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Mainz-Pouch-Hilfe – Seite 1

Du hast ein Urostoma und Fragen zur Harnableitung? Diskutiert mit anderen Betroffenen eure Fragen zu einem Ileum- oder Colon-Conduit und anderen Formen der Harnableitung (Operation, Stomaversorgung beim Urostoma, mögliche Komplikationen (z.B. Harnwegsinfekte, Harnkristallbildungen), kontinente Alternativen wie der Mainz-Pouch II usw).
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28 Beiträge • Seite 1 von 31, 2, 3

Mainz-Pouch-Hilfe

Beitrag von Bifi » 13.11.2009, 19:05

Hallo ihr lieben,

bin neu hier und hoffe aber sehr, daß ich hier endlich etwas kluger werde. :)

Nun aber kurz zu mir. Ich bin inkompletter Tetra mit einer Lähmungshöhe C1/C2. Sitze seit 25 Jahren im Rolli. Habe eine neurogene Blasenstörung. Nach aktueller Urodynamik hat meine Blase noch ein unglaubliches Fassungsvolumen von ca. 120 ml und der Druck liegt bei 90, was ja recht hoch ist.

Nun rät man mir schon seit längerem zu einem sog. Pouch. Ziel soll es sein, daß ich zum einen ein größeres Blasenvolumen bekommen und über den Bauchnabel dann künftig kathetern soll.
Suche nun Personen, die genau diese OP schon hinter sich gebracht haben. Denn suche dringend nach Erfahrungswerten zu allem was diese OP und alles danach betrifft.

- wie lange dauerte die OP
- wie war das Befinden kurz danach
- gab es Probleme mit der Atmung etc.
- welche sonstigen Probleme traten sonst noch auf

Ich weiss das sind einige Fragen aber für mich immens wichtig. Würde mich über ein reges Feedback echt freuen.

Liebe Grüße

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Bifi

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Mainz-Pouch-Hilfe

Beitrag von hmengers » 13.11.2009, 23:00

Hallo Bifi,

herzlich willkommen im Forum und jetzt hoffe ich, dass mein Rat nicht vergebens war, Dich hier zum Thema Mainz-Pouch zu erkundigen und dass die Menschen mit Erfahrung Dir weiterhelfen, auch wenn Du kein (Uro)stoma hast oder bekommen sollst. Denn was ein Mainz-Pouch ist habe ich auch erst hier gelernt.

Viel Erfolg wüscht Dir
Herbert

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hmengers

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Mainz-Pouch-Hilfe

Beitrag von Tini65 » 14.11.2009, 12:25

Hallo Bifi,

meine OP dauerte 11 Stunden. Aber incl. der gynäkologischen OP. Die würde bei Dir ja sicherlich nicht anstehen.

Die ersten Erinnerungen habe ich an den dritten Tag nach der OP. Dann ging es langsam - sehr langsam - aufwärts. Nicht ausreichende Schmerzmittelversorgung und eine nicht erkannte Wunde am Hinterkopf, die vermutlich zu dem Fieber führten, taten ein übrigens. Nach vier Wochen wurde ich entlassen. Nach weiteren zwei Wochen habe ich zu Hause alleine den Schmerzmittelentzug gemacht. Das bedeutete dann nochmal zwei Tage Halluzinationen.

Ich habe mir auf der Station später immer noch freiwillig die Sauerstoffmaske genommen, weil es mir einfach gut tat. Die Übungen, die man da machen sollte, habe ich nicht gemacht. Sie waren einfach zu schmerzhaft. Die schnelle Erschöpfung incl. Atemnot - offiziell wird das wohl Fatigue genannt - habe ich erst Jahre später durch eine homöopathische Behandlung wirklich in den Griff gekriegt.

Nun zum vierten Teil Deiner Frage. Um es vorweg zu nehmen, ich bin mit dem Mainz-Pouch nicht zufrieden. Ich hätte lieber ein Ileum-Conduit. Ich hoffe ich kriege jetzt noch alles zusammen. Hatte mir mal einen Entwurf abgespeichert, aber in der Zwischenzeit wohl wieder gelöscht :rolleyes: finde ihn jedenfalls nicht mehr.

Im Moment ist mein Mainz-Pouch mit einem Dauerkatheter versorgt. So kann ich nachts einen Nachtbeutel dranhängen und muß nicht aufstehen. Ich bin einfach kein Mensch, wenn ich nicht acht Stunden durchschlafen kann. Außerdem produziert man so nicht soviel Müll. Ist vielleicht nicht für jeden wichtig, für mich schon. Auch braucht man auf öffentlichen Toiletten nicht so lange. Ich habe tagsüber einen Katheterstöpsel drauf, den ich dann nur kurz zu ziehen brauche.

