von venus » 20.09.2006, 14:24
Hallo!
Durch Zufall kam ich vor einiger Zeit auf euer Forum und habe mir interessiert einige Beiträge angeschaut. Verblüfft war ich, wie offensiv viele von euch mit dem Stoma umgehen konnten. Das fällt mir manchmal noch schwer, auch wenn ich schon seit 1985 Stomaträgerin bin und einen erfolglosen Rückverlegungsversuch hinter mir habe mit dem Ergebnis, dass nun nichts mehr zu ändern ist.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass die meisten Leute zwar nicht negativ, aber überrascht, vielleicht sogar hilflos reagieren, wenn sie hören, dass ich ein Stoma habe. Trotz vieler recht postiver Erfahrungen fällt es mir schwer, darüber zu reden, weil die erste Erfahrung, die ich gemacht habe, die unangenehmste war. Als ich das Stoma bekam, meinte meine Mutter: ihh, wie eklig!, bevor sie aus dem Bad rannte. Seitdem denke ich manchmal selbst, dass ich eklig bin - wenn sogar die eigene Mutter das so empfindet. Und dies, obwohl ich danach nie wieder vergleichbare Erfahrungen machen musste.
Manchmal finde ich mich gut mit dem Stoma ab, denke daran, dass es mir nun viel besser geht als in der Zeit, als ich wegen der extremen Durchfälle und vieler Morbus-Crohn-Schübe nichts mehr unternehmen konnte, daran, dass ich nun kaum eingeschränkt bin in meinem Leben (ich laufe, squashe, reise, arbeite, gehe sogar gelegentlich in die Sauna, auch wenn das immer einen gewaltigen Mut erfordert).
Dann aber kommen auch wieder die großen Frustphasen: Warum ich? Wie soll mich denn jemand anziehend finden mit dem Beutel am Bauch? Wie, wenn selbst meine Mutter das eklig findet? Andere sind doch viel attraktiver, da kann mein Freund mich doch gar nicht lieben.
Wie schafft ihr es nur, euch mit Stoma zu lieben, ohne Hemmungen dazu stehen und es auch noch gut zu finden?
Vielleicht könnt ihr mir ja Tipps geben, damit ich nicht immer wieder in die Selbst-Hasser-Phasen gerate?
Viele Grüße,
Venus
P.S. Diesen Namen hat mein Freund mir verpasst, wenn auch noch zu einer Zaeit, als er noch nichts von meinem Stoma wusste. Allerdings behielt er diesen Kosenamen für Mails und sms bei, nachdem ich ihm von meinem Stoma gebeichtet habe.
von tina1301 » 20.09.2006, 15:58
Also ich bin ganz schnell mit meinem Stoma klargekommen.
Hätte ich es nicht, würde ich nicht leben. Was ist da also besser?
Ich habe zwei süße Kids einen Welpen und mein Schatzi, die immer zu mir halten und mir helfen.
Also fang einfach an es positiv zu sehen.
Habe mein Stoma seit Feb. 06 und will noch keine Rückop. Jetzt bin ich schmerzfrei, mir geht es gut. Aber was ist danach???
Gruß Tina
von Mücke » 20.09.2006, 17:27
Hallo
Als ich mein Stoma vor 2Jahren bekam gab es auch keine andere Möglichkeit,sonst wäre ich heute nicht mehr hier.Ich bin ein positiv denken der Mensch,sonst hätte ich die schlimmen Jahre meinem MC gar nicht über standen.Ich bekam Mc mit 18.Da fängt das Leben erst richtig an.Ich hatte immer Höhen und Tiefen.Auch heute noch.Meine Schwiegermutter sagte damals im Krankenhaus zu mir: Das darfst Du nicht jedem erzählen,das macht man nicht.Ok die sind eine andere Generation.Meine Mutter konnte sich das ganze auch nicht vor stellen,wie ich damit klar kommen soll.Als ich zu Hause war sagte ich zu meiner Muttersie soll ins Bad kommen ich würde ihr das ganze jetzt zeigen und erklären,da war sie ganz erstaunt.Wir müßen jeden Tag genießen an dem es uns gut geht.Auserdem haben Gesunde auch schlechte Tage und Tiefs.
Viele Grüße Mücke
von Monsti » 20.09.2006, 17:39
Hallo Venus,
die damalige Bemerkung Deiner Mutter war nicht nur denkbar unpassend, sondern auch (sorry) saudumm. Bitte ziehe Dir diesen Schuh nicht an, versuche Dich davon zu distanzieren! Ich weiß, das ist mitunter nicht so einfach (hatte gerade ähnliches in meiner Familie), aber versuch's.
Andere sind doch viel attraktiver ...
Wie schafft ihr es nur, euch mit Stoma zu lieben ...
von venus » 20.09.2006, 18:55
Danke für eure Antworten.
