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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch – Seite 1

Mit einem Stoma ist das Leben anders, aber nicht weniger lebenswert. Trotzdem stellt es uns vor so manche Herausforderung. Hier ist das Forum für eure Fragen und Erfahrungen zum Alltag mit einem Stoma.
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34 Beiträge • Seite 1 von 41, 2, 3, 4

Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Aquamarin » 07.02.2011, 21:32

Hallo,

bei mir wurde 1985 Morbus Crohn diagnostiziert. Im Juni 1995 habe ich ein Loop-Ileostoma bekommen, das man wieder zurückverlegen wollte. Leider war das nicht möglich, da im März 1997 mein Dickdarm entfernt werden musste. Nach dieser Operation ging es mir sehr gut. Ich konnte alles essen und musste keine Medikamente einnehmen. Allerdings war ich nicht sonderlich glücklich mit meinem Stoma.

Im Dezember 2006 habe ich im Internet Informationen über das Barnett Continent Intestinal Reservoir (BCIR) entdeckt. Infolgedessen war ich am 21. Februar 2007 bei Prof. Dr. Buhr in Berlin und habe ihn gefragt, was er von dem BCIR hält. Er meinte, dass ich das vergessen sollte. Begründung von Prof. Dr. Buhr: „never change a running system“.

Im Herbst 2008 las ich in diesem Forum einen Beitrag einer Morbus Crohn-Patientin. Sie schrieb, dass es die beste Entscheidung in ihrem ganzen Leben war, sich einen Kock-Pouch anlegen zu lassen. Daraufhin habe ich mich mit dem Chirurgen in Verbindung gesetzt, der in Deutschland den Kock-Pouch bastelt.

Letztendlich bin ich dann im Juli 2009 operiert worden. Kurze Zeit später war das Ventil des Pouches aufgrund einer Fistel kaputt. Der Pouch war infolgedessen nicht mehr kontinent. Später hat er dann komischerweise etwa sechs Wochen lang ganz gut funktioniert - vermutlich weil sich die relativ dünne Fistel spontan verschlossen hat. Im November 2009 war der Pouch aber schon wieder inkontinent. Hinzu kam, dass der Pouch sich extrem gedehnt hatte und dabei etwas in meiner Bauchwand beschädigt wurde. Dies hatte zur Folge, dass mein Bauch etwas komisch aussah.

Im März 2010 wurde die Fistel im Ventil meines Pouches genäht und ich bekam ein temporäres Loop-Ileostoma. Nach dieser Operation bekam ich hohes Fieber. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus habe ich festgestellt, dass sich eine Fistel von meinem Pouch zur Bauchdecke gebildet hat. Mit dieser Fistel, die meistens stark nässte, musste ich fünf Monate lang leben. Nach einer Remicade-Infusion im August 2010 hat sich die Fistel geschlossen. Aus dem kaputten Pouch hat sich aber weiterhin gelegentlich Sekret schwallartig entleert. Manchmal gelangte über das Loop-Ileostoma auch Stuhl in den Pouch.

Infolge der Probleme mit meinem Kock-Pouch war ich im Sommer 2010 nervlich ziemlich angeschlagen. Ich habe mich dann aber wieder aufgerappelt und mich nach einem Telefonat mit dem Chirurgen entschlossen, mich nochmal operieren zu lassen. Er versicherte mir damals, dass sich die allermeisten Defekte bei einem Kock-Pouch chirurgisch korrigieren lassen.

Am 3. November 2010 entfernte der Chirurg zehn Zentimeter meines Dünndarms und konstruierte daraus ein neues Ventil für meinen Kock-Pouch. Etwa zehn Tage nach dieser Operation bekam ich hohes Fieber. In der Nacht vom 12. auf den 13. November 2010 ist meine Operationsnarbe aufgeplatzt. Deshalb musste ich am 16. November 2010 erneut operiert werden. Bei dieser Operation wurde eine Nahtinsuffizienz an meinem Kock-Pouch übernäht. Des Weiteren wurde ich am Sonntag, den 7. November 2010 kurz in den Operationssaal geschoben, damit mir dort ein Abszess aus dem Rücken rausgeschnitten wird. Ebensolcher hatte sich gebildet, weil der PDA-Katheter in meinem Rücken verrutscht war und deshalb das Schmerzmittel nicht mehr in den Peridualraum gelangte.

