von Fin Rasiel » 11.11.2012, 16:11
Hallo,
erstmal die Vorgeschichte wie ich zum Ileostoma kam:
Ich leide seit meinem 17. Lebensjahr an Morbus Crohn. Nachdem ich in diesem Jahr aus dem bislang heftigsten Entzündungsschub nicht mehr rauskam, liess mein Gastroenterologe eine Kernspinaufnahme machen, die einen Konglumerattumor zeigte, unter Einbezug von terminalem Ileum, einer Dickdarmschlinge, sowie Uterus und Harnblase. Da ich den hiesigen Chirurgen nicht traute, wandte ich mich an die Uniklinik Heidelberg. Die Situation war leider derart verfahren, dass die Op doppelt so lange dauerte wie zunächst geplant, da sich das Ausmass der Verwachsungen erst nach dem Öffnen der Bauchdecke offenbarte.Nach etwa 7 Stunden war der Konglumerattumor, sowie etwa 30 cm Dündarm und ein Stück Dickdarm entfernt, sowie eine kritische Stelle im Dünndarm übernäht.
Zunächst lief alles gut, aber nach Tagen war ich immer noch auf größere Mengen Opiate angewiesen, weil ich immer noch Schmerzen hatte, wie kurz nach der OP. Die Schmerztherapeuten waren sehr verwundert, doch zeigte sich bei einer der regelmässigen Blutkontrollen, dass meine Entzündungswerte angestiegen waren. Man untersuchte den gezogenen ZVK und Urin und fand tatsächlich einen Keim in letzerem. Glücklicherweise entschied der Stationsarzt mich dennoch in den CT zu schicken, da ich vor der OP wegen der Entzündung das Cortison nicht hatte vollständig ausschleichen können und deshalb Wundheilungsstörungen wahrscheinlich waren. Er wollte sicher gehen, dass es nicht zu einer Insuffizienz der OP-Nähte am Darm gekommen war.Das hat mir das Leben gerettet !
Um 22 Uhr brachte man mich zum CT. Nach der Untersuchung stellte sich eine Chirurgin freundlich vor und sagte folgendes: "Frau Weber, ich freue mich dass es ihnen noch so gut geht. Wir haben gerade auf den Aufnahmen des CT's gesehen, dass ihr Bauchraum nun voller Kontrastmittel ist."
Etwa andrthalb Stunden später lag ich zur Not-OP wieder auf dem Metzger-Tisch.
Danach folgte ein Albtraum epischen Ausmaßes, da ich erstmal weder begriff, was mit mir passiert war, noch wo ich mich befand,jedenfalls nicht im Aufwachraum, wie nach der ersten OP. Und ich hatte unerträgliche Schmerzen, die unglaubliche Mengen an Targin und Oxygesic erforderlich machten.Man kann sagen, ich war tagelang breit bis zum Anschlag.
Folgendes war geschehen:
Der Bauchraum wurde eröffnet und wieder zeigte sich das Ausmass der Angelegenheit. Die in der ersten OP übernähte Stelle im Dünndarm war insuffizient. Es war bereits zu einer ausgewachsenen Bauchfellentzündung gekommen (deshalb die Verwunderung der Chirurgin über meinen "guten" Zustand). Man behob den Schaden, legte ein Ileostoma zur Schonung des betroffenen Dünndarms und OP-Nähte an und spülte gründlich meine Eingeweide. Am Ende der OP erlitt ich einen septischen Schock. Meine Vitalfunktionen spielten verrückt, ich lag im Sterben.
Deshalb befand ich mich nicht im Aufwachraum, sondern auf der Intensivstation, an etlichen Apparaten angeschlossen, vollgepumpt mit Herzmedikamenten und Hydrocortison...für eine ganze Woche, Durchgangssyndrom samt fieser Halluzinationen inklusive ^^
Die Rückverlegung des Stoma's ist in einem halben Jahr geplant, damit der ganze Schmu nun in Ruhe ausheilen kann. Leider ist das Stoma sehr ungünstig angelegt. Bedingt durch die Notsituation technisch nicht anders machbar gewesen. Es ist nicht wie üblich erhaben, sondern recht tief inliegend, da die Darmschlinge auch noch unter Spannung steht. Das macht die Versorgung zum Spießrutenlauf.
