von Häslein » 06.09.2013, 12:14
Ladies and Gentlemen,
ich hatte gehofft, dass jemand dieses Thema im STOMA Forum zur Diskussion stellt und zunächst abgewartet. Es kam jedoch von keinem einzigen User etwas.
Die FDP will die Stomaversorgung wie Zahnersatz behandeln: Es sollen nur noch Festbeträge gezahlt werden und den Rest muss der Mensch selbst bezahlen. Das ist aus dem Wahlprogramm der FDP.
Ich weiß, dass dieses Forum auch FDP Wähler hat. Lesen die keine Wahlprogramme?
Wer von Euch liest überhaupt das Wahlprogramm seiner bevorzugten Partei?
Ich weiß auch nicht, ob jeder verstanden hat, was dieses für mich [B] asoziale Wahlziel der FDP für jeden einzelnen Stomaträger bedeutet?
Das bedeutet, dass man einen u. U. großen Teil seiner Stomaversorgung komplett selbst aus eigener Tasche bezahlen muss!
Das kann sich nicht jeder leisten und dies bedeutet eine Diskriminierung der Stomaträger!
Wir sind darauf angewiesen, 24 h am Tag eine Versorgung zu tragen. Wir haben nicht die Freiheit zu entscheiden, ob wir heute ohne Beutel oder Stomakappe aus dem Haus gehen.
Die Teilhabe Leben ist in Gefahr. ...und wir halten wieder die Fres*e?
Ich bin gegen extempolititische Parteien, und eine Partei, die Menschen derart aus unserer Gesellschaft ausgrenzen will wie die FDP es hier tut, ist für mich asozial und sie verstößt auch mMn mit solchen Punkten des Wahlprogramms gegen die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland!
Solltest Du, lieber Leser, gerne am 22. September die FDP wählen wollen, so denke doch bitte noch einmal nach, denn es geht auch um Deine Lebensqualität in der Zukunft.
Wir müssen uns wehren und für unsere Interessen einstehen. Ich appelliere an Euren Verstand! Denken hilft!
Manchmal verzweifle ich langsam. Es gibt Leute, deren größtes Problem das vermeintliche Unkraut im Vorgarten ist oder ob Mülltüten für die Stomaversorgung übernommen werden.
Wenn wir uns nicht wehren, wird bald kaum noch etwas übernommen. Die Pläne der FDP sind für mich dumm und menschenverachtend. Ich wünsche jenen Menschen, die dieses Vorhaben unterstützen, ein dauerförderndes Stoma, dass sich nicht versorgen lässt und 1 Gehirn.
Häslein
von zwerg » 06.09.2013, 13:11
Ehrlich gesagt steht und stand für mich meine Stimme schon fest, so dass ich mich mit anderen Wahlprogrammen garnicht mehr so aktuell auseinandergesetzt habe.
Das sowas von der FDP kommt, wundert mich ehrlich gesagt nicht und ihnen sind und waren ja auch ganz andere Dinge zuzutrauen.
Aber gut, das ist auch nur meine persönliche Meinung.
Vielleicht bzw. hoffentlich rüttelt das den ein oder anderen Betroffenen aber auch wach und daher
für dein ansprechen!
von hmengers » 06.09.2013, 13:27
Ich wähle die FDP sowieso nicht. Ich hoffe das diese Partei am 22.9. höchstens 4,9 % bekommt
Herbert
von Mücke » 06.09.2013, 13:51
Hallo Häslein,
habe nun mal die Wahlprogramme gelesen, konnte aber nichts über Stoma finden
Vielleicht habe ich es auch übersehen?
Kannst du mir bitte einen Tip geben wo genau man das findet.
Unabhängig davon was ich wähle informiere ich mich auch gerne vorher.
VG
Mücke
von Häslein » 06.09.2013, 14:44
@Mücke: Schau doch mal nach "Kostenerstattungsprinzip" und "Abschaffung des medizinischen Budgets" als Schlagwörter zum Wahlprogramm.
