von NatzRatz » 22.01.2020, 01:32
Hallo zusammen,
Wir sind neu hier...ich hab ein wenig quer gelesen, aber noch nicht die passende Antwort für uns gefunden..
Mein Mann hat nach 7 Wochen Krankenhaus und 5 Operationen ungeplant und unerwartet 2Stomata.
Ein ursprünglich protektiv geplantes Loop-Ileostoma, welches zum einen sehr retrahiert, zum anderen sehr weit unten angebracht ist, zum anderen ein endständiges Descendocolostoma, da der komplette descendens Ast nekrotisch wurde.
Es bestehen noch 6cm Rektum stumpf.
Daher ist geplant in 6monaten zu überprüfen, ob evtl eine Rückverlegung möglich ist.
Im besten Fall wird dann erst das Colostoma rückverlegt..im Juni/Juli..Ende des Jahres dann das Ileostoma.
Sollte das nicht möglich sein, wird wohl das Ileostoma rückverlegt und das Colostoma bleiben.
Jetzt die Frage..mein Mann ist 47 Jahre und natürlich noch voll berufstätig.
Sollten wir jetzt schon einen Behindertenausweis beantragen, auch wenn nicht klar ist, wie es weiter geht..gibt es Möglichkeiten beide Stomata anzugeben
Welche Vorteile hat das, außer Verbilligter Eintritt etc..Steuer??
Und ist es wirklich sinnvoll dem Arbeitgeber zu sagen, wenn man einen Schwerbehinderten Grad hat..
Bin gerade etwas überfordert mit dem ganzen Zeug..
Krankengeld, Stoma Versorgung, Krankenkasse, Arztbesuche..
Da sich ein großer bauchabszess mit Peritonitis entwickelt hatte, konnte die große Bauchwunde nicht mehr genäht werden und muss nun, nach wochenlanger VAC Therapie , alleine zuheilen...das wird auf jeden Fall auch noch 6-8 Wochen dauern...
Sorry für den vielen Text..
Ich freu mich über ein paar Tips.
Ganz liebe Grüße
Natalie und Mann
von Renni » 22.01.2020, 10:14
Hallo Natalie,
ich begrüsse Euch Beide herzlich im Forum.
Die Fragen betreffen die Auswirkungen von Behinderung nach Stomaoperationen.
Der Nachteilsausgleich bei Behinderungen wird erst nach Behandlungsabschluss und einer Wartezeit von einem 1/2 Jahr bewilligt. In den Krankenhäusern und Reha-Kliniken gibt es einen sozialen Dienst um diese Fragen zu beantworten. Wichtig ist dann im Antrag, alle aktuellen Ärzte anzugeben und zu informieren. Zur Beurteilung durch das Versorgungsamt müssen alle Einschränkungen z.B. Medikamente, häufige dünnflüssige Ausscheidungen, Stomaversorgungswechsel u.s.w. eingetragen werden.
Ihr könnt das Thema der Behinderung erst einmal aufschieben.
Liebe Grüsse und gute Besserung
Renate
von NatzRatz » 22.01.2020, 12:42
Liebe Renni,
Vielen Dank für deine Antwort.
Das hat uns sehr geholfen.
Liebe Grüße
von Merlina » 22.01.2020, 13:33
Hallo „Natalie und Mann“,
willkommen im Forum!
Das war in den letzten Wochen sicher keine leichte Zeit?!?!
Ich drücke Euch die Daumen, dass es jetzt bergauf geht und alles gut verheilt!
Wer starke Beeinträchtigungen durch die gesundheitliche Situation hat, kann den GdB beantragen und die Vorteile nutzen, die für die persönliche Situation passen. Es entstehen schließlich viele Kosten und Sonderbedingungen, die auch getragen werden wollen.
Ich sehe es so, dass dies Erleichterungen sind, die einen kleinen „Ausgleich“ ermöglichen, also warum verzichten?
Ob Dein Mann es dem Arbeitgeber sagt, ist später eine andere Frage. Er ist dazu nicht verpflichtet. Er muss es ja nur offenlegen, wenn er die Vorteile am Arbeitsplatz nutzen will. Das kann z.B. den Arbeitsplatz/Schreibtisch betreffen, falls umgebaut werden muss, und er kann, wenn er 50 GdB oder mehr hat, 5 Tage mehr Urlaub beanspruchen.
Nach einer so schwierigen Phase, oder falls er doch für längere Zeit sein Stoma behält, könnte das evtl. attraktiv sein.
