von Richard1965 » 15.09.2020, 09:03
Hallo Forum!
Ich bin neu hier, ich heiße Richard, komm aus dem Schwäbischen.
Bei mir wurde vor ca. 2 Monaten ein Blasentumor T2 gefunden.
Erst hat man´s mit ausschaben versucht, aber das reichte nicht, wie sich herausstellte.
Bis jetzt hat er noch nicht gestreut, Gott sei Dank...
Ich werde nun am 21.09. in Ulm in der Uniklinik operiert, da bekomm ich einen Urin-Beutel an einem Ausgang an der Bauchdecke verpasst.
(das nennt sich Uro-Stoma, soviel ich weiß...?) Es wird entnommen: die Blase, die Prostata, die Lymphknoten, ev. auch die Harnröhre.
Offen gesagt: ich bin völlig überfordert, und ja, ich habe auch ANGST!
Ich war da gestern zum OP-Vorgespräch, und als mir der Arzt aufzählte, was da alles schief gehen kann, wurde mir doch ein bißchen flau im Magen.
Ich hab aber weniger Angst vor der OP, eher davor, was danach alles kommt...
Wie ist da die Nachversorgung?
Wie wird das mit der Stoma-Therapeutin organiesiert, muss ich das selbst machen, oder macht da das Krankenhaus was klar? Kommt die zu mir ins Haus, oder muss ich zu ihr hin?
Ich versteh auch die ganze Versorgung mit den Beuteln nicht richtig... Sind das Einweg-Beutel (also wenn voll, dann neuen hin), oder benützt man die mehrfach (leeren über ein Ventil o.ä.)?
Wie ist das nachts? Muss ich da aufstehen zum leeren, oder reicht so ein Beutel über die Nacht?
Wie oft muss der Beutel ÜBERHAUPT geleert werden, so im Durchschnitt?
Kann ich auf der Seite schlafen? Ich weiß, dass ich mich im Schlaf oft drehe...
Wo bekomm ich die Beutel her, wenn ich neue brauch? Brauch ich da jedes Mal ein Rezept?
Das stürzt grade alles total auf mich ein, zumal mir mein behandelnder Urologe auch eher nur oberflächliche Infos gegeben hat, weil der anscheinend immer im Zeitdruck war... Er meinte immer, das würde mir danach alles die Stoma-Therapeutin erklären.
Mir spukt das alles von morgens bis abends im Kopf rum, die Gefühle schwanken von Zuversicht bis totale Resignation... Ich hab Angst, dass ich da noch depressiv werde deshalb...
Hinzu kommt noch, dass ich alleinstehend bin. Niemand da, mit dem ich mal reden könnte...
Könnt ihr mir mal erzählen, wie das bei Euch nach der OP so ablief, als ihr wieder zuhause wart?
Damit ich mir mal wenigstens HALBWEGS ein Bild machen kann...
Ich weiß, dass es da wahrscheinlich auch Unterscheide von Fall zu Fall geben wird, aber trotzdem.
Wäre euch sehr dankbar!
Vielen lieben Dank vorab!
Grüße
Richard
von saoirse » 15.09.2020, 19:41
Hallo Richard,
herzlich Willkommen im Forum. Mir ging es vor 5 Jahren so wie Dir. Ich bin ein wissbegieriger Mensch und wollte vor der OP schon alles geklärt haben. Ich war im Internet unterwegs, habe mit meiner Krankenkasse gesprochen usw.
Ich werde versuchen Deine Fragen zu beantworten, dass wird aber etwas dauern
Ich melde mich also wieder
von Richard1965 » 15.09.2020, 20:02
Super,
vielen Dank schonmal!
von saoirse » 15.09.2020, 22:01
Die Antwort hatte ich fertig und wollte nur noch den Link einbinden und weg war der ganze Text
Ich mache es morgen nochmal. Hier aber schon mal eine gute Patienteninformation
https://www.leitlinienprogramm-onkologi ... asenkrebs/
von Mariele » 16.09.2020, 00:41
Hallo Richard
Herzlich willkommen hier bei uns Beuteltierchen.