Das inkludiert auch die Stomaversorgung.
Zudem gibt es diverse Presseartikel über Stomaversorgung und Wahlprogramm der FDP.
***
Kurz nachdem ich meinen Beitag hier eingestellt habe, hat mich jemand angerufen und war ganz entrüstet und hat sich so ähnlich wie folgt geäußert:
" in Deutschland ist sowas ja gar nicht möglich" oder "es wird sicher für uns gesorgt, wir sind ja krank"
Dieser Jemand hält das, was ich hier geschrieben habe, für ausgemachten Schwachsinn. O.O
Ich weiß nicht mehr, was ich dazu noch sagen soll. Überhaupt habe ich einige Zeit überlegt, ob ich das Thema hier einstellen soll und dachte, dass es jemand thematisiert. Letztlich schieb mir jemand dann aber mehr oder minder zufällig auch noch davon und deshalb habe ich es doch hier geschrieben. Es ärgert mich schon einige Zeit.
Aber diese Gleichgültigkeit, die man erfährt, wenn man es im real life zur Sprache bringt, bringt mir das letzte Essen hoch. Es geht nicht nur um besagte Partei, es geht darum, dass solche Pläne nicht nur vereinzelt vorkommen...in 10 Jahren werden wir uns nach den heutigen Zeiten zurücksehnen, wenn wir uns nicht dagegen stellen.
Ja, jetzt kommt die Fragen was man denn dagegen tun solle / könne...
Häslein
Nachtrag: Die Resonanz ist ja hier auch riesig... 60 Aufrufe ( meine abgezogen und drei Antworten )
von charla » 06.09.2013, 15:01
Danke, Häslein, dass Du das xxx zur Sprache gebracht hast.
Ich habe "xxx" geschrieben, weil ich gar nicht weiss, wie man diese Sparpläne nennen soll. Natürlich immer nur auf Kosten anderer. Ich möchte mal hören, was die Politiker sagen, wenn man ihre Bezüge kürzt - wenn man's denn könnte.
Oft ist es ja so, dass erst mal probiert wird, wie die Reaktion aus dem Betroffenen-Kreis ist. Aber schäbig ist's auf alle Fälle!
Viele Grüsse
Charla
von Hanna70 » 06.09.2013, 15:25
Häslein hat geschrieben:Ja, jetzt kommt die Fragen was man denn dagegen tun solle / könne...
von Biggi0001 » 06.09.2013, 15:27
Mich wundert es ehrlich gesagt nicht wirklich. Ich wähle zwar eh keine FDP, aber:
Seit Jahrzehnten wird am Gesundheitssystem "geaast" wie blöd, nicht nur von Stomaträgern, sondern allgemein. Im Grunde wird unser Gesundheitssystem von den meisten als "Supermarkt" angesehen und der "Status eines Patienten" erhöht sich offenbar je nach der Anzahl durchgeführter MRT's und so weiter.
Von der Erwartung, dass auch das unsinnigste Etwas von der Kasse übernommen wird ( ich könnte ELLENLANG Beispiele anführen ), mal ganz abgesehen.
Ich denke - da bin ich ganz ehrlich - dass eine Transparenz durch eine Rechnung dem landläufigen Geier mal zeigt, was da wieder zum Fenster rausfliegt. Wer zuerst mal die Rechnung zahlen muss ( und sie ja - wenn die Behandlung oder das Hilfsmittel notwendig war bzw. ist - zurückerstattet bekommt ), denkt vielleicht erst mal nach, bevor die Musik bestellt wird.
Ich glaube nicht, dass wir in absehbarer Zeit Verhältnisse wie in den USA haben werden, wo Hilfsmittel in der Regel selbst bezahlt werden müssen - aber wenn jeder einzelne ohne Nachzudenken weiterhin jeden Firlefanz "abrechnen" lassen will, dann wird's irgendwann dazu kommen.
