von Beutelmaus » 10.02.2008, 12:57
Hallo Biggi001,
leider haben Ärzte nicht immer den Freiraum, ihre Patienten so zu behandeln, wie sie es für richtig halten. Es gibt massive Einschränkungen von den Krankenkassen (siehe Budgetierung). Dann kommt, wie auch in meinem Fall hinzu, dass lt. Statistiken die Häufigkeit des Dickdarmkrebses bei Menschen, die jünger sind als 55 Jahren, selten ist. Auf diesen Statistiken werden dann die Leistungen der Krankenkassen aufgebaut. Wer durch das Raster fällt hat nur geringe Chancen.
Ich möchte nicht in der Haut der Ärzte stecken wollen, die die Entscheidung über Leben oder Tod treffen müssen und die
täglich gegen Vorgaben der Krankenkassen kämpfen müssen. Bei vielen Ärzten (zum Glück nicht bei allen) muss man als schwerkranker Patient feststellen, dass Ärzte zuerst an ihre Existenz (Einkommen) denken und erst danach an die Patienten. Viele Ärzte sind an erster Stelle Kaufleute.
So musste meine Strahlenbehandlung um eine Woche unterbrochen werden (davor auch schon um 1-2 Tage in der Woche), weil das Gerät kaputt war. Von den Angestellten der Abteilung Strahlentherapie habe ich erfahren, dass das Gerät am Tag zuviele Patienten (mind. 90) bestrahlen musste u. es keine Zeit für Wartung u. Reparaturen eingeplant werden konnten!!!
Nur nachdem ich intensiv nachgehakt und sehr verzweifelt war, Todesangst hatte, und letztendlich gedroht gabe, die Behandlung in einer anderen Klinik fortzusetzen, hat man mir zugesichert, die Behandlung nicht noch öfter zu unterbrechen. Von einem anderen Arzt habe ich erfahren, dass bei längeren und öfteren Unterbrechungen der Strahlenbehandlung der gewünschte Erfolg der Behandlung nicht gegeben sei. In solchen Notfällen arbeiten KH zusammen um eine Ausweichmöglichkeit zu schaffen. Aber es können nicht alle 90 Patienten weiter behandelt werden.Nur als mein HA in der Strahlentherapie angerufen hat, bekam ich einen Termin beim Oberarzt, der mir zugesichert hat, dass die Behandlung nicht wieder unterbrochen wird. Zuerst sagte der Oberarzt, dass mein Fall Darmkrebs , nicht so schwer wäre u. er die Entscheidung treffen müsste, mit welchen Patienten er in eine andere Klinik die Strahlentherapie fortsetzen würde.Zum Schluss habe ich dem Oberarzt die Frage gestellt, wenn seine eigene Ehefrau an meiner Stelle sein würde, würde er dann auch so entscheiden?
Nachdem die Behandlung (mit einigen Unterbrechungen) abgeschlossen war, hatte der Chefarzt der Strahlentherapie mich darauf hingewiesen, dass er meine Nachsorgeuntersuchungen nicht im KH machen wird (der Chefarzt der Abt. Strahlentherapie ist auch ärztlicher Direktor des KH). Die müsste dann mein Hausarzt übernehmen. Außerdem ist er darauf angewiesen, dass mein Hausarzt weitere Patienten an ihn überweist!!! In dem Augenblick bin ich vor Angst erstarrt und seit dem fällt mir jeder Arztbesuch sehr, sehr schwer. Es hat auch sehr lange gedauert bis ich mich dazu entschlossen habe, diese Zeilen ins Internet zu stellen u. ich überhaupt darüber sprechen konnte.
Durch Zufall habe ich erfahren, dass in dem KH das Gerät immer wieder (jedes Jahr) ausfällt u. dass Patienten mit Metastasen auf ihre Bestrahlung lange warten müssen. Daraufhin habe ich erst den Mut gefasst meinem HA auf die Praktiken des KH anzusprechen. Ob anderen Menschen ein ähnliches Schicksal erspart bleibt, wage ich zu bezweifeln.:angry::angry::mad::mad::mad::heul::heul::heul:
Frage an alle: Wer von euch hätte in so einer Situation ruhig und entspannt bleiben können? Oder sich mit der Tatsache trösten können, dass es mich ja noch gibt!!!
Gruß
Beutelmaus
von Sabine049 » 10.02.2008, 13:48
Hallo,
auch ich bin betroffen, in vielerlei Hinsicht.
Aber ich kann einmal wieder Biggi´s Beitrag uneingeschränkt zustimmen, insbesondere inpuncto: subjektive Befindlichkeit.
