Hallo zusammen,
bei der Diagnose (tief sitzendes Rektum Carzinom T3 N0)im September 2005 war ich mit meinen 42 Jahren völlig aus der Norm für so eine Erkankung.
Daher hatten eigentlich auch alle behandelnen Ärzte die Zuversicht geäußerst, dass eine Rückverlegung möglich sei und aufgrund des guten Schließmuskels dies auch im Alltag für mich zu bewältigen wäre.
Dem künstlichen Darmausgang war ich zunächst ziemlich skeptisch gegenüber eingestellt, aber nachdem ich im Krankenhaus einige Musterexemplare gesehen hatte, war es nun nicht mehr so schlimm und nach der OP und während der noch anschließenden Chemotherapie kam ich gut damit zurecht.
Es war ja eigentlich auch ganz bequem, nicht ständig eine Toilette suchen zu müssen und selbst unser kleiner Sohn fand den "Pups-Beutel" nicht mehr schlimm!
Daher hatte ich auch kurzzeitig, aber nicht unbedingt ernsthaft überlegt, keine Rückverlegung durchführen zu lassen.
Allerdings waren die Therapieansätze und die OP darauf ja angelegt, wieder den natürlichen Ausgang zu benutzen und so wurde ich während der Fußball-WM wieder operiert (hatte auch was Gutes, in Ruhe die Spiele zu sehen.....).
Die 7 Tage im Krankenhaus waren zunächst ganz ok; wenig Stuhlgang aufgrund der Aufbaukost und auch keine Schmerzen.
Es wurde mir seitens der behandelten Ärzte deutlich gemacht, dass ein behandelter und operierter Darm lange braucht, um wieder zu "normalen" Verhältnissen zurückzukehren (in der Regel so lange, wie vorher die Therapie dauerte) und ich durchaus bis zu 12 mal am Tag zur Toilette müsste.
Da ich ja nicht wusste wie gut mein Schließmuskel hält, von dem auch noch seinerzeit etwas weggenommen wurde, trug ich in den ersten Wochen dünne Damenbinden in der Unterwäsche.
Diese hatten auch relativ häufig kleine "Bremsspuren", gerade wenn der Stuhlgang nicht so fest war.
Außerdem hatte ich mir eine kleine Nottasche gepackt (Unterhose, Feuchttücher, Mülltüte, Zewatuch) falls mal unterwegs ein Wechsel nötig gewesen wäre.
Dies ist aber in der Erinnerung nur ca. 2 Monate später einmal passiert, dass ich hierfür Verwendung hatte (ich schleppe die Tasche als mentale Sicherheit immer noch mit mir rum, sei es zur Arbeit oder auch im Urlaub).
Auch die Damenbinden trage und brauchte ich nicht mehr, letztendlich hatte mir davon auch mein Gastroenterologe abgeraten (sie sind nicht so atmungsaktiv und lieber die Unterhose wechseln/Baumwolle, nicht Microfaser).
Allerdings war mir nach 2 Wochen zu Hause mit anderen Essgewohnheiten und als der Darm wieder anfing richtig zu arbeiten, die Lust schon ein wenig vergangen und ich hätte gerne den Beutel zurück.
Ständig musste man auf die Toilette, es fing an weh zu tun und die Gedanken kreisten nur darum, wann man wieder müsste.
Mein obiger Arzt und natürlich meine Frau machten mir aber Mut, dass dies ja nun nur der Anfang nach der OP sei und außerdem sich der After erstmal wieder an diese Belastung gewöhnen müsste, incl. der umliegenden Hautpartien.
Ich bekam Salofalk als Zäpfchen gegen die Schmerzen verschrieben und eine leichte Kortisonsalbe für die Haut.
Beides benutze ich, toi, toi, toi, seit vielen, vielen Monaten nicht mehr.
Und es stimmt, dass die Reizungen und auch die Schmerzen stark bis ganz zurückgegangen sind. Was bleibt ist das ab und zu mal ein bißchen Blut im Toilettenpapier ist, falls man tatsächlich einen argen Tag erlebt und der After durch das Abtupfen zu stark gereizt ist.
Ansonsten kommen die Reizungen nur noch durch die Nahrung.