Ich bin jetzt seit einigen Tagen zu Hause...aber auch nur, weil ich im 2 Familienhaus meiner Eltern wohne und mein Vater sowohl Krankenpfleger als auch selbst Stomaträger ist und dieses mißratene Schissloch fachgerecht versorgen kann. Heidelberg ist nicht grad um die Ecke, deshalb bin ich froh, nach diesem Albtraum wieder zu Hause zu sein.
Leider ist die Platte ständig undicht. Wir suchen noch mit dem Stomatherapeuten nach einem geeigneten Versorgungssystem.
Gibt es hier noch andere Stomaträger mit einem ebenso schlecht angelegten Stoma, die sich mit den gleichen Problemen rumschlagen? Ich muss echt zugeben, dass das ganz schön an den Nerven zehrt...aber immer noch besser als an ner Sepsis zu sterben :-/
LG Chrissie
von Hanna70 » 11.11.2012, 16:51
Hallo Fin Rasiel,
erst einmal Herzlich Willkommen hier im Forum!
Beim Lesen Deiner Geschichte kam eben bei mir vieles wieder hoch, icl. Durchgangssyndrom. Diese Horrorbilder wird man wahrscheinlich nie wieder los!
Ich hatte leider noch das Pech, in den Händen schlechter Ärzte gelandet zu sein, die fast 3 Wochen ignorierten, dass das angelegte Stoma nicht förderte und der Stuhl im Bauchraum landete... - mit den entsprechenden Folgen.
Welche Versorgung nutzt Du denn? Hast Du plane (flache) oder konvexe (leicht gewölbte) Platten?
Mein Stoma liegt ebenfalls normal auf Hautniveau, windet sich nur ab und zu bei Blähungen mal etwas nach oben. Und ich hatte sehr lange mit ständigen Unterwanderungen Probleme. Jetzt nutze ich konvexe Platten mit einer dünnen Schicht Paste um den Ausschnitt herum. Da ich ein zweiteiliges System nutze, klebe ich die Platten seit einiger Zeit hochkant. Das hält bei mir wesentlich besser als quer.
Vielleicht kannst Du Deine Versorgung noch etwas genauer beschreiben.
Liebe Grüße
Rosi
von Fin Rasiel » 11.11.2012, 17:44
Huhuu,
mit den Ärzten hatte ich da echt Glück, sonst wär die Sache ganz anders ausgegangen.Aber das Durchgangssyndrom war echt übel...und kein Seelsorger zu beschaffen...kam einfach nicht. Statt dessen hab ich in meinen Panikattacken meine Eltern ausm Bett geklingelt per Telefon. Das Intensivpersonal war zum Teil derart gehetzt, dass sie für psychologischen Support einfach keine Zeit hatten.Leider wird das Thema Delir immer noch unter den Teppich gekehrt, dabei betrifft es bis zu 70% der Intensiv-Haftinsassen....
Im Moment hab ich provisorisch ne flache, aber ganz flexible Platte drauf,als einteiliges System mit Beutel zum Ausstreifen. Allerdings nur noch bis die konvexen Platten geliefert werden. Die hatte ich auch schon in der Klinik. Aber auch die wurde schon unterwandert. Das liegt sicherlich daran, dass mein Stoma mindestens einen Zentimeter unter Hautniveau liegt.Im Moment benutze ich trotz der feuerroten entzündeten Haut die Hautschutzpaste. Hautschutzringe und diese Knetmasse funktionierten gar nicht. Lasse die Paste halt antrocknen, damit der Alkohol etwas verfliegt.Ich hoffe nur, dass wir bald ein geeignetes System finden, dass auch hält auf meiner Haut. Ich träum nämlich nchts schon von dem Mist, aus Angst in der Suppe zu erwachen...da wird man ja paranoid.
von Levana » 11.11.2012, 19:09
Hallo Fin Rasiel,
ein ♥ - liches von mir hier im Stoma- Forum
Es wäre schon ratsam, wie Du auch schreibst, dass sich ein Stomatherapeut Dein Stoma nochmal ansieht.