Dann wird bei der Mainz-Pouch-OP mehr Darmgewebe benötigt, als bei der OP zum Ileum-Conduit. Das führt zu Darmproblemen. Viele Mainz-Pouch-Träger haben mit Durchfällen zu tun. Auch ist das Stückchen Darm, das in der Regel dafür verwandt wird, für die Aufnahme von Vit-B-12 zuständig. Da es das natürlich aus dem Urin nicht ziehen kann, müssen wir ab einem gewissen Zeitpunkt - bei mir waren es etwa drei Jahre nach der OP - Vit-B-12 spritzen. Ich spritze einmal im Monat. Aber das ist wohl individuell.

Das Darmgewebe nimmt aus dem Urin Stoffe wieder auf, die eigentlich zum Ausscheiden aus dem Körper gedacht waren. Deshalb sollten wir regelmäßig eine Blutgasanalyse machen lassen und ggfs. entsprechende Medikamente nehmen. Wobei meine persönliche Beobachtung ist, dass die Leute je mehr tierisches Eiweiß sie essen umso mehr Medikamente brauchen.

So....ich muß mal kurz unterbrechen....mir fällt im Laufe des Wochenendes bestimmt noch mehr ein...

bis dahin ....viele Grüße .... Tini

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Tini65

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Mainz-Pouch-Hilfe

Beitrag von Bifi » 14.11.2009, 13:40

Hallo Tini,

erst einmal lieben Dank für deine Antwort.

Das hört sich ja alles recht heftig an was Du da schreibst. Darf ich fragen wie alt Du bei der OP warst und wo Du dich hast operieren lassen?
Muß noch dazu sagen, daß ich bei meinem Unfall damals auch eine Atemlähmung erlitten habe, weshalb ich fast nur mit der Halsmuskulatur atme und nachts über ein sog. C-Pap (Nasenmaske) beatmet werden muß.
Man hat mir gesagt, daß sich nach der Pouch-OP die Blutgaswerte wohl ändern würden und ich deshalb wahrscheinlich irgendwelche Pillen einwerfen müsse, damit sich mein Blutgas-Haushalt normalisiert. Denn schon jetzt ist es oft beschwerlich zu atmen. Darum frage ich mich auch wie das wohl erst nach der OP aussehen wird. Habe eigentlich keine große Lust dazu dann nur noch am C-Pap den ganzen Tag zu hängen, zumal ich auch noch berufstätig bin.

Ach ja noch eine Frage: Du schreibst du hast nen Dauerkatheter liegen. Tut das nicht grundsätzlich weh oder auch wenn man kathetert? Bin noch voll sensibel, sprich spüre alles trotz meiner hohen Lähmung. Und warum würdest du dir keinen Pouch mehr machen lassen?

Würde mich freuen wieder von dir zu lesen.

Liebe Grüße Bifi

PS: Danke Herbert für den Tipp :cool:

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Bifi

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Beitrag von Tini65 » 14.11.2009, 20:34

Hallo Bifi,

ich war bei der Operation 34 Jahre alt und die Operation habe ich in Berlin-Steglitz im Klinikum Benjamin-Franklin machen lassen. In das Krankenhaus sollte man aber nur gehen, wenn man jemanden in der Nähe hat, der einem täglich Essen bringen kann, weil man von dem Essen dort nur noch kranker wird.

Der Dauerkatheter ist aus Silikon. Sehr selten zwackt er mich mal, dann nehme ich etwas Gleitgel - da ist ja Schmerzmittel drin - und dann geht es wieder. Ich lasse ihn alle vier Wochen wechseln. Das kann dann schon weh tun, aber ich sage mir immer, besser einmal im Monat, als sechsmal am Tag.

Mit dem Einmal-Katheter war es oft schwierig, ihn überhaupt reinzukriegen. Da brauchte ich manchmal viel Fingerspitzengefühl. Mit Drehen und Wenden und so. Und wenn man dann zwanghaft versucht, sich zu entspannen, um den Katheter irgendwie in den Pouch zu kriegen, wird es natürlich dadurch oft noch schwieriger. Ich war damals zweimal nachts im Krankenhaus, weil ich es nicht mehr schaffte mich selbst zu katheterisieren. Die haben es dann noch mit einem dünneren und starreren Katheter geschafft. Aber es ist natürlich nicht gut, den Pouch so zu überdehnen.

