von Webkänguru » 22.11.2017, 08:04
Hallo zusammen,
vor zwei Wochen hat die DAK, eine der größten Krankenkassen Deutschlands, ohne Vorankündigung eine Ausschreibung gestartet um die Versorgung ihrer Versicherten mit Stoma-Hilfsmitteln neu zu regeln. 14.000 Stomaträger sind davon betroffen, darunter auch viele von euch und auch ich selbst. Uns allen will die DAK ab dem kommenden Jahr vorschreiben, von wem wir versorgt werden. Und das zu einer geringeren monatlichen Pauschale als heute.
Ausschreibungen sind nach Meinung des Vorstands der Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. grundsätzlich der falsche Weg, um Verträge zur Hilfsmittel-Versorgung für uns auszuhandeln. Bereits im vergangenen Jahr haben wir die erste Stoma-Ausschreibung kritisiert, damals erfolgreich durchgeführt von der KKH. Wir haben im Februar die Entscheidung des Bundestags unterstützt, mit der Verabschiedung des Heil- und Hilfsmittel-Versorgungs Gesetz (HHVG) Ausschreibungen einen Riegel vor zu schieben. Und auch jetzt setzt sich die Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. aktiv für die Interessen der Stomaträger und gegen Ausschreibungen der DAK ein. Warum?
Unser Wahlrecht wird untergraben
Bei einer Ausschreibung kann es nur einen Gewinner geben und dieser wird durch den günstigsten Preis bestimmt. Stomaträger verlieren dadurch ihr Wahlrecht. Sie dürfen nicht mehr frei unter verschiedenen Vertragspartnern ihrer Kasse wählen. Wir werden bei der Auswahl der individuell passenden Stomaversorgung, bei der Verlässlichkeit der regelmäßigen Lieferung und in der Betreuung zu Hause von der Qualität eines einzigen Anbieters abhängig.
Einschränkung der individuellen Hilfsmittel-Versorgung
Viele von uns mussten einen langen Weg hinter sich bringen, bis sie ihre individuell passende und zuverlässige Stoma-Versorgung gefunden hatten. Immer niedrigere Monats-Pauschalen sorgen zwangsläufig für Einschränkungen in der Auswahl der Stoma-Hilfsmittel, das zeigen bereits heute zahlreiche Beispiele. Auch ihr berichtet hier im Forum immer wieder davon, dass ihr bestimmte Stoma-Artikel nicht mehr bekommt, auf andere Beutel wechseln sollt oder aufgefordert werdet, aus eigener Tasche draufzuzahlen. Sinken die Pauschalen weiter deutlich, sind immer mehr Einschränkungen bei der Auswahl der Stoma-Artikel die zwangsläufige Folge.
Die DAK ignoriert das HHVG
Grundsätzlich hat der Gesetzgeber im Frühjahr diesen Jahres der Ausschreibung von Hilfsmittel-Versorgungen mit „hohem Dienstleistungsanteil“ eine Absage erteilt. Die Stoma-Versorgung ist für uns ohne Zweifel mit einer umfangreichen Dienstleistung verbunden. Erinnert euch nicht nur an die erste Zeit, in denen eure Stomatherapeutin euch gezeigt hat, wie das mit der Stomaversorgung eigentlich funktioniert. Denkt auch daran, wie oft ihr danach noch ihre Hilfe benötigt habt. Damit setzt sich die DAK mit ihrer aktuellen Ausschreibung über den Willen des Gesetzgebers hinweg.
Hat sie damit Erfolg, werden weitere Krankenkassen diesem Beispiel folgen. Mit negativen Auswirkungen für alle Stomaträger in Deutschland. Deshalb ist jetzt vor allem eines wichtig: Flagge zeigen und sich gegen die Ausschreibung der DAK einsetzen.
Euer Christian,
für den Vorstand der Selbsthilfe Stoma-Welt e.V.
Weitere Infos zur aktuellen Ausschreibung der DAK:
DAK will Stomaträgern den Versorger diktieren, Stoma-Welt.de vom 21.11.2017
Schreibt die DAK unzulässig aus? Ärztezeitung vom 15.11.2017
von Hanna70 » 22.11.2017, 23:14
Ich bin nicht bei der DAK, aber das Thema geht uns alle an. Wenn eine KK damit durchkommt, werden andere nachziehen.
Ich hatte schon in einem früheren Thread die Vermutung geäußert, dass dieses neue HHVG kaum die Verbesserungen bringen wird, die es großmundig verspricht.
Da lese ich: "Die Politik", so heißt es, solle "solchen Versuchen von Krankenkassen, die positiven Absichten des HHVG zu unterlaufen, entschieden entgegentreten."
Positive Absichten? Wenn dann in dem Gesetz solche Formulierungen stehen wie "... sind Ausschreibungen nicht zweckmäßig", dann ist doch von vornherein klar, dass die Krankenkassen immer wieder Wege suchen und finden werden, so ein Gesetz zu unterlaufen.
Weshalb schreibt man in einem Gesetz nicht Klartext: ... sind Ausschreibungen gesetzwidrig. ???
Ich erkenne hier deutlich die professionellen Textformulierer der Lobbyisten - immer schön schwammig bleiben, ja nie konkret werden!
Künftig wird wohl jeder berechtigte Anspruch nur noch mit Hilfe eines Anwaltes durchgesetzt werden können. Da die Sozialgerichte jedoch hoffnungslos überlastet sind, können die KKn selbst das in Ruhe aussitzen. Meine Klage wegen Inkontinenzversorgung läuft jetzt seit einem Jahr! Inzwischen zahle ich zu und zahle und zahle... In meinem Alter rechnet man dann vielleicht noch mit der biologischen Lösung.