Es gibt noch weitere Vorteile, die den Arbeitsplatz angehen, z.B. falls die Firma einen Sozialplan aufstellt. Auch wenn das jetzt nicht Thema ist, nach so einer komplexen OP macht es m.E. Sinn einen GdB zu beantragen. Mit den von Renny erwähnten Fristen kenne ich mich nicht aus.
Was den Grad und die Einstufung angeht, findest Du hier https://versorgungsmedizinische-grundsa ... belle.html eine erste Orientierung.
Viel Glück für Euch!
Merlina
von Butterfly » 22.01.2020, 14:12
Hallo
Ich kann Rennis Aussage nur bestätigen. Bei Ileostoma und Sepsis wurde mir mein GdB von 20 (wegen Colitis ulcerosa) auf 30 erhöht. Grund: Eine Rückverlegung sollte sich positiv auf den Gesundheitszustand auswirken. Zu dem damaligen Zeitpunkt war ich 24/7 an der künstlichen Ernährung, auf Pflege angewiesen und eine mögliche Verrentung wurde angesprochen. In die Bewertung fliesst auch die Prognose ein - deshalb Stichwort Heilungsbewährung. Die 30 gab es nur, weil ab Ileozökalklappe alles entnommen wurde.
Man kann zwar einen Antrag stellen und auf GDB 30 befristet hoffen, um über das Amt eine Gleichstellung zu beantragen, dann muss es aber auch dem AG angezeigt werden. Bei Bedarf kann dann ein Verschlechterungsantrag gestellt werden, sollte es nicht zur RV kommen. Vergünstigungen Steuer gibt es an GDB 50. Für Museen etc. - wenn überhaupt - meist ab 80. Nur in südlichen Ländern (Kroatien, Italien) lohnt ein Behindertenausweis. Weil dort das Versorgungssystem anders ist, hat man in staatlichen Museen vergünstigten oder freien Eintritt. Sofern ihr also nicht plant für 3 Monate in Italien zu urlauben und alle Museen durchzugehen, würde ich das Thema erst einmal aufschieben und den Sozialdienst in der Reha einfach machen lassen. Auswandern lohnt nicht - dann muss man den Ausweis wieder abgeben... ;-)
Viele Grüsse
Butterfly
von Trudi » 22.01.2020, 16:56
2 Stomata, v.a. schlecht zu versorgende rechtfertigen einen GdB von mindestens 50.
Dazu kann man zumindest den Orangenen Parkausweis beantragen, der allerlei Parkerleichterungen verschafft oder sogar den blauen EU-Parkausweis, der dann berechtigt, aud den Rolli-Parkplätzen zu parken!
Hier unter Verdauungsorgane o.ä. nachlesen
http://www.gesetze-im-internet.de/versm ... 00008.html
Für den Parkausweis braucht man das Merkzeichen aG "außergewöhnlich gehbehindert", das bekommt man uU aber auch, mit diesen 2 Stomata, wenn diese schlecht zu versorgen sind.
https://www.vdk.de/deutschland/pages/te ... ze?dscc=ok
Stellt einen Antrag auf den Schwebi-Ausweis, schreibt dafür ALLES auf, was euch im täglichen Leben behindert, denn es wird i.d.R. nach den Behinderungen entschieden, nicht nach Krankheiten oder Diagnosen. Macht Fotos von den Stomata und der ungünstigen Versorgungssituation. Den Antrag kann man online runterladen oder bei der Gemeinde/Stadt holen und selber ausfüllen. Wenn ihr die Befunde und Berichte als Kopien dazutut, könnte es schneller gehen als wenn sich das Versorgungsamt alle Berichte noch selber organisieren muss.
Viel Erfolg, ich hoffe, ich konnte euch helfen!
von Butterfly » 22.01.2020, 17:06
Hallo Trudi
Das ist alles richtig, was du schreibst - und auch vernünftig. Jedoch sobald nur in irgendeiner Kopie steht, dass auch nur eines der Stomata in 3-6 Monaten evtl. zurückverlegt wird, wird der GDB nicht so hoch eingestuft. Die Versorgungsämter wollen sich dann Arbeit sparen, stufen niedriger ein mit Verweis und befristen. Bei Widerspruch dauert es ggf. sogar länger auf den GDB zu kommen, als zum gegebenen Zeitpunkt den Antrag zu stellen.
