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Neues Stoma und Psyche – Seite 1

Mit einem Stoma ist das Leben anders, aber nicht weniger lebenswert. Trotzdem stellt es uns vor so manche Herausforderung. Hier ist das Forum für eure Fragen und Erfahrungen zum Alltag mit einem Stoma.
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20 Beiträge • Seite 1 von 21, 2

Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Leobär » 28.08.2010, 23:15

Hallo :winke:

mein Mann hat seit etwa 18 Jahren Morbus Crohn. Vor zwei Wochen war die zweite größere Operation, er hat ein endständiges Colostoma bekommen (RV nicht angeraten, weil der Enddarm zu geschädigt ist). Sein Zustand zuvor war ziemlich schlecht, Unternehmungen quasi nicht mehr möglich, die Diagnose bei der Krankenhausaufnahme lautete u.a. Darmverschluss. Mit dem Thema "Stoma" hat er sich schon länger befasst. Dennoch hatte er gehofft noch einmal ohne Stoma davon zu kommen. Seine zahlreichen Beschwerden vorher hat er mit bewundernswerter Tapferkeit ertragen, aber das Thema "Stoma für immer" geht ihm sichtlich an die Substanz. Er wirkt regelrecht depressiv, sagt, dass er sich fremd im eigenen Körper fühlt.

Ich finde es sehr Mut machend hier zu lesen, wie positiv viele mit dieser Lebensänderung umgehen. Wie habt Ihr das geschafft und wie lange hat das gedauert? Habt Ihr einen Tipp, wie ich helfen kann?

Dieses Forum hat uns in den vergangenen Tagen viel Mut gemacht. Danke dafür !!! :rose:

Gabi

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Leobär

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Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Melli » 29.08.2010, 04:00

Willkommen, Gabi! :)

Die OP ist erst 2 Wochen her, also wichtigste Devise: das wird schon, und vor allem wird's besser! Die erste Zeit der Versorgung (inkl der riesen Transparenzbeutel im KH) ist nicht schön, zudem muss man erst einmal die OP verkraften.

Die Psyche...ich als MCler kann dazu nur sagen: auch das wird. Und zwar, wenn man merkt, wie all das wieder möglich wird, was man oft jahrelang entbehrt hat: Job, Urlaub, Hobbies, Freunde, Unternehmung in Wald und Natur, am See und Meer, auf Volkfesten und Gartenparties - all das geht wieder, ohne dass man stäääändig an die weiße Keramik denken muss.
Für sehr viele MCler ein absolutes Himmelreich! :)

Ich habe mein Stoma noch nie auch nur 1 Sekunde bereut. Natürlich gibt es Schöneres, so ein Plastikbeutel macht nicht viel her, aaaaber: wenn er der Preis für das ist, was ich nach damals 22 Jahren MC Leidenszeit von kleinauf bekommen habe, nehme ich ihn nur zu gerne ;)

Lange Rede, kurzer Sinn: die Zeit bringt es mit sich. Erst einmal von der OP erholen, dann wieder die Welt entdecken. Und auch im Forum schmökern, das rate ich deinem Mann auch persönlich. Hier muss niemand schreiben, nur zu lesen ist ausdrücklich erlaubt und erwünscht ;)
Als MCler füge ich dazu, sich möglichst auf Geschichten von anderen CEDlern zu konzentrieren. Es ist einfach ein großer Unterschied, auch für die Psyche, ob man sein Stoma nach einer langen CED bekommt oder nicht.
Als Suchbegriffe dienen auch Wörter wie "Hobbys", "Urlaub", "Reisen", "Schwimmen" etc. Wenn vorher fast nichts mehr möglich war - jetzt ist es wieder (bald)! Auf jeden Fall sollte man sich damit nicht verstecken, erst recht nicht vor sich selbst, dabei kannst du auch helfen, aber nicht zu sehr drängen oder ziehen, denn Zeit braucht es auf jeden Fall.

