Hallo Zusammen,
mein Mann wird ein Teil des Dickdarmes nach Diagnose Rektum Carcinom entfernt. Anschließend vorübergehend ein Stoma gelegt. Dabei habe ich tausend Fragen und all die Fachausdrücke kenne ich leider nicht. Wie kommen wir an einen Stomatherapeuten? Wann ist er nötig? Woher bekommen wir die Versorgung? Warum gibt es im Forum scheinbar unterschiedliche Meinungen zu einer Rückverlegung? Was sind die Nachteile? Die Ärzte meinen nach der OP noch 2 x 6 Wochen Chemo und dann Rückverlegung.
Was ich sehr vermisse, ist auch der Umgang mit den Partnern. Mein Mann hat große Angst vor dem danach. Wird er sich mir noch nackt zeigen können? Was ist mit der Sexualität? Er wird sich sehr schämen. Wie kann ich ihm helfen? Wie groß sind die Schmerzen? Was ist mit dem Essen? Ein paar Antworten werden mir sehr helfen.
Danke Euch und Kompliment an das sehr offene Forum
von Monsti » 13.02.2008, 21:34
Hallo Gästin,
sei herzlich willkommen in unserer munteren Runde!
Einen großen Teil Deiner Fragen kann ich Dir sofort beantworten.
Bereits im Krankenhaus wird Dein Mann von einer Stoma-Fachkraft betreut, die auch (falls sie etwas taugt) für die Zeit danach Tipps gibt.
Was die psychische Seite betrifft, wird man mit der veränderten Situation leider meist alleine gelassen. Über Deine Frage, ob er sich danach Dir noch nackt zeigen kann, musste ich laut loslachen. Bitte entschuldige! Ich bekam mit knapp 50 ein endständiges Stoma für immer und hatte mich NATÜRLICH von Anfang an meinem Mann nackt gezeigt. Wo sollte denn da das Problem sein? Natürlich hatte ich in der Klinik Bedenken, ob denn mein Mann damit umgehen können wird. Irgendwann fragte ich ihn direkt, worauf er mir antwortete: "Wenn Du es gut kannst, werde ich es auch können." Und genau so ist es auch. Ich hatte mein Stoma sehr schnell als neuen Bestandteil meines Körpers angenommen und habe keinerlei Probleme. Damit hat auch mein Mann keine. Beim Sex stört das Sackerl überhaupt nicht, ich muss es nur vorher entleeren.
Zum Essen gibt es hier im Forum unter den Stoma-FAQ ausführliche Threads zu diesem Thema. Beim Lesen wirst Du merken, dass es da kein bestimmtes Schema gibt.
Zur Rückverlegung kann ich Dir gar nichts sagen, da diese bei mir nicht mehr möglich ist.
Liebe Grüße aus Tirol
Angie
von doro » 13.02.2008, 21:37
Hallo Gast,
das sind viele Fragen .
Wie kommen wir an einen Stomatherapeuten? Wann ist er nötig? Woher bekommen wir die Versorgung?
Warum gibt es im Forum scheinbar unterschiedliche Meinungen zu einer Rückverlegung
Was ich sehr vermisse, ist auch der Umgang mit den Partnern Mein Mann hat große Angst vor dem danach
Wie kann ich ihm helfen?
Wie groß sind die Schmerzen?
Was ist mit dem Essen?
von Sabine049 » 13.02.2008, 21:46
Hallo Gast,
Wie kommen wir an einen Stomatherapeuten?
normalerweise führen coloproktologische Abtl. qualifizierte Fachkräfte, die sog. Stomatherapeuten ... exakterweise bezeichnen sich die Stomatherapeuten als Enterostomatherapeuten. Der Stomatherapeut ist normalerweise für die Markierung/Anzeichnen des Stomas zuständig.
Wann ist er nötig?
Primär während des Klinikaufenthaltes, er leitet den Pat. in die Versorgung an, zeichnet präoperativ das Stoma an, postop. achtet er auf den Verheilungsprozess des Stomas und rundherum = parastomal, zieht i.A. die Fäden und den Steg am Fadenzugtag. Der Steg dient dazu, dass das Stoma nicht in den ersten Tagen nach der Operation "zusammenfällt" bzw. unter Bauchdeckenniveau rutscht = Retraktion. Des weiteren achtet er auf etwaige Brüche jeglícher Art, Veränderungen am oder um Stoma herum ... bspw. Hautirritation o. Allergien, Vorfällen = Prolaps usw.. Das Arbeitsfeld des ET´s ist sehr umfangreich, schau mal hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Enterostomatherapie
Woher bekommen wir die Versorgung?
Im Krhs. werden diverse Versorgungssysteme ausgetestet, Verordnung i.d.R. vom HA, einzulösen in Apotheke, Sanitätshaus o. einem Homecareunternehmen
Warum gibt es im Forum scheinbar unterschiedliche Meinungen zu einer Rückverlegung? Was sind die Nachteile?