Einige Dinge, wie z. B. Milch oder Milchprodukte oder übermässig Schokolade vertrage ich nicht mehr bzw. nicht mehr so gut, obwohl ich hierauf nicht allergisch reagiere.
Der Darm ist von der Schleimhaut und/oder der Bestrahlung einfach zu angegriffen.
Stark gewürzte Speisen, manchmal auch Senf/Ketchup oder Salatdressing mit vielen Kräutern führen entweder zum Durchfall oder der Hintern tut halt weh.
Eine ganze Zeitlang hatte ich mich auch nicht an Salat generell herangetraut, dass ist aber wieder vorbei.
Hülsenfrüchte oder halt blähende Speisen esse ich dann nur als Beilage in relativ kleinen Mengen.
Ansonsten versuche ich die Milchproblematik durch Sojajoghurt oder halt laktosefreie Milch/Milchprodukte auszugleichen.
Fisch vertrage ich ganz gut, obwohl ich bisher kein Fischesser war. Kartoffeln und Bananen verlangsamen den Stuhlgang.
Mittlerweile versuche ich schon, wieder ein wenig kreuz und quer zu essen. Ich nehme dennoch nicht zu, aber auch nicht ab und wiege jetzt zwischen 69 und 71 kg statt vorher 74 bis 76 kg bei 1,81 M.
Allerdings merkt man jetzt viel eher, wie der Darm auf das Essen reagiert.
Ich habe Tage, da muss ich gar nicht auf die Toilette und an anderen Tagen ist alles ein wenig weicher und schon nach 2 - 4 mal alles raus.
Dann gibt es aber auch Tage, da kommt es aus dem Darm eher wie Vogelpups raus und das dauert dann schon alles länger. Dann verbringe ich den ganzen Abend mit Unterbrechung halt auf der Toilette.
Dadurch das ich auch wieder angefangen bin zu arbeiten (z. Zt. allerdings nur 33 Std. wtl.) und der hierdurch bedingten regelmäßigen Essenszeiten sowie durch Sport treiben hat sich der Stuhlgang allerdings überwiegend auch auf feste Zeiten eingespielt (meistens spät nachmittags bis spät abends oder seltener früh morgens).
Nach dem OK meines Arztes darf ich in Ausnahmefällen, z. B. im Flugzeug auch Immodium akut nehmen, um den Stuhlgang kurzzeitig zu unterdrücken.
Dass ich mich unterwegs ansonsten immer informiere, wo gerade Toiletten sind, wird aber wohl immer so sein; allein um die Sicherheit zu haben.
Wenn ich bedenke, wo ich im September 2005 bei der Diagnose stand und das mit dem heutigen Stand vergleiche, dann habe ich sicherlich viel Glück im Unglück gehabt und die Rückverlegung war die richtige Entscheidung.
Trotz aller vorhandenen vermehrten Darmtätigkeit und den damit verbundenen Einschränkungen ist die Normalität in den Alltag zurückgekehrt und die Gedanken kreisen längst nicht mehr so häufig um die Krankheit, wie noch vor Monaten.
Ich schreibe meine Erfahrungen auch daher ins Forum, da ich unter einem anderen Thema (Abgabe nicht mehr benötigter ConvatecProdukte) u. a. gebeten wurde, etwas hierzu ins Forum zu stellen.
Vielleicht hilft es auch denjenigen, bei denen eine Rückverlegung gerade erfolgt ist oder noch ansteht.
Viele Grüße
Thomas
von Webkänguru » 08.07.2007, 11:59
Hallo Thomas, hallo Steffen,
vielen Dank für eure Erfahrungsberichte. Vielen Betroffenen, die vor einer Rückverlegung stehen, gebt ihr damit die Möglichkeit, sich auf die Situation nach der Rückverlegung einzustellen. (Auch wenn natürlich der Verlauf bei jedem individuell unterschiedlich sein kann, da ja immer unterschiedliche Erkrankungen und Therapien vorliegen.)
Danke und Grüße,
euer Webkänguru
von dehacoe » 09.07.2007, 12:06
Hallo Thomas,
schön das Du den Beitrag auch noch ins Forum gestellt hast. Er wird vielen Rückverlegungskandidaten weiter helfen.
Alles Gute und viele Grüße
Dietmar
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