Deshalb würde ich nicht zu viel Energie jetzt darauf verschwenden und die Reha alles in die Wege leiten lassen. Damit geht man mit den eigenen Ressourcen und Nerven schonend um. Wenn man dann Bescheid bekommt, aber auch klarer sieht, wie es weitergeht, kann man entweder Widerspruch einlegen oder die Frist verstreichen lassen und kurz drauf einen Verschlechterungsantrag stellen.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist schwer auseinanderzuhalten, was eine dauerhafte Behinderung darstellt und was ggf. auch noch im Rahmen der Erholung von der OP liegt. Das Abwarten der Reha kann insofern sogar sinnvoll sein, weil in der Reha eine psychologische Betreuung erfolgt und hierdurch ggf noch ein Befund vorgelegt werden kann, der nicht nur die körperliche Beeinträchtigung, sondern auch die psychische Belastung bestätigt.
Es wäre falsch zu einem so frühen Zeitpunkt Erwartungen auf ein leichtes Verfahren zu wecken, wenn die Versorgungsämter eher knauserig sind und auf Zeit spielen.
Recht haben und bekommen sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Mir wurde damals ein GDB von 80 von einem Juristen zugesichert, der darauf spezialisiert ist und es wurden 30. Nicht, weil der Jurist unfähig war, sondern weil stand, dass in den nächsten 12 Monaten evtl. das Stoma zurückverlegt werden könnte. Das hat damals dem Gutachter gereicht die chronischen Schmerzen und PE-Pflicht mit Portanlage als vorübergehend zu bewerten. Hier musste ich dann nachweisen, dass es nicht der Fall ist und das ging nur über die Zeit.
Viele Grüsse
Butterfly
PS: Natalie, du hast gerade gepostet, dass es keine Reha/AHB gibt. Das ist durchaus möglich. Wollte dein Mann sie nicht? Möchte er dann das Hamburger Modell machen? Auf jeden Fall sollte er den Betriebsrat ins Vertrauen ziehen, damit bereits vor seiner Rückkehr ein Schrank im Behinderten-WC aufgestellt wird, indem er Wechselkleidung, Stomamaterial und Wundverbände lagern kann. Bei einem „unauffälligen“ Kleidungsstil bekommt niemand mit, wenn er wegen der Wunde oder dem Stoma mal was wechseln muss. Gleichzeitig zieht er nicht mit einer Tasche in der Gegend rum. Der Betriebsrat ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Den Schrank kann der BR über Rehabedarf ordern. So geht es an HR und Chef vorbei.
von NatzRatz » 22.01.2020, 17:14
Hallo
Vielen Dank für eure Mühe.
Leider gibt es keine Reha und er soll auch trotz offener Wunde ab Februar wieder in die Arbeit, da er weitgehend einen Bürojob hat (Ingenieur)
Und es wird erst in 6monaten kontrolliert, ob man evtl die Stoma zurück verlegen kann.. zumindest eines
Grüße
von NatzRatz » 26.01.2020, 01:30
Hallo nochmal Butterfly,
jetzt lese ich gerade deinen Zusatz..
das Thema Reha oder AHB wurde uns nie angeboten und von uns auch nicht angesprochen auf die Idee sind wir gar nicht gekommen.
eine Wiedereingliederung steht so auch nicht im Raum, sein Chef hat gesagt dann soll er lieber 2 Wochen länger zu Hause bleiben
ach ist das alles kompliziert
von Trudi » 26.01.2020, 03:10
Hallo!
Klar, dass der Chef das so sagt!
Wenn dein Mann noch ein bissi länger fehlt, ist das leichter zu überbrücken als wenn er bei einer Wiedereingliederung um 14.00 "Servus" sagt.
Die Wiedereingliederung steht ihm zu!
Und zwar mit steigender Stundenzahl über die Dauer der Zeit, wie er auch krankgeschrieben war. 3 Monate krank macht 3 Monate Wiedereingliederung, die auf Antrag nochmal um die gleiche Zeit verlängert werden kann.
Nennt sich BEM.
Der Chef muss es anbieten, dein Mann kann es ablehnen, aber nur der!
Mit offener Wunde arbeiten?
Wenn da ein Keimmreinkommt, bringt ihn das schneller ummals jede andere Krankheit das könnte! Entschuldige, aber das ist völlig unvernünftig! Egal ob sauberer Bürojob oder Müll sortieren.
Einen RehaAntrag könnt ihr auch jetzt noch stellen,,zwar nicht mehr über den Sozialdienst des Krankenhauses, sondern über den Hausarzt, aber das geht.
Wntschuldige wieder, aber was war das für ein.Saftladen von Krankenhaus?
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