von Andrea77 » 19.02.2019, 23:12
Hallo zusammen , ich habe mich heute hier registriert , da es jetzt Gewissheit ist das mein Freund einen künstlichen Ausgang bekommen muss . Er ist am Boden zerstört und glaubt das es nicht sehr lebenswert wird aber ich möchte ihm helfen ! Er hatte als Vorgeschichte colitis und nun einem Tumor im Enddarm , dadurch kann der Schließmuskel nicht erhalten werden und der Dickdarm muss auch raus . Er hat einen 5 monatigen Leidensweg mit blutigen Durchfällen , Schmerzen und teilweise Toilettengänge im 10 min Takt hinter sich . Ich denke es sollte doch eher Lebensqualität zurück geben . Was kommt jetzt alles auf uns zu ? Abgesehen von der Op ? LG Andrea
von Marie67 » 20.02.2019, 01:55
Hallo Andrea,
erstmal "Herzlich Willkommen " hier im Forum.
So richtig viel kann ich leider zu Eurer Situation nicht sagen. Dein Freund hat auf jeden Fall eine OP vor sich, die " nicht ohne " ist.
Ein Stoma ist mit Sicherheit nicht dass was man sich unbedingt wünscht. Im Gegenteil!
Ich weiß es noch ganz genau: Der Arzt sagte zu mir :" Wir legen ein vorläufiges Stoma an, damit ihr Schließmuskel heilen kann.
Alles in mit schrie "Nein"!
Und dann war "es" da. Dieser Darmausgang mitten auf dem Bauch. Und.... es war gar nicht schlimm!
Ich kenne Deinen Freund nicht. Je nachdem wie sehr man mit seinem Körper im Einklang ist, desto leichter fällt es einem ein Stoma zu akzeptieren.
Gruß
Marie
von Andrea77 » 20.02.2019, 10:23
Vielen Dank Marie für deine Antwort.
ich kann nur sagen das ich damit kein Problem haben werde und werde ihn so gut wie möglich unterstützen.
ich hoffe in Anbetracht das er nur die Wahl hat Stoma oder aber an Krebs zu sterben ihm die Akzeptanz leichter fallen wird
von Renni » 20.02.2019, 10:36
Hallo Andrea,
ein herzliches Willkommen im Forum.
Ich lebe seit 2002 mit einem endständigen Ileostoma nach Colitis Erkrankung. Mein Dickdarm mit Schiessmuskulatur ist entfernt worden. Einige Lebensgewohnheiten haben sich verändern.
In meinem Beruf konnte ich nicht mehr arbeiten. Unsere Sozialsystem bietet Hilfen über den Nachteilsausgleich bei Behinderung. Ich lebe bewusster und achte mehr auf meine Ernährung. Was vertrage ich wie und wann? Trinke ich genug um die Nierenfunktion nicht einzuschränken Welche Hilfsmittel und Heilmittel muss ich wie und wo einsetzen? Nach der Operation hat mich die Anschlussheilbehandlung wieder auf die Beine gebracht.
Wichtig ist sich damit abzufinden und zu akzeptieren, dass der neue Darmausgang zur Lebensplanung gehört. Ich habe viel neues gelernt und kann weiterhin Reisen, mich sportlich betätigen und Freundschaften pflegen. Meine alltägliche Lebensplanung musste ich anpassen.
Ich brauche keine Medikamente bei Colitis nehmen.
In den Krankenhäusern gibt es den Sozialdienst oder Entlassungsberatung die wichtige Tipps geben können. Eine Nachversorgerfirma sollte Euch beim Gebrauch der Hilfsmittel unterstützen.
Liebe Grüße Renate
von Andrea77 » 20.02.2019, 11:52
Hallo,
also fasse ich mal zusammen: Trotz des Stomas kann das leben dennoch schön sein wenn auch etwas anders..?
Wie sieht es denn mit der OP aus? Davor habe ich sehr große Angst. Das ist doch schon eine größere Sache..
Manchmal glaube ich das ich die Sorgen nicht mehr ertragen kann aber ich muss doch für meinen Freund stark sein und Zuversicht zeigen das wir das alles packen..
von Renni » 20.02.2019, 12:17
Hallo Andrea,
die Operation war kein Spaziergang. An mir wurde 5 Stunden geschippelt. Wichtig ist eine gute Beratung durch den operierenden Arzt in einer Klinik die qualifiziert ist. Die vorbereitende Beratung im Krankenhaus und durch die Stomaberatung hilft Euch.
Welche Lebensqualität besteht ohne Operation?
Dein Freund hat ein grosses Kapital durch Deine Verbundenheit. Ohne die Zuversicht meines Mannes hätte ich die Operation und die Reha-Phase nicht so gut überstanden.
