von nono » 12.04.2009, 13:06
Hallo ihr Lieben!
Ich bin ganz neu hier und mich bedrückt ein Problem.
Ich bin 23 und habe seit 12 Jahren eine Colitis. Am Anfang konnte ich gut damit leben, aber seit drei Jahren komme ich von einem Schub in den nächsten. Ich habe alle Medikamente durch, von Mesalazin über Azathioprin und Remicade… nichts half. Auch Cortison hilft nur noch in hohen Dosen und sobald ich unter 30mg reduziere, geht es wieder los. Psychisch und physisch bin ich mittlerweile total neben der Spur! Traue mich nicht mehr raus, kann nicht mehr richtig studieren, geschweige denn das Leben genießen.
Lange Rede, morgen in einer Woche soll ich schlussendlich jetzt operiert werden und ein Ileostoma bekommen. Als die Entscheidung fiel, ist auch mir ein Stein vom Herzen gefallen. Nach dem vielen Rumprobieren mit den Medikamenten und keiner Besserung war das mein eigentlicher Wunsch.
Nun das Problem: Seit dem ich nun weiß, dass ich operiert werde und einen künstlichen Darmausgang bekomme, geht es mir schon viel viel besser. Das Wissen, die ewigen Strapazen um eine Toilette oder das nicht mehr schaffen, die vielen Medikamente, nicht mehr haben zu müssen, hat schon eine solche Erleichterung gebracht. Ich für mich bin mir immer noch sicher, dass das die richtige Entscheidung für mich sein wird, was mich aber belastet ist, dass mein Umfeld dies nun plötzlich in Frage stellt. Sie meinen, es gehe mir doch jetzt besser und ich sähe schon viel besser aus, dann bräuchte ich die OP doch nicht mehr.
Ich bin total verunsichert… ist es vielleicht doch nicht so schlimm und stelle ich mich einfach nur an? Ich weiß grad gar nichts mehr.
Habt ihr vielleicht ähnliche Erfahrungen?
Danke fürs Zuhören,
Nono
von Dartnelke » 12.04.2009, 13:21
Hallo und Willkommen hier im Forum, nono.
ich selbst bin nicht betroffen und kann da auch eigentlich nicht mitreden. Ich denke aber, dass du auf dein Gefühl hören solltest, denn niemand kann nachvollziehen, wie es dir wirklich geht und vor allem, wie es in dir drinnen aussieht. Da können die Leute dir noch so oft sagen, dass du jetzt besser aussiehst. Sie sehen aber auch nicht, wie sehr du darunter leidest, weil du nicht ganz entspannt vor die Tür gehen kannst.
Es ist sicher keine leichte Entscheidung und ich wünsche dir viel Glück
Vielleicht ist oder war der eine oder andere hier in der gleichen Situation wie du.
Frohe Ostern allerseits
Carmen
von Monsti » 12.04.2009, 16:14
Hallo nono,
auch aus Tirol ein fröhlicher Willkommensgruß!
Wenn Du hier im Forum stöberst, wirst bei vielen mit MC oder CU des Satz lesen: Hätte ich mir das Stoma doch schon viel früher legen lassen! Ich wünsche Dir für die OP alles, alles Gute - vor allem wünsche ich Dir, dass Dein Leiden danach ein Ende hat.
Frohe Ostern und liebe Grüße
Angie
von nordlicht » 12.04.2009, 19:57
hallo nono
da können wir uns ja fast die hand reichen...
seit dem 19.3. steht mein OP-termin für ein colostoma.. ich bekomme es am 22.4.
seit dem 19.3. leide ich ebenfalls viel seltener unter durchfall..nun gut jetzt über ostern hab ich wieder so einen schub bekommen...war praktisch nur ganz kurz in der sonne...
ich habe mich selbst schon gefragt ob ich mir das leiden immer nur "eingebildet" habe oder so..
meine schwester meinte auch das ich relativ gesund aussehe.. einfach besser als sonst....
da bin ich aber nun doch ein bischen erleichtert das es nicht nur mir so geht...
hey nono das schaffen wir schon was ??
ich wünsche dir jedenfalls ganz viel glück...
von nono » 13.04.2009, 00:00
Vielen vielen Dank für eure lieben und schnellen Antworten.
Nachdem ich heute morgen völlig verzweifelt und mutlos war, geht es mir jetzt schon wieder etwas besser und ich weiß, dass die Entscheidung richtig ist. Ich bin der großen Hoffnung, damit in ein schöneres und sorgenfreieres Leben starten zu können. Das ist es die Sache schonmal wert. Ich hab hier so viel positives gelesen, das will ich auch haben!
