von chrissi37 » 24.08.2015, 15:56
Hallo,
mich interessiert mal, wer so alles von Eurem Stoma weiss. Also eigentlich habe ich es in der Familie schon erzählt, auch meinen engeren Freunden. Ich mache da kein Geheimnis draus.
Aber jetzt aktueller Grund: Meine Schwester hat 3 Kinder (4, 7 und 9 Jahre alt) und sie sagte mir, sie möchte nicht, dass die was von meinem Stoma wissen. Genauso möchte sie auch nicht, dass ich in deren Anwesenheit meine Tabletten nehme oder Insulin spritze. Die würden ja sonst Alpträume bekommen.
Ich halte mich da zwar dran, finde es aber irgendwie komisch. Irgendwie gehört ja mein Stoma und auch meine anderen Krankheiten zu mir. Klar muss ich es nicht total öffentlich zur Schau stellen, aber man kann es doch ganz sachlich erklären. Zumal ich denke, wenn es dann eben mal durch Zufall ans Licht kommt, wird es doppelt schwierig. Auch mal der Gedanke, wenn ich mal mit denen zusammen ins Schwimmbad ginge, würde sie mir dann verbieten, gemeinsam mit den Kindern zu duschen, oder so?????
Ich meine, ich komme mit meinem Stoma gut zurecht, wüsste nicht, warum ich es verstecken sollte?
Was meint Ihr?
LG Chrissi
von anne14 » 24.08.2015, 16:19
hallo Chrissi,
mmmh ich muss ja doch ein wenig schmunzeln. Ich fände es sehr traurig wenn du in deiner eingenen Familie nichts von deinen Krankheiten erzählen würdest. Und das du wohl nicht unbedingt vor den Kinder deiner Schwester Platte oder Beutel wechselst nehme ich doch wohl auch mal an. Aber ganz im Ernst was ist schlimm daran wenn man eine Tablette vor Kindern nimmt. Auch an Insulinspritzen sehe ich jetzt mal kein Problem. Aber einen Schock fürs Leben bekommen die bestimmt nicht. Meine Tochter fand das immer sehr interessant wenn sie sehen konnte wie das mit dem Zuckermessen und Spritzen bei der Oma gemacht wurde. Und einen Schock hat sie nicht bekommen, im Gegenteil sie wollte bis kurz vor dem Abi Medizin studieren. Aber letztendlich hast du das so zu respektieren wenn deine Schwester das nicht möchte. Man kann allerdings nur hoffen das dort niemand mal Krank wird denn am realen Leben scheinen die wohl etwas vorbei zu Leben. Hoffentlich sehen die so etwas nicht mal in Kinderbüchern (Conny im Krankenhaus) Wer wie was (Beim Kinderarzt)
Vlg Annette
von Ariela » 24.08.2015, 21:13
Hallo Chrissi,
ich habe zu meiner "Beuteltierzeit" absolut kein Geheimnis daraus gemacht, weder in der Familie noch im Freundeskreis, und auch Bekannten gegenüber habe ich immer ganz offen auf Fragen geantwortet. Es kam auch manchmal vor, dass jemand den Beutel sehen wollte, und auch dabei hatte ich keine Probleme. Meiner Empfindung nach ist es nichts, wessen man sich schämen müsste!
Ehrlich gesagt, verstehe ich die Einstellung deiner Schwester nicht Jeder muss doch mal Tabletten nehmen (oder Spritzen bekommen), und je natürlicher man mit allem, was Krankheit anbelangt, umgeht, desto weniger beeindruckt es die Kinder.
Ich möchte dir hier mal ein Erlebnis erzählen, das ich vor einiger Zeit hatte:
Eine meiner Freundinnen hatte mich zu Hause besucht, wobei sie ihre zwei kleinen Enkel mitgebracht hatte, und wir haben unter anderem auch über mein Stoma gesprochen. Der kleine Roberto hat wohl etwas davon mitbekommen (es ist immer wieder überraschend, wie viel Kinder mitbekommen, obwohl sie anscheinend ins Spiel vertieft sind) und wollte unbedingt sehen, wie so etwas aussieht. Meine Freundin hat mir durch ein Zeichen zu verstehen gegeben, dass sie mir die Entscheidung überlässt, und so habe ich den Pulli ein Stückchen hochgezogen. Der Kleine hat meinen Beutel wortlos angestarrt, ganz vorsichtig gestreichelt und dann seine Großmutter gefragt: "Kann Rosaria (die 8 Monate alte Schwester) auch so etwas bekommen? Das ist doch viel schöner als die Windeln!"
