von Rübe77 » 24.11.2009, 01:56
Hallo ihr Lieben,
ich habe eure Diskussion mit großem Interesse gelesen und muss jetzt auch was los werden, da ich den Bewerbunsgschlamassel und die Frage ob ich den GdB angebe oder nicht mir auch wieder bei jeder Bewerbung aufs Neue stelle.
Zur Zeit bin ich auf der Suche nach einem Vollzeitjob, da ich nur Teilzeit arbeite; als Historikerin liegen meine Anstellungsmöglichkeiten überwiegend im öffentlichen Dienst. Bei Stellenausschreibungen des öffentlichen Dienstes steht am Ende immer der nette Satz, dass Schwerbehinderte bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt werden. So weit ich weiss ist dieses Anhängsel ein rechtliches Muss für den Arbeitgeber in diesem Bereich. Inzwischen muss ich mich aber doch fragen, ob dieser Satz ein rein formales Muss ist und nur auf dem Papier existiert, ich aber in der Praxis benachteiligt bin, oder ob ich wirklich einfach nichts finde, weil der Markt so hart umkämpft ist und es dann also nichts mit der Behinderung zu tun hätte. Ich weiss es nicht. Ich werde zu Vorstellungsgesprächen eingeladen und habe u.a. auch schon sehr positives Feedback zu diesen Gesprächen von Arbeitgebern bekommen - aber eine Stelle habe ich trotzdem nicht angeboten bekommen. Gerade für den öffentlichen Dienst, der so knappst, müssten die Zuschüsse, die er für meine Einstellung bekommt, aber doch von Interesse sein.
@ Angie
Deshalb finde ich es sehr interessant, nach welchen Kriterien du als ehemalige Arbeitgeberin bei deinen Einstellungen vorgegangen bist.
Ich habe einen GdB von 100%, aber ohne Merkzeichen. Den GdB gebe ich in der Bewerbung nicht an, nur den Verweis auf Schwerbehinderung. Nun frage ich mich, ob ich diesen Hinweis nicht doch lieber weglasse? Allerdings ist es so, dass ich meine Behinderung nicht ganz verbergen kann, da ich außer dem Stoma eine Sehbehinderung habe, die der Arbeitsgeber beim Vorstellungsgespräch sieht. Ich gehe inzwischen offen damit um und ergreife z.T. auch im Gespräch dazu die Initiative und hatte bisher den Eindruck, dass ich damit gut fahre. Stellt sich die Frage: Sollte man die Behinderung erst im Vorstellungsgespräch ansprechen und im Anschreiben nicht erwähnen? Oder mache ich mich strafbar, wenn ich den Hinweis im Bewerbungsschreiben unterschlage, obwohl darauf in der Stellenausschreibung hingewiesen wird? Grundsätzlich teile ich @ Franks Meinung, dass es keinen Sinn macht, Dinge zu verschweigen, die einen später eventuell in Teufels Küche bringen können und man vielleicht sogar Gefahr läuft, dass ein bereits geschlossener Arbeitsvertrag angefochten wird.
Hat jemand Erfahrung mit Bewerbungen/Einstellungen im öffentlichen Dienst oder Stellen im geisteswissenschaftlichen Bereich? Ich habe mich mit mehreren Leuten unterhalten, aber ich habe den Eindruck dass hier sher viel Unwissenheit (mich eingeschlossen) und vor allem Unsicherheit herrscht.
Viele Grüße,
Angelika
von hmengers » 24.11.2009, 11:17
Hallo Angelika,
strafbar machst Du Dich ganz bestimmt nicht, wenn Du in Deiner Bewerbung Deine Behinderung nicht erwähnst und im Sinne einer offensiven Darstellung (Selbstbewusstsein ausstrahlen) würde ich das auch bei einer Stelle für eine Historikerin wirklich nicht machen. Im Gegenteil. Du schreibst, dass Du eine offensichtliche Sehbehinderung hast. Die erkennt Dein Gegenüber in einem Gespräch sowieso. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Deine Behinderung Einfluss auf deine Arbeitsleistung hat.
Ich drücke Dir die Daumen bei Deiner Stellensuche.
lg.
Herbert
von Rübe77 » 25.11.2009, 00:53
Hallo Herbert,
du meinst also, ich soll es gar nicht reinschreiben und aufs Vorstellungsgespräch ankommen lassen? Aber dann ist ja die Schwerbehindertenvertretung beim Gespräch nicht dabei und ich hätte bei der endgültigen Entscheidung wer genommen wird keine Unterstützung. Allerdings würde mich auch interessieren, wieviel Gewicht die Meinung des Schwerbehindertenvertreters letztlich überhaupt hat. Aber als Laie kann ich das nicht beurteilen.