Sobald die Emotionen hochkochen und infolgedessen - verständlicherweise - die "ratio" = Verstand ausser Gefecht gesetzt wird, wird ein jedweder Kläger sang- und klanglos untergehen bzw. hinten überkippen. Die Subjektiivität wird dem Kläger schlimmstenfalls zum Verhängnis, auf jeden Fall wird sie ihm grundsächlich falsch und "nachteilig" ausgelegt.
Subjektive Befindlichkeit beinhaltet eine subjektive = unsachliche/individuelle Wahrnehmung.
Subjektiv ist die Sichtweise eines einzelnen Subjekts, eines Betroffenen, der seine persönlichen Erfahrungen, gesammelt hat. Für die Beweislage zählen vor Gericht rein allein objektive Fakten und Indizien = Hinweise, die pragmatisch und objektiv untermauert werden können.
Ohne jeglichen juristisch fundierten Wissen o. einem "Advokaten" unter uns sollten wir das Thema nicht allzu sehr vertiefen. Ein heißes Eisen, welches Blackdog angefasst hat (Brisanz).
Liebe Grüße Sabine
von Angelika » 11.02.2008, 11:41
vor einigen tagen habe ich mich ausgeheult, weil es mir recht sch**** ging.
es kamen dan tips /ratschläge von euch, das ich in behandlung gehen soll und die überlegung anstreben sollte/könnte dagegen vor zugehe.
ich bin dagegen vorgegangen, vor etwas mehr als 1jahr hab ich mit nem anwalt gesprochen. wir haben uns für den weg über die schlichtungsstelle entschieden. und was soll ich sagen, ... die haben mir zugesprochen das man hätte viel früher handeln können/sollen/müssen.
die übereinstimmung zwischen denen und mir ist noch nicht 100%, muss noch mal mit dem anwalt reden, aber ich hab den fuss in der tür.
will noch nicht mehr sagen, wenn alles durch ist aber !!!
nur soviel vorab: ich bin froh das ich den weg gegeangen mit, es macht das geschehene nicht wieder ok, gibt mir meinen darm nicht zurück, aber ich kann von mir sagen "ich hab mich gewährt und diese abfertigung nicht einfach so hingenommen, und das gibt mir ein GUTES gefüll" !!!!
also ich kann dazu nur sagen, sollte auch nur ein geringer verdacht bestehen, das etwas nicht richtig gelaufen ist, sollte man es versuchen, ABER wohlwissend, das am ende auch gesagt werden kann "sorry sie waren zur falschen zeit am falschen ort". aber veruschen sollte man es, meine meinung!!!
von BlackDog » 11.02.2008, 17:25
Biggi0001 hat geschrieben:Ärzte tun ihren Job an Millionen von Leuten, jeden Tag - und jeden Tag mit einem Bein im Gerichtssaal, weil halt leider nicht alles so läuft, wie man sich das gewünscht hätte.
von Monsti » 11.02.2008, 18:10
Hi BlackDog,
gegen eine Klage wegen eindeutiger grober Fahrlässigkeit oder gar absichtlichen Fehlverhaltens hat ja auch niemand etwas.
Ich muss Dir jedoch entgegenhalten, dass wir nun mal keine Autos einer bestimmten Bauart und auch kein standardisiertes Fertighaus sind. Allein an meinem eigenen Körper kann ich Dir diverse Phänomene nennen, die nicht der Norm entsprechen. Solange diese äußerlich sichtbar sind, sollte es kein Problem geben. Schwieriger sind aber Abweichungen von der Norm, wenn sie sich innerhalb des Organismus befinden. Auch reagieren verschiedene Menschen auf die gleiche Maßnahme vollkommen unterschiedlich. Es kommt noch hinzu, dass z.B. OPs nur in der Schönheitschirurgie am gesunden Menschen vorgenommen werden. Es spielen folglich u.a. auch die Vor- und Begleiterkrankungen eine gewichtige Rolle, ob eine medizinische Maßnahme komplikationslos oder leider eben mit Komplikationen verläuft.
Liebe Grüße
Angie
von Nessy » 11.02.2008, 21:55
Hallo Ihr Lieben,
auch ich habe lange überlegt ob ich meinen damaligen Urologen nicht verklagen sollte, habe es aber dann doch nicht getan, weil seine Sprechstundenhilfe/Schwester mir bestimmt nicht mit einer Aussage geholfen hätte, da sie sonst mit Sicherheit ihren Job los währe. Aber die KK habe ich informiert, die haben mich weiter geleitet zum KÄV (Kassenärztlichen Vorstand), denen habe ich meine "Story/Odysse" erzählt und sie waren entsetzt Soweit ich weiß, hat dieser Urologe KEINEN Kassenpatienten mehr:D Und ein anderer Fall, weswegen meine Querschnittslähmung von Th9 auf C5/6 ging, es war ein Lagerungsschaden bei der Anästhesie, einer meiner OP's, ist auch so zu sagen im "Sande" verlaufen, da man dem Anästhesiepfleger, der mir helfen wollte, sagte: "Wenn Sie aussagen sind Sie Ihren Job los" Und außerdem unterschreibt man ja ew. Riesiken usw....! So wurde ich verunsichert und konnte damals auch nicht diese Kosten für einen Anwalt aufbringen. Außerdem hatte ich auch Bedenken, so einen Neven zerreibenden Prozess ohne psychischen Zusammenbruch zu überstehen, wo ich so wie so schon "fertig" :mad::heul: war!!!