Ich kann Deine Ängste gut verstehen. Ich lebe auch alleine und mein Urostoma wird am 2.12 5Jahre alt. Er heißt Charly. Mir hat jemand vor der Op gesagt, das es gut sei dem Stoma einen Namen zu geben, da es psychologisch gesehen, bei der Akzeptanz des Stomas helfen würde. Mir hat es geholfen. Bei der ersten Einladung , habe ich gesagt , das ich Charly mit bringen würde.Alle dachten an einen neuen Freund , aber als ich alleine kam und alles aufklärte, war die Angst der Anderen vor dem "Unangenehmen Thema " (für uns normales Thema) auf angenehme Weise erledigt.
So nun zu Deinen Fragen :
Durch einen Bettbeutel der mind.2L fasst und mit dem Beutel des Bauches mit einem Adapter verbunden ist leert sich der kleine Beutel automatisch. So kannst Du in allen Lagen schlafen. Um die Matratze zu schonen, falls mal ein Auslaufunfall passiert solltest Du Inkontinenzauflagen besorgen.
Tagsüber entleerst Du ganz normal den Beutel in die Toilette.
Meist kommt ein Stomatherapeut ins Krh und später zu Dir nach Hause. Hier wäre es ratsam einen Freund, der Dir im Notfall mal helfen soll , dabei ist.
Ich benutze eine zweiteilige Versorgung, hier wird die Platte alle 3 Tage gewechselt und der Beutel tgl. Schont die Haut. Beim Einteiler wird alles tgl gewechslt . Reizt die Haut.( jedenfalls bei mir).
Die Versorgung erhalte ich über ein Sanitätshaus,die auch Stomatherapeuten beschäftige . Hier musst Du mit Deinem Urologen sprechen. Dieser rezeptiert auch die Rezepte, die Du für die Versorgung benötigst. Bei mir fordert die Therapeutin diese an.
Ich hoffe ich konnte Dir schon mal etwas weiter helfen. Bei Fragen immer melde .
Viele liebe Grüße
Mariele
von Richard1965 » 16.09.2020, 07:57
Hallo Mariele,
vielen Dank für deine Antwort!
Das hilft mir jetzt schonmal ein bisschen weiter.
Dass man die Beutel in einem Sanitätshaus besorgen kann/muss, ist schonmal gut, da hab ich nämlich eins keine 300m vom Haus weg.
Wichtig wäre mir auch, dass ich nachts durchschlafen kann. Ich denke zwar, dass es auch nicht so wild wäre, wenn ich mir für nachts den Wecker stellen müsste, aber durchschlafen ist natürlich schon angenehmer.
Du sagst, dass der Stoma-Therapeut wahrscheinlich schon ins Krankenhaus kommt. Ist das dann derselbe/dieselbe, welcher dann später auch zu mir nach Hause kommt? Denn wie ich schon geschrieben hab: ich werde in Ulm operiert, mein Wohnort ist aber etwa 50km entfernt von Ulm... Kommt da dann schon einer/eine aus meiner Region nach Ulm ins KH, oder muss ich für eine Therapeuten aus meiner Region selber sorgen, sobald ich wieder zuhause bin, indem ich sofort den Urologen anrufe und ihm sage, dass ich einen Therapeuten brauch?
Ist der typische Effekt: eine beantwortete Frage wirft zwei Neue auf...
Nehmt es mir nicht übel, für mich ist halt bis jetzt alles noch a bissl konfus...
Mir macht halt vor allem die Versorgung unmittelbar nach der KH-Entlassung Gedanken...
Klappt das so schnell und reibungslos mit dem Therapeuten, sobald ich zuhause bin...
