von Bender » 14.09.2008, 22:10
Hallo,
ich heiße Christian
bin noch 25 Jahre alt
und habe Morbus Crohn
Weil mein Dickdarm ständig entzündet ist, und ich einen Abzess am After habe, ist die Überlegung von meinem Arzt aufgekommen ich sollte mir doch einmal überlegen eine Stoma legen zu lassen.
Das ist für mich eine harte Angelegenheit, hoffentlich verletzte ich niemanden mit meinem Beitrag.
Aber schon zum Anfang meiner Krankheit, hatte ich mir eigentlich geschworen mir keinen Ausgang legen zu lassen.
Der Gedanke mit einem Kackbeutel (entschuldigt den Ausdruck) herrumlaufen zu müssen finde ich einfach so schlimm.
Doch ich merke ja leider das ich immer weniger Chancen habe drumherum zu kommen, und so möchte ich mich wenigstens ernsthaft damit auseinandersetzten und mich informieren.
Habe schon viel hier im Forum rumgelesen, mir die Bilder vom Stoma angeschaut und einiges zur Zurückverlegung gelesen.
Mich würde interessieren.
1. Wenn das Stoma gelegt wird wie lange muss ich im KH bleiben bis ich entlassen werde und wieder arbeiten dürfte? Wir gehen mal von einem normalen Verlauf aus. Was können noch für "Nebenwirkungen" mit der Stoma auftretten auf die ich gefasst sein müßte?
2. Mit Stoma darf ich da soviel KG heben wie ich möchte? Oder gibt es da eine Grenze?
3. Leider muss ich immer viel Kortison nehmen um den Schub entgegenzuwirken, darf ich meine Medikamente dann absetzen oder schaft es Darm trotzdem nicht sich selbst zu " heilen "
4. Zur Rückverlegung wie lange liegt man da im Krankenhaus? Und wie lange dauert es bis man wieder arbeiten kann/darf?
Was kommt alles auf mich zu bei der Rückverlegung? Habe viel über Schmerzen und Wunden Po gelesen?
Kann der Dickdarm danach noch schlechter sein als vorher?
5. Meine Haut ist durch die lange Kortison Therapie sehr empfindlich geworden Pflaster etc. reitzen sofort meine Haut. Habe schon gelesen das es viele Arten von Pflastern gibt aber habe da trotzdem starke Bedenken.
Habe sicher noch einiges vergessen aber das ist erst mal das wichtigste .
Ich danke schonmal jeden für seine Antwort.
Gruß
Christian
von hmengers » 15.09.2008, 12:46
Hallo Christian,
das mit dem Stoma ist sehr stark auch eine mentale Frage. Nimm mich als - zugegebenermassen ungewöhnliches beispiel. Ich habe mich ohne Darmprobleme freiwillig entschlossen, mein Stoma nicht rückverlegen zu lassen, weil ich damit an Lebensqualität gewonnen habe. (siehe auch unter "Meine Geschichte". Und da bin ich nicht der/die einzige.
Zu Deinen Fragen kann ich nur Punkt 5 kommentieren. Als Querschnittgelähmter habe ich naturgemäss Probleme mit der Haut/der Wundheilung. Es gibt von den verschiedensten Anbietern die verschiedensten Versorgungen und Du würdest sicher durch Ausprobieren auch ein System finden, das sicher hält und die haut nicht besonders belastet.
Natürlich kann ich Dich verstehen. bevor ich mich entschieden habe, habe ich mich auch umfassend informiert und mir meine Gedanken gemacht.
Herbert
von Chief » 15.09.2008, 16:23
Hallo Christian,
erst mal herzlich willkommen hier im besten Stoma-Forum .
In einem Punkt kann ich Herbert voll und ganz zustimmen. Das mit dem Stoma ist primär eine Kopfsache. Wenn man es für sich akzeptiert, ist es in den meisten Fällen wirklich kein Problem damit ein gutes Leben zu führen. Leider gibt es aber auch Menschen die sich damit überhaupt nicht "anfreunden" können und die es als die Hölle bezeichnen. Ich gehöre zum Glück zu denen die ihr Stoma voll und ganz akzeptieren und die meiste Zeit an alles mögliche, nur eben nicht an das Stoma denken.
Zu Deiner Frage bezüglich der Aufenthaltsdauer im KH kann ich nur aus meiner Erfahrung schreiben. Bei mir war es am 10. Tage nach der OP als ich entlassen wurde. Allerdings wurde mir das gesamte Rektum amputiert (also Schließuskel & After und ich wurde komplett "dicht" gemacht).
Das Stoma war da eher das kleinere Übel nach der OP. Der Po und die Narbe machten da schon etwas mehr Zicken.
Knapp 2 Monate nach Entlassung bin ich dann wieder sofort volltags ins Berufsleben eingestiegen. An Nebenwirtkungen kann alles und nichts passieren, das hängt immer von der jeweiligen Krankengeschichte, dem Verlauf der OP, dem Chirugen und was weiß ich noch ab. Aber da würde ich mich wirklich nicht verrückt von machen lassen. Der Glaube versetzt Berge und nichts ist wichtiger als eine gesunde Psyche für eine schnelle Selbstheilung.
