von Bambi » 24.08.2015, 18:51
Guten Tag,
Ich bin neu, dankbar, dieses Forum gefunden zu haben - und ich bin auf schnelle Hilfe angewiesen.
Mein Vater hatte einen sehr bösartigen Darmtumor, OP, Stoma - ursprünglich sollte der Ausgang nun zurück verlegt werden, doch die OP ging total schief, er hat einen extrem porösen Darm, es gab keine andere Möglichkeit, der Ausgang bleibt und es kam mind noch ein zweiter dazu.
Im vergangenen halben Jahr hatte er sich total auf die Rückverlegung fokussiert, sich nie mit dem Thema Stoma wirklich auseinander gesetzt - nun ist er mehr als deprimiert, dass es nicht geklappt hat bzw schlimmer geworden ist. Sogar künstliche Ernährung wird nicht ausgeschlossen, weil unklar ist, was der Darm absorbiert.
Ich möchte ihm durch die dunkle Zeit helfen- aber wie, was sind die richtigen Worte, Ermutigungen? Momentan könnte man sagen, er leugnet das Thema.
Was kann ich tun? Bitte helfen Sie mir? Psycholog. Betreuung gibt es im KH nicht, sie warnen auch davor, jeder wäre anders. Er ist krebsfrei, es gibt so viel Positives, er hat tagelang um sein Leben gekämpft. Aber all diese Argumente reichen nicht. Ich will nichts Plattes sagen, das ist zu leicht, wenn man es nicht selbst durchleben muss, das verstehe ich auch. Aber irgendwas muss es doch geben...
Ich wäre sehr, sehr dankbar für Anregungen, Gedanken, Hilfe.
Vielen Dank.
von Ariela » 24.08.2015, 20:41
Hallo Bambi,
zunächst mal herzlich willkommen im Forum Du wirst sehen, dass es hier viele Leute gibt, die gerne helfen (da spreche ich aus Erfahrung).
Bei deinem Problem ist es allerdings schwer, einen Rat zu geben, da man ja den Betroffenen nicht kennt.
Vielleicht kannst du noch einige Informationen geben? z. B.: wie alt ist dein Vater? Hat er sich denn selbst um sein Stoma gekümmert? Gab es größere Probleme mit dem Stoma? Hat er mit anderen (Verwandten oder Freunden) über sein Stoma gesprochen oder hat er versucht, es "geheim" zu halten?
von kochmax » 24.08.2015, 20:50
Moin,
ich hatte das Glück, das ich mich auf das Stoma vorbereiten konnte und es mich nicht überfallen hat.
Ich bin heilfroh, das ich mein Stoma habe, es macht mein Leben wieder lebenswert.
Ich habe kein Problem, wenn es mal nicht so klappt, wie es sollte. Ich fühle mich auch nicht behindert.
Dein Vater sollte psychologische Hilfe suchen, wenn er es nicht schafft den Schalter im Kopf selbst herumzulegen, Ich fürchte allerdings das er das ablehnen wird, wie das Stoma, das nun eigentlich sein Leben ermöglicht.
Grüßle
max
von Bambi » 24.08.2015, 20:53
Danke.
Mein Vater ist Mitte 60, sehr gealtert im letzten halben Jahr.
Er hat kein Geheimnis daraus gemacht, es aber für sich nicht angenommen, weil er es als Übergangszustand angesehen hat. Das hat aber auch bedeutet, dass er nicht aus dem Haus gegangen ist, weil er Angst davor hatte, in fremder Umgebung den Beutel zu wechseln etc. Das macht er aber vollkommen selbstständig.
Ich glaube, es hat ihm jetzt den Boden weggezogen, dass es wohl ein Dauerzustand sein wird, wenn er nicht noch mal eine riskante OP eingehen will.
Du hast recht, es ist schwer, über andere Menschen zu sprechen bzw Ratschläge zu geben.
Was bleibt mir?
von charla » 25.08.2015, 05:43
Hallo Bambi!
Ich bin nur ein bißchen jünger als Dein Vater und habe mein Stoma seit 4 Jahren.
Allerdings war ich darauf vorbereitet, dass das mal kommen könnte.
Mir hat das Lesen im Internet viel geholfen, gerade hier im Forum.
Ergänzend dazu gehe ich mehr oder weniger regelmäßig zu einer Selbsthilfegruppe
(der ILCO). Der persönliche Kontakt zu Menschen, die auch ein Stoma haben und
zum Teil schon jahrzehntelang damit leben, ist noch mal etwas anderes.
Auch Angehörige können da teilnehmen.
Und die psychologische Hilfe einfach so abzubügeln, finde ich vom KH nicht gut.
Ja, jeder ist anders. Ich hatte zwar nur ein einziges Gespräch mit dem KH-Psychologen.
Aber gerade diese Leute sind für diese Situationen ausgebildet. Oft reicht ja auch
schon das Zuhören.
Also, mach Deinem Vater Mut. Er soll rausgehen - immer mit einem Notfallpäckchen
und ich wünsche ihm, dass er es nicht braucht !!
Viele Grüsse
charla
von Börgi » 25.08.2015, 13:24
Grüß Dich Bambi,
und ein herzliches Willkommen bei uns!!
Ich hab mich mit meinem Stoma auch in den 5Jahren schwer getan, es zu akzeptieren ist die eine Sache, nicht mehr laufend aufs Örtchen zu müssen die einzig positive, dafür ständig kaputte entzündete Haut durch die Platten die andere.