LG Rosi
von Trineline » 23.11.2017, 00:58
Hallo zusammen,
meine Erfahrungen bzgl. Hilfs- und Heilmittelversorgung ist lang.
@ Doro
es ist normal, dass man ca. 3 Jahre wartet bis es beim Sozialgericht in Deutschland ein Urteil gefällt wird.
Sehr oft musste ich tausende von euros erst mal in Vorkasse leisten und das auf einmal!!
Deswegen bin ich auch in manchen Threads so energisch - heftig!!
Meine Unterstützung habt ihr.
Was haltet ihr von einem Schreiben an den Petitionsausschuss und ein Schreiben an den Patientenbeauftragten? Am besten mit allen unseren Unterschriften....
von Webkänguru » 23.11.2017, 12:25
Hallo Trineline,
eine Unterschriften-Aktion wäre schon gut, das würde für Aufmerksamkeit und sicherlich auch für Reaktionen sorgen. Aber wir müssen uns jetzt genau überlegen, wie wir argumentieren und wen wir mit unseren Argumenten überzeugen können.
Sicher ist: das HHVG hat sich nach nur 6 Monaten als zahnloser Papiertiger entpuppt. Das ist maßlos enttäuschend, vor allem auch weil sich so viele von euch für bestimmte Änderungen im Gesetz eingesetzt haben, damit eben KEINE Ausschreibungen für die Stomaversorgung mehr durchgeführt werden kann. Wir prüfen im Vorstand gerade, mit welchen weiteren Argumenten wir gegen die DAK vorgehen können. Falls hier ein Jurist mitlist, wir können gerade jede Unterstützung gebrauchen!
Ja und wen mit einer Unterschriften-Aktion ansprechen? Sicherlich sind jetzt auch einige engagierte Politiker in Berlin vom HHVG enttäuscht. Aber sind wir mal ehrlich, die haben doch gerade andere Sorgen als sich jetzt um uns zu kümmern. In Berlin haben viele doch eher Schiss davor, ihr Mandat oder ihren Job zu verlieren, so lange Neuwahlen im Raum stehen und keine Koalitionsverhandlungen stattfinden.
Viele Grüße,
Christian
von Butterfly » 23.11.2017, 13:46
Hallo,
Was immer gemacht wird, ich bin dabei. Ich habe eine ganze Liste mit Herstellern, die ich getestet habe bis eine Versorgung gefunden wurde, die nicht leckt oder eine Allergie auslöst. Es ist eine Milchmädchenrechnung der KK. Sollte z.B. Convatec gewinnen, würde ich ab Tag fünf Mülltüten kleben, da ich kein Material mehr hätte. So geht es mit anderen Herstellern auch anderen Stomaträgern. Am gesellschaftl. Leben teilnehmen und Arbeit wären erledigt, Rente und sozialer Abstieg die Folge. Hat irgendein vernünftiger Mensch mal ausgerechnet, dass das die Sozialkassen viel mehr kostet? Ich setze mich gern als "Auslaufmodel" mit irgendwo hin, falls in Berlin eine solche Aktion mal gemacht werden sollte.
Gibt es schon Vorschläge vom Vorstand, die im Forum geteilt werden könnten, um zu sehen, wie wir unterstützen könnten?
Viele Grüße
Butterfly
von Webkänguru » 23.11.2017, 14:01
Hi Butterfly,
ich sehe es genau wie du. Da schaut jetzt jemand auf die Hilfsmittelkosten, ohne gleichzeitig mal nach links oder rechts zu schauen. Insgesamt betrachtet werden wir als Hilfsmittel-Empfänger am Ende teurer als vorher.
Wir sammeln im Vorstand noch, Vorschläge sind herzlich willkommen.
Viele Grüße,
Christian
von Webkänguru » 23.11.2017, 20:14
Hallo zusammen,
nicht wundern, die Beiträge von TeamVitaale habe ich hier heraus genommen. Ich stehe mit dem Geschäftsführer in Kontakt, wenn sich daraus was ergibt schreibe ich dazu wieder hier.
Viele Grüße,
Christian
von Peter51 » 23.11.2017, 20:27
Hallo im Raum,
Sorry, wir hatten noch nie eine Lobby und wir können schreiben was wir wollen, dass HHVG zeigt es doch deutlich. Als ich persönlich auch hier nicht "jubeln"wollte, wurde ich hier fast gesteinigt.
Na ja, Hanna 70 hat es auf dem Punkt gebracht in ihren deutlichen Beitrag.
Diese hoch bezahlten Mitarbeiter der Krankenkasse, denken nur an ihre persönliche Zukunft.
So ist das halt in der ICH UND NEIDGESESELLSCHAFT, ich bin kein Träumer der meint, dass die Politik & Co für UNS was postiv regelt.
Peter51 aus Berlin
von Webkänguru » 23.11.2017, 20:35
Hallo Peter,
ich war nicht mit allem was du damals gepostet hattest deiner Meinung. Aber ansonsten bin ich mit dem Bauch bei dir und Rosi. Mein Kopf sagt mir noch immer, die können doch nicht alle schlechte Menschen sein...
Viele Grüße,
Christian
von Peter51 » 23.11.2017, 20:54
Sorry Christian, wo gibt es noch " gute " Menschen, wenn die nur an ihre persönliche Zukunft denken?
Ich kenne persönlich viele gute Menschen, aber weiß zu genau,dass wir eine ausgeprägte Ich und Neidgesellschaft haben.
Na ja Christian, geteilter Meinung sein, hm ist keine Hilflosigkeit.
LG aus Berlin Peter51, der den Glauben an Interessenvertretungen leider schon lange verloren hat, Lobbyarbeit hat immer was mit Macht.........zu tun.
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