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Mein Kampf um Leben und Tod! – Seite 1

Mit einem Stoma ist das Leben anders, aber nicht weniger lebenswert. Trotzdem stellt es uns vor so manche Herausforderung. Hier ist das Forum für eure Fragen und Erfahrungen zum Alltag mit einem Stoma.
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34 Beiträge • Seite 1 von 41, 2, 3, 4

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Vanessa » 13.06.2009, 19:14

Hallo und guten Abend,

Durch Googeln bin ich gerade auf dieses Forum hier aufmerksam geworden und kann nur sagen, alle Achtung! Hier scheinen viele mit dem gleichen schlimmen Schicksaal zu sein. Vielleicht kann ich mich ja zu Euch gesellen ?! Aber fangen wir am besten vorne an…
Mein Name ist Vanessa, ich bin 23 Jahre alt, wohne in der Pfalz und hatte im Februar 2008 einen schlimmen Verkehrsunfall wobei ich fast mein Leben verlor! Ich war mit einer meiner Freundin Nachts nach einer Party auf dem Heimweg ( ich war Beifahrerin ) als unser Auto in einer kurve wegen überfrierender Nässe von der Strasse abkam. Kann mir nur noch dran erinnern das wir direkt auf einen großen Holzhaufen steuerten…
Ab dem Moment weiß ich fast nichts mehr, nur noch aus Erzählungen aber dazu sonst später mehr!
Ich weiß das ich irgendwann wieder aufwachte und im Krankenhaus auf der Intensivstation lag, überall waren Schläuche und ich war an Kabel und Geräte angeschlossen.
In den nächsten Tagen wurde mir dann nach und nach von meinen Eltern erzählt was in dieses Nacht mit mir passiert war…
Unser Auto war tatsächlich von der Strasse abgekommen und in einem Holzstapel zu stehen gekommen. Ich war sehr schwer verletzt und musste komplett von der Feuerwehr aus dem Auto befreit werden da sich ein ca. 8 cm dicker Baumstamm vom Motorraum in den Innenraum direkt tief in meinen Unterbauch gebohrt hatte! Noch an der Unfallstelle habe ich wohl sehr, sehr viel Blut verloren das mein Zustand mehr als kritisch war. Im Krankenhaus wurde ich dann in einer Notoperation fast 12 Stunden lang Operiert.
Der Baumstamm hatte sich vom Becken / Unterleib aus tief in meinen Bauch gebohrt und hat dort vieles Zerstört. Mein Becken war fast vollständig und komplett gebrochen, mein Dickdarm und größere teile meines Dünndarms waren so sehr zerstört ( fast regelrecht zerfetzt ) das diese nur noch entfernt werden konnten. Auch meine Harnblase wurde in Teilen von dem Baum zerrissen und musste fast komplett neu gebildet werden. Ebenso musste mein linker Eierstock und teile meiner Gebärmutter entfernt werden.
Nach Beendigung der Operation habe ich knapp drei Wochen im künstlichen Koma gelegen und wurde künstlich Beatmet. In der Zeit wurde ich weitere drei male Operiert um meinen Bauch immer wieder zu spülen ( wegen der Infektionsgefahr ) und unter anderem meinen Genitalbreich wiederherzustellen. Nach der dritten und letzten Operation wurde mein Bauch dann auch wieder zugenäht, vorher war der Bauch wohl offen und nur mit Vakuum und einer Folie zugehalten.
Seit den Operationen habe ich ein künstlichen Dünndarmausgang und ebenso einen Bachdeckenkateter um Wasser zu lassen der alle vier Wochen gewechselt wird, da es auf normalem Wege seit dem Unfall nicht mehr klappt, und wohl auch nie wieder klappen wird.
Erst nach und nach wurde mir bewusst was alles passiert war!
Nachdem die Narben und wunden dann alle langsam anfingen zu heilen wurde ich im Krankenhaus von Tag zu Tag weiter mobilisiert, so das ich nach einigen Wochen nach dem Unfall wieder auf meinen eigenen Beinen stehen konnte.
Insgesamt habe ich gut drei Monate im Krankenhaus verbringen müssen, bis ich dann endlich und das erste mal wieder nach Hause konnte.
Doch ich muss feststellen das seit dem Unfall alles, aber auch wirklich alles anders ist…
Auch das meine Freundin den Unfall nicht überlebt hatte wurde mir erst zuhause gesagt und richtig bewusst.
Ich habe zum Beispiel vor dem Autofahren große Angst, bekomme regelrecht Schweißausbrüchen wenn wir schneller als 50 fahren. Usw.
Anfangs war ich auch noch froh das ich trotz der schlimmen Verletzungen überlebt habe aber mittlerweile finde ich meinen Körper nur noch schrecklich!
Ich kann mich nicht mal mehr richtig vorm Spiegel angucken, und kann ich nur noch an Krücken laufen da mein Becken bei vielen Bewegungen schmerzt!
Und meine Ängste und sorgen im Alltag, habe immer die Angst das jemand meine Beutel sehen könnte, etwas riechen könnte! Traue mich deswegen nur sehr selten auf die Strasse und ins Schwimmbad oder gar Bauchfrei schon gar nicht mehr!
Darf ich fragen wie das so bei Euch ist ???
Vielleicht hat hier ja die ein oder andere ähnliche Probleme und wir könnten und ein bisschen austauschen ?
Ich würde mich sehr drüber freuen!