Auch für mich gabs damals nur topp oder flopp. Also topp, aber es ist nicht immer leicht, das stoma als topp zu sehen. Oft klappt es ja auch. Wär trotzdem schöner ohne. Aber es bringt nichts, sich unmögliches zu wünschen, macht nur bitter und unglücklich.
Ich weiß, dass der Spruch meiner Mutter saudoof war - wie so einige. Und ich weiß, dass die Attraktivität eines Menschen nicht allein vom Äußeren abhängt, das sich ja eh im Laufe der Zeit ändert. All das ist mir durchaus bewusst, aber dennoch .... manchmal hadere ich mit meinem Schicksal, selbst nach 22 Jahren Stoma-Erfahrung wünschte ich es manchmal dahin, wo der Pfeffer wächst.
Aber was solls? Sollte mich jemand wegen des Stomas nicht mögen, ist er/sie es nicht wert, dass ich ihm/ihr hinterher trauere. Das sagt nichts über meine Liebenswürdigkeit aus, sondern nur über seinen/ihren Charakter.
Das Positivste an den langen Krankenzeiten, die nun glücklicherweise hinter mir liegen, war eigentlich, dass man dadurch wahre von vermeintlichen Freunden unterscheiden lernte.
Danke für Eure Aufbauhilfe. Werde mich bemühen, künftig den Blick auf das Positive der Erkrankung und des Stomas zu richten, darauf, was mir nun wieder möglich ist: nämlich alles!
Danke!
Liebe Grüße,
Inge
von Monsti » 20.09.2006, 19:53
Hallo Inge,
Werde mich bemühen, künftig den Blick auf das Positive der Erkrankung und des Stomas zu richten, darauf, was mir nun wieder möglich ist: nämlich alles!
von Frau Lachmann » 21.09.2006, 11:57
Hallochen,
ja, ich liebe mein Stoma!
Mir ging es vorher sehr schlecht und mit Stoma geht es mit 1.000 mla besser und das bekommt mein Umfeld auch mit und schon deswegen kann gar keiner was negatives sagen.
Meine Mutti will mein Stoma aber auch nicht sehen, weil es sie an die schlimmen Zeiten erinnert, als ich Krebs hatte und sie auch traurig ist, daß ich "das" auch noch ertragen muß. Nun gut, dann sieht sie es halt nicht, es kann ja auch nicht jeder Blut sehen! *lach*
Für mein Wohlbefinden lege ich viel Wert auf schöne Kleidung, die meinen extremen Kugelbauch (obwohl ich schlank bin) gut verstecken. Ein weiteres "Hobby" von mir ist auch schöner Schmuck, so schmücke ich mich im wahrsten Sinne des Wortes, denn mein nackter Körper ist wahrlich keine Schönheit, nicht nur die Narben stören, sondern eben auch die verschobenen Proportionen wie Kugelbauch, kein richtiger Hintern, schiefe krumme Beine = eins kürzer als das andere... :feiern:
Also so bin ich innerlich ein Mensch, der sich jetzt wohlfühlt und nach außen zeige ich das auch!
Ich wünsche Dir, daß Du Dich auch bals selber wohlfühlst, dann wirst Du sehen, daß so´n Beutelchen gar nicht so schrecklich ist.
LG Lachi
von Waltraud Mayer » 21.09.2006, 12:44
Ich liebe mein Stoma nicht unbedingt, aber ich brauche es um leben zu können, also hab ich mich von Anfang an damit arrangiert,die Einstellung zu mir oder meinem Körper hat mein Stoma nicht wirklich geändert. Laß mich halt ungern nackt sehen, liegt aber auch an der Gewichtszunahme und den daraus resultierenden Speckfalten... aber ich mag mich nach wie vor...
LG Waltraud
von Sabine049 » 21.09.2006, 19:38
Hi und willkommen Venus-Inge,
also ich gehöre zu den wenigen, die in das "Ding am Bauch" sprich Stoma einst anus praeter vernarrt ist.
Ich möchte es nie wieder missen weder für gute Worte noch ne Menge Kohle.
Mein Stoma war das Ultima-Ratio. Für meinen GöGa *Krümi* war dieses nie ein Grund mich weniger zu lieben und zu mögen. Als wir uns kennenlernten war ich bereits übersät mit Narben und hatte mein augmentiertes Ileumpouch quasi Ersatzblase. Hinsichtlich Stoma hat er keinerlei Berührungsängste, wir lieben uns; und während des GVK bzw. finalen HP lösen sich all meine Ersatzteilchen in Luft auf, d.h. sie sind derweil völlig irrelevant.
