich ist dabei sieht er so etwas täglich... ich komme klasse mit der versorgung zurecht...und pflege meinen spucki total..aber ich mag nicht das er es sieht und so haben wir seit feb.2007 keinen sex mehr.könnte mir vorstellen das es deiner süßen auch vllcht. peinlich ist
liebe grüße
günni
von Melli » 21.07.2008, 02:24
Willkommen, Fuffi!
Ein schön geschriebener Bericht, den man vor allem als CEDler nur allzu gut nachfühlen kann
Ich saß gerührt vor Glück im Krankenbett
von onevoice » 21.07.2008, 07:06
Hallo Fuffi !
Mein Mann ist von Anfang meiner CED mit hineingewachsen,
Seit fast 25 jahren sind wir zusammen.
Erst war ich schlank und hatte mit meiner Figur keine "Probs"
Mittlerweile Habe ich durch "Medies" und "OP's" stark zugenommen.
Mein Bauch ist eine einzige Ruine,durch die ganzen OP's
Wenn ich mich selber im Spiegel ansehe ,könnte ich heulen.
Aber mein Mann hat damit keine Probleme.
Er sagt immer zu mir das er jedes Gramm an mir liebt.
Und auch die Op-Narben stören ihn nicht.
Und als ich noch ein Beutel tragen konnte"hat ihn das überhaut nicht gestört.
Er sagt immer zu mir "Du bist halt ein" Außlaufmodel" und zwar meins"
Boh,ne jetzt muß ich aufhören zu schreiben sonst heule ich gleich
LG one
von tierfreund » 21.07.2008, 07:11
Hallo Fuffi,
zuerst auch ein HERZLICHES WILLKOMMEN in dieser klasse Kängeruh und Ex Kängeruh Runde....
na ja,so ganz kann ich Meli nicht wiedersprechen.Du scheinst da wirklich in der Minderheit derer zu sein, die nach der OP diese Probleme haben.
Mein Mann kommt super mit meinem Beutelchen klar...Er hat mich ja so nun mal kennen gelernt.Und auch in unserem Intiemleben klappt alles super...
Kann dir nur mal nahelegen,mit Deiner Partnerin über deine Gefühle zu sprechen....Möglicherweise hat sie auch nur Angst etwas falsch zu machen...
LG aus dem verregneten Osnabrück .....Tanja
von Fuffi » 21.07.2008, 07:48
Ui, hätte nicht gedacht, dass ich um die Zeit Antworten bekomme
Tja, Teil einer Minderheit also. Kommt mir auch so vor. Wir sind jetzt knapp 20 Jahre zusammen, vielleicht war der Beutel auch nur der Tropfen, der den Spatz abschoß? So richtig viel los ist im Schlafzimmer (oder sonstwo) seit vielen Jahren nicht mehr, was ich sehr bedaure :shock: Aber nach etlichen Abweisungen habe ich mittlerweile aufgegeben, sie in irgend einer Form zu bedrängen.
Wie gesagt, das endgültige Aus kam ja schon während der CED Zeit. Sie fragte mich sogar mal "ob man sich an der CU anstecken könnte?!" Oder sogar früher, je nachdem, welche Frequenz man als "üblich" ansieht. Wir hatten vor der CED so 4 -6 x im Jahr den Versuch der physikalischen Annäherung gestartet. Mal wars schön, mal nicht so toll. Ich dachte halt, dass dies sich so nach 20 Jahren ergibt.
Eine komplett neue Beziehung kommt aber für mich nur wegen der verschwundenen Nähe nicht in Frage, dazu haben wir uns zuviel aufgebaut, Haus, Kinder, etc. das möchte ich nicht aufgeben.
von Dia » 21.07.2008, 09:09
Hallo Fuffi!
Auch von mir erst einmal ein Herzliches Willkommenhier in unseren netten Runde!
Ich finde es toll, dass es dir wieder ganz gut geht! So etwas sind sehr schöne Nachrichten!
Ich bin immer wieder erstaunt.....scheinbar spielt das Alter einer CED-Erkrankung, wann sie zuschlägt, keine Rolle. Mir wurde immer von ärztlicher Seite aus gesagt, dass man eine solche Erkrankung, wie wir sie haben, entweder von Geburt an, dann im Alter zwischen 18 bis ca. 25 Jahre bekommen kann. War es damals bei mir schon ungwöhnlich, da ich zu dem Zeitpunkt, als meine Erkrankung ausbrach, doch schon über 30 war!
Deine Partnerschaft betreffend hätte ich da mal eine Frage. Zeigt deine Partnerin Interesse an deinen täglichen Versorgungsablauf? Hat sie sich dein Stomata schon einmal bei einem Versorgungswechsel angesehen? Eigentlich müsste deine Partnerin ja glücklich darüber sein, dass du jetzt nicht mehr inkontinent bist und wieder ein Stück Lebensqualität zurückbekommen hast!?
Ich gehörte auch zu der Minderheit, wo sich der Partner dann abgewandt hat.......aber dies passierte langsam, indem dann immer dumme Bermerkungen gefallen sind!
Auch Freunde haben sich zu Beginn meiner Erkrankung abgewandt, weil sie glaubten, dass MC ansteckend wäre. Urplötzlich durften die Kinder meiner damaligen Freunde nicht mehr mit meinen Kindern spielen usw....! Da bewahrheitet sich das Sprichwort: " Wahre Freunde erkennst du erst dann, wenn du in Not geraten bist!" Somit hat sich mein Freundeskreis drastisch verkleinert.