Ich weiss nicht, wie wir Frauen es geschafft haben, nicht zu lachen (wir haben es aber später ausgiebig nachgeholt ), sondern dem Kleinen verständlich zu machen, warum das nicht angebracht ist.
Er hat also bestimmt keine Alpträume bekommen, sondern das Stoma als "naturgegeben" hingenommen... vielleicht auch gerade weil wir eben kein Geheimnis daraus gemacht haben.
Ich denke, du solltest versuchen, mit deiner Schwester darüber zu sprechen: vielleicht hat ja SIE ein Problem mit deinem Stoma (und deinen anderen Krankheiten)? Allerdings würde ich dir raten, sicher zu gehen, dass keines der Kinder in der Nähe ist
von doro » 24.08.2015, 23:05
Hallo Chrissi,
Ich sehe es wie Ariella,gerade wenn um eine Krankheit oder wie hier, Deinem Stoma ein Geheimnis gemacht werden soll, wird es erst interessant.Irgendwann bekommen Kinder mit, das mit Dir als Tante etwas nicht stimmt.Sei es, das die Stimme im Gespräch, wenn man von DEM spricht über das ja nicht gesprochen werden soll sich verändert.Oder sonst wie ein Getuschel einsetzt. Kinder haben ganz besonders feine Antennen,wenn etwas nicht stimmt.Gerade dann, wird es Interessant...
Ich würde, immer dem Verständnis entsprechend, den Kindern erzählen, was mit Deinem Darm ist.
Aber, wenn Deine Schwester dagegen ist, wird es schwierig.Schade,wie hält Deine Schwster es denn mit Gebrechen, die bei ihr selber einmal auftreten könnten?
von chrissi37 » 25.08.2015, 08:09
Hallo,
danke für Eure Antworten. meine Schwester ignoriert Krankheiten und Gebrechen wo es geht. Wie es aussähe, wenn bei denen in der Familie mal jemand richtig krank würde, keine Ahnung. Sie haben da so ihre eigene Art mit umzugehen, ich denke, auch viel verdrängen. Wie gesagt, sonst mit Freunden oder meinen Eltern kann ich über meine Krankheiten und das Stoma auch ganz offen sprechen, aber mit meiner Schwester nicht. Ich bin auch niemand, der stundenlang über seine Krankheiten reden und erzählen muss, aber ganz sachlich, was gerade los ist, etc..
Naja, es ist wie es ist, aber schon auch etwas traurig.
Lg Chrissi
von Maninana » 25.08.2015, 23:55
Hallo Chrissi,
dass deine Schwester deine Erkrankung und auch das Stoma nicht akzeptiert, ist wirklich traurig und lässt mich wieder ein wenig an der Menschheit zweifeln. Ich finde es bei der Erziehung von Kindern wichtig ihnen von Anfang an mehrere "Normalitäten" zu zeigen und sie für Abweichungen von ihrem Leben zu öffnen. Es ist doch eine wichtige Erkenntnis, auch für die Wertschätzung des eigenen Lebens, zu sehen, wie es anderen Menschen geht, sei es, weil sie "anders" aussehen, sprechen, was anderes erlebt haben oder ihr Alltag anders aussieht.
Dass deine Schwester eine sehr ignorante Denkweise an den Tag legt, wo sie doch vermutlich mitbekommen hat, wie es dir mit deinen Krankheiten erging, ist nicht nur sehr schade, sondern meiner Meinung sogar respektlos. Sie verlangt von dir, dass du dich "den Kindern zuliebe" verstellst und akzeptiert nicht, dass du nun einmal auch in ihrer Anwesenheit dein ganz normales Leben lebst, zu dem eben der Beutel, die Tabletten usw. gehören. Erst durch die Tabuisierung des Themas entstehen die seltsamen Situationen. Zudem denke ich auch, dass ein Kind keinen Schaden davon nimmt, wenn es Spritzen sieht, sondern ihm gezeigt wird, dass es keine Angst zu haben braucht, wenn die Tante das doch immer zwischendurch macht und dabei keine Miene verzieht.