@nordlicht: genau, da können wir uns ja direkt zusammen tun
auch ich wünsche dir ganz viel glück und alles gute!
von Jovako » 13.04.2009, 00:49
Hallo nono.
auch von mir erst einmal Herzlich Willkommen hier im Forum!
"Du bist doch noch viel zu jung für einen künstlichen Darmausgang" - diesen Satz habe ich mit meinen fast 35 Jahren sehr oft gehört. Viele wissen aber nicht, dass man in Deinem Fall die Colitis ulcerosa nahezu heilen kann!!! Sie haben vielleicht nur gesehen, dass Du im Schub vielleicht schlechter ausgesehen hast, aber von den Qualen, den Schmerzen, das ständige Rennen auf die Toilette haben viele vielleicht nichts mitbekommen.
Du musst es also für Dich entscheiden, denn es ist Dein Körper und Deine Lebensqualität!!! Und ich kann Dir sagen nein sogar versprechen, dass Deine Entscheidung Dir eine Besserung bringen wird. Wie Angie schon geschrieben hat, gibt es viele Betroffene mit MC oder CU, die das tatsächlich sagten "Ach hätte ich das schon früher gemacht", ein paar kenne ich sogar persönlich! Es gibt aber auch noch viele, speziell mit CU, für die ein Stoma der Horror wäre und die lieber mit weiteren Medis versuchen, die CU in den Griff zu bekommen. Daher ist es wichtig, dass Du Deine Frage hier gestellt hast und nicht in einem CED-Forum, denn dort hätte man Dir zu 80% vielleicht abgeraten und Dir die tollsten medizinischen Vorschläge gemacht. Die Entscheidung zum Stoma wird zwar Dein Leben verändern, aber das Stoma kann Dir zu einem besseren Leben verhelfen. Mit so einem Beutel am Bauch kann man leben und einige hier müssen damit leben, manche würden ohne vielleicht gar nicht mehr leben.
Für die bestehende Operation und die Genesung danach wünsche ich Dir auf jeden Fall schon mal Alles Alles Gute!!! Und wenn Du Fragen zum Stoma und Versorgung hast, einfach stellen.
Ganz liebe Grüße
Jens
PS: Es wäre schön, wieder von Dir zu lesen!
von Webkänguru » 13.04.2009, 10:59
Hallo nono,
ich hatte/habe selbst eine Cu, mir wurde vor mehr als 10 Jahren der Dickdarm entfernt.
Ich kann gut nachvollziehen, das es dir plötzlich besser geht. Die Psyche hat einen großen Einfluss auf eine Colitis ulcerosa. Nachdem die Entscheidung der Ärzte ausgesprochen war, ist es für dich eine Erleichterung. Du bist froh das eine beschissene Zeit bald vorbei ist. Das sich das positiv auswirkt, wundert mich überhaupt nicht
Bleib bei deinem Entschluss. Dein Umfeld wird nach der OP schnell merken wie du drauf bist, wenn es dir wirklich gut geht
Viele Grüße,
euer Webkänguru
von Ramona 36 » 13.04.2009, 11:21
Hallo Nono,
ich konnte es mir nicht aussuchen,denochjetzt nach dem ich erleben konnte wie sehr ich an Lebensqualität gewonnen habe,denke ich darüber nach meine RV nicht durch führen zulassen.
Wenn ich mir vorstelle alles geht von vorne los,wirds mir ganz anders.
Ich konnte es mir vor der OP nicht vorstellen so ein beschwingtes und zufriedenes Leben führen zu können,um so mehr ängstigt mich das jetzige aufzugeben.
Ich wünsche dir und hoffe für dich das deine Lebensqualität genauso steigt,du schaffst das schon.
Lass dich nicht von anderen verunsichern,wenn ich darauf gehört hätte wäre ich jetzt nicht mehr am Leben.
LG Ramona ich wünsche dir noch Frohe Ostern und dicke Eier
von Chiara73 » 13.04.2009, 14:37
Hallo Nono,
als ich Deinen Beitrag gelesen habe, fiel mir sofort auf, dass er auch hätte von mir stammen können. Auch ich litt 12 Jahre lang an einer refraktären Colitis, hatte sämtliche Medis erfolglos ausprobiert, mich mit Cortison dermaßen bombadiert, dass ich zu allem Überfluss auch noch Osteoporose bekam.
Durch eine Not-OP bin ich zu meinem Ileostoma gekommen und kann nur bestätigen, dass ich dadurch endlich wieder am "normalen Leben" teilnehmen kann. Aus Angst hätte ich die OP freiwillig wahrscheinlich nicht durchführen lassen, obwohl mir die Ärzte schon seit Jahren dazu geraten haben.