Ach ja, bei Dir geht es ja um das Fassungsvermögen. Mein Pouch fängt ab 600 ml an zu drücken und ab 650 ml tut er dann richtig weh, so krampfartige Schmerzen sind das. Das heißt aber auch, dass ich noch etwa eine halbe Stunde Zeit habe eine Toilette zu suchen, wenn ich den Druck merke. Das ist ganz beruhigend.

Zwei Sachen sind mir noch eingefallen:

Als ich noch keinen Dauerkatheter liegen hatte, war der Pouch bei bestimmten Bewegungen oft inkontinent. Zum Beispiel das Staubsaugen war so eine typische Bewegung. Von einigen Pouch-Trägern weiß ich, dass sie besonders nachts Probleme haben. Dann scheint der Darm irgendwie anders zu arbeiten. Bei der Bundes-Urostomie-Tagung der ILCO war mal eine Ärztin, die auch zugegeben hat, dass die Ärzte inzwischen eine gewissen Inkontinenz akzeptieren und - in meinen Worten gesprochen - dem Patienten als kontinent verkaufen. Zum Beispiel hielt sie es für völlig normal, dass sich ab und zu etwas Schleim aus dem Pouch rausschiebt. Naja, die Ärzte müssen halt nicht damit leben und wir müssen dann zusehen, dass wir uns provisorisch mir irgendwelchen Materialien der Wundversorgung kontinent halten. :mad:

Der zweite Punkt ist die momentane Finanz-, Wirtschaftskrise oder Systemkrise - wie immer man das sehen mag -. Es mag zwar jetzt etwas weit hergeholt sein, aber was machen wir, wenn uns irgendwann mal die Hilfsmittel ausgehen? Hier meine ich weniger, dass die Krankenkasse die Hilfsmittel nicht mehr zahlen, sondern vielmehr, dass es aus irgendwelchen Gründen keine Firma mehr gibt, die die Katheter herstellen oder liefern kann. Mit dem Ileum-Conduit kann man sich immer noch in die Badewanne legen und warten. Für die Leute ist es zwar unangenehm, aber nicht lebensgefährlich. Beim Pouch zieht es da schon anders aus. Ohne Hilfsmittel gebe ich mir höchstens 24 Stunden. Sepsis....und so weiter....

Zu Deiner letzten Frage, ich denke zusammengefasst hat man mit dem Ileum-Conduit einfach weniger Probleme. Zugegeben, man braucht vielleicht nach der OP einige Zeit, um das richtige Material zu finden, aber auf Dauer denke ich, dass die Leute weniger Probleme haben.

So....dass ich mich nochmal melde, wenn mir noch was einfällt, gilt weiterhin....bis dahin schönen Abend

Tini

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Tini65

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Beitrag von hmengers » 14.11.2009, 20:48

Hallo,

da mische ich mich auch noch ein. Bei Dir geht es ja wegen der Spastik durch die Querschnittlähmung in allererster Linie um die Vergrößerung des Blasenvolumens, die ja auch durch eine Blasenaugmentation erfolgen kann. Diese OP ist bei einer QL gar nicht so selten. Die Blase wird dann durch Kathetern entleert und muss eben wegen der Rückwand aus Darmhaut regelmäßig durch Spülen "entschleimt" werden. Da habe ich bisher - außer Infos hier - eigentlich nichts negatives gehört. Ist das nicht auch eine Alternative vor einem Ileum-Conduit?

Herbert

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hmengers

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Mainz-Pouch-Hilfe

Beitrag von Tini65 » 14.11.2009, 21:26

Hallo Herbert,

ganz bestimmt sogar. Aber damit kenne ich mich leider nicht aus. Hab im Hinterkopf immer irgendwie Krebs und Blase weg :abgedreht:

Schönen Abend noch

Tini

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Tini65

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Beitrag von Bifi » 14.11.2009, 23:49

Hi ihr beiden,

danke nochmals für eure Antworten.

