von Webkänguru » 15.12.2015, 00:27
Als seine Frau schwanger wird, erklärte sie Firats Opel Tigra für nicht familientauglich. Firat verfasst daraufhin “die längste und geilste Auto-Anzeige der Welt” (Stern). Ein Medien-Hype beginnt und führt Firat in allerlei Abenteur. Was er in dieser Zeit erlebte, darüber schreibt er in seinem Buch.
Am Mittwoch (16.12.) um 23:45 Uhr ist Firat Demirhan zu Gast bei Markus Lanz im ZDF.
firat-bei-markus-lanz.jpg
Hinweis: wer sich für die Sendung interessiert, findet sie in der ZDF-Mediathek: Markus Lanz vom 16.12.2015. Firat ist direkt der erste Talk-Gast in der Runde.
von Webkänguru » 17.12.2015, 07:11
... und es gibt noch eine Geschichte hinter der Geschichte, über die Firat in seinem Buch und im Internet schreibt. Wir haben mit ihm über sein Leben mit Morbus Crohn und Stoma gesprochen:
Stoma-Welt: Du bist dieses Jahr Papa geworden. Mit der Nachricht über die Schwangerschaft deiner Frau beginnt auch dein Buch.
Firat: Ja, im Sommer kam Olivia zur Welt. Dass ich Papa werde hat mich voll umgehauen. Wegen meiner Erkrankung hatten mir die Ärzte gesagt es geht nicht. Aber es ging doch und wir sind überglücklich.
Stoma-Welt: Danach erklärte deine Frau euren Opel Tigra für familien-untauglich, was zur "längsten ebay-Anzeige aller Zeiten" (STERN) führte. Bei all den Abenteuern, über die du anschließend im Buch berichtest, scheint dich der Beutel am Bauch nicht sonderlich einzuschränken.
Firat: Ich hab‘ natürlich auch meine Erfahrungen gemacht, aber ich nehm‘ es mit Humor. Natürlich fühlst du dich im wahrsten Sinne des Wortes ziemlich scheiße, wenn dir im Fußballstadion zwischen 60.000 Leuten und 80 Kilometer weit weg von zu Hause der Beutel platzt. Sowas passiert halt am Anfang mal, bis man die richtige Stomaversorgung gefunden hat.
Stoma-Welt: Wie kam es bei dir zum Stomaanlage?
Firat: Die Ärzte hatten mir schon die ganze Zeit gesagt: „Herr Demirhan, lassen sie sich ein Stoma legen. Zumindest vorübergehend um den Darm zu entlasten.“ Aber ich hab nur geantwortet: „Leute, ich lauf‘ doch nicht mit so einem Kackbeutel rum.“ Ich hab das weggeschoben, nahm Medikamente gegen die Schmerzen und legte Operationen in meinen Urlaub, um nicht auf der Arbeit zu fehlen. Und dann lag ich plötzlich mit einem Darmdurchbruch im Krankenhaus und bekam mein Stoma.
Stoma-Welt: Mit der neuen Situation hast du dich dann doch recht schnell angefreundet.
Firat: Ja, gerade weil ich so dagegen war und jetzt merke, wie viel Lebensqualität ich wieder habe.
Es gibt heute so viele Möglichkeiten und Optionen, dass man auch mit Stoma ein wirklich angenehmes Leben führen kann. Die Infos aus dem Internet und die Tipps aus der Stoma-Treff Selbsthilfegruppe in Bochum haben mir nach der OP unglaublich geholfen. Auch über die sozialen Netzwerke und über facebook habe ich Hilfe bekommen. Von den Herstellern habe ich mir Proben kommen lassen und verschiedenes ausprobiert. Ich bin immer noch dabei, hab‘ jetzt aber eine Stoma-Versorgung die mir soweit gefällt.
Stoma-Welt: Warum hast du dich dazu entschlossen nicht nur in deinem Buch über deine Erkrankung und dein Stoma zu schreiben, sondern auch öffentlich damit umzugehen?