Die Sprüche aus meinem Umfeld kenne ich auch nur allzu gut. Außerdem hatte meine Familie Angst um mich, rieten mir regelrecht ab von der OP. Dabei wäre es ohne viel schlimmer gekommen...
Ich kann nur soviel sagen, dass mir das Stoma mein (uneingeschränktes) Leben zurückgegeben hat und ich sogar so gut damit zurecht komme, dass ich freiwillig auf einen Pouch verzichtet habe. Ich lebe ohne Medikamente und kann alles essen und vor allem mich frei bewegen, ohne in Panik auszubrechen, wenn sich an der Kasse eine Schlange bildet oder ich im Stau stecke.
Ich wünsche Dir alles Gute für die Zukunft und dass Du die richtige Entscheidung triffst. Bedenke immer, dass sich kein Gesunder in Deinem Umfeld wirklich in die Lage versetzen kann, wie es ist, jahrelang und mit allen Konsequenzen an der Colitis zu leiden. Ich danke Gott dafür, dass diese Zeit hinter mir liegt
Liebe Grüße
Chiara
von Monsti » 13.04.2009, 20:11
Hallo Nono,
ich glaube auch, dass Außenstehende - d.h. sogar die Familie und die allerengsten Freunde - kaum nachvollziehen könnten, welcher Leidensdruck besteht und was dieser für den Alltag bedeutet.
Ich hatte früher ein ganz anderes Problem, nämlich aufgrund einer IND bzw. Morbus Hirschsprung nur ca. alle 2-3 Wochen Stuhlgang, den ich auch nur mittels Darmrohr bzw. manueller Nachhilfe loswerden konnte. Das war selbst bei Durchfall im Rahmen einer Magen-Darm-Infektion so. Mein Problem war auf ganz andere Art quälend. U.a. brauchte ich Hosen zwischen Größe 34 und 42, um meinen im Umfang wechselnden und oft sehr empfindlichen Bauch adäquat unterzubringen. Ich hatte Hämorrhoiden Grad III und ständig wiederkehrende Perianalthrombosen, die oft so riesig waren, dass sie operativ entfernt werden mussten. Kaum war die Wunde der letzten OP verheilt, hatte ich den nächsten schmerzhaften Knödel. Hinzu kamen mehrere Polypen im Rektum und erreichbaren Dickdarm. Da man mittels Koloskopie keine Chance hatte, meinen 260 cm langen Monsterdicki zu untersuchen, wurde eine Irrigoskopie gemacht. Hier zeigten sich weitere Polypen, die aber per Koloskop unerreichbar waren. Die Kolontransituntersuchung zeigte natürlich einen Wert von über 150 Stunden, denn nach einer Woche waren alle 60 geschluckten Marker noch im Dickdarm. Logisch, ich hatte in der Untersuchungswoche ja auch keinen Stuhlgang.
Vor der ursprünglich geplanten subtotalen Kolektomie (ohne Stoma!) musste ich eine geschlagene Woche lang mit täglich 2-3 l KleanPrep abführen. Zu essen bekam ich in dieser Woche nur klare Brühen. Noch am Tag vor der geplanten OP war mein Darm nicht leer.
Natürlich dachte ich im Traum nicht daran, dass mir ein Stoma blühen könnte. Mein Plan war: Subtotale Kolektomie mit Anastomose und danach endlich eine halbwegs normale Verdauung. Falsch gedacht ...
Leider gaben die verbliebenen ca. 20-25 cm Restdickdarm den Geist auf. Er war seit der OP nicht mehr durchblutet, so dass die Anastomose nicht halten konnte. Eine 4-Quadranten-Peritonitis mit allerlei zusätzlichem Mist war die Folge. Fünf Tage nach der ersten OP musste ich notoperiert werden, wurde den schon in Auflösung begriffenen Restdickdarm los und bekam ein endständiges Ileostoma.
Das war vor gut fünf Jahren. Mein Ileo-Spuckerle werde ich für den Rest meines Lebens haben. Kurz vor Weihnachten 2007 wurde auch noch mein Rektum amputiert, weil der kurze Hartmannstumpf über die Jahre zunehmende Probleme gemacht hatte.
Alles in allem kann ich heute sagen: Ich bin wohl vom Regen in die Traufe gekommen. Aber die Traufe ist mir lieber. Keinesfalls würde ich mit dem früheren Zustand tauschen wollen. Insofern bin ich zufrieden.
Liebe Grüße
Angie
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