Also meine Blase will man so oder so vergrößern, da aktuell ja eh nur um die 120 ml. rein passen. Primäres Ziel ist es das Volumen zu erhöhen und den Druck zu senken.
Meines Wissens soll die Vergrößerung durch Darmgewebe erfolgen. Der Pouch soll dazu dienen, damit ich mich selbst kathetern kann. Ich habe aber ehrlich gesagt Zweifel ob ich das alleine hinkriege. Denn kann lediglich meine linke Hand bewegen. Von der Motorik an sich denke ich ist es kein Problem. Aber nehme mal an das man den Einmalkatheter auch steril halten sollte und wie das gehen soll wenn ich mir auch noch irgendwie die Klamotten hochstrippen soll ist die nächste Frage.
Die Augmentation ist im ersten Moment keine schlechte Idee aber dann müsste immer eine Gelegenheit da sein um mich hinlegen zu können zum kathetern. Klar gehts auch im sitzen irgendwie aber ich selbst könnte mich dirch die Harnröhre nie kathetern und wenn ich mal unterwegs bin Hinz- und Kunz zu bitten mir den Katheter reinzustopfen..... :confused: :troest: :)
Werde evtl. mal versuchen am Wochenende mit nem Katheter umzugehen, habe die für alle Fälle zu Hause im Schrank.
Aktuell läuft meine Blase wann sie will und ich trage Einlagen. Ach ja Botox-Injektion wurde auch schon überlegt aber man denkt das dies mit meiner Atemlähmung weniger gut harmonieren würde.
Man sichert mir auch recht zuversichtlich zu, daß meine vielen vegetativen Probleme durch die Blase auftreten und mit der Pouch-OP verschwunden wären.
Also wahrscheinlich löchere ich euch noch des öfteren, vielleicht auch mit der einen oder anderen dummen Frage aber nix für ungut.

Gute Nacht

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Bifi

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Mainz-Pouch-Hilfe

Beitrag von Tini65 » 15.11.2009, 16:11

Hallo Bifi,

gute Idee, die Katheter vorher mal zu händeln. Aber bedenke, dass für den Mainz-Pouch meist die längeren Männer-Katheter genommen werden, weil man ja aus allen Ecken den Urin und den Schleim rausholen soll. Die sind ca. 40 cm und sicherlich mit einer Hand noch schwerer zu händeln, als die kürzeren Frauen-Katheter.

Mal eine dumme Frage - bitte nicht auslachen -: Was spricht eigentlich dagegen, in Deine jetzige Blase einen Dauerkatheter zu legen? Ich hatte gerade mal - entsprechend meinen Spruch unten - überlegt, woran die Ärzte wohl am wenigsten verdienen würden :cool:

Ach ja, noch was zu der Bakterien-Argumentation. Ein Lieblingsthema der Ärzte. Ich hatte in den neun Jahren mit Dauerkatheter einmal zuviel Bakterien im Urin. Daraufhin fragte mich mein Urologe: Was soll ich denn jetzt mit Ihnen machen? Meine Antwort: Nach Hause schicken mit der Auflage viel zu trinken und viel zu spülen. Ich glaube, er wollte nur meine Ängstlichkeit antesten, weil er auf meine Antwort sagte: Ja, ich glaube auch nicht, dass Sie ein Antibiotikum brauchen.

Eins viel mir noch ein. Eigentlich alle Leute haben nach der Operation Nervenstörungen in den Beinen. Links eigentlich immer schlimmer als rechts. Die Schwere der Störungen ist von der Länge der OP abhängig. Das geht von 4 Stunden OP und im linken großen Zeh kein Gefühl mehr, bis hin zu meinem Fall von 11 Stunden OP und beide Beine vollständig betroffen. Jetzt nach 10 Jahren Krankengymnastik und diversen anderen Sachen, die ich ausprobiert habe, hat sich die Nerverstörung zurückgezogen auf die beiden Füsse und den linken Unterschenkel. Wird wohl nochmal 10 Jahre dauern, bis da die Nerven wieder vollständig "nachgewachsen" sind. Wir haben uns übrigens mal mit einigen Betroffenen auf die Suche nach der Ursache gemacht. Die Ärzte streiten es zwar ab, aber wir sind der Meinung, dass das Becken bei der OP an der Blase nach hinten überstreckt wird und damit in der Lendenwirbelsäule der Nerv abgeklemmt wird. Diese Lagerung würde als einziges begründen, warum die Schwere der Nervenstörung in Zusammenhang zu sehen ist mit der Länge der OP.

Dann viel mir noch das Stichwort Gallensäureresorptionsstörung ein. Aber ich kann dazu gar nicht viel schreiben. *sorry* Vielleicht mal googlen.

Schönen Sonntag noch .... Tini

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Tini65

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Beitrag von hmengers » 15.11.2009, 16:42

Was spricht eigentlich dagegen, in Deine jetzige Blase einen Dauerkatheter zu legen?
Hallo Tini,

das ist ja gerade eines der Probleme. Die spastische Blase schrumpft mit einem DK noch mehr. Und zum DK noch eine Anmerkung: Statistisch nachgewiesen besteht bei einem DK nach 5-10 Jahren Anwendung ein extrem erhöhtes Risiko von Blasenkrebs!

lg.
Herbert

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hmengers

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