In jeder Veränderung des Lebens besteht auch wieder Neues erleben.
Kopf hoch Ihr schafft es.
Liebe Grüße Renate
von Peter51 » 20.02.2019, 14:08
Hallo Andtea77,
Folgende Erfahrungen habe ich gemacht
Im Zuge der primären Krebsoperation (nach Chemo/Radiotherapie) wurde der "bösatige" Tumor entfernt und ich bekam zuerst den Dünndarmstoma angelegt.
Die etwas aufwendige OP, war die Tumorbeseitigung und die reine Anlage eines Stoma benötigt nicht mal den großen Bauabschnitt......
Ich habe später meinen jetzigen Dickdarmausgang (RV Dünndarmstoma zeitlich vorher) und lebe ein erfülltes Leben (20 Jahre) damit.
Selbst in dem KH/Ärzte wo sich dein Freund befindet, sind derartige OP in der heutigen Zeit Routine.?
Wichtig ist, er muss Vertrauen haben zu den Chirurgen aber auch zum KH.
Alles gute für ihn und er kann sich doch selbst im Raum orientieren.
von Andrea77 » 20.02.2019, 15:41
Vielen Dank für Eure Antworten!
Das hilft mir sehr! Auch das ich hier lese das man immer noch schwimmen gehen oder in die Sauna gehen kann oder sonstigen Sport oder Aktivitäten treiben kann.
Er ist noch nicht so weit sich hier zu informieren, vor drei Wochen dachte er noch er wäre auf dem Weg der Besserung aus einem Colitis- Schub, dann kam raus das es in Wirklichkeit ein Tumor ist
von Butterfly » 20.02.2019, 21:11
Hi
Zur Behandlung des Krebses (Chemo etc.) kann ich nichts sagen.
Aber was alles geht, schon. Ich habe ein Ileostoma und Kurzdarm (2m) nach Cu und Sepsis.
Das Ileostoma hindert mich an nicht wirklich viel. Ich kann nicht alles essen, aber das ging vorher auch nicht. Schmerzen ja, aber wegen der Verwachsungen im vernünftigen Rahmen.
Nicht nur Schwimmen und Sauna geht mit Ileostoma. Ich reise damit viel, egal ob Trips mit dem Auto durch Europa (Spanien, Italien), mit dem Zug (Polen, Schweiz), mit dem Flugzeug (USA, Singapur, Malaysia, England) oder dem Schiff (Norwegen, Island). Ich bin damit sogar zweimal wöchentlich geflogen zwischen Arbeitsplatz und Wohnort.
Alles geht. Man muss sich nur durchkämpfen „seine“ Versorgung zu finden. Häufig liest man, sie hält nicht, dagegen hab ich eine Allergie usw. Geht nicht, gibt es nicht. Ich habe von mind. zehn Herstellern am dt. Markt je mehrere Produktlinien an Beuteln getestet und „meine“ gefunden.
Ich gehe Vollzeit arbeiten und niemand weiss vom Stoma. Ich kann mich auch vor dreissig Leute stellen und acht Stunden sie „bespassen“, wieso nicht?
Selbst der Umzug in ein anderes Land mit neuem Versicherungssystem war möglich.
Die Lebensqualität mit Stoma ist besser als ohne. Auch die Stunden zu zweit sind entspannter, weil sie nicht zwischen zwei Toilettenpausen stattfinden müssen.
Aufgrund von Komplikationen habe ich ein Dutzend OPs hinter mir und habe viele Morphine gebraucht. Ich bekomme noch mehrmals wöchentlich Infusionen (was ich als die grössere Einschränkung empfinde), aber selbst die verreist mit mir überall hin. Mein Partner muss keine Zuversicht ausstrahlen, dass alles super wird. Es reicht, dass er da ist, mich so nimmt, wie ich bin und mir seine Schulter zum Anlehnen überlässt
Also, Kopf hoch!
Liebe Grüsse
Butterfly
von Merlina » 20.02.2019, 22:28
Hallo Andrea,
herzlich willkommen im Forum! Toll, dass Du Deinen Partner so gut unterstützen magst und an seiner Stelle die Informationen einholst. Nach so einer Diagnose mit dieser Aussicht ist man verständlicherweise erst einmal schockiert! Wenn dann ein anderer mitdenkt und versucht den Überblick zu behalten, ist das unglaublich wertvoll!
Folgende Dinge möchte ich anmerken:
1. es gibt - wie Du selbst schon sagtest - keine sinnvolle Alternative zur OP. Darum hilft nur Augen zu(auf ist besser ) und durch. Das ist jetzt so und Ihr werdet das bewältigen!