Ich denke einfach, dass deine Partnerin mehr Zeit benötigt, um mit deinem Stoma sich anzufreunden. Schlage ihr doch einfach mal vor, sich bei uns hier im Forum etwas umzuschauen.
Es hat schon vielen Angehörigen geholfen, einfach mal die Aussagen von Betroffenen und Nichtbetroffenen zu lesen, um die Problematik "Stomata" aus einem anderen Blickwinkel her zu sehen.
Ich drücke dir/euch die Daumen, dass deine Partnerin psychisch sowohl auch physisch wieder zu dir findet!
LG Dia
Hallo Fuffi,
willst Du jetzt bis Lebensende ohne Nähe leben? Nur weil Haus und Kinder, wahrscheinlich schon aus dem Gröbsten raus, da sind?
SIE nimmt ganz klar den Beutel als Vorwand um nicht mehr mit Dir schlafen zu müssen. Ihr solltet wirklich mal klar Schiff reden.
Ich selbst lebe seit 7 Jahren in einer zweiten Beziehung, mittlerweile auch wieder verh.
Im 5. Jahr unserer Beziehung bekam ich ein Colostoma und ich dachte sofort - das ist das Ende dieser schönen neuen Beziehung -.
Falsch gedacht. Mein Mann hat mir gleich den Wind aus den Segeln genommen und mich ganz normal weiter behandelt.
Unser Intimleben war nach wie vor sehr schön. Habe den Beutel auch nich zur Schau getragen, sondern ein hübsches Hemdchen drüber gezogen, das erhöhte den Reiz eher noch mehr
Und irgend wann, als mal wieder Beutelwechsel war, ich in die Kiste griff um einen neuen rauszuholen.....
hatte ER alle noch vorhandene Beutel mit niedlichen Sprüchen verziert. Z. B. ' Heute Abend Essen bei deinem Lieblingsitaliener' usw.
Wünsche Dir, dass SIE zu einem offenen Gespräch bereit ist. Vielleicht sollte sie HIER im Forum auch mal reinschauen!
von Fuffi » 21.07.2008, 10:00
Hi Dia,
nein, sie hat weder während der CED Zeit noch jetzt auch nur das geringste Interesse daran meine Abläufe zu erlernen. Das ist ihr alles "bäh". Allerdings habe ich halt auch meinen Stolz und möchte alleine zurecht kommen. Wenn ich um Hilfe bitte, bekomme ich sie, aber von alleine kommt sie nicht auf die Idee, dazu fehlt ihr wohl das Krankenschwester-Gen Sie freut sich, dass das Familienleben wieder "normal ist, meine miese Stimmung hat in den letzten Jahren halt alle belastet. Ich konnte und wollte ja auch an fast nichts mehr teilnehmen, der Partyknaller ist man eben nicht mit nix Essen und blubberlosem Wasser. Nachvollziehen kann das ein Nicht-Kranker halt eben überhaupt nicht, und ich mache daher niemandem einen Vorwurf daraus.
@ Gast
Die Aussprache besteht darin, dass wir unsere Ringe abgelegt haben. Wenn ich jemanden finden würde, hätte ich mittlerweile auch wenig Bedenken mit der Frau intim zu werden. Aber das ist halt alles andere als einfach. Für ein Callgirl zu zahlen ist mir echt zu blöd, denn das, was man da geboten bekommt, suche ich eigentlich nicht.
Und anderen Konbtakten möchte ich keine große Liebe vorlügen müssen, um sie ins Bett zu bekommen. Offen und ehrlich sein zu können und trotzdem was passendes zur Situation zu finden dürfte die Nadel im Heuhaufen sein. Zumal ich garkeine Übung im Kontakte knüpfen mehr habe, und auch kaum Zeit fände, mich groß darin zu investieren. Meine Verpflichtungen erledigen sich ja nicht von alleine.
Ein bißchen hoffnungslos, da was zu finden, gell
Aber, um es klar zu sagen, die Antwort auf meine obige Frage habe ich ja hier im Prinzip schon bekommen, und wenn es mir soooo wichtig wäre, hätte ich wohl längst was unternommen. In der CED Zeit war es halt wichtig überhaupt einen verläßlichen Partner zu haben, den habe ich, und das werde ich jetzt nicht vergessen. In welcher Beziehung ist denn schon alles 100% optimal? Da bin ich ein ziemlicher Realist...
von syfi » 21.07.2008, 10:43
hallo fuffi,
auch von mir erstmal ein herzliches willkommen hier
auf der einen seite ist es toll für dich, das du dich trotz deiner krankheit wohl fühlst. das ist schön!!
und in deiner partnerschaft....hast du sie mal gefragt ob sie berührungsängste hat? eigentlich sollte so ein gespräch in einer intakten, langen beziehung möglich sein.
und soll ich dir mal was sagen: bei mir ist es genau umgekehrt. seit ich mein stoma habe (april) mag ich mich nicht mehr so richtig von meinem partner anfassen lassen. sex geht überhaupt nicht. aber bei mir liegt es wohl daran, das ich mich selber mit dem stoma noch nicht abgefunden habe. ich sehe es nicht als teil von mir.
ich hoffe das sich das alles zum positiven wendet und du dein "neues" leben so richtig leben kannst.
lg syfi
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