Bekomm ich da vom KH ein paar Beutel mit, damit ich zumindest erstmal versorgt bin... oder wenigstens ein Rezept, damit ich mir gleich welche holen kann...
Aber vielleicht mach ich mir da auch zuviel Gedanken. Ich denk mal, die im Krankenhaus werden mir vor der Entlassung schon sagen, wie ich weiter vorgehen muss...
Wenn ihr noch irgendweche Tipps habt, immer raus damit! Bin grade für jede Info dankbar...
Vielen Dank und Gruß
Richard
von saoirse » 16.09.2020, 20:01
Also fange ich nochmal an Deine Fragen zu beantworten
Ich habe mein Stoma etwas über 5 Jahre und komme gut damit zurecht. Ich gehe ganztags arbeiten und kann fast alles wieder so wie vorher machen.
Während meines Krankenhausaufenthaltes (12 Tage) kam bereits eine Stoma-Therapeutin zu mir ins Krankenhaus und hat mit mir das Anlegen der Versorgung geübt. Zuerst ein einteiliges System (Klebeplatte und Beutel sind fest verbunden) später habe ich auf ein zweiteiliges System gewechselt. Beim Zweiteiler kann die Klebeplatte mehrere Tage auf dem Bauch bleiben und nur der Urinbeutel wird täglich gewechselt. Die Hersteller geben Empfehlungen für die Tragedauer. Einteiler sollen täglich gewechselt werden und bei den zweiteiligen Systemen der Beutel täglich und die Klebeplatte alle 2 - 3 Tage. Manche Foris lassen die Platten 7 Tage und länger auf dem Bauch Deine Haut wird Dir zeigen was das Beste für Dich ist.
Es gibt viele verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Auslaufsystemen und Größen. Deine Trinkmenge und das Fassungsvermögen bestimmt wie oft Du tagsüber zur Toilette gehen wirst.
Bei der Auswahl des passenden Systems hilft Dir die/der Stoma-Therapeut. Deine Krankenkasse schließt mit verschiedenen Hilfsmittellieferanten einen Vertrag. Einen dieser Firmen kannst Du mit der Lieferung deiner notwendigen Materialien beauftragen. Der Vertrag schreibt den Firmen vor, dass ein Stoma-Therapeut für notwendige Hilfen zur Verfügung steht. Du könntest bei Deiner Krankenkasse schon jetzt diese Liste anfordern. Warte dann einfach ab was Dir im Krankenhaus dazu gesagt wird. Bisher habe ich noch nicht gehört oder gelesen, dass jemand ohne geregelte Versorgung entlassen wurde.
Praktisch war es bei mir so, dass meine Stomatherapeutin aus dem Krankenhaus von einem ortsansässigen Sanitätshaus war und auch die Hilfestellung zu Hause übernommen hat. Nach einem halben Jahr habe ich gewechselt, weil ich unzufrieden war. Meine Versorger besorgen sich das notwendige Rezept direkt bei meinem Arzt. Aber das wird ebenfalls unterschiedlich je nach Versorger geregelt.
Der Sozialdienst im KH hat sich um eine Anschlussheilbehandlung AHB gekümmert. Ich war in einer urologischen Reha-Klinik mit tollen Stoma-Therapeuten. Hier wurden verschiedene Hersteller und Systeme ausprobiert. Auch der Austausch mit anderen Stoma-Patienten war hilfreich. Ich fand es gut.