Individuell unterschiedlich ... definitiv kommts häufig nach der Rückverlegung zu einem vermehrten Stuhldrang + -entleerungen. Die Stuhlkonsistenz ist oftmals - gerade bei Ca-Pat. mit Chemo etc. - sehr dünnflüssig quasi durchfallartig.
Was ich sehr vermisse, ist auch der Umgang mit den Partnern. Mein Mann hat große Angst vor dem danach. Wird er sich mir noch nackt zeigen können? Was ist mit der Sexualität?
Diesbzgl. schau bitte mal im FAQ-Forum unter: Sexualität und Stoma.
Weitere einzelne Threads findest du zu dem Thema im hiesigen Forum.
Wie groß sind die Schmerzen?
Schmerzen treten allgemein explizit in den ersten Tagen postoperativ auf, Abhilfe verschafft eine externe Med.-pumpe. Ein Schläuchlein - Katheter wird epidural in den Rückenmarkskanal eingeführt, an einer externen Med.-Pumpe angeschlossen, über die kontinuierlich in den ersten Tagen nach der OP Schmerzmittel = Analgetika infundiert werden.
Der Pat. hat die Möglichkeit im Bedarf, wenn die "Schmerzmitteldosis" nicht ausreichen sollte, per Knopfdruck weitere Boli zu ordern.
Kopiert aus Postoperativer Schmerztherapie
Postoperative Schmerztherapie
Die Vermeidung und Behandlung postoperativer Schmerzen ist uns ein besonders Anliegen. Schmerzen nach Operationen müssen nicht sein!
Die postoperative Schmerztherapie erfolgt nach einem Stufenschema und beginnt im Aufwachraum. Nach kleineren Operationen erhalten Sie Schmerzmittel in ausreichender Menge entweder in Tropfenform oder als Injektion in die Vene.
Bei einem mittelgroßen oder größeren Eingriff wird die Schmerztherapie im Aufwachraum mit Regionalanästhesie oder mit einer PCA-Pumpe (patient controlled analgesia) begonnen und auf Ihren Bedarf eingestellt.
Kopiert aus Postoperativer Schmerztherapie
Regionalanästhesie
Eine Regionalanästhesie wenden wir zur postoperativen Schmerztherapie als sog. Katheterverfahren (Schmerzkatheter) an. Dabei wird ein dünner Kunststoffschlauch (Katheter) durch eine Spezialnadel in die Nähe des zu betäubenden Nerven platziert. Dieser Katheter wird bereits im Operationssaal gelegt. Über den Katheter kann mittels einer speziellen Medikamentenpumpe ein örtliches Betäubungsmittel (Lokalanästhestikum) kontinuierlich an den Nerven appliziert werden und so über einen beliebig langen Zeitraum eine Schmerzfreiheit erzielt werden.
Folgende Regionalanästhesieverfahren eignen sich hierfür:
Periduralanästhesie
Anästhesie eines Nervengeflechts (Plexusanästhesie)
periphere Nervenblockaden
PCA-Pumpe
Falls Sie nicht mit einem Schmerzkatheter versorgt sind, erhalten Sie bei Bedarf eine PCA-Pumpe. Diese Spritzenpumpe ist mit Ihrer Venenverweilkanüle verbunden und mit einem starken Schmerzmittel befüllt. Über einen Fernauslöser, den Sie in der Hand halten, können Sie sich aus der Pumpe einzelne Dosen selbständig abfordern. Die Pumpe verfügt über eine Sicherheitselektronik, die individuell für Sie programmiert wird, um Schmerzfreiheit zu erzielen, Überdosierungen jedoch auszuschließen.
vielen Dank @ monsti und doro für die schnellen Antworten. Lachen gilt nicht Angie. Ich bin seit 15 Jahren verheiratet und keine 20 mehr. Ich nehme meinen Mann auch "pervoriert" wieder. Die Hauptsache ich habe ihn wieder.
Die OP steht für morgen früh an und ist schon einmal verschoben worden. Ich bin mit den Nerven zu Fuß und Männe hat einfach Angst vor dem Aufwachen mt vielen Schläuchen und davor, nicht mehr "Herr seiner Ausscheidungen" zu sein. Die ersten Tage werden schlimm für ihn sein. Zwischenzeitlich habe ich beim stöbern im Forum auch Tipps zur Sexualität gefunden. Bis dahin vergeht aber sicher noch einige Zeit. Jetzt müssen wir wohl mit veränderten Lenbensumständen klarkommen. Ich sehe, viele Andere meistern dasss auch und noch dazu mit viel Gelassenheit.
Eine Frage noch: die Beutelchen und den Zubehör, wo bekommt man das und zahlt es die Kasse und lege ich vor?