Ich habe in den letzten Jahren gelernt mich für mich, meine Krankheit und mein Stoma stark zu machen. Denn wenn ich es nicht mache, wird es niemand tun. Und letztlich wäre uns doch allen geholfen, wenn das Bewusstsein in den Köpfen anderer dafür wachsen würde und wir weniger erklären müssten, dafür aber besser verstanden werden. Das entsteht aber nicht, wenn keine Tabus gebrochen werden. Das Verhalten deiner Schwester wäre für mich deshalb inakzeptabel und ich würde - auch wenn ich damit große Diskussionen und Ablehnung riskiere - eine Konfrontation suchen, weil du dich schlichtweg nicht zum vermeintlichen Schutze anderer verstellen solltest!
Herzliche Grüße
Ina
von chrissi37 » 26.08.2015, 17:46
Hallo Maninana,
eigentlich sprichst Du mir aus der Seele....nur gehe ich als sehr harmoniebedürftiger Mensch leider meistens der Konfrontation aus dem Weg.
Ich schätze aber, es wird früher oder später auffliegen, und dann ist es doppelt blöd, wenn man es so lange verheimlicht hat. Vorhin sagte meine Nichte, als alle anwesend waren: "Jane, was hast Du denn da für eine Beule am Bauch?" (er Beutel hatte sich eben etwas gestaut, was als Beule unter dem T-Shirt zu sehen war.) Meine Mutter meinte dann gleich, da wäre doch gar nix, ich habe das Ding glatt gestrichen und bin gar nicht darauf eingegangen. Dann wurde schnell das Thema gewechselt. Irgendwie schade, aber ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Trotzdem, Kinder sind hartnäckig, meine Nichte hat ständig wieder auf meinen Bauch geguckt aber nichts mehr gesagt. Ich schätze sie achtet da jetzt drauf und wird das auch wieder ansprechen. In meinen Fantasien sehe ich jetzt schon meine Schwester, wie sie von mir verlangt, dass ich in Anwesenheit der Kinder nur Sachen anziehe, die absolut nichts sichtbar werden lassen. (weite Pullis im Hochsommer???) Es ist schon klar, dass ich keine bauchfreien Sachen anziehe...
Naja, morgen kommt mein Vater aus dem Krankenhaus. Er hat einen Blasenkatheter, und der lässt sich ja noch schlechter Verbergen als ein Stoma. Mal sehen wie dann damit umgegangen wird, "was der Opa da hat". Vielleicht ist es ja auch eine Chance das dann mal endlich öffentlich zu machen, denn er betont ja immer, dass wir beide mit unserem Beutel ja jetzt in einer Liga sind. .
Ganz schön kompliziert...
Viele Grüße
Chrissi
von Trudi » 26.08.2015, 18:26
Hallo!
Also, der Enkel meines Freundes (5 1/2) hat so eine ominöse "Beule am Bauch" auch neulich mitgekriegt!
Er wusste, dass ich vor 1 1/2 Jahren sehr krank war. Das hab ich ihm dann noch erklart und dass man mir ja damals in den Bauch gucken musste, weil da was war, was da nicht hingehört.
"Aha, hast du auch nen Lego verschluckt???"
"Na ja, nicht so ganz, aber seitdem hab ich eben ein Loch im Bauch und da kommt das AA raus!"
Das hat er dann ganz fasziniert seiner Mama erzählt und die gefragt, ob er mich fragen darf, damit er das angucken darf! Die Mama hat ihm gesagt, dass er mich fragen soll, aber auch akzeptieren muss, wenn ich das nicht will.
Dann hat er gefragt, ich hab ihn gucken lassen, er hat gefragt, ob das weh tut und mich gaaaanz lieb gestreichelt und seitdem ist Ruhe!
Und dann kam noch ganz leise: "Das bleibt aber unter uns, gell? Muss ja ned jeder wissen!"
Kinder verstehen mehr als man glaubt und mit einer entsprechenden Erklärung isses dann auch gut!
Ich bin immer der Meinung, wenn die Kinder alt genug sind, Fragen zu stellen, dann haben sie auch das Recht auf eine entsprechende Antwort!