Mit dem Nachtbeutel kann ich sehr gut schlafen. Er fasst 2 Liter und sollte für die Nacht reichen. Nach der OP lag ich nur auf dem Rücken, irgendwann habe ich mich auch getraut auf den Seiten zu liegen. Nach einiger Zeit macht man sich um den Beutel und dem Abfluss keine Gedanken mehr
Die OP war anstrengend. Anschließend habe ich mich wie 80+ gefühlt. Du wirst häufig das Wort GEDULD hören. Dein Körper und Deine Seele brauchen Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
Auch mein Stoma hat einen Namen. Sie heißt Minchen, ihr Name lässt sich von einem supernetten und kompetenten Pfleger vom KH ableiten
Du wirst im Moment viele neue Informationen bekommen, die sich nur schwer einordnen lassen. Mach Dich nicht verrückt. Jede OP ist mit Risiken behaftet und Dein Arzt muss sie alle nennen. Betrachte es als notwendige Information und warte ab was kommt, es lässt sich ja nicht ändern
Stell weiter Deine Fragen wir werden versuchen sie zu beantworgen.
von jreiffy » 17.09.2020, 21:58
Hallo Richard1965,
wünsche dir für deine baldige OP alles Gute. Halte uns auf dem Laufenden wie es dir ergangen ist.
Hast du ein Tablet dann nimm es mit, wenn es dir besser geht kannst du uns berichten.
Es interessiert mich wirklich sehr, da ich ein Leidensgenosse bin und am 25.09. operiert werde.
Du bist hier gut aufgehoben, du hast ja schon von Saoirse und Mariele gute Antworten erhalten.
Sie habe ja bereits Erfahrung. Ich werde mir auch Anregungen holen.
Also toi toi toi
L.G.
jreiffy-Hans
von Richard1965 » 18.09.2020, 09:16
Hallo alle!
Danke für eure Antworten.
Ich hab gestern mal bei meiner Krankenkasse angerufen.
Natürlich kam ich da nur bei einem Callcenter raus, und die machten mir den Eindruck, als ob sie mit meinen Fragen etwas überfordert wären... Der Versuch, bei der örtlichen Zweigstelle direkt anzurufen scheiterte kläglich, weil tatsächlich nirgendwo die Telefonnummer zu erfahren war... (???) Einfach dort vorbei gehen klappte auch nicht, weil man da wegen Corona nur noch mit Termin kommen kann...
Ok, ich werde das jetzt alles auf mich zu kommen lassen. Ich werde einfach den Therapeuten im Krankenhaus mit Fragen löchern.
@Saoirse:
Vielen Dank für deine Infos! Haben mir schon etwas weiter geholfen.
An meinem Arbeitsplatz (ein Wareneingang) hab ich Gott sei Dank 80% Bürotätigkeit. Ich muss also nicht viel angeben oder sowas.
Mal interessehalber: wie lang so über den Daumen ist man da nach dem Krankenhaus noch krank geschrieben?
@jreiffy-Hans:
Ich nehm auf jeden Fall mein Handy mit. Schon allein, weil ich ein paar Leutchen hab, die nach der OP von mir hören wollen, und weil auch die Heimfahrt nach dem KH noch organisiert werden muss.
Ich halte euch auf jeden Fall auf dem Laufenden!
Viele Grüße
Richard
von saoirse » 18.09.2020, 18:59
Tja, die Dauer der Krankschreibung
Kommt darauf an...
Aber im Ernst Die Frage ist schwierig zu beantworten, weil wir unterschiedliche Startvoraussetzungen
mitbringen. Ich war 12 Tage in der Klinik, danach 3 Tage zu Hause und dann noch 4 Wochen in der Anschlussheilbehandlung = Reha-Klinik. Ich hatte Wundheilungsstörungen, so dass sich die Wunde nur sehr schlecht geschlossen hat. Andere waren schneller fit und konnten nach einigen Wochen wieder arbeiten.
Wie es bei Dir sein wird, lässt sich also nicht voraussagen. Jetzt kommt die GEDULD ins Spiel Dein Körper wird Dir deutlich sagen wo die Grenze ist; also abwarten was kommt.
Für Montag drücke ich Dir die Daumen. Ich habe ein Ileum-Conduit und dafür musste ich abführen. Also am besten nicht vorher noch den Magen/Darm vollschlagen. Auch solltest Du vorher die Haare am Bauch und im Intimbereich entfernen. Sonst wird das in der Klinik gemacht
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