Danke und liebe Grüße,
Vanessa

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Vanessa

Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Siskinanamok » 13.06.2009, 19:49

Hallo liebe Vanessa!

Erstmal Herzlich Willkommen hier!!!
Und dann: so eine Scheiße!!!! Meine Güte das tut mir echt leid so etwas zu lesen. Und etwas passendes zu sagen fällt auch schwer..

Aber zu deinen Fragen und Ängsten bezüglich der Beutel und deinem Körper kann ich doch etwas beisteuern. Wie du in meinen Profil sehen kannst bin ich nicht so viel älter als du, und hatte anfangs auch solche Bedenken, aber der Große Unterschied war natürlich das ich darauf vorbereitet wurde und nicht so wie du ins Kalte Wasser geworfen.
Also zu allererst deine Beutel riechen nicht! Wenn man die richtige Versorgung hat, dann brauchst dir darüber mal keine Sorgen zu machen!
Zum Körpergefühl.. Auch das kommt wieder, klar sind die Beutel nicht schön, aber man kann sie gut verstecken, ich habe eigentlich nur enge KLamotten an oder eben Wasserfall- oder Babydolls Oberteile. Hüftjeans sind Pflicht ;)
Zu deinem Problem mit dem Autofahren... Das braucht seine Zeit, ich würde dir empfehlen da eventuell eine Traumabewältigung zu machen, denn was du da erlebt hast.. Gerade auch das du deine Freundin verloren hast... Wow... ist doch klar das einen sowas aus der Bahn wirft. Nur nicht abseits liegen bleiben, das ist wichtig. Auch wenn der Weg zurück auf die Strasse manchmal lang und schwer sein kann.

Wenn du Fragen hast dann immer her damit, gerne auch per PN (kleiner Knopf unten unter dem Beitrag)

Lass dir Zeit, das dauert alles, wenn du auch mal verzweifeln magst.. nicht verzagen, hier bist du richtig und wir hören auch zu wenn es dir einfach nur danach ist den Frust los zu werden!

Ganz lieben Gruß

Siski

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Siskinanamok

Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Monsti » 13.06.2009, 20:04

Hallo Vanessa,

HERZLICH WILLKOMMEN !


Da hast Du ja wirklich großes Pech gehabt. Andererseits hattest Du großes Glück, den Unfall überlebt zu haben.

Deine Fragen kann ich nur teilweise beantworten - u.a. deshalb, da ich zum Zeitpunkt der Not-OP mit Stomaalage bereits 47 Jahre alt war. In diesem Alter sieht man einiges anders, viel später ist "bauchfrei" meist eh kein Thema mehr (obwohl ich figürlich problemlos noch bauchfrei tragen könnte, denn ich wiege mit 167 cm Größe nur 47-50 kg).

Vieles braucht ewig, um zu verheilen. Das kenne ich von früheren Unfällen, nach denen ich z.T. dachte, es wird nie wieder. Allerdings hatte ich nie Unfälle mit inneren Verletzungen, sondern immer nur Knochenbrüche und Bänderrisse.

Keine Sorge, mit einem Stoma müffelt man nicht bzw. nur an den Lokalitäten, an denen auch andere müffeln. Man sieht auch nichts. Es gibt (außer den motorischen Einschränkungen) überhaupt keinen Grund, auf das öffentliche Leben zu verzichten.