Im Kostenerstattungsprinzip wird der Patient als Selbstzahler (Privatpatient) nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten und. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP) bzw. der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) behandelt, bezahlt seine Rechnung direkt an den Arzt oder Psychotherapeuten und lässt sich den erstattungsfähigen Anteil durch seine Krankenkasse erstatten.
Erstattungsfähig durch die Krankenkasse ist nur der Betrag, der bei Anwendung der Kassen-Gebührenordnungen (Ärzte: EBM Einheitlicher Bewertungsmaßstab, Zahnärzte: BEMA Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen) gezahlt worden wäre, abzüglich einer je nach Krankenkasse unterschiedlichen Pauschale von maximal 5 % für den Verwaltungsaufwand und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfung, d. h. für den Verzicht auf Budgetierung.( Im Prinzip haben wir genau dieses jetzt auch schon, nur dass der Patient nicht mitbekommt, was da an Summen von Krankenkasse zu Arzt/Hospital fließt!)
Einzelne Krankenkassen, z. B. die Techniker Krankenkasse, verzichten auf diesen Abschlag. Die meisten Krankenkassen akzeptieren auch Abtretungserklärungen der Patienten, so dass die Ärzte quasi direkt mit der Krankenkasse abrechnen können und den Patienten Verwaltungsaufwand erspart wird.
von Häslein » 06.09.2013, 15:45
@Biggi: Ich beanstande nicht, dass alles transparenter werden soll. Es geht vielmehr darum, dass die Stomaversorgung kaum noch zu bezahlen ist, wenn nur noch Festbetrag X erstattet wird und die anderen, verbleibenden Kosten selbst zu tragen sind.
Das können Menschen mit kleinem Einkommen nicht leisten.
Transparenz ist auch anders machbar.
Grundsätzlich bin ich allerdings der gleichen Meinung wie Du: Das System wurde jahrelang ausgebeutet. Eine Sanierung desselben darf aber nicht auf dem Rücken der Stomaträger geschehen, die sowieso kaum Lobby haben und die sich dann keine ordentliche Versorgung mehr leisten können.
Stomaversorgung ist not - wendig, im wörtlichen Sinne. Ein Manager unserer Notdurft.
Sicherlich findet man im Gesundheitswesen besser geeignetes Einsparpotential z. B. bei "Kuren". Wer abends in der Schenke sitzen kann ( am Kurort ) und zu kilometerlangen Wanderungen in der Lage ist, braucht mMn eher keine Kur für organische Leiden. Aber das ist ein anderes Thema.
USA: Oh doch, über kurz oder lang wird es hier so ähnlich sein, wenn wir weiterhin die feinen Opportunisten bleiben.
Häslein
von Webkänguru » 06.09.2013, 18:39
Hallo Häslein,
man merkt deinen Beiträgen an, wie sehr es in dir brodelt. Und mir selbst geht es nicht anders, wenn ich darüber nachdenke wohin das führen kann... für alle Hilfsmittel, nicht nur für Stomaträger. Ich halte es da wie Herbert.
In den letzten Jahren gab es einige politische Entscheidungen im Hilfsmittelbereich, die zu erschreckenden Zuständen geführt haben. Wie soll z.B. jemand mit totaler Harninkontinenz mit Windeln im Gegenwert von 30 Euro pro Monat zurecht kommen. Und daran waren nicht nur konservative Parteien beteiligt. Also es lohnt sich allen genau auf die Finger zu gucken.
Viele Grüße,
euer Christian
PS: Bigggi, ich stimme dir nur bedingt zu. Solange am anderen Ende z.B. Pharamkonzerne in Deutschland fast ungehindert aus den Krankenkassen-Töpfen schöpfen dürfen, wo in unseren Nachbarländern Medikamentenpreise schon längst gedeckelt sind, bin ich mit der Kritik an gewissen Mentalitäten persönlich eher zurückhaltend. Auch einer höheren Kostentransparenz gegenüber den Patienten stehe ich kritisch gegenüber. Es darf niemand ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn eine notwendige Behandlung die Gesundheit oder vielleicht sogar ein Leben rettet.
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