Am 26. November 2010 wurde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Die Abheilung der offenen Wunde, die bei der Operation am 16. November 2010 entstanden ist, dauerte fast zwei Monate. Schon im Dezember merkte ich, dass mit dem neuen Ventil meines Pouches etwas nicht in Ordnung ist. Der Chirurg meinte aber, dass ich mir keine Sorgen machen muss.

Am vergangenen Mittwoch wurde eine Pouchoskopie durchgeführt. Dabei hat man festgestellt, dass sich an der Basis des neuen Pouch-Ventils eine Fistel gebildet hat. Während der Pouchoskopie meinte der Chirug „diese Fistel müssen wir schließen“. Im Anschluss an die Untersuchung hat er zu mir gesagt, dass ich seine Sekretärin anrufen soll, um einen Termin für eine weitere Operation auszumachen.

Sowohl ich als auch mein Hausarzt sind zu dem Fazit gekommen, dass die Anlage des Kock-Pouches der größte Mist war, den ich überhaupt machen konnte. Naja, im Nachhinein ist man immer klüger. Aber unabhängig davon finde ich es krass, dass mir der Chirurg eine weitere Korrektur-Operation anbietet. Er muss doch einsehen, dass bei mir der Kock-Pouch gar nicht funktionieren kann.

Wenn ich an die Strapazen zurückdenke, die ich auf mich genommen habe und die Erlebnisse mit dem inkontinenten Kock-Pouch, dann werde ich wütend auf mich selbst. Fakt ist, dass ich ohne triftigen Grund circa 60 Zentimeter von meinem Dünndarm „verspielt“ habe.

Aus meiner Sicht sollte man es sich gründlich überlegen, ob man sich einen Kock-Pouch anlegen lässt. Bedenken sollte man, dass es nur einen Chirurgen in Deutschland gibt, der diese Operation durchführt. Ebenfalls sollte man bedenken, dass man die weiterentwickelte Version des Kock-Pouches (BCIR) nur in Amerika bekommt. Das BCIR hat den Vorteil, dass es nicht so fistelanfällig ist wie der Kock-Pouch.

Prof. Dr. Buhr hatte recht, als er am 21. Februar 2007 zu mir sagte: „never change a running system“.

Gruß
Aquamarin

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Aquamarin

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Aquamarin » 08.02.2011, 01:06

Gerne könnt ihr mir Vorschläge machen bezüglich meiner weiteren Strategie.

Gruß
Aquamarin

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Webkänguru » 11.02.2011, 10:47

Hallo Aquamarin,

vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht. Egal ob Kock-Pouch oder ileoanaler Pouch, in Verbindung mit einem Morbus Crohn können immer auch Fisteln auftreten. Die, wie du es leider auch erlebst, für heftige Probleme sorgen können.

Ich kann deinen Frust verstehen, aber ein Stoma ist für dich denke ich die sinnvollste Lösung.

Viele Grüße,
euer Christian

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Melli » 12.02.2011, 00:39

Hallo Aquamarin! :)

Uuuuuuh, das liest sich mit den ganzen Fisteln nicht schön, Fisteln sind mein absoluter Grauen und meiner Ansicht nach sogar das Schlimmste, was der Crohn zu bieten hat .
Ich kenne das Gefühl, sinnlos Zeit verspielt zu haben, nur zu gut! Ich habe damals mein erstes Ileostoma rückverlegen lassen, eben weil man es doch weg haben wollte und weil man es doch probieren wollte und sollte usw. Tja, ich habe viele Jahre damit verbracht zu erkennen, dass das eine vollkommen blöde Idee war. Zudem hätte ich Jahre eher wieder ein Stoma legen lassen sollen. Aber nun gut, man hat es probiert, es muss ja nicht schief gehen, so denke ich mir das bei dir auch.
Ich vermute mal, du landest dort, wo du vorher warst, ebenso wie ich: beim Stoma. Und vielleicht aber fühlst du dich dann damit ebenso gut wie ich mich mit meinem fühle. Ich liebe es, mir geht es seitdem prächtig, gerade tippe ich diese Zeilen im Urlaub :)

Alles Gute! :)

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Melli

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Aquamarin » 13.02.2011, 22:26

Hallo Webkänguru,

vielen Dank für Deine Antwort!