Vielleicht muntert Dich folgende, sechs Jahre alte Geschichte etwas auf: Ein angeheirateter Verwandter von mir, damals 16 Jahre alt, raste mit seinem Moped vom Berg kommend ungebremst in ein querendes Fahrzeug. Anschließend war er über fast vier Monate in der Klinik. Sein Becken war zertrümmert, die Wirbelsäule im Lendenbereich gebrochen, er hatte mehrere offene Trümmerbrüche in den Oberschenkeln und diverse innere Verletzungen (u.a. Milzriss und zerstörte Blase). Mein Mann teilte über etliche Tage das Zweibett-Zimmer mit ihm, als er schon wieder aus dem Gröbsten raus war. Damals war der Bursche schon seit 14 Wochen stationär, hatte 18 OPs hinter sich und saß immer noch mit tiefem Querschnitt im Rollstuhl. Damals war man der Ansicht, dass dieser junge Mann wohl nie wieder gehen wird. Kürzlich traf ich ihn nach über zwei Jahren wieder: Er kam mir mit einem kaum merklichen Humpeln und ohne Stöcke entgegen. Er meinte, bei heftigeren Wetterwechseln habe er zwar immer noch ekelhafte Schmerzen, auch sei ein Bein immer leicht taub, aber ansonsten gehe es ihm seit ungefähr 1,5 Jahren wieder sehr gut. Auch er wird sein Urostoma für immer haben. Aber er ist berufstätig und auch sonst recht aktiv.

Ein Einigeln bringt Dich nicht weiter - im Gegenteil: Je mehr Du Dich zurückziehst, desto größer werden Deine Ängste, die z.T. wirklich unbegründet sind.

Liebe Grüße aus Tirol
Angie

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Monsti

Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Vanessa » 13.06.2009, 20:17

Hallo Siski,

Vielen, vielen Dank erstmals für das liebe Aufnehmen hier bei Euch! Scheint mir als hätte ich wirklich genau das richtige gefunden.
Ja was soll ich sagen, ich wünschte mir ich hätte auch nicht so etwas hinter mir! Ich habe lange gebracht um überhaupt über diesen Unfall so einigermaßen wie jetzt sprechen zu können, das alles belastet mich jetzt immer noch sehr doll!
Seit dem Unfall bin ich auch in psychologischer Betreuung, noch im Krankenhaus habe ich die Unterstützung bekommen und als ich dann nach Hause kam wurde und werde ich bis heute weiter betreut. Ich war auch in einer Rehaklinik als ich so weit wieder einigermaßen hergestellt war.
Trotzdem macht mir das alles sehr zu schaffen!
Der Verlust meiner Freundin war eines der dinge wo ich sehr mit zu kämpfen habe. Ich habe mir auch schon oft die frage gestellt was wohl besser gewesen wäre. Was wäre wenn ich den Unfall auch nicht überlebt hätte… dann müsste ich all das zumindest nicht ertragen!
Es ist sehr schwer seinen Körper jetzt so zu akzeptieren wie er eben ist. Es ist ja nicht “normal” das man im Alter von 23 Jahren so ein Säckchen am Bauch hat und nur noch über den Schlauch in der Blase pinkeln kann. Ich habe zwar so einen Beutel fürs Bein jedoch ist es trotzdem alles sehr belastend für mich!
Die schönen Sachen kann ich alle nicht mehr anziehen weil sonst alles sichtbar wäre oder einfach nur drücken oder wegtun würde.
Auch das gehen ist eben nur noch auf kürzer Distance mit Krücken möglich, wenn wir zum Beispiel einen längeren Ausflug planen dann muss ich den Rollstuhl mitnehmen, weil ich es nicht so lange im Stehen / gehen aushalte :(
Der Unfall hat einfach mein komplettes Leben verändert…!
Auf der einen Seite kann / soll ich ja auch froh sein das ich es überhaupt noch überlebt habe aber unter welchen umständen, das ist immer die frage…

Entschuldigt bitte das ich mich jetzt hier so bei Euch ausweine!

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Vanessa

Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Linie 22 » 13.06.2009, 20:49

Bild







Ojeh, ojeh. :je:
Vanessa - Kopf hoch und nur nicht den Mut verlieren! :troest:

Fragen, Probleme, Erfolge etc. lädst Du einfach unter der entsprechenden Rubrik ab!