Liebe Grüße von Gästin
von hope » 13.02.2008, 22:07
Hallo liebe Gast (hört sich schräg an, aber hmmm...)!Zuerst tut es mir leid, daß Ihr so eine Diagnose bekommen habt. Da ist das gesamte Leben aus den Fugen, hm?!
Gut ist, daß Du Dich schon informierst, denn ich habe gelernt, daß allein eine gute Information eine Basis für Entscheidungen ist.
Eine wichtige Entscheidung ist: Nehmt das Stoma an. Es ist nun ein Teil, der zu Deinem Mann gehört. Es wird ihm helfen, damit seine OP-Wunde gut verheilen kann. Es ist ein Hilfsmittel. Ebenso wie ein Mensch mit schlechtem Gehör ein Hörgerät braucht, einer mit einem schwachen Herzen Tabletten, nach Infarkt einen Schrittmacher, mit schlechten Augen eine Brille, braucht ein Mensch nach einer Darm-OP eben ein Stoma. So habe ich mir das "beigebracht".
Zum Stomatherapeuten ist alles schon gesagt.
Zum Sex: Ich denke, je mehr Dein Mann vom Kopf her all das verarbeitet hat, was nun auf ihn eingeschlagen ist, wird er wieder zu sich finden und dann auch eine Sexualität entdecken, die vielleicht abweicht von der früheren, aber durchaus sehr sinnlich sein kann. Ein Stoma hindert nicht daran, ich denke, das ist eher der Kopf, der das tut. Und auch für Dich wird es sicherlich nach kurzer Zeit "anders-normal" sein. Meinen Mann habe ich neulich mal gefragt" Könntest Du mit so einem "Beutel" leben?" Er sah mich an und sagte erstaunt: "Wieso, das tu ich doch":)
Zur Rückverlegung: Da würde ich mir jetzt noch nicht so viele Gedanken machen. Ich gehöre zB zu den Menschen, bei denen wohl eine RV gemacht werden könnte, ich selbst es aber zur Zeit nicht will.
Hier seid Ihr gut aufgehoben mit Euren Fragen zum Stoma!
Ich wünsche Euch alles Gute und hoffe, ich kann Euch etwas Mut machen! Ach ja, mein Stoma bekam ich mit 39 Jahren und das ist nun fast 1,5 Jahre her:)
von doro » 13.02.2008, 22:10
Hallo Gästin ,
Die Versorgung (Beutel u.s.w.) zahlt die Krankenkasse. Beschaffung der Beutel empfehle ich den Kontakt mit der Stoma Schwester im KK.Sonst melde Dich hier noch einmal. Sicher steht anschl. eine Reha an.
Für Morgen ist Daumendrücken angesagt.Log Dich doch hier ein,und berichte uns einfach.
von Nessy » 13.02.2008, 22:32
Hallo Gestin,:rose:
zu erst einmal herzlich willkommen hier bei uns Beuteltieren Deine Entscheidung uns hier um Rat zu fragen war/ist genau die richtige! Nun, Doro, Sabine und Hoppe waren etwas schneller als ich und haben ja nun schon alle wichtigen Fragen von Dir hervoragend beantwortet.
Für Morgen drücke ich Deinem Mann gaaaaaaaaaaaaa...nz feste die Daumen Alles Liebe,
Nessy
PS.: Unkraut vergeht nicht! Ihr werdet es schon meistern!
von Monsti » 13.02.2008, 22:38
Uaaaah, die OP ist schon morgen. Gästin, ich wünsche Deinem Mann, dass alles komplikationslos über die Bühne geht. Sicher hast Du auch danach noch etliche Fragen. Stell' sie nur!
Noch kurz zu Deiner Bemerkung, Dein Mann habe Angst vor den Schläuchen und der Tatsache, nicht mehr Herr seiner Ausscheidungen zu sein. Mir persönlich ging es bisher immer so, dass mir das alles direkt nach der OP herzlich egal war. Es war so und feddisch, ich fand's auch wirklich nicht schlimm. Vieles sieht für einen Außenstehenden dramatisch aus, für den Betroffenen selbst ist es ... wie soll ich sagen? ... nicht besonders wild jedenfalls. Das meistert Ihr!!!
Euch liebe Grüße und Deinem Mann die besten Wünsche für die OP
Angie
von Jaeger » 13.02.2008, 22:39
habe mich fix eingeloggt, denn ich denke, hier bin ich richtig.
Danke Euch allen. Zumindest sind die ersten Fragen beantwortet und ich fürchte es folgen noch viele. Zeit habe ich ja jetzt erst einmal alles zu verarbeiten. Hilfreich ist vielleicht auch einmal von Euch zu hören, wie Eure erste Zeit war. Gerne berichte ich mal, wie sich bei uns alles so entwickelt.
Grüße in die Runde von der "jaegerin"
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