2. die Kolektomie incl. der Tumorentfernung würde ich nicht als Routine-OP bezeichnen. Es gilt: der Chirurg sollte mindestens(!) 10 dieser OPs im Jahr machen. Das ist die gängige Größe, die ein gewisses Maß an Erfahrung vermuten lässt. Also:
OP nur in einem Darmzentrum, am besten in einem, das auch auf CED spezialisiert ist.
3. insbesondere bei Männern besteht die Gefahr, dass eine OP im kleinen Becken Nerven verletzt. Darüber solltet Ihr aufgeklärt werden. Und auch aus diesem Grund sollte die OP von einem versierten Kolonproktologen und Viszeralchirurgen gemacht werden. M.E. sollte man bei einer so großen und geplanten OP den Chirurgen aussuchen können und sich vergewissern können, dass er selbst die OP macht.
4. solltet Ihr noch Zeit haben, sprecht über die Stomaanlage vorher mit dem Chirurgen oder der Stomaschwester und zeichnet das Stoma für die OP an. Das bedeutet, dass Dein Freund/Ehemann mit seiner üblichen Kleidung prüft, wo z.B. der Hosenbund sitzt, damit dieser nicht mit der Platte des Beutels kollidiert. Außerdem wird im Liegen, Sitzen und beim Bücken geprüft wo Bauchfalten entstehen, damit das Stoma nicht in eine Bauchfalte angelegt wird. Das kann später sonst erhebliche Versorgungsprobleme verursachen.
5. was die Krebsdiagnose angeht und ggfs. daraus folgende Maßnahmen, kann ich nicht viel sagen. Nur, dass es danach für 5 Jahre sinnvoll ist, die Leber regelmäßig per Ultraschall zu untersuchen.
6. nach der OP kann Dein Freund eine AHB(Anschlussheilbehandlung) in Anspruch nehmen. Das kann sehr hilfreich sein. Organisiert wird das meist vom Sozialdienst des KH.
7. auch wenn die Aussicht auf ein Stoma alles andere als schön ist, und wir uns vermutlich alle beim ersten Anblick erstmal erschrecken und alles ablehnen werden....man gewöhnt sich sehr schnell daran. Wenn Dein Freund eine längere CU-Karriere hat, mit vielen Durchfällen, dann ist ein Stoma vermutlich ein großer Gewinn! Der Beutel am Bauch kann immer mal wieder einen Frust verursachen, auch nach Jahren. Aber er ist praktisch, ermöglicht ein sehr freies Leben und man kann nach einigen Monaten meist fast alles wieder machen.
8. Wichtig ist, je nachdem wie vortrainiert die Bauchmuskulatur Deines Freundes ist, dass er anfangs wenig hebt und alle bauchmuskelrelevanten Bewegungen sehr achtsam ein leicht ausführt. Es besteht die Gefahr der Hernienbildung. Sie liegt bei ca. 50%. Manche Chirurgen raten zu Beginn dazu eine leichte Bandage zu tragen. Außerdem sollte er beim Niesen, Husten, abrupten Bewegungen und falls er sich übergeben muss, die Hand auf das Stoma drücken und es festhalten!! Auch beim Aufstehen aus dem Bett oder vom Fußboden sollte anfangs eine physiologisch nicht belastende Bewegungsweise mit dem Physiotherapeuten eingeübt werden.
9. Die ersten ca. vier Tage werden nicht angenehm sein, aber das Schmerzmanagement ist in den spezialisierten Kliniken unglaublich gut! Man bekommt sehr gute Medikamente, die sehr fein dosiert werden und Schmerzfreiheit ermöglichen. Sobald wie möglich sollte man versuchen ein paar Schritte auf dem Flur zu machen. Sobald wie möglich den Beutelwechsel selbst machen.
Was kommt sonst auf Euch zu? Ich denke, wenn der Tumor noch klein ist, und Ihr die Nachsorge je nach Befund auch in den nächsten Jahren regelmäßig macht, wird ein möglicherweise fast normales Leben auf Euch zukommmen. ....sobald alles gut verheilt ist.
Natürlich wird nie wieder alles wie vorher. Aber wenn er stark unter der CU gelitten hat, wird ggfs. alles besser sein als zuvor. Mir geht es so, ich hatte allerdings nur eine Vorstufe von Krebs. Ich bin sehr froh, auch wenn ich ab und zu damit hadere, habe ich ein viel besseres Leben mit Stoma als zuvor!
Es gibt viele Möglichkeiten den Beutel zu kaschieren. Niemand muss das mitkriegen. Aber es macht auch nichts, damit offen in der Gemeinschaftsdusche zu duschen. Er wird Sport machen können und sollte das auch tun, den Bauch sollte er dabei mit einer Bandage schützen.
Viel Glück und Mut für Euch, Ihr werdet das alles bewältigen und schon bald wieder optimistischer sein!
LG, Merlina
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