Firat: Genau in dem Krankenhaus, in dem echt mein Leben gerettet wurde, konnte ich vor wenigen Monaten die Geburt unserer Tochter erleben. Zum Welt-Stoma-Tag am 3. Oktober habe ich auf facebook ein Video mit meiner Kleinen veröffentlicht, auf dem man auch meinen Beutel am Bauch sieht. 60.000 Aufrufe hatte mein Blog an diesem Tag.
Ich habe das Glück mit meiner Familie und dem Buch und möchte damit auch diejenigen ermutigen, die mit dem Stoma nur zu Hause sitzen und sich nicht hinaus trauen. Obwohl es ihnen eigentlich besser geht als vorher oder ihnen das Stoma wie mir das Leben gerettet hat. Ich möchte einfach dieses Tabu brechen und anderen Stomaträgern Mut zusprechen. Und wenn ich dabei noch die Öffentlichkeit sensibilisieren kann, umso besser.
PS: Wie Firat aus der Nummer im Fußballstadion wieder heraus kam, könnt ihr in seinem Buch nachlesen: Firat, das Auto muss weg!
Bildquelle: Screenshot aus TV total, Sendung vom 24.02.2015
von swen1212 » 18.12.2015, 17:52
Hallo Webkänguru,
den Beitrag habe ich mir aus der Videothek runter gezogen - schaue ich mir am Wochenende an.
Deine letzten Worte inspirieren mich eigentlich zu einer Antwort. ...
Es geht grundsätzlich ums Stoma; um den Beutel; eine "Verschandelung der Körpers" - wie auch immer.
Fakt ist, dass man diese Situation nicht ändern kann, ob nun nur zeitweilig oder für immer. Es bleibt einem doch gar nichts anderes übrig, als sich mit dem Beutel "anzufreunden". Es ist so eine Eigenart des Menschen, Probleme nach außen schieben zu wollen. -
Wenn ich mit dem Beutel unzufrieden bin, dann werden das die Anderen spüren und fast schon "solidarisch" auch unzufrieden sein. Gut jenen Menschen, die dann Einhalt bieten.
Wenn ich aber "meinen Beutel" akzeptiere, werden das auch alle Anderen tun. Ich selbst kann sie sogar für begeistern (übertrieben gesagt).
Natürlich gibt es auch Leute, die sich einfach davor ekeln müssen. Sie sind nicht schlecht. Es ist dann so. Ich kenne meine ersten Monate, wo ich mich vor meinem eigenen Beutel ekelte, oder ihn gar entleeren sollte. Es ist auch eine Charakterfrage, wie man damit umgeht. In meinem kleinen Umfeld gab es noch keine negative Reaktion auf den Beutel, obwohl ich nichts verstecke. Es gibt immer dieses Sprichwort: Wie es in den Wald hineinruft, schallt es heraus. Irgendwie trifft das auch hier so zu.
Der Kernpunkt ist: sich selbst so zu akzeptieren, wie es ist! Die Fakten sind nicht änderbar (nicht sofort) aber ich kann meine Seele den Fakten anpassen. - Und das spürt man als Außenstehender sehr genau!
Es soll zum Nachdenken anregen! Liebe Grüße, Swen.
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 27 Gäste
Die Inhalte von www.stoma-forum.de sind ausschließlich zu Informationszwecken bestimmt.
Soweit die Inhalte medizinische Informationen, Hinweise und Empfehlungen enthalten, sind diese zur Unterstützung, aber in keinem Fall als Ersatz für eine persönliche Beratung durch eine qualifizierte medizinische Pflegekraft (z.B. Stomatherapeutin) oder für eine Untersuchung oder Diagnose durch einen approbierten Arzt bestimmt.
Wenn Du uns unterstützen möchtest, freuen wir uns
über eine Spende (deren Höhe in eigenem Ermessen
liegt) zugunsten unseres gemeinnützigen Selbsthilfe-
vereins Stoma-Welt e.V.
Spendenkonto
Empfänger:
Selbsthilfe Stoma-Welt e.V.
IBAN.: DE09 5605 0180 0017 0474 16
BIC: MALADE51KRE
Institut: Sparkasse Rhein-Nahe