Unter rationalen Aspekten hast Du recht: ein Stoma wäre für mich die beste Lösung. Unabhängig davon habe ich derzeit keine Lust auf eine weitere Operation. Und darüber hinaus signalisiert mir meine Intuition, dass es eventuell eine Lösung für mein Problem gibt.

Der Pouch ist übrigens entzündungsfrei und die Fistel ist anscheinend aufgrund einer Heilungsstörung nach der Operation im November 2010 entstanden.

Im März fliege ich nach Oslo, um mich dort von einem versierten Chirurgen untersuchen zu lassen. Wahrscheinlich werde ich dann auch bei OstomyCure (www.ostomycure.com) vorbeischauen.

Gruß
Aquamarin

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Aquamarin

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Aquamarin » 13.02.2011, 22:30

Hallo Meli,

vielen Dank für Deine Antwort!

Ich habe mich mit meinem Stoma auch stets sehr gut gefühlt. Geliebt habe ich es aber nicht. Aber ich bin damit ganz gut klargekommen.

Derzeit habe ich ein Loop-Ileostoma und den Pouch. Der Pouch ist entzündungsfrei, weswegen ich ihn vorerst nicht entfernen lasse.

Gruß
Aquamarin

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Aquamarin

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Webkänguru » 14.02.2011, 08:20

Hallo Aquamarin,

ich habe die Diskussionen über ostomycure in englischsprachigen Foren ein wenig verfolgt. Viel gibt die Webseite des Unternehmens nicht her. Allgemein wird deren Ansatz aber so verstanden, das ein Implantat eingesetzt wird, in dass das Darmende einwächst und dann mit einer Verschlusskappe dicht verschlossen wird.

Bisher habe ich von keinem Stomaträger oder -therapeuten gelesen, der ernsthaft daran glaubt das so eine Lösung bei einem Ileostoma funktioniert. Das Problem ist, dass der Dünndarm von Natur aus keine Speicherfunktion hat. Es läuft einfach durch und wird im Dickdarm gesammelt, bis zur natürlichen Ausscheidung. D.h. was am Ileostoma ankommt muss raus, denn wenn es sich aufstaut sind Krämpfe und Schmerzen wie bei einem Subileus die Folge.

Ich würde nicht all zu viel Zeit in die Auseinandersetzung mit dieser Lösung investieren.

Viele Grüße,
euer Christian

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Webkänguru

Moderator

Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Aquamarin » 14.02.2011, 08:48

Hallo Webkänguru,

mit einem Ileostoma funktioniert der Stomaverschluss von OstomyCure natürlich nicht. Aber als Abdichtung für einen Kock-Pouch, bei dem lediglich das Ventil kaputt ist, ist dieser Stomaverschluss gut geeignet.

Im Sommer 2009 wurde das TIES device von OstomyCure zum ersten Mal bei einem Patienten implantiert. Gemäß meinen Recherchen haben bislang vier Patienten diesen Stomaverschluss erhalten.

Gruß
Aquamarin

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Aquamarin

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Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Webkänguru » 14.02.2011, 22:18

Hallo Aquamarin,

ja, für die Pouchöffnung kann ich mir das auch vorstellen. Ohne jetzt konkrete Beispiele oder Fotos von diesem Ventil gesehen zu haben.

Ich bin gespannt auf deine weiteren Erfahrungen damit. Würde mich freuen, wenn du uns von deinem Tripp nach Oslo berichtest :)

Viele Grüße,
euer Christian

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Webkänguru

Moderator

Meine Erfahrungen mit dem Kock-Pouch

Beitrag von Aquamarin » 15.02.2011, 07:17

Hallo Webkänguru,

ich melde mich auf jeden Fall wieder im Forum, wenn ich aus Oslo zurückgekehrt bin.

Meine Untersuchung wird übrigens im Akershus University Hospital durchgeführt, das zu den modernsten Krankenhäusern in Europa zählt.

Gruß
Aquamarin

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Aquamarin

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