Allerdings hab ich nie ein Geheimnis daraus gemacht. Meine Erfahrung mit der älteren Generation meiner Familie ist die , es ist schlimm das man sowas hat, aber darüber spricht man nicht und zeigen geht gar nicht! Verdauungsprobleme sind kein Gesprächsthema, das gehört sich nicht. Manchmal hab ich mich gefragt, welche Einstellung die alten Leute zu ihrem Körper und dessen Funktionen haben. Es ist vielleicht die Erziehung oder die Verweigerung zu akzeptieren, das das Kind unheilbar krank ist und dies lieber zu verdrängen???
Vielleicht hat Dein Vater ein Problem damit, das er jetzt seine "Popo" auf dem Bauch hat??
Ich hab mir immer gesagt, ich bin was besonderes. Wenn jemand spaßends halber Arschl...ch zu mir gesagt hat, hab ich geantwortet: zweifaches, bitte schön, soviel Zeit muß sein!
Heute kann ich nach meiner RV meinen Lieblingsspruch( Das geht mir auf den Sack) auch nicht mehr raushauen, trifft ja nicht mehr zu.
Dein Papa braucht Zeit um sein Schicksal anzunehmen. Er sollte es mit Humor und Selbstironie versuchen, mir hat es geholfen!
Ich weiß, ich hab gut reden, den ich hab es hinter mir. Aber ich weiß, wie er sich fühlt, denn bei mir waren es aus zugesagten 6Monaten Stoma am Ende 5Jahre. Nach jeder Untersuchung gesagt zu bekommen, leider keine RV möglich aus den und den Gründen, hat mich fast immer aus der Bahn geworfen und artete in Heulkrämpfen aus. Aber was will man machen, das ist nun mal so und es gibt schlimmeres!
Oje, jetzt hab ich schon wieder Romane über mein Seelenheil geschrieben, aber das tut auch gut!
Vielleicht solltest Du Deinen Papa überreden mal in unserem Forum zu schnökern und eventuell später auch über seine Probleme zu schreiben!! Mir hat es jedenfalls gut getan und hilft auch heute noch!!!
Ich wünsche Dir viel Geduld und Kraft und das es Deinem Vater bald besser geht!!!
Liebe Grüße von Börgi!!!
von Häslein » 25.08.2015, 15:37
Hallo,
Du glaubst, etwas tun zu oder sagen zu müssen, damit sich Dein Vater das Stoma oder diese neue Situation akzeptiert.
Das kannst Du aber jetzt nicht. Da gibt es erstmal gar nichts, was hilft - er muss diese Gefühle selbst aushalten. Einen anderen Weg gibt es nicht. Das bedeutet umgekehrt, dass Du auch lernen musst, nichts tun zu können.
Ein Beispiel: Stell Dir vor, Dein Mann oder jemand, der Dir sehr nahe steht, würde jetzt sterben, was würde Deine Fassungslosigkeit, Deine Wut, Deine Trauer sogleich deutlich verbessern? Nix?!
So ähnlich ist das für Deinen Vater nun auch. Er wird schon damit zurecht kommen, das ist aber ein Prozess, den jeder sehr individuell durchlebt.
Nur, weil ein Mensch sich nicht so verhält, wie ein Anderer sich es sich ( für ihn ) wünscht, muss der Mensch nicht gleich einen Psychotherapeuten aufsuchen.
Man nennt es übrigens "Anpassungsstörung", was Dein Vater gerade erlebt. Alleine das Wort ist schon der Hohn.
Zeit, die hilft meistens, auch hier. Wenn nicht, kann man in einem halben Jahr oder später weiter sehen.
Häslein
von Hanna70 » 25.08.2015, 15:48
Bambi hat geschrieben:
Psycholog. Betreuung gibt es im KH nicht, sie warnen auch davor, jeder wäre anders.
von Bambi » 25.08.2015, 18:34
Danke Euch Allen, die Ihr Euch Zeit für mich nehmt. Es hilft mir sehr, zu lesen, wie es Euch geht.
Ich bin immer für Ehrlichkeit. Ich versuche meinem Vater nicht vorzumachen oder einzureden, dass alles supi ist. Klar, wir haben es einfach, ihm alles Gute im Leben aufzuzuzählen. Er ist derjenige, der mit all den Veränderungen klar kommen muss. Das habe ich ihm auch so gesagt.
Ich denke auch, was ihm helfen wird, sind Gleichgesinnte. Ich habe ihm heute schon viel von hier erzählt. Leider war Internet nie sein Ding, ich befürchte, mit dem Gedanken an ein Forum kann er sich kaum anfreunden.
Aber mir hilft das gerade alles sehr, meine Gedanken zu sortieren. Im KH sprachen sie von Reha, um wieder zu Kräften und wirklich wörtlich auf die Beine zu kommen. Gibt das Sinn? Riesige Narbe, frisch vom OP-Tisch etc - was kann er tun in Kur, was ihm gut täte? Gibt es da Erfahrungsberichte von Euch, wer ist gleich gegangen, wer später?
Danke noch mal.
von Ele1 » 25.08.2015, 19:58
Hallo Bambi,
Ich habe mein Stoma als Notfall bekommen.
In der ersten Zeit konnte ich mich nicht damit abfinden. Ich habe gehadert und mich nicht mehr perfekt gefühlt. Versorgen konnte ich es selbst , jedenfalls meistens.
Deshalb habe ich professionelle Hilfe in Anspruch genommen. Das Gespräch mit dem Therapeuten hat mir immer sehr gut getan. Ich konnte mir meine Ängste und meinen Kummer von der Seele reden.
Erst nach einigen Sitzungen haben wir daran gearbeitet alles zu akzeptieren.
Am Anfang hatte ich auch Anpassungsstörungen die später zu Depressionen wurden. Inzwischen
kann ich mich so akzeptieren, wie ich bin.
Viele Grüße Gabi
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