Zum Thema Bauchfrei .... "Ein schöner Rücken kann auch entzücken." ;)


Tschüüüss. schau.dich.erstmal.in.ruhe.um, grüßt Silke (Linie 22) :winke: :winke: :winke:

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Linie 22

gesperrtes Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Monsti » 13.06.2009, 21:13

Hallo Vanessa,

vielleicht entlastet Dich das Ausweinen etwas - also nur zu! U.a. dafür ist dieses Forum da.

Aaaber: Es hilft Dir nicht, Vergangenem nachzuweinen. Dir hilft nur, aus der gegebenen Situation das Optimum rauszuholen und evtl. auch von bisherigen Zielen Abschied zu nehmen.

Das Leben kann sehr grausam sein, aber es bleibt doch immer wundervoll, wenn man für sich selbst eine Nische entdeckt hat, die einen ausfüllt und zufrieden macht.

Meine Erfahrung mit der Krankheit und Behinderung ist die, dass ich gelernt habe, von vielen Oberflächlichkeiten und Unwichtigkeiten Abschied zu nehmen, um mich dem zuzuwenden, was mich wirklich interessiert. Man mag mich mitunter als "komisch" oder "verrückt" bezeichnen, aber MIR geht es wirklich gut. Das ist wichtig!!! Geht es mir gut, merken es mein Ehemann und meine Umwelt und gehen entsprechend locker mit mir um. Mein Stoma ist in unserem Freundeskreis immer nur gaaanz nebenbei ein Thema (z.B. bei einer Panne oder wenn ich mich nach einem gemeinsamen Essen vorzeitig abseile). Es war aber nie ein Problem.

Schlimmer als all der körperliche Kram ist es, wenn die Psyche leidet. Sie kann einen immens einschränken, sie kann einem aber auch neue Dimensionen eröffnen. Meine Lösung war einst z.B. etwas, was sich erst seit meiner Behinderung zur Leidenschaft entwickelt hat: http://almgarten.de.tl

Für mich ist es dieses, für einen anderen Menschen mag es andere Wirkungskreise geben, die für Zufriedenheit sorgen. Eigentlich gibt es kaum einen Menschen ohne besondere Fähigkeiten und Interessen. Überlege doch mal, was es für Dich sein könnte!

Liebe Grüße
Angie

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Monsti

Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von tierfreund » 13.06.2009, 21:15

hallo Vanessa,

:je: das ist ja harter Toback,was du da erlebt hast..aber Kopf hoch,du lebst und das alleine zählt.. :troest:
Gib dir Zeit,dich mit deinem Schicksal auseinander zu setzen...

HERZLICH WILLKOMMEN;AUCH VON MIR,IN DIESER TOLLEN RUNDE

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tierfreund

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Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von hexe69 » 13.06.2009, 21:26

hallo vanessa,auch von mir ein herzliches willkommen.
ein schwerer schicksalsschlag der dir da widerfahren ist. aber kopf hoch, du bist noch da und das ist wichtig! ansonsten haben meine vorredner dir schon tips gegeben die sehr hilfreich sein können. fühl dich wohl in unserer runde un immer fragen wenn der schuh drückt. alles liebe und gute

anja

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hexe69

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Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von doro » 13.06.2009, 21:35

hy vanessa,wenn man so wie ich ein enkeltochterkind in deinem alter hat berührt dein schiksal mich sehr stark - aber du lebst , willkommen bei uns :kiss: :kiss:

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doro

ehemaliges Mitglied

Mein Kampf um Leben und Tod!

Beitrag von Fuffi » 13.06.2009, 21:38

Hi Vanessa,

nichts von dem was ich schreibe wird dir dein altes Leben zurückholen, also lade ich dich einfach zum 1. August nach Neu-Isenburg ein. Dort treffen wir uns in einer Waldgaststätte zum Plaudern, und du könntest gerne daran teilnehmen. Die Pfalz ist ja nicht soweit weg, vielleicht klappt das?
Unter Leidensgenossen zu sein könnte dir vielleicht helfen.

Schau mal im Forumsteil "Termine, Termine" nach, dort findest du Thread mit dem Hessentreff.

Lieben Gruß,
Fuffi

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Fuffi

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