von Webkänguru » 02.05.2016, 12:40
Hallo zusammen,
nachdem wir auch hier im Stoma-Forum in den vergangenen Jahren immer mal wieder über das Thema Hilfsmittel-Ausschreibung diskutiert haben, vor allem im Zusammenhang mit der Hilfsmittel-Versorgung bei Inkontinenz, betrifft es jetzt auch uns Stomaträger direkt. Mit der KKH hat die erste Krankenkasse in Deutschland die Stoma-Versorgung für ihre Versicherten ausgeschrieben und rückt damit von der etablierten Vertrags-Praxis ab.
Wir haben dazu heute folgenden Artikel auf Stoma-Welt.de veröffentlicht. Wir posten ihn auch hier um euch Gelegenheit zu geben, über die aktuelle Situation zu diskutieren und Fragen los zu werden:
Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) hat als erste Kasse eine Ausschreibung für die Stomaversorgung ihrer Versicherten gestartet. In anderen Bereichen haben Ausschreibungen bereits zu massiven Einschränkungen geführt. Das Wahlrecht wird begrenzt, der Versorger wird vorgeschrieben und häufig müssen Betroffene auch von der gewohnt guten Qualität ihrer Hilfsmittel Abschied nehmen. Drohen jetzt auch in der Stoma-Versorgung harte Einschnitte?
Der billigste Anbieter gewinnt und erhält das exklusive Recht die Versicherten einer Krankenkasse zu versorgen, das ist das typische an einer Ausschreibung. Versicherten der KKH wird zukünftig vorgeschrieben, von wem sie ihre Stoma-Versorgung erhalten. Dabei werden maximal drei Anbieter zur Wahl stehen, in einigen Regionen vielleicht nur noch ein einziger.
Seit der Gesundheitsreform im Jahr 2007 und der Verabschiedung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) durch die damalige große Koalition haben die Krankenkassen die Möglichkeit, die Versorgung in einzelnen Bereichen über eine Ausschreibung zu vergeben. Vor der Reform rechneten die Versorger über Festbeträge mit den Kassen ab. Danach setzten sich in der Stomaversorgung die heute üblichen Monatspauschalen durch.
Stomaträger blieben bislang von Ausschreibungen verschont. Nach monatelangen Gerüchten ist es nun aber Realität, die KKH vergibt als erste Krankenkasse die Versorgung ihrer Versicherten exklusiv. Welche Folgen Ausschreibungen auch für Stomaträger haben können, das zeigt das Beispiel der Inkontinenz-Versorgung.
Negative Erfahrungen
Wie die Stoma-Versorgung gehören auch Vorlagen und Inkontinenz-Hosen zu den zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln. Durch die Ausschreibungen sind die Monatspauschalen extrem gefallen. Wurden bei einer schweren Harn-Inkontinenz mit unkontrolliertem Verlust des Urins auf Basis der Festbeträge noch 85 Euro für 90 saugstarke Vorlagen im Monat gezahlt, liegt die Pauschale bei einigen Krankenkasse heute bei ca. 17 Euro, einzelne sogar darunter. Eine Reduzierung der Ausgaben um satte 80 Prozent innerhalb weniger Jahre.
Übertragen auf einen Stomaträger mit Kolostoma würde das bedeuten, dass bei einem monatlichen Bedarf von 90 geschlossenen Beuteln und zehn Basisplatten statt der früher über Festbeträge erstatteten 241,60 Euro nur noch eine Pauschale von 48,32 Euro von der Krankenkasse übernommen wird. Das dabei mit harten Einschnitten zu rechnen ist liegt auf der Hand.
Aktuell liegen die Monats-Pauschalen in der Stoma-Versorgung im Schnitt bei etwa 200 Euro. Womit nicht nur die gelieferten Produkte vergütet werden, sondern auch Logistikkosten und die ambulante Betreuung durch Stomatherapeuten.
Mögliche Folgen
Hat die Ausschreibung der KKH Erfolg, ist die Gefahr groß das andere Krankenkassen sich daran ein Beispiel nehmen. Die Folgen wären starke Einschränkungen in der ambulanten Versorgung und in der Betreuung durch Stomatherapeuten. Hier lassen sich als erstes Abstriche machen, ohne die Auswahl und Qualität der Hilfsmittel einzuschränken. Sinken die Pauschalen in den kommenden Jahren aber so stark wie in der Inkontinenz-Versorgung, wird sich das auch auf die Qualität der Stoma-Artikel spürbar auswirken.
Im Zeitalter der Inklusion ist es völlig unverständlich, dass Einsparziele der Krankenkassen auf dem Rücken von Menschen ausgetragen werden, die ohne eine zuverlässige Hilfsmittelversorgung massive Einschränkungen in der Lebensqualität hinnehmen müssen. Das gilt ganz besonders für die Stoma-Versorgung. Wie unser Alltag aussieht, wenn die Stoma-Beutel nicht bis zum Monatsende ausreichen, wenn sie nicht zuverlässig halten oder immer müffeln, das wollen wir uns gar nicht ausmalen.