Alles andere ist nicht sinnvoll!
von fluse » 28.08.2015, 21:00
Hallo! Auch meine drei kleinsten Neffen und Nichten wissen, dass ich einen Beutel am Bauch habe, in den das "AA" läuft und ich wette, dass sie das sehr praktisch finden. Es schockiert sie absolut nicht. Und wie von meinen Vorgängern erwähnt, wechselt ja wohl niemand vor jemand anderem den Beutel. Die Mäuse wissen, dass sie beim rumtoben ein bischen vorsichtiger sein müssen und das ich sie nicht heben kann. Ist doch alles ganz einfach...
von Häslein » 29.08.2015, 01:52
Hallo,
ich habe manchmal eine völlig andere Ansicht als Andere, so so auch hier.
Nein, ich finde es nicht seltsam, was die Mutter nicht will. Ich bewerte es erst gar nicht, denn es ist ihr Kind und da sagt sie an, was sie möchte oder eben nicht. Sie wird dafür schon ihre Gründe haben. Vermutlich will sie ihr Kind schützen, das finde ich völlig normal.
Seit mein Kind 9 Monate ist, habe ich ein Stoma. Darüber habe sehr lange ( jetzt ist Tochter 18 ) überhaupt nicht mit ihr gesprochen - sie hat nie danach gefragt...weil sie es nie bemerkt hat. Wie auch? Mir sieht man nicht an, dass ich ein Ileostoma habe, ich kann mich genauso kleiden wie vorher. ( Falls es wen interessiert, was ich trage, lt. Mann habe ich den Style von der Figur der Gemma Teller aus der Serie Sons of Anarchy :"Guck mal, die hat diegleichen Klamotten wie du" - aber ich trage seltener Heels. )
Abgesehen davon, dass sie keine Fragen dazu gestellt hat, wollte ich es auch ersparen, dass sie sich zu viele Sorgen macht. Sie sollte so unbeschwert wie möglich aufwachsen. Kinder machen sich genug Gedanken, wenn man mal wieder in der Klinik ist und mal wieder eine Op stattfand. Jedenfalls war das bei uns so. Ich habe die Fragen beantwortet, die sie gestellt hat, auf kindgerechte Art. Sie wollte da sehr lange eher wenig wissen. So wollte sie z. B. nie die Narben sehen. Trotzdem ist unser Verhältnis sehr gut; sie bezeichnet es selbst als sehr eng und vertraut, mit genügend Freiraum für sie.
Natürlich bekommen Kinder mit, wenn es den Eltern nicht gut geht. Ich weiß, dass das Mädel sehr feine Antennen hat und sie spürt sehr viel. Sie hat von sich aus gefragt, was für sie wichtig war. So beschreibt sie es heute.
Ja, inzwischen weiß sie, dass es das Stoma gibt. Sie hat irgendwann mal eine Packung mit neuen Versorgungen gefunden und dann gefragt. Sehen wollte sie es nicht. Das ist ok.
Sie hat mich viele andere Dinge gefragt...nach meinem ersten Sex, ersten Liebeskummer uvm. und hat mir umgekehrt von ihrem Hirnkonfetti erzählt.
Ihr ist kein Nachteil entstanden, weil sie so lange nichts vom Stoma wusste und es hätten sich keinerlei Vorteile ergeben, wenn ich es ihr doch erzählt hätte.
Das muss, kann und darf jeder machen, wie es für ihn richtig ist und gut passt.
Überhaupt erzähle ich kaum jemand von meinem Stoma, quasi nie. Der Mann weiß es, meine Mutter, nun die Tochter. Da gibt es, für mich, nichts zu erzählen.
Warum soll ich das bei jemandem erwähnen? ...Das bringt mir nichts. Das Stoma spielt für mich keine Rolle und da denke ich sehr selten dran.
Außer, wenn ich an einen Goldesel denke, an einen mit Durchfall. Da denke ich dann, dass der am besten ein Stoma bekäme, weil ich dann schnell und unauffällig an viele Goldtaler käme.
P. S. Sons of Anarchy ist eine richtig geile Serie. Bin ja ein bisschen in Chibs verknallt. ( Tommy Flanagan ) Hach...
Macht's gut,
Häslein
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