Ebenso eine Fall: Ich hatte, während ich im Krhs. lag, einen doppelten Darmverschluss, der erst nach fast einer Woche erkannt wurde, obwohl alle typischen Symtome da waren und auch ein Chirurg darauf hinwies, es war am 2. Tag wo meine Beschwerden anfingen, mein damaliger Stationsarzt es aber mit Nichten ab tat und noch weitere KOSTBARE ZEIT (4 Tage) mich mit unsinnigen Untersuchungen belastete und eine Nachtschwester erst AMOG laufen mußte, damit mir endlich weiter geholfen werden konnte!!! :angry: Auch hier keine Chance zum Klagen!?!:mad::angry:
LG. Nessy
von Monsti » 11.02.2008, 22:30
Hallo Nessy,
Dein letzteres Erlebnis gleicht meinem: Ich hatte eine Bauchfellentzündung mit allem Symptomen, die typisch dafür sind. Aber erst drei Tage später erfolgte die Not-OP. Allerdings glaube ich nicht, dass die langfristigen Folgen (totale Kolektomie und Ilesostomie) anders gewesen wären, hätte man mich zeitnah operiert. Das einzige: Vielleicht hätte ich heute nicht mit so herben Verwachsungsproblemen zu tun. Und wen bitte sollte ich dafür verklagen? Es war damals ein grundsätzliches Problem auf der Station. In erster Linie hatte bei mir das Pflegepersonal versagt, das wichtige Symptome wie extreme Gewichtszunahme (6 kg in 2 Tagen), den unkontrollierten Stuhlverlust, den eindeutigen Teerstuhl und meine Klagen ignorierten. Aber wer von den vielen, die da laufend in unserem Zimmer waren, hatte nun an dem allem Schuld? Es war damals ein Sammelsurium an total blöd gelaufenen Dingen. Das Endergebnis wäre aber auch bei schneller Handlung ziemlich sicher das gleiche gewesen.
Liebe Grüße
Angie
von BlackDog » 12.02.2008, 00:22
Monsti hat geschrieben:Allerdings glaube ich nicht, dass die langfristigen Folgen (totale Kolektomie und Ilesostomie) anders gewesen wären, hätte man mich zeitnah operiert.
Monsti hat geschrieben:Das einzige: Vielleicht hätte ich heute nicht mit so herben Verwachsungsproblemen zu tun. Und wen bitte sollte ich dafür verklagen? Es war damals ein grundsätzliches Problem auf der Station. In erster Linie hatte bei mir das Pflegepersonal versagt, das wichtige Symptome wie extreme Gewichtszunahme (6 kg in 2 Tagen), den unkontrollierten Stuhlverlust, den eindeutigen Teerstuhl und meine Klagen ignorierten. Aber wer von den vielen, die da laufend in unserem Zimmer waren, hatte nun an dem allem Schuld?
von BlackDog » 12.02.2008, 00:26
Wenn ich die Beiträge so lese scheinen mir einige typische Gründe aufzutauchen, die Ursache für die so geringe Anzahl an Arzthaftungsklagen in Deutschland sind:
- der Patient hat keine finanziellen Mittel (und keine Rechtschutzversicherung)
- der Patient fühlt sich psychisch und physisch nicht in der Lage den Prozess durchzustehen
- der Patient ist generell in Unkenntnis von seinen juristischen Möglichkeiten
- der Patient denkt, dass er sowieso keine Chance gegen "die Ärzte" hat
- der Patient nimmt das mit ihm geschehene als "Schicksal" an, ist froh, dass nicht noch schlimmeres passiert ist und fühlt sich deshalb irgendwie den Ärzten solidarisch verpflichtet
BlackDog
von Nessy » 12.02.2008, 03:08
Hallöchen Monsti,
man oh man... da haste ja oooch wat durch und ich glaube, Du bist trotz Allem genau so froh wie ich, noch als tot geglaubte , zu LEBEN
Was die Verwachsungen betrifft, ist meistens Veranlagung, habe ich leider auch zu genüge Endstehen tun die Verwachsungen/Vernarbungen natürlich überwiegend durch multiple OP's, leider :angry:
Aber Monsti, was wir schon alles durch haben, das haut den stärksten Mann/Frau um :D:D Wie gesagt, tot geglaubte leben länger nicht war?
Gute Nacht
LG. Nessy
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