Wir werden in den kommenden Wochen am Ball bleiben und euch über die weitere Entwicklung informieren.
Quelle: eigene Recherchen
von doro » 02.05.2016, 14:46
Das musste ja einmal kommen.
Von wegen,ihr bekommt,was Euch zusteht.Da könnte es ja passieren,das die Abwurfbeutelchen eine bessere Qualität haben,als die Stomabeutel.
An der Qualität der Inkontinenz Einlagen wird man sich wahrscheinlich vorstellen können,wie die Qualität der Ausschreibung ausschauen wird.
Hmmm, da sollte ich dann wohl doch über eine RV nachdenken - noch geht es ja
Läuft dann wenigstens über die Zuzahlung etwas mehr?
von doro » 02.05.2016, 18:01
Unser Forum ist doch Stimmenmäßig auch nicht gerade minderbemittelt.Können wir da als Interessengruppe nicht etwas bewegen? Das könnte doch ein bischen Wirkung zeigen, wohl doch mehr,als wenn wir jeder Einzeln an unseren Abgeordneten schreiben?
von pia » 02.05.2016, 18:18
[Läuft dann wenigstens über die Zuzahlung etwas mehr?*]
Wahrscheinlich ist es dann so, wie schon jetzt bei Medikamenten , wenn ich z.B Original Novalgin oder L- Thyroxin haben möchte ,Zahl ich den Mehrbetrag dazu.
Dann wohl dem der ein gutes Einkommen ( bzw Rente ) hat.
Grüße
Pia
von doro » 02.05.2016, 18:27
pia hat geschrieben:[Läuft dann wenigstens über die Zuzahlung etwas mehr?*]
Wahrscheinlich ist es dann so, wie schon jetzt bei Medikamenten , wenn ich z.B Original Novalgin oder L- Thyroxin haben möchte ,Zahl ich den Mehrbetrag dazu.
Dann wohl dem der ein gutes Einkommen ( bzw Rente ) hat.
Grüße
Pia
von Webkänguru » 02.05.2016, 18:54
Hallo Doro,
die gesetzliche Zuzahlung ist davon unabhängig. Wer von der Zuzahlung bei Medikamenten befreit ist, ist automatisch auch von der Zuzahlung für die Stomaversorgung befreit.
Wenn wir uns das Beispiel Inkontinenz-Versorgung anschauen, wird es eher so ausgehen wie Pia vermutet. Vielleicht gibt es dann den Kassen-Beutel und wer mehr Qualität haben möchte kann extra drauf zahlen
Viele Grüße,
Christian
von Hanna70 » 02.05.2016, 20:47
doro hat geschrieben:Ich denke da eher an den Höchstbeitrag von 5.00 € und wer von der RP - Gebühr befreit ist,zahlt dann nix dazu.Aber ich bin wahrscheinlich einmal wieder sehr gutgläubig
von doro » 02.05.2016, 22:01
Ihr habt ja recht,weil ich noch nie befreit war,wollte ich einmal versuchen,die Folgen der " Ausschreibung" schön zu reden.Ich fürchte allerdings auch,es wird ziemlich fürchterlich,was auf uns zu kommt.
Wir hier im Forum sind ja GsD etwas aufgeklärter, was in der freien Wildbahn los ist ist an Arglosigkeit z.Teil nicht zu übertreffen.Da bin ich noch gold.
von Renni » 03.05.2016, 08:48
Hallo Ihr Lieben,
es drängen sich mir Fragen auf. Wer hat ein Interesse daran, die Leistungen aus der Sozialversicherungen immer mehr zu kontrollieren und zu kürzen? Zuerst die eklatanten Einsparungen in den Krankenhäusern, beim Personal. Dann die Zuzahlungen bei den Medikamenten. Nun noch die Kürzungen bei den Hilfsmitteln sowie Inkontinenzmaterial und bei der Stomaversorgung. Es hat immer eine Krankenkasse angefangen. Sind wir der Spielball in diesem Geschäft mit der Gesundheit/Krankheit??? Wenn die Qualität der Versorgung sich verschlechtert, braucht jeder mehr Material und die Kosten für die ärztliche Behandlungen steigen durch Hautschäden. Druck auf die Schwächsten auszuüben ist effektiver, denn sie sind abhängig von den Versicherungen im Sozialsystem. Die Patienten haben keine Lobby. Wozu die UN Behindertenrechtskonvention, die Inklusion und die Richtlinie der Hilfsmittelverordungen?
Wo bleibt der mündige Patient?
Liebe Grüße Renate
von pia » 03.05.2016, 12:09
Hallo,
und die Hersteller ?
Irgendwie kann ich mir auch nicht vorstellen ,das die sich das so gefallen lassen. Das sind doch auch Umsatz Einbußen .
Soviele Menschen wird es nicht geben, die mal eben 100 bis 150 Euro für eine bessere Versorgung zu zahlen werden.
Das heißt doch ,sie können auch nur billig Ware herstellen und bleiben auf den besseren Produkten sitzten.
Besorgte Grüße
Pia
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