Manchmal muss man auch mehrfach ausprobieren, was am günstigsten passt und hält, wenn eben ein Stoma nicht so gut verlegt worden ist.
Mein Mann hatte seit 09/2012 auch das Problem nach der letzten Not- OP, jetzt aber eine passende Lösung gefunden.
Liebe Grüße........Levana
von Hanna70 » 11.11.2012, 19:13
Fin Rasiel hat geschrieben: Ich träum nämlich nchts schon von dem Mist, aus Angst in der Suppe zu erwachen...da wird man ja paranoid.
von Melli » 11.11.2012, 19:20
Willkommen, Chrissie!
Ein Stomaträger in der Familie ist natürlich eine super Hilfe
Bei 1cm unter Hautniveau muss eine konvexe Platte schon sehr gut angepasst und abgedichtet sein, damit sie hält. Da hilft wohl leider nur zu experimentieren.
Paste gibt es auch ohne Alkohol, ist auf jeden Fall besser für die Haut:
http://www.eakin.de/produkte/hautschutz-
von Fin Rasiel » 11.11.2012, 20:13
Es wäre schon ratsam, wie Du auch schreibst, dass sich ein Stomatherapeut Dein Stoma nochmal ansieht.
von Fin Rasiel » 11.11.2012, 20:17
Ps:
nen Gürtel hab ich bereits...der Stomatherapeut will aber noch eine Bandage bestellen, die dem ganzen Bauch noch mehr Halt geben soll...
von jettchen » 11.11.2012, 20:28
Hallo Fin,
herzlich willkommen hier im Forum.
Mit der Intensivstation im Oldenburger Universitätsklinikum verbinde ich auch Alpträume. Ich war auch auf drei anderen Intensiv stationen (Mesched, Arnsberg, Papenburg) aber die waren halt alle nicht so intensiv. Die letzte Operation in Oldenburg ist ziemlich genau vor zwei Jahren gewesen, aber seither habe ich regelrecht Angst vor der dunklen Jahreszeit. Das vermischt sich alles zu einem Horrorerlebnis. Wohlgemerkt: alle waren nett und bemüht! Aber der Lärm, nicht erkennen, ob Tag oder Nacht ist, die ganzen Schläuche.... Ich fühlte mich immer als ein DING, was gut gepflegt werden mußte.
Ich hoffe, dass bald irgendwas bei dir besser wird.
Viele Grüße Jettchen
von Hanna70 » 11.11.2012, 21:19
Hallo jettchen,
an Intensivstationen haben wohl alle schlechte Erinnerungen - das ständige Piepsen, Kabel, Schläuche, Stöhnen von Mitpatienten, Warten auf das, was irgendwann wieder mit einem angestellt wird, Angst und Unsicherheit bleiben lange in Erinnerung.
So ein Durchgangssyndrom oder auch Delir-Erlebnis ist noch mal einen Zacken schärfer. Normalerweise würde man die Zeit auf der ITS gern verschlafen. Hatte man einmal so einen Traum, hat man die größte Angst vor dem Einschlafen... Da ist schon das Wort "Schlaf" nur noch mit Panik belegt. Nur ja nicht einschlafen - der Traum könnte wieder kommen.
Vor allem dann, wenn man vorher noch nie von so etwas gehört hatte und dem vollkommen ausgeliefert ist. Da ich im KH nicht darüber sprechen konnte, hat mir das viel später erst ein Arzt erklärt, da ich noch sehr lange Angst vorm Einschlafen hatte.
@ Chrissi, dann mach doch mal so einen Thread auf. Es spricht wirklich kaum jemand darüber. Nur Angehörige schreiben ab und zu einmal, dass sie auf der ITS bei ihren Angehörigen den Eindruck hatten, sie sprächen wie im Delirium oder "lauter wirres Zeug".
Liebe Grüße
Rosi
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