Das mit dem Heben das ist so eine Sache. Mir wurde eine max. Grenze von 10 KG empfohlen. Das ist aber auch sehr unterscheidlich und es ist von Mensch zu Mensch zu betrachten. Einem 85 jährigen Mann mit 60 kg Körpergewicht kann man nicht mit einem 25 jährigen Burschen mit sportlichen 90 kg vergleichen. Falls Du einen Job hast in dem Du schwer heben musst, kann das zu einem Problem werden, muss es aber nicht zwangsläufig. Ich hebe regelmäßig so um die 150 kg aber das freiwillig und auch nur beim Sport. Im Job würde ich das nicht regelmäßig machen wollen.
Zu Deinen Fragen 3-5 kann ich Dir nichts sagen aber da kommen bstimmt noch eine Menge Antworten dazu.
Gruß
Uli
von ute03 » 15.09.2008, 17:09
hallo christan
ich habe seit vier monaten ein illostoma wegen fisteln die nicht abheilen wollten.(mc)
so wie du habe ich auch vor jahren gedacht aber es ist anders gekommen und mir blieb leider keine wahl und keine zeit über das stoma nachzudenken wegen einer not op
im normalfall liegt man 10 bis 14 tage im kh
ich glaube man darf bis 10kg heben
ich nehme immer noch cortison und aza
habe auch sehr dünne haut duch das cortison ,ich benutze ein einteiler und es geht ganz gut damit,nur mein stoma ist etwas entzündet weil er auf hautnivo angelegt ist und der der stuhlgang sehr aggesiv und dünnflüssig ist
ich hoffe ich konnte etwas helfen
gruss ute
zur rückverlegung kann ich nichts sagen
von Annika82 » 15.09.2008, 21:27
hallo christian,
auch ich stand vor der entscheidung die nun treffen musst.
ich habe meine entscheidung noch nicht einmal bereut...
und ich habe echt viel durchgemacht. bin übrigens auch erst 25 jahre alt... und habe mich für den "Kackbeutel" entschieden:-)
falls du magst, les dir doch mal meine geschichte durch (im dem Themenforum "meine geschichte").
lg
annika
von Monsti » 15.09.2008, 21:53
Hallo Christian,
ein herzliches Willkommen aus dem grad eiskalten Tirol!
Bezüglich Morbus Crohn kann ich überhaupt nicht mitreden, aber ich habe seit ca. 20 Jahren Rheuma und habe jahrelang täglich mehr oder weniger hohe Dosen Cortison geschluckt. Die Problematik dieses "Wundermittels" kenne ich also auch sehr gut. Zur Zeit bin ich bei 10 mg Prednisolon. Bei mir war das Dauercortison wahrscheinlich für eine postoperative Bauchfellentzündung und auch für den späteren Platzbauch verantwortlich. Genau weiß das aber niemand.
Zu meinem Ileostoma kam ich einst wie die Jungfrau zum Kinde, d.h. vollkommen unvorbereitet. Vorher hatte ich genau die gleichen Gedanken wie Du - viele andere von uns wahrscheinlich ebenfalls. Vor der subtotalen Kolektomie im Jan. 2004 schob ich den Gedanken an einen etwaig notwendigen "Kacksack" gaaanz weit weg bzw. verkündete großspurig, ich würde vom Hochhaus springen, sollte man mir tatsächlich "so ein Ding" verpassen. Nach der ersten OP wachte ich auch tatsächlich ohne "Kacksack" auf. Nur war dies nicht das Ende der Geschichte, denn 5 Tage später musste der Bauch erneut aufgemacht werden. Ich hatte (s.o.) eine 4-Quadranten-Peritonitis mit Sepsis und turnte hart auf der Kante zwischen Leben und Tod.
Mir hatten die Restentfernung des Dickdarms und die Stomaanlage das Leben gerettet, und ich staunte, wie flott ich mich mit dem (endgültigen) Zustand anfreunden konnte.
Es ist richtig, dass man mit dem Anheben und Tragen von Gewichten vorsichtig sein muss. Mir sagte man einst etwas von max. 3 kg (!), woran ich mich natürlich nicht halte. Man kann sich gewisse Techniken aneignen, damit auch das Schleppen schwererer Lasten komplikationslos möglich ist. Problematischer sind meiner Ansicht nach ungeplante Husten- oder Nießanfälle. Überhaupt ist jede ruckartige Krafteinwirkung mit Vorsicht zu genießen, wobei die Anfälligkeit für Brüche auch sehr vom individuellen Bindegewebe abhängt. Nichtsdestotrotz sind die Bauchnarbe und das Stoma sowas wie "Sollbruchstellen".
Wenn Du hier im Forum rumliest, wirst Du merken, dass die meisten von uns ein vollkommen normales Leben führen. Ich hoffe, dies stimmt Dich mutig oder zumindest etwas gelassener.