Als die ersten Bewerbungen anstanden, habe ich mit einer Dame einer Behindertenorganisation gesprochen, die selbst blind oder stark sehbehindert ist. Sie meinte damals zu mir, ich solle es in der Bewerbung ganz am Ende erwähnen, aber nicht weiter drauf eingehen, damit meine Bewerbung dann auf nem extra Stapel landet und nicht in der großen "Masse" untergeht. Aber ich denke, ich folge mal deinem Rat und erwähne es in den nächsten Bewerbungen gar nicht und lasse mich überraschen.
Andererseits: Wenn Vorurteile aufgrund der Behinderung der Grund für Nicht-Einstellung wären, würden sie mich doch gar nicht erst zum Gespräch einladen?
Nein, meine Arbeitsleistung ist nicht beeinträchtigt. Anfangs hatte ich Sorge, ob ich aufgrund des Sehfehlers mit Mikrofllm- / Mikrofichearbeit klar komme, aber es geht viel besser als ich dachte!
Viele Grüße,
Angelika
von hmengers » 25.11.2009, 11:08
Hallo Angelika,
a) Die Schwerbehindertenvertretung hat nichts bei einem Einstellungsgespräch zu suchen. Sie ist nur für schwerbehinderte Mitarbeiter zuständig, also wenn jemand schon einen Vertrag hat.
b) Theorie und Praxis, z.B. der Satz mit der Bevorzugung von Schwerbehinderten "bei gleicher Eignung": Nur bei wenigen Position läßt sich so was exakt vergleichen. Meist ist das subjektiv... Und dann geht es eben darum, wie einem ein(e) Mitarbeiter(in) gefällt. (Ich spreche aus eigener Arbeitgebererfahrung). Ich habe dann (mea culpa ) gerne auch die gut aussehende junge Frau der genau so geeigneten reiferen Bewerberin vorgezogen.
Ich weiß aber auch von Fällen bei Behörden etc. dass der Hinweis darauf, dass jemand einen Schwerbehindertenausweis hat, positiv aufgenommen wurde und zum Arbeitsplatz geführt hat.
Konkret heißt das bei Dir. "Ich habe nicht nur eine starke Brille (oder schiele oder ...), sondern auch einen SBA. Meine Anstellung wird also auf die Beschäftigunsquote angerechnet." Nach meiner Erfahrung führt der Hinweis auf eine SBA schon im Bewerbungsschreiben nicht zu einer höheren Chance auf ein persönliches Gespräch.
Mein Gott, das ist ja ein ganzer Roman geworden. Hoffentlich hilft es Dir weiter.
lg.
Herbert
von Rübe77 » 29.11.2009, 17:51
Hallo Herbert,
ist ja schon ne Ecke her, aber jetzt muss ich endlich mal zurückschreiben
Vielen Dank für deine Tipps, ich werde jetzt gar nichts mehr angeben und es drauf ankommen lassen !
Dass der Behindertenvertreter beim Gespräch nichts verloren hat, ist mir neu, interessant zu wissen! Bei meinen Gesprächen war fast immer einer dabei und ich hatte angenommen, dass er / sie sogar dabei sein muss? (Meine dass mir das auch mal jemand so gesagt hat, gleube beim Arbeitsamt. Aber das soll kein Zweifel an deiner Aussage sein, bist offenbar fit in diesen Dingen hab mal dein Profil angeguckt) Du schreibst dass er nur für MITARBEITER zuständig ist, aber bräuchten behinderte Bewerber in Sachen Nachteilsausgleich nicht hier schon den Interessenvertreter? Ich will jetzt nicht so sehr auf der Behinderung rumreiten, entscheidend ist die Leistung und danach möchte ich auch beurteilt werden, will ja nicht aus Mitleid eingestellt werden, aber gewisse Nachteile sind nun mal Fakt, und die gilt es zu berücksichtigen. So sehe ich das.
Jau, das ist wohl leider wahr, ob geeignet oder nicht ist relativ und subjektiv, und im Zweifelsfall wird der eine oder andere Bewerber eben "geeignet gemacht", wenn Chefe ihn/sie haben will, denke ich. Kann man ja nicht nachweisen, und ich kann mir gut vorstellen, das das bestimmt oft so läuft .....
Viele Grüße und einen gemütlichen 1. Advent
Angelika
von hmengers » 29.11.2009, 19:48
Hallo Angelika,
mit dem Behindertenvertreter ist das wie mit dem Betriebsrat. Der ist auch nur für die Mitarbeiter zuständig, hat aber nichts damit zu tun, WER eingestellt wird. (Hätte ich mir auch verbeten!)
Herbert
von Rübe77 » 11.02.2010, 18:58
Hallo alle zusammen ,
ich muss mal meinem Unmut Luft machen, und weil ich dafür nicht extra einen neuen Fred aufmachen will, schreib ich das mal hier rein.
Oder sollte man doch ein neues Thema aufmachen und es "Schwerbehindertenausweis: Welche NACHteile??" nennen???
