von chaosbarthi » 03.11.2008, 01:40
Hallo @all,
wie der Eine oder Andere vielleicht weiß, betreibe ich eine Seite für Menschen mit seltenen Krankheiten (www.orpha-selbsthilfe.de).
Es wird gerade ein neues Gesetz verabschiedet. In § 73d SGB V wird der Abschnitt Q der Arzneimittelrichtlinie: "Verordnung besonderer Arzneimittel" neu eingefügt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat darüber am 16.08. Beschluss gefasst. Es muss nur noch durch den Bundesrat verabschiedet werden.
Inhaltlich geht es darum, Behandlungskosten durch Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung einzusparen. Das ist legitim und prinzipiell ok.
Was nicht ok ist: Das Ganze startet als Pilotprojekt, das nach zwei Jahren in seiner Effektivität bewertet werden soll. Die bislang einzigen Betroffenen der neuen Verordnung sind Menschen mit der seltenen Krankheit "Pulmonal arterielle Hypertonie". Begründung: Deren Medikamente sind extrem teuer und dienen "nur" der Symptomlinderung (andere Medis gibt es aber auch nicht für diese Krankheit).
Der für mich ersichtliche Vorteil dieses Vorgehens für die Behörden: Menschen mit seltenen Krankheiten haben keine Lobby. Wer wird es hören, wenn ein paar Hundert aufschreien? Nichtsdestotrotz kann sich das Ganze nach den zwei Jahren ausweiten. So könnte ich mit meinem HNPCC ebenso gut betroffen sein, wie die unter Euch, die an Colitis Ulcerosa oder Morbus Hirschsprung leiden.
Das Gesetz könnte - richtig angewendet - durchaus auch Vorteile haben, indem es bspw. Patienten davon entbindet, im Einzelfall mit ihrer Krankenkasse diskutieren zu müssen. So, wie es jetzt da steht, ist es allerdings eine reine Schikane, die die Menschen benachteiligt, die keine Alternativen haben.
Wer mag, schaue sich an, was da ggfs. auch auf uns zukommen kann:
>>> http://www.g-ba.de/downloads/39-261-730 ... einung.pdf
>>> http://www.g-ba.de/downloads/40-268-731 ... ng_Erl.pdf
>>> http://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/3/
Die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) hat bereits im Vorfeld des Beschlusses eine Stellungnahme abgegeben, die zumindest teilweise verdeutlicht, welche Probleme den Betroffenen daraus erwachsen können:
>>> http://www.achse-online.de/
Auch wir sind dabei eine Stellungnahme zu formulieren, weil uns weitere Punkte aufgefallen sind, die das ganze untragbar machen.
Mich interessiert Eure Meinung dazu.
Liebe Grüße chaosbarthi
von Biggi0001 » 04.11.2008, 21:43
Ich kann mich dem allgemeinen Aufheulen nicht anschließen.
An sich ist jeder Versorgungsleister jetzt schon in der Lage und berechtigt, bei Zweifeln eine zweite ärztliche Meinung einholen zu können.
Wo ist der Punkt? Wer Versorgung braucht, wird sie bekommen, daran wird sich auch mit dem neuen Gesetz nichts ändern. Nur wird halt ggf. mal genauer hingeschaut, was auch nicht schaden kann.
Viele Grüße von Biggi
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