Liebe Grüße
Angie
von Dia » 16.09.2008, 16:47
Hallo Christian!
Erst einmal ein Herzliches Willkommen hier in unserer netten Runde!
Auch ich habe MC. Was deine Fragen betreffen, wurden sie schon größtenteils beantwortet. Entscheide dich in aller Ruhe. Suche einen Koloproktologen auf und gehe mit ihm gemeinsam deine Situation durch. Hole dir mehrere Meinungen von Spezialisten (Viszeralchirurgen) ein!
Der Aufenthalt in der Klinik richtet sich nach deinem Befinden und deiner postoperativen Genesung.
Da du ja MC hast, wird wahrscheinlich eine Rückverlegung nicht sinnvoll sein, da der Crohn immer! an den operierten Stellen wieder weiter arbeitet. Bei mir war auch der gesamte Dickdarm, das Rektum, Teile vom Dünndarm vom Crohn befallen. Wie und was genau operiert wird, wird wahrscheinlich erst bei der OP ersichtlich sein. Dein(e) Operateur(e) werden mit dir gemeinsam alles besprechen.
Wichtig ist, dass du dir vorher das Stoma durch eine(n) Stomatherapeutin(-ten) anzeichnen lässt und du dir verschiedene Versorgungssysteme zeigen lässt. Probiere ruhig vor der OP aus, ob die Stelle, welche dan für dein Stoma in Frage kommt, auch hinsichtlich der Kleidung passend ist und es dir nicht die Versorgung nach der Stomaanlage erschwert. Informiere dich auch darüber, ob in der Klinik, in welcher du dich operieren lassen wirst/musst, Stomatherapeuten vor Ort sind, die dich bis zur Entlassung und darüber hinaus betreuen!
Auch ich habe jetzt immer noch Schübe, die ich aber ohne Medikation überstehe. Es wird sich nach der Operation zeigen, ob der Crohn sich erst einmal etwas beruhigt, da ja der entzündete Dickdarm entfernt ist.
Medikation in Tablettenform (falls dann immer noch erforderlich) musst du austesten. Bei mir wandern sie durch und bringen garnichts, da das Ileostoma ständig fördert.
Dazu musst du deine(n) behandelnden Arzt/Ärzte befragen, wie es dann weitergeht.
Auf jeden Fall kann ich sagen, dass ich es nicht bereue, das Ileostoma zu tragen. Hat es mir doch zu mehr Lebensqualität verholfen und letztendlich, wie Vielen von uns hier, das Leben wieder zurückgegeben.
LG Dia
von Kuhmaus » 16.09.2008, 19:50
Hallo Christian!
Ich kann dazu nur sagen, dass man wirklich gut mit einem Stoma zurecht kommen kann. Ich hatte noch nicht mal eine Wahl. Meine Geburt ging so dermaßen in die Hose, dass ich vom Kreißsaal direkt in den OP kam und danach plötzlich einen künstlichen Ausgang hatte. Aber ich konnte mich mit der Situation gut anfreunden, obwohl ich nicht die Gelegenheit hatte, mich vorger damit auseinander zu setzen. Und du schaffst das auch und wirst die richtige Entscheidung treffen. Zumal du ja auch wie ich eine gute Aussicht auf Rückverlegung hast.
LG, Melanie
von Kai 40 H » 16.09.2008, 21:06
Hallo Christian,
deine Fragen sind ja überwiegend beantwortet und ich hatte vor 4 Jahren auch keine andere Wahl. Stoma oder sterben, ich habe mich dann für das Stoma entschieden. Es wurde eine totale Rectumamputation mit Schließmuskelentfernung gemacht.
Zum Leben mit Stoma, kann ich nur aus meiner Sicht schreiben, dass ich erst große Probleme damit hatte, aber nun mich voll und ganz an den Beutel gewöhnt habe.
Ich lag nur 9 Tage im Krankenhaus, war gerade 36 Jahre alt. Die Ärzte meinten aber, das normalerweise der Aufenthalt 12 Tage dauert. Mich haben sie nur früher entlassen, weil ich relativ schnell auf die Beine kam.
Zu Komplikationen:
Ich habe bisher dreimal einen Prolaps gehabt, das heißt, der Darm kam ein ganzes Stück aus der Bauchdecke heraus und es musste diesbezüglich eine Anus Praeter Korrektur gemacht werden.
Das war allerdings auch meine eigene Schuld, weil ich mich nicht an die KG gehalten habe, die ich tragen darf. Ich darf max. 5 kg heben oder tragen, weil ich noch eine Bindegewebsschwäche habe. Da ich mich nicht daran gehalten habe, hatte ich halt die Darmvorfälle.
Ansonsten kann man aber echt mit einem Stoma leben.
Überlege es dir gut und hier im Forum bekommst du sehr gute Tipps!
Alles Gute erstmal für dich, kann mir vorstellen, was in deinem Kopf gerade los ist Es kommen doch immer wieder Fragen über Fragen.
Gruss Kai
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