Inge und Lachi selbst meine Mutter hat, obwohl ich das Kolostoma seit dem 17. Febr. 04 habe und mir in der Kind- und Jugendzeit Doppelläufige Stomata temporär angelegt worden waren, m.W. noch niemals meinen kleinen K*cker in Augenschein genommen bzw. fragt ihrerseits niemals nach, wie es mir mit dem Stoma geht. Für sie ein Tabu- und Reizthema, dazu werde und möchte ich mich allerdings in keiner Weise näher erklären und äußern.
Hingegen engsten Freunden gegenüber ich völlig unbefangen über mein u.a. Stoma berichten kann, selbstverständlich habe ich Grenzen gesetzt, insofern, dass ich nicht jedem x-beliebigen meine Litanei herunter rattere.
Lachi nun jou ... die verlagerten teils unproportionierten Körperteile tendieren mich mittlerweile peripher. Ich möchte weder C. Schiffer noch Madame Beckham Konkurrenz machen :D; habe selbst meinen inzwischen breiteres Becken bzw. Popäckchen bedingt durch meine überwiegende sitzende "Tätigkeit" im Rolli akzeptiert. Leute, die mich aufgrund meiner Behinderungen rigoros und vehement ausgrenzen, ihren verschrobenen Klischeevorstellungen nach vorurteilsbeladen ablehnen oder mich gar öffentlich als unattraktiv und "undienlich" halten, werde ich zukünftig mit völliger Ignoranz und "LMA-Einstellung" abblitzen und links liegen lassen, aus meiner Sicht profilneurotische oder extravagante Personen, die schlichtweg arm im Geiste sind.
Abschließend wer _nur_ wenige Tage, nun gut, Wochen sowohl unfähig war Stuhl als auch Wasser zu halten (Inkontinenz), kann nur annähernd meine Einstellungen und Gedankengängen halbwegs adäquat nachvollziehen.
Sicherlich fahren meine Emotionen oftmals Achterbahn, aber weniger wegen meiner Behinderungen sondern aufgrund der teilweise "dekadenten" ethisch und unmoralischen Fehleinschätzungen, beruhend auf Inkompetenz und Dummheit, dem behinderten Mitmenschen gegenüber.
Ich erlebe es tagtäglich erneut; bin ich gut drauf, strahle Zuversicht, Optimismus und Lebensfreude aus, begegnen mir das gros der Mitmenschen in meinem Umfeld offen, hilfsbereit aber keineswegs aufgesetzt oder mitleidsvoll, hingegen bei trüber oder gar Untergangsstimmung treffe ich i.d.R. auf Mitmenschen, die mir permanent verbal auf den Füssen herumtreten.
Fazit: Die Zauberworte lauten:
Zitat:
Ausstrahlung und Persönlichkeit inklusive Selbstbewußtsein und -wertgefühl!
Ein biblisches Zitat: >Liebe deinen Nächsten wie dich selbst<
Liebe Grüße Sabine
von Monsti » 21.09.2006, 20:17
Hi Inge,
kleiner Nachtrag zu meinem obigen Posting: Mir geht's wie Waltraud. Ich kann nicht behaupten, mein "Spuckerle" wirklich zu lieben, obwohl ich es meist liebevoll behandle. Immerhin hatte mir die Stomaanlage das Leben gerettet. Schon deshalb wird es wertgeschätzt.
Aber ich definiere mich nicht als Mensch mit Stoma, sondern zu allererst als der Mensch, der ich bin und auch schon vor meiner Ileostomie war, mit meiner Ausstrahlung, meinen Interessen, meinem Standort innerhalb der Gesellschaft ... naja, und irgendwann: nebenbei seit gut 2,5 Jahren auch mit einem Ileo-Spuckerle.
Andere sind schwer übergewichtig, haben Pickel, Haarausfall, Hängebusen, Plattfüße, Hörgeräte, Herzschrittmacher, Brillen wie Glasbausteine, haben andere, z.T. viel schlimmere chronische Leiden, werden vom Ehemonster ständig verprügelt, haben tierische Sorgen mit ihren Kindern, sind psychisch schwer krank, süchtig ... (Liste endlos fortsetzungsfähig) - schau Dich um!
Wir Stomaträger sind ganz klar schwerbehindert, aber in einer Form, die Otto-Normal-Mensch auf der Straße niemals wahrnehmen wird. Genauso ist es doch bei vielen anderen Einschränkungen.
Ich persönlich versuche mich mit allem zu versöhnen, was ich nicht ändern kann (dazu gehört u.a. mein Stoma, siehe meine Signatur). Gibt es etwas, was mich im Leben stört bzw. unzufrieden macht und wo ich eine Einflussmöglichkeit sehe, tue ich alles, um eine Veränderung zu erreichen.
Ups, das war mehr, als ich eigentlich schreiben wollte. Habe mal wieder laut vor mich hergedacht. Aber vielleicht ist das eine oder andere eine Hilfe für Dich.
Liebe Grüße von
Angie
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