Hier noch ein Thread zum Angucken:
http://www.stoma-forum.de/topic.php?id=7195&

Und bei Fragen jeder Art...raus damit! :)

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Melli

Moderatorin

Neues Stoma und Psyche

Beitrag von doro » 29.08.2010, 09:06

Wie habt Ihr das geschafft und wie lange hat das gedauert? Habt Ihr einen Tipp, wie ich helfen kann?
Es gibt sicher kein für Jedermann gültiges Rezept sich an das Stoma zu gewöhnen.Meines kam auch als Ergebnis eines geplatzten Dickarms vüllig unvorbereitet für mich.Das Gewöhnen an diesem Bommel, ja das kommt im Laufe der Zeit.Meiner Familie habe ich am Tage auch den dicken Max gemacht, ALLES IST Gut - und Nachts habe ich noch oft auf der Klobrille gesessen und mir die Augen rot geheult wenn mir bewusst wurde: Das Ding bleibt für immer. :shock: Geholfen hat mir, wie so vielen, dieses Forum und die Erfahrung,auch mit Stoma bin ich ein normaler Mensch, meine Familie die alle Pannen mit Geduld getragen hat :schwitzen: und ich mir selber indem ich erkannt habe, daß ich auch mit Stoma respektiert und akzeptiert werde. In meinem Beruf ,trotz Stoma :ballon: Erfolg habe und letztendlich inzwischen ein ganz normales Leben führe.ABER, es braucht ein wenig Zeit.Meine Devise lautet,es hätte noch schlimmer kommen können,denn niemand darf vergessen, daß er ohne Stoma kaum Chancen zum weiterleben hätte - oder hat.

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doro

ehemaliges Mitglied

Neues Stoma und Psyche

Beitrag von temperence » 29.08.2010, 12:01

Hallo Gabi,

auch von mir willkommen im Forum! :winke:

Wie Doro schon gesagt hat, eine fixe Zeitschiene gibt es sicher für Niemanden, man kann schon ein wenig Zeit brauchen. Gönnt Euch diese Zeit.

Du hast geschrieben, dass "Unternehmungen" zuletzt nicht mehr möglich waren, hast von den Schmerzen gesprochen, die Dein Mann ertragen hatte. Ist bei mir ähnlich gewesen durch die Jahre der CU. Bei mir kam leider auch noch Krebs hinzu. War bei mir sogar ein relativ spontanes happening, zwischen Spiegelung, Diagnose "Krebs" mit totaler Kolektomie serviert bekommen und mit Beutel aufwachen lagen nicht mal 4 Wochen. Geheult hab ich zwischenzeitlich auch, weil ich keinen Beutel wollte, aber, der Doc im KKH hat mir die Diagnose und den Beutel recht geschickt verkauft:

"Wenn wir Ihnen den Darm rausnehmen, haben Sie die Chance, so gesund zu sein wie seit Ihrer Kindheit nicht mehr. Sie können ein völlig normales Leben führen, was während der Schübe nicht möglich ist." Irgendwie war dieser Satz der, der bei mir am nachhaltigsten aus diesem Gespräch hängen geblieben ist :) DAS wollte ich, das habe ich in Angriff genommen, sobald ich aufstehen konnte. Die Möglichkeit der RV hat mich übrigens nach der OP deutlich unverhoffter getroffen als der Beutel an sich - ich habe mich inzwischen sogar gegen die RV entschieden, einfach weil mir kein Arzt ein so entspanntes Leben wie heute garantieren kann, wenn der Pouch aktiviert wird.

Wichtig wäre für Deinen Mann, seinen Beutel als Teil des Körpers anzunehmen, als einen lebenserleichternden Helfer, ähnlich wie eine Brille :) Die bemerkt man irgendwann auch nicht mehr, auch wenn sie zuerst ungewohnt ist. Und immer dran denken: nie wieder Dixie-Klo an einem warmen Sommertag, weil es sonst ein Unglück gäbe... :feiern:

Wenn er selbst alles allein im Griff hat, wird er die Vorteile sehen.

Liebe Grüße Lucia :winke:

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temperence

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Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Sabine049 » 29.08.2010, 18:49

Willkommen, liebe Gabi,

ich sehe es wie meine Vorschreiberinnen.

Die Anlage quasi die Operation ist noch relativ frisch, und bekannterweise ist aller Anfang schwer, aber mit der Zeit, sobald es ihm sowohl physisch als auch psychisch besser geht, wird er sich ganz fix mit seinem Stoma arrangieren. Hilfreich ist die Anschlussheilbehandlung, die ihm doch sicherlich angeboten wurde.