Also, ich bin gerade am Bewerbung schreiben. Jetzt wollen die da neben der normalen schriftlichen Bewerbung, dass man zusätzlich ein Online-Bewerbungsformular ausfüllt. Und was sehen da meine Adleraugen? Mann soll den GdB angeben! Natürlich könnte man ja das Feld einfach nicht ausfüllen, das Prob ist aber, dass es sich bei der Stelle um eine Weiterqualifizierung handelt, bei der Leute OHNE Behinderung nicht älter als 32 sein dürfen, Leute mit Behinderung werden bis 40 genommen. Da ich 32 bin und bei Stellenantritt 33 sein werde, muss ich es also angeben. Mein Gdb ist aber mit 100% eingestuft! Wenn ich das so angebe, sind die doch so abgeschreckt, dass sie mich erst recht sofort aussortieren!!! Was mache ich jetzt??? *zu Herbert schielt* Geb ich es nicht an, werde ich zwecks Alter aussortiert, obwohl ich mit der Behinderung nicht zu alt wäre; geb ich es an, schreckt es möglicherweise von vornherein ab! Mache ich mich strafbar, wenn ich den GdB niedriger angebe? Egal wie ich es anstelle, in dem Fall hab ich nur Nachteile durch die Behinderung, es ist doch sch**** !!!! Entschuldigt bitte meine Ausdrucksweise, aber manchmal ist es echt zum Mäusemelken!
Trotzdem danke fürs Lesen!
LG, Angelika
von hmengers » 11.02.2010, 19:47
Hallo,
wenn die Firma schon Leuten mit einem Handicap ein Privileg einräumt, weil diese älter sein dürfen als nicht behinderte, kann es auch sein, dass das gar kein Nachteil ist, sondern ein positives Denken. Das gibt es auch! (Auch Schäuble hat 100 GdB, ich auch...)
Wenn Du mir mal per Mail oder PN den Link zur Online-Bewerbungsseite schickst schaue ich mir den mal an und "sag Dir (nicht BILD ) meine Meinung"
Gruß
Herbert
von Fuffi » 11.02.2010, 19:48
Hi Angelika,
in dem Fall würde ich mit der Tür ins Haus fallen. Den GDB kleiner anzugeben halte ich für falsch, da es dich als Lügnerin hinstellen würde. Ein absolutes No-Go heutzutage. Eine "Nicht-Angabe" könnte man noch mit "vergessen" versuchen zu erklären, aber das hilft dir ja nicht.
Der GdB sagt nicht wirklich viel aus, ich habe z.B. GdB 90 und keiner hält mich auf den ersten Blick für krank. Und ich fühle mich auch nicht so. Ich könnte mir daher vorstellen, dass du mit einem direkten Kontakt zu deren Personalabteilung deine Chancen besser abchecken kannst, als nur über das Formular.
Wenn es noch die staatliche Fördergelder für Schwerbehindertenplätze gibt, muss dein GdB garnicht zu deinem Nachteil sein.
LG, Fuffi
von Rübe77 » 11.02.2010, 20:09
Hallo ihr beiden,
es handelt sich nicht um eine Firma in der freien Wirtschaft o.ä., sondern um eine kulturelle Einrichtung, der es finanziell im Vergleich zu anderen ganz gut geht. Es wäre mein absoluter Traum, dort zu arbeiten, schon immer! Ich war auch schon zu drei Gesprächen bei denen eingeladen, und hatte immer einen guten Eindruck, der lt. Feedback auch auf Gegenseitigkeit beruht (auch wenn ich die Stellen nicht gekriegt habe, leider). Insofern wissen sie aus früheren Bewerbungen eh schon von meiner Behinderung. Das mit dem Online-Zusatzformular gab es bisher aber nicht.
@ Fuffi
Du hast recht, wenn die Lüge auffliegen würde, hätte ich alle Chancen verspielt. Klar sagt der GdB nicht viel über den tatsächlichen körperlichen Zustand aus und wie leistungsfähig man ist, aber meine Überlegung war eben: OK, das weiß ich, das wissen Betroffene, aber sehen Außenstehende das auch so?
Aber wahrscheinlich habt ihr recht, bisher haben sie mich ja mit Behinderung auch eingeladen und scheinen es eher positiv zu bewerten. Also fall ich mit der Tür ins Haus und riskiers!
@ Herbert
Danke für dein Angebot, das ist wirklich nett von dir!! Ich schick dir ne PN. Das Formular ist vom Bund, also nicht von der Einrichtung selbst, und wird auch bei Bewerbungen von anderen Einrichtungen des Bundes verwendet (Ministerien etc.), das sagt also vielleicht allein gar nicht so viel aus. Ich schick dir den Link zur Stellenanzeige mit, dann kannst du dir eine genauere Meinung BILDEN !
Danke, ihr zwei, und lG,
Angelika
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