Hilfreich wäre ;) , wenn Du ihn a.) zu einer wohnortnahen SHG der ILCO e.V. oder hier selbst zu posten, sobald sich sein Gesundheitheitszustand stabilisiert hat, bewegtest.

Liebe Grüße Sabine

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Sabine049

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Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Leobär » 29.08.2010, 21:20

Danke!!! Eure Antworten tun total gut! Es ist wirklich noch alles sehr frisch, da kann man jede Aufmunterung gut gebrauchen. Normalerweise googelt mein Mann in solchen Fällen, bis er jedes Risiko weiß, jedes Problem erklärt hat. Aber im Moment ist eben alles anders. Ich kenne ihn so nicht und ich glaube, er kennt sich selbst so auch nicht. Das ist dann gruselig!

Umso wohltuender Eure Berichte!!! :rose: :rose: :rose: Ich habe sie ihm alle vorgelesen, Ziel ist natürlich, dass er selbst ins Forum geht. Er sagt, er braucht dazu noch ein bisschen, kann es momentan nicht gebrauchen irgendwas Negatives zu lesen (was ja gar nicht der Fall war :). Das mit der Selbsthilfegruppe habe ich auch schon überlegt, im Moment will er nicht. Aber vielleicht telefoniere ich mal.

Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich bin nicht mit einem Weichei verheiratet und ich neige eigentlich auch nicht dazu, seine Sachen zu erledigen. Aber besondere Situationen brauchen manchmal besondere Umstände.

Euch allen herzlichen Dank! Ihr wisst gar nicht wieviel Mut Ihr macht!!! Habe jeden Abend nach der Klinik bis nachts gesessen und im Forum gelesen. Das war unendlich viel wert!

Alles Gute Euch allen ... :danke:

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Leobär

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Neues Stoma und Psyche

Beitrag von doro » 29.08.2010, 21:23

Aber besondere Situationen brauchen manchmal besondere Umstände.
So ist es.Nur mit der SHG, überfalle ihn damit nicht.Laß ihn lieber bei uns mit lesen - Das bringt Euch bestimmt einen ganzen Ruck nach vorn. :troest:

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doro

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Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Leobär » 29.08.2010, 21:26

OK, Doro, mache ich! Werde erstmal mit der SH abwarten.

Danke

Gabi

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Leobär

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Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Melli » 30.08.2010, 01:55

Lass ihm die Zeit! Oft liest man lieber still und anonym mal ;)

Und ich muss sagen, so gerne ich hier schreibe....ich habe mich von Kind an gegen jede Art der Selbsthilfe verweigert. Als ich ein Kind war, gab's zB von der Uniklinik Tübingen für uns Kinder immer eine Sommerfreizeit. Nie mit gewesen.
Und auch jetzt bringt mich keiner in eine SG. ist einfach nicht mein Ding, ich bin kein Gruppentyp, werde es auch nie sein. Keine Häkelgruppe, kein Verein, und auch keine SG

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Melli

Moderatorin

Neues Stoma und Psyche

Beitrag von Andi_672 » 30.08.2010, 09:36

Hallo Gabi, ich bekam mein Stoma (für immer ) nach einem schweren Verkehrsunfall. Ich war bis dahin gesund. Wollte es auch nicht akzeptieren. Aber was ich Dir sagen möchte _ ich konnte mich damit abfinden als meine Lebenspartnerin mir gezeigt hat und das jetzt immer noch tut, das das Stoma an sich kein Problem ist. Ich habe sie erst kennen gelernt, als ich das Stoma schon hatte. Hätte damals nie geglaubt, das ich jemals wieder mit einer Frau zusammen sein werde. Auch sie hat sich erst damals kundig gemacht, was ein Stoma eigentlich ist. Und sie geht sehr offen damit um. Das ist auch das, was ich Dir raten möchte. Zeig Deinem Mann das der Ausgang kein Problem ist, dann kann auch er den Zustand besser akzeptieren. Rede offen mit ihm darüber. Auch ich wünsche mir nichts sehnlicher als den Beutel wieder los zu werden. Aber ich kann damit ganz normal leben und alles unternehmen, was ich nach einer weiteren OP nicht wüßte ob es so bleibt. Wünsche Euch viel Kraft und viel Spass am neuem Leben. Ich denke auch, selbst wenn ich MC nur theoretisch einschätzen kann, das es jetzt schöner wird. Gruß